ich denke, aus der Sicht der Katholischen Kirche, des Missbrauchs, aber auch aller anderen Opfer, die wir in unserer Gesellschaft beklagen und behüten müssen. Das ist unser Anliegen. – Vielen Dank.
Ehe ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich eine Besuchergruppe begrüßen. Auf der Besuchertribüne haben Platz genommen CDU-Mitglieder aus dem Landkreis Ludwigslust-Parchim. Herzlich willkommen!
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte zunächst mal aktuell auf das eingehen, was Herr Dachner als Letztes gesagt hat. Ich habe mit einer gewissen Bestürzung vernommen, nicht, dass Sie sich in der Koalition nicht einigen können, das höre ich sogar mit einer gewissen Freude, aber dass man es bei einem solchen Thema, Missbrauch – ob jetzt in der Katholischen Kirche oder überhaupt in der Gesellschaft –, an Koalitionszwängen scheitern lässt, dass wir uns darüber mal austauschen und im Rechtsausschuss reden, dass man da nicht über seinen Schatten springt, das freigibt und sagt, das sind individuelle Gewissensentscheidungen. Da muss ich schon sagen, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Das hat doch nichts mit Koalitionszwang zu tun, ob wir uns über Missbrauchsfälle austauschen oder nicht. Also insofern, ich glaube, da legen Sie viel zu hohe Hürden an.
Noch mal, Herr Dachner, Sie hatten kritisiert, ich hätte von der Katholischen Kirche gesprochen. Auch ich unterscheide sehr genau zwischen den Straftätern des Missbrauchs. Das ist nicht die Katholische Kirche. Ich habe trotzdem bewusst von der Katholischen Kirche gesprochen, wegen dem, was dahinter nachkommt, Vertuschung von Straftaten, Verheimlichung. Bis zu fünf Mal – wenn Sie die Akten, die in dieser Studie erwähnt sind, angeguckt haben –, bis zu fünf Mal wurde ein Priester
versetzt, der immer wieder auffällig wurde, weil er die Finger nicht von jungen Knaben lassen konnte. Die Kirche hat das verheimlicht, hat die Strafverfolgung erschwert, indem sie ihn immer wieder versetzt hat, und sie hat die Gemeinden, in die er versetzt wurde, nicht aufgeklärt, was für ein schwarzes Schaf sie da bekommen. Das ist nicht der Täter, das ist die Katholische Kirche. Das muss man dann auch mal so benennen. Das hat nichts damit zu tun, gegen die Katholische Kirche zu polemisieren, das hat aber was mit Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit zu tun. Die Katholische Kirche beherbergt nicht nur Priester, die als individuelle Personen im Falle von Missbrauch bis hin zu Vergewaltigungen als Täter in Erscheinung getreten sind, sie ist selbst Täter im Sinne von Beihilfe oder Verheimlichung/Vertuschung von Straftaten, und das muss man dann auch so nennen dürfen.
Und noch mal, Herr Dachner, wenn Sie kritisieren, dass von Herrn Dr. Weiß in seiner Rede, als er gesprochen hat, unter anderem auch von einer „Spitze des Eisberges“ gesprochen wurde, damit sind nicht die 660 Fälle gemeint, die im Bistum Hamburg für Mecklenburg aufgedeckt wurden. Das ist nicht die Spitze des Eisberges. Die Spitze des Eisberges sind vielleicht die 660 Fälle, der Eisberg darunter sind all die Fälle, die überhaupt nicht aktenkundig werden, wie gesagt, aus Scham, aus Verdrängung, weil eine Wunde vielleicht gerade zugewachsen ist und nicht wieder aufgerissen werden soll oder aus individuellen Schuldzuweisungen – ich hatte schon gesagt, viele missbrauchte Kinder geben sich sogar fatalerweise selber Schuld oder Mitschuld an diesem Missbrauch –, die also gar nicht in die Akten hineinkommen. Das ist der Eisberg, der unter der Spitze lauert. Sie selber haben in Ihrer Polizeiausbildung Dunkelfeldforschung im Rahmen der Kriminologie betrieben.
Sie wissen ganz genau, dass bei sexuellen Missbrauchsfällen die Dunkelziffer mit 70 bis 80 Prozent – und das ist noch sehr wenig – angegeben wird. Das ist der Eisberg, der unter der Spitze lauert. Wenn man den anspricht, dann macht man genau das Richtige. Man tritt offensiv entgegen, dass solche Taten weiter verheimlicht werden, dass die Opfer sich schämen müssen, dass sie Angst haben müssen, nach außen in Erscheinung zu treten. Das ist in der Kirche so, das ist bei Missbrauch in der Familie so, nur mit dem Unterschied, dass die Familien keine Organisationen sind, die wir unter einem Sammelbegriff angreifen können, die Katholische Kirche aber sehr wohl. Wenn die Katholische Kirche aufgrund der Studie und besserer Einsicht dazu kommt, sich ihrer Verantwortung zu stellen, dann hat die Studie und dann haben diese Fälle viel bewirkt. Wir alle können über einen runden Tisch, über Entschädigungsfonds und wie auch immer noch viel mehr dazu beitragen, dass dieser Weg konsequent weitergegangen wird. Da muss ich sagen, diese Kritik, Herr Dachner, von Ihnen, die kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In der Debatte wurde bereits vieles gesagt und insbesondere die Ministerin hat in diesem Zusammenhang klare Ausführungen gemacht.
Die Fraktion DIE LINKE greift hier ein aktuelles und natürlich auch sehr wichtiges Thema auf, aber, meine Damen und Herren, wir sehen hier im Antrag ein wenig einen Mix von Ansätzen. Dieser Mix, der ist für uns weder Fisch noch Fleisch. Der Mix passt nicht und er greift auch nicht. Er greift schon gar nicht für einen Landtagsantrag. Inhaltlich wurde dazu schon deutlich Stellung bezogen. Auch Ihre Aussagen zu den Erkenntnissen der MHGStudie lassen sich durchaus nicht getrennt betrachten, denn Ihre Schlussfolgerungen, die Sie als Aufforderung an die Landesregierung formulieren, sind in dieser Form schlichtweg nicht möglich.
Meine Damen und Herren, die Ministerin hat die Aufgaben und die Rolle des Justizministeriums klar dargestellt und sie hat das Verhältnis von Ministerium und Kirche klargestellt. Nicht nur die Religionsfreiheit ist in Deutschland garantiert, sondern auch das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften. Es ist gleichermaßen verfassungsrechtlich garantiert. Die Kirche verfügt über eine eigene Hoheitsgewalt, eine Hoheitsgewalt, die es zu achten gilt. Kein Ministerium kann hier in irgendeiner Form Aufsichtspflichten entwickeln. Kein Ministerium im Land oder im Bund kann Aufsichtspflichten oder Handlungen vornehmen, die diese Hoheitsgewalt unterlaufen. Der Antrag möchte uns aber ein anderes Bild vermitteln. Er bleibt dann aber unkonkret und nicht konsistent in der möglichen Ausgestaltung. Die eingeforderten Bundesratsinitiativen bleiben vage, sie lassen viele Interpretationen zu. Soll der Staat hier eingreifen – was nicht geht? Soll die Kirche hier in ihrer Hoheitsgewalt eingeschränkt werden – was nicht geht? Soll das Justizministerium für all das den Auftrag bekommen – was ebenso nicht geht?
Meine Damen und Herren, natürlich ist die rückhaltlose Aufklärung ein notwendiger Schritt, und ich sehe hier auch in Aussagen aus der Katholischen Kirche wichtige Schritte. Wir befinden uns in einem laufenden Prozess. Das Strafrecht und die Handlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsorgane bestehen bereits und sie handeln auch. Genau hier und nur hier greift die Verantwortung des Justizministeriums, und zwar in der Fachaufsicht für die Staatsanwaltschaften. Das ist die wichtige Aufgabe und so besteht sie. Sie hat nichts mit unkonkreten Initiativen auf Bundesebene oder der Organisation von runden Tischen zu tun. Dieser Widerspruch macht den Antrag für uns einfach nicht zustimmungsfähig.
Bei den offenen Fragen des Antrages möchte ich noch einen Punkt einbringen. Wir sollten uns davor hüten, in den Debatten in diesen Tagen die Kirche zu reduzieren, zu verknappen auf das eine Thema, was uns natürlich verständlicherweise beschäftigt, was uns an die Opfer denken lässt und was uns zur Strafe für Täter führt, zur Aufarbeitung allgemein. Aber, meine Damen und Herren, dabei sollte nicht der Eindruck erweckt werden, die Kirche wäre ein rechtsfreier Raum. Kirchenrecht steht nicht über dem Strafrecht. Bei entsprechendem Anfangsverdacht greift das Strafrecht ebenso wie bei allen anderen Organisationen und Gruppen der Gesellschaft, mit allen Facetten des Strafrechts, sei es im Sexualstrafrecht oder bei Fragen der Verjährung. Dazu bedarf es nicht eines solchen Antrages, wie wir ihn hier heute vor uns haben.
Wir sollten in diesem Zusammenhang die Kirche nicht über diese Reduzierung in eine Ecke stellen, ausgrenzen und die Wagenburg von außen zusammenschieben. Dies kann nicht im Interesse der Menschen sein,
der Kleriker, der Kirchengänger, der Menschen in den Erzbistümern, auch hier in Mecklenburg-Vorpommern. Die Stigmatisierung würde nämlich genau jene Abschottung befürchten lassen, die im Zuge der Studienveröffentlichung angemahnt wurde. Beteiligung und Partizipation statt Abschottung und Zentralisierung, diese Botschaft kam aus der Kirche. Es gilt nun, diese Botschaft aus der Kirche heraus mit Leben zu füllen, eine Botschaft für die Aufarbeitung, den Schutz und die Gerechtigkeit für die Opfer und die Verantwortung und die Strafe für die Täter.
Dabei möchte ich hinzufügen, die Kirche ist bei dieser Aufgabe nicht allein. In der Diskussion brauchen wir Öffentlichkeit, Öffentlichkeit, die die Kirche miteinbezieht, zusammen mit Akteuren der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft. Schauen wir auf den Fall Neubrandenburg, wo genau das unter Einbindung der Landesbeauftragten Anne Drescher auf den Weg gebracht wurde. Oder gestern wurde im „Nordkurier“ über eine Gesprächsrunde in Hamburg berichtet, mit offenem Austausch von Kirche, Experten und Betroffenen. Das ist der richtige Weg.
Wenn wir das Thema öffentlich diskutieren wollen, dann sollten wir doch nicht unser Augenmerk auf die Anwendung des Strafrechts legen. Hier gibt es doch gar keine Interpretation, auch nicht bei der Rolle des Justizministeriums. DIE LINKE findet aber dafür in Bundesratsinitiativen ein falsches Mittel und in der Landesregierung und dem Justizministerium die falschen Adressaten, weshalb meine Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Professor Weber, also ich denke einfach, Sie wehren sich doch auch, wenn man behauptet, dass Sie Nazis in Ihren Reihen beherbergen, dass Sie mitmarschieren, dass Sie nicht diejenigen sind, die sie aufrufen und rufen. Sie wehren sich auch, wenn Sie Straftäter in Ihren Reihen haben, und wollen auch nicht als AfD insgesamt benannt werden, sondern sagen, wir haben diese Täter. So ist es doch nicht anders in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch. Die Katholische Kirche, hatte ich Ihnen gesagt, in der Welt besteht aus 1,3 Milliarden. Jetzt gibt es Täter, dafür muss sich die Katholische Kirche verantworten, und das muss sich die Katholische Kirche auch gefallen lassen, dass es so genannt wird. Aber die Katholische Kirche ist nicht die Kirche der Missbrauchsfälle, sondern sie...
Also Sie sollten nicht mit verschiedenen Maßstäben messen, sondern immer das benennen, was richtig ist.
Die Verantwortung, die die Katholische Kirche zu übernehmen hat, und die Mitglieder, die 554, die über – ja, jetzt habe ich die Zahl leider durcheinandergebracht –, die Mitglieder der Katholischen Kirche in MecklenburgVorpommern sind betroffen genug, …
… betroffen genug, da muss man nicht jedem Einzelnen vorwerfen, er ist an der Vertuschung beteiligt. Natürlich müssen die Würdenträger diese Verantwortung tragen und sie werden auch zu Recht kritisiert, das ist richtig. Aber trennen Sie bitte die Täter und die Mitglieder, die eigentlich zur Katholischen Kirche aufrichtig stehen. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein denkbar schlechtes Thema, dass wir uns hier über ein paar Einzelheiten streiten. Mein Kollege Weber hat nicht, meine ich, die Kirche insgesamt verurteilt, sondern es sind natürlich auch dort, wo tatsächlich vertuscht worden ist, wo Strafvereitelung betrieben wurde, immer einzelne Amtsträger.
Aber ich persönlich stimme auch den Ausführungen der Ministerin Hesse in rechtlicher Hinsicht zu, insbesondere, was einmal die Aufgabenverteilung anbelangt, wofür die Staatsanwaltschaften zuständig sind, und dass dieser Ort nun auch so weit in Ordnung ist, und insbesondere, was die Frage der Verjährung anbelangt, das hat Kollege Weber auch dargelegt, besteht eigentlich kein Handlungsbedarf.
Aber es ist mir wichtig, auch aus eigener beruflicher Erfahrung, da will ich nun nicht wetteifern mit Herrn Dachner, aber was Herr Dachner dazu gesagt hat, was man da so erlebt, hat mich auch schon sehr nachdenklich gestimmt. Ich möchte nur dem Eindruck entgegentreten, der vielleicht dadurch entstehen könnte, dass wir uns hier nur mit der Kirche befassen. Es ist ein fürchterliches Thema und jeder, der damit zu tun hatte, könnte da Fälle erzählen, die man hier nicht erzählen kann, wie schlimm das ist. Es sind natürlich immer die Männer die Täter, andere Fälle hatte ich nicht.
Was aber genauso schlimm ist und, wenn man bisher nicht damit zu tun hatte, unbegreiflich ist, wie dann auch die Familie, die Klammer der Familie, negativ wirkt. Es sind oft die Mütter, es sind unglaublich oft die Mütter, die wegblicken, weil sie den Täter nicht verlieren wollen. Es
sind auch die Geschwister, die das alles nicht glauben wollen und wodurch die Opfer in die Ecke gestellt werden und tatsächlich ein unermessliches Leid mit sich tragen, vor allem, weil ihnen nicht geglaubt wird. Und in den Fällen erlebt man immer wieder, dass es gar nicht so sehr um Strafe geht, sondern sie wollen, dass endlich einer feststellt, was ihnen angetan worden ist.
Also nur darum geht es mir noch mal, darauf hinzuweisen. Wir sind nicht mit dem Thema fertig, indem wir hier irgendein Urteil oder einen Antrag hinsichtlich der Amtskirche treffen, sondern es ist ein Thema, was mitten in der Gesellschaft steht, was da allmählich aufgebrochen ist, aber wo immer noch eine riesige Dunkelziffer ist, wo sicherlich alles richtig ist, darüber zu fragen, was kann man generell dagegen tun.
Ich möchte nicht so weit gehen wie Herr Dachner, dass wir in Demut uns verneigen, denn der Einzelne ist ohnmächtig, es geschieht im Dunkeln und nicht in der eigenen Familie, so meint man jedenfalls immer. Es ist sicherlich richtig, dass die Opferverbände da eine Glanzrolle spielen. Eine reale Antwort könnte sein, die Tätigkeit der Opferverbände weiter zu erleichtern und zu verbessern, dass die Opfer eine Stelle finden, an die sie sich ohne Bedenken hinwenden können. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist mit das schlimmste Verbrechen, was es gibt. Es ist verwerflich und aufs Äußerste abzulehnen. Es zerstört Kinderseelen und oftmals haben die Kinder ein Leben lang unter den Folgen zu leiden. Es ist ein sehr schweres Thema und – das zeigt auch heute diese Debatte hier im Landtag – es ist kein Thema, um sich zu profilieren. Insofern möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen für die sachliche Debatte zu diesem Thema bedanken und doch noch auf einiges eingehen.