Protokoll der Sitzung vom 21.11.2018

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Sehr gut!)

An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen und an alle Fraktionen appellieren, dass es sich hier um eine sachliche fachliche und medizinische Information handelt und nicht um Werbung. Wir führen hier keine grundsätzliche Debatte über Schwangerschaftsabbrüche, sondern um die Abschaffung des Informationsverbotes, insbesondere für Ärztinnen und Ärzte. Im Berufsrecht der Ärztinnen und Ärzte ist Werbung ohnehin schon untersagt. Dieser Paragraf ist also mehr als überflüssig.

Zum Abschluss meiner Rede möchte ich aus Dr. Kristina Hänels Petition zitieren, der Ärztin, die zu einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen den Paragrafen 219a verurteilt wurde. Zitat: „Der § 219a“ Strafgesetzbuch „behindert das Anrecht von Frauen auf sachliche Informationen. De facto entscheiden die Beratungsstellen, wo die Frauen zum Schwangerschaftsabbruch hingehen können, da viele Ärzte eingeschüchtert sind und ihre sachlichen Informationen von den Websites herunternehmen aus Angst vor Strafverfolgung. Auch und gerade beim Thema Schwangerschaftsabbruch müssen Frauen freie Arztwahl haben und sich medizinisch sachlich und richtig informieren können. Ich bin für das Recht von Frauen, sich im Internet über angebotene Leistungen von Ärzten und Ärztinnen zum Schwangerschaftsabbruch zu informieren. Informationsrecht ist ein Menschenrecht.“ Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind für das freie Informationsrecht von Frauen im Falle von Schwangerschaftsabbrüchen und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Frau Drese, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Angesichts der vorgerückten Stunde will ich gleich auf den Punkt kommen: Der Paragraf 219a Strafgesetzbuch schafft keine Klarheit, sondern er führt im Gegenteil zu einer Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten. Die Strafvorschrift sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor. Ein freier Zugang zu sachlichen medizinischen Informationen, vor allem für Frauen in Krisensituationen, wird damit erschwert. Deshalb gehört er aus meiner Sicht abgeschafft.

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

So besteht heute die widersprüchliche Rechtslage, dass Ärztinnen und Ärzte zwar unter den in Paragraf 218 StGB geregelten Bedingungen Schwangerschaftsabbrüche vor

nehmen, jedoch diese Leistung nicht öffentlich anbieten dürfen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Vorschrift des 219a StGB widerspricht den heutigen Vorstellungen von Informationsfreiheit, Selbstbestimmung und freier Arztwahl.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Unser Ziel ist es doch, Schwangere durch Informationen in die Lage zu versetzen, selbstständig zu entscheiden, wie und bei welcher Ärztin oder bei welchem Arzt sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen. Andererseits dürfen Ärztinnen und Ärzte nicht dafür kriminalisiert werden, dass sie ihrer Aufklärungspflicht gegenüber ihren Patientinnen nachkommen.

(Dr. Wolfgang Weiß, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Die Sanktionierung des Anbietens auch von sachlichen Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen passt nicht mehr in unsere Zeit. Ärztinnen und Ärzte sollen auf Wunsch des Staates Frauen in Krisensituationen beraten und helfen, dürfen gleichzeitig aber nicht öffentlich darauf hinweisen, dass sie als Helfer zur Verfügung stehen, weil ein Gesetz aus dem Jahr 1933 das verbietet? Das ist niemandem zu vermitteln, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Bewahrern des 219a möchte ich zurufen, wir haben durch das Schwangerschaftskonfliktgesetz eine gute und ausgewogene rechtliche Grundlage, die sowohl den Schutz des ungeborenen Lebens als auch das Selbstbestimmungsrecht der Frau berücksichtigt. Das Schwangerschaftskonfliktgesetz stellt ausdrücklich fest, dass jede Frau – und übrigens auch jeder Mann – das Recht hat, sich zu Zwecken der gesundheitlichen Vorsorge und zur Vermeidung und Lösung von Schwangerschaftskonflikten in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle, auf Wunsch auch anonym, informieren und beraten zu lassen.

Gemäß Paragraf 3 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes stellen die Länder dafür ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen sicher. Diese Beratungsstellen bedürfen besonderer staatlicher Anerkennung und als Beratungsstelle können auch Einrichtungen freier Träger sowie Ärztinnen und Ärzte anerkannt werden. Wir zählen also hier ausdrücklich auf die gute und fachkundige Beratung von Ärztinnen und Ärzten, während wir sie durch den Paragrafen 219a in ein Dilemma bringen.

Hinzu kommt, gemäß Paragraf 13 Schwangerschaftskonfliktgesetz haben die Länder ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen. Damit die Frauen ihren Anspruch auf freie Arztwahl verwirklichen können, müssen sie darüber informiert sein, wer diese Leistungen anbietet.

Ich möchte deshalb heute hier für unsere 42 Beratungsstellen im Land werben. Die dort von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angebotene Schwangerschaftskonfliktberatung dient der Bewältigung eines eingetretenen Schwangerschaftskonfliktes. Durch die Beratung soll die Frau in der Lage sein, in voller Kenntnis des Für und Wider eine selbstbestimmte Entscheidung

zu treffen. Die Schwangerschaftsberatung wird ergebnisoffen geführt, obgleich sie sich von dem Bemühen leiten lässt, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind zu eröffnen. Durch die Beratung soll die Schwangere eine verantwortliche und gewissenhafte Entscheidung treffen können. Dazu ist sie nur in der Lage, wenn sie vorher umfassend über ihre Rechte und Pflichten informiert wird. Ganz wichtig ist, die Beratung geht von der Verantwortung der Frau aus. Sie soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden.

Aus all diesen Gründen wehre ich mich entschieden gegen immer wieder auftauchende Äußerungen, dass eine Frau eine leichtfertige Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft trifft. Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Beratungsstellen erhalten Frauen in Konfliktsituationen alle weiteren Informationen, auch über Kliniken und Ärztinnen und Ärzte, die einen Abbruch in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist vornehmen. Die Liste der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen ist auf der Homepage meines Ministeriums zu finden.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich setze mich für die Streichung des 219a ein und ich setze auf die Bundesregierung und den Bundestag, auch wenn ich, ehrlich gesagt, ungeduldig werde. Noch im Herbst – in diesem Herbst – soll ein abgestimmter Vorschlag des Kabinetts vorliegen. Hier steht insbesondere auch die Kanzlerin im Wort. Diese Zeit sollte man der Bundesregierung mit der Bundeskanzlerin an der Spitze noch geben. Die klare Position der Sozialministerin aus Mecklenburg-Vorpommern ist in Berlin bekannt. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! Zunächst einmal möchte ich meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass die Fraktion DIE LINKE heute zum dritten Mal Anträge stellt, die wir in dieser Legislaturperiode schon hatten. Punkt 4, Wahlrecht mit 16,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist nicht verboten, Herr Professor Dr. Weber.)

Tagesordnungspunkt 9 und Tagesordnungspunkt 12

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wir bleiben halt dran.)

hatten Sie im Dezember

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist konsequentes Handeln.)

letzten Jahres,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na und?! Na und?!)

Punkt 4 im Februar letzten Jahres,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und?)

alles schon mal gestellt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wollen Sie uns das verbieten, oder was?)

Ich frage mich langsam, geht Ihnen die geistige Kapazität aus,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nee, geht nicht.)

Neues zu finden,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Zwischendurch gab es das Urteil, Herr Professor Dr. Weber.)

sodass Sie immer

(Peter Ritter, DIE LINKE: Falls Sie das mit Ihrer geistigen Kapazität nicht erfasst haben!)

auf schon abgelehnte Anträge zurückkommen müssen? Wie gesagt, es ist auffällig. Wir sind bei Tagesordnungspunkt 12 – eigentlich 11, weil der vorgezogen ist – und haben die dritte Doppelung. Irgendwo ist dieser Landtag ja auch nicht dazu da, immer wieder die gleichen Entscheidungen neu zu treffen. Sie müssten auch mal akzeptieren,

(Karen Larisch, DIE LINKE: Sie reden doch auch immer über das gleiche Thema.)

dass ohne Änderung der Mehrheitsverhältnisse so etwas eben nicht geht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vielleicht doch! Vielleicht doch!)

Jetzt zu Ihrem Antrag, Paragraf 219a abzuschaffen. Ich glaube, niemand hier, auch kein Mann und erst recht keine Frau, würde es sich leicht machen und behaupten, die Entscheidung gegen eine Schwangerschaft, die wird einfach so mal ausgewürfelt oder irgendwas. Das sind Konfliktpotenziale und dazu gibt es eben diese Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, 42 hier im Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Was das Gesetz verlangt über den Paragrafen 219a, ist nicht mehr als das, was das Strafrecht ohnehin festschreibt in Paragraf 218, nämlich, dass Frauen, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befinden, eine solche Beratungsstelle aufsuchen. Das können Sie auch nicht ändern, wenn Sie den 219a ändern, das bleibt. In dieser Beratungsstelle werden den Frauen, und zwar eine ganze Liste von Praxen von Gynäkologinnen und Gynäkologen genannt, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden.

(Beifall Horst Förster, AfD: Das ist doch wohl eine Information.)