Protokoll der Sitzung vom 25.01.2019

Sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, die Jugend- und Schulsozialarbeit muss auch strategisch gesichert werden, vor allem mit dem Auslaufen der EU-Fördermittel nach dem Ende der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020, aber auch mit dem nächsten Doppelhaushalt. Die öffentlichen und freien Träger haben sich in einer Landesinitiative aufgemacht und haben uns ihre Vorstellungen diese Woche mitgeteilt, Forderungen, die wir als LINKE unterstützen. Die gesetzliche Verankerung der Schulsozialarbeit, unbefristete Verträge für die Mitarbeiter mit tariflicher Anbindung – die kommunale Familie ist schon auf dem Weg, gemeinsam könnten wir schnellstmöglich zu einer Einigung kommen, um die Missstände endlich zu beenden. Insofern, packen wir das Problem an, stimmen Sie unserem Antrag zu! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Soziales, Integration und Gleichstellung. Frau Drese, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe ist ein wichtiges Thema für mein Ministerium in diesem Jahr. Deshalb ist es gut, dass wir auf Antrag der Linksfraktion heute hier über dieses Thema debattieren. Wir haben als Land ein hohes Interesse an der Jugendarbeit und wollen die Kommunen, insbesondere die Jugendämter, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren, was ist die Ausgangslage? In der Vergangenheit ging es vornehmlich darum, die Angebote im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit trotz der teilweise dramatischen Einbrüche durch den Geburtenknick nach der Wende, soweit es möglich und finanziell darstellbar war, aufrechtzuerhalten. Jetzt, auch vor dem Hintergrund erfreulicherweise wieder steigender Geburtenzahlen, geht es mir um die qualitative und quantitative Verbesserung in der Kinder- und Jugendhilfe. Erste Pflöcke wurden dazu mit dem Landesdoppelhaushalt 2018/2019 eingeschlagen, zum Beispiel mit der Dynamisierung der Sätze nach der Jugendförderungsverordnung. Übrigens, mit unserer kompletten Kitabeitragsfreiheit werden wir demnächst gerade für junge Familien noch attraktiver. Das ist ein echter Standortvorteil, und auch deshalb sollten wir in unseren Planungen davon ausgehen, dass künftig mehr Kinder und Jugendliche gemeinsam mit ihren Eltern ihren Wohnsitz in unserem wunderschönen Bundesland nehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist richtig, dass das Kinder- und Jugendförderungsgesetz in die Jahre gekommen ist. Ich sehe hier Handlungsbedarf. Selbst gesteckte Ziele gilt es immer wieder zu betrachten, und natürlich ist zu hinterfragen, ob der einmal festgelegte Weg noch zeitgemäß ist. Die Lebensbedingungen, unter denen Kinder und Jugendliche aufwachsen, unterliegen ständigen gesellschaftlichen Veränderungen. Deshalb wollen und werden wir das Gesetz und die dazugehörige Verordnung novellieren.

Die signalisierte Unterstützung aus den Reihen der Opposition sehe ich dabei positiv. Ich finde es wichtig, dass ein breites Bündnis auch hier im Landtag hinter der Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe steht. Neben der Förderung der freien Jugendhilfe unterstützt das Land die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, um sie in ihren Aktivitäten zur Anregung und Förderung der freiwilligen Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe zu begleiten.

Und da sind wir natürlich schnell bei der Landesförderung pro Kopf. Ich sage hier ganz deutlich, dass ich die Fördersätze des Landes in Höhe von 5,11 Euro beziehungsweise 10,22 Euro für die öffentlichen und privaten Träger anheben möchte, denn natürlich sind die Personalkosten ebenso kontinuierlich gestiegen wie die Komplexität der Jugendarbeit.

(Patrick Dahlemann, SPD: Sehr richtig!)

Hierzu möchte ich beispielsweise auf die Veränderung im Bereich der Medien, die hohe Bedeutung sozialer Netzwerke und die dafür erforderliche Medienkompetenz, die Fachkräfte haben müssen, hinweisen. Hinzu kommt,

familiäre Problemlagen spielen immer häufiger auch in der Jugendarbeit eine Rolle. Kinderarmut und die Folgen hinsichtlich gesellschaftlicher Teilnahme und Teilhabe ist eine dauerhafte Herausforderung für alle im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit tätigen Akteure.

Gerade an diesem Punkt wird deutlich, Kinder- und Jugendarbeit hat natürlich auch viel mit sozialen Wohnmilieus zu tun. Die soziale Segregation hat in unseren beiden Großstädten des Landes seit der Wende immer weiter zugenommen, mit Folgewirkungen für die Jugendarbeit vor Ort. Da geht es dann oft auch um ganz praktische Probleme, etwa um gute Träger, die sich diesen sozialen Problemen in geeigneter Weise stellen können und stellen wollen. Auch die kulturellen Herausforderungen in einigen Kommunen im Zusammenhang mit erhöhter Zuwanderung sind vielerorts neue, nicht selten kostenintensive Arbeiten in der Jugendarbeit, die sie nach sich ziehen. Ländlich geprägte Regionen mit wenigen Kindern und Jugendlichen haben wiederum ganz andere Herausforderungen zu bewältigen.

Sie sehen bereits an dieser unvollständigen Aufzählung, das Aufgabenspektrum ist groß. Das haben wir im Blick, wir wollen uns der Verantwortung stellen, zum Beispiel mit der Erhöhung der Landesförderung. Allerdings ist es aus meiner Sicht zum jetzigen Zeitpunkt wenig sachgerecht, über Beträge zu sprechen. Dafür ist es noch zu früh. Dafür sollten die bevorstehenden Beratungen zum neuen Doppelhaushalt des Landes genutzt werden. Und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich werden hierzu weiterhin die Gespräche auch mit den Landkreisen und kreisfreien Städten suchen, bevor es zu Festlegungen kommt. Denn, und das blendet der Antrag völlig aus, eine erhöhte Landesförderung führt zu einer angemessenen Erhöhung des kommunalen Eigenanteils für die Kinder- und Jugendarbeit. Wir sind darüber im Dialog und werden das nicht von oben herab bestimmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein novelliertes Kinder- und Jugendförderungsgesetz und eine neue Jugendförderungsverordnung werden aber selbstverständlich nicht nur finanzielle Aspekte umfassen. Wir werden das KJfG auch inhaltlich novellieren, das heißt, wir machen das Gesetz fit für die Zukunft, indem wir die Kinder- und Jugendarbeit aus der Bedarfsperspektive des Landes für das Jahr 2020 betrachten. Natürlich wird deshalb das Thema Medienkompetenz, aber auch Mediensicherheit darin enthalten sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ebenso wird es Regelungen zum heutigen erzieherischen Kinder- und Jugendschutz enthalten sowie zu modernen Möglichkeiten einer möglichst breiten Jugendbeteiligung. Auch hier muss meiner festen Überzeugung nach die Digitalisierung Einzug halten. Gerade im Bereich der Jugendbeteiligung liegen in digitalen Tools sehr große Chancen für die Teilnahme und Teilhabe junger Menschen.

Vielleicht das Wichtigste wird aber die Fachkräftesicherung beziehungsweise Fachkräftegewinnung sein, um mit attraktiven Arbeitsbedingungen Menschen in unserem Land zu ermutigen, sich weiterhin dieser bedeutsamen Aufgabe zu stellen, denn ohne qualifiziertes und motiviertes Personal nutzen die besten Pläne nichts. Auch deshalb hat mein Ministerium beschlossen, in diesem Jahr in Kooperation mit unserem hoch angesehenen Zentrum für

Praxis und Theorie der Jugendhilfe e. V. Schabernack Ende August einen großen Kinder- und Jugendhilfekongress zu veranstalten. Auch das, meine Damen und Herren, ist ein deutliches Signal, die Kinder- und Jugendhilfe im Land gemeinsam mit den Kommunen, Trägern und Fachkräften weiterzuentwickeln.

Deshalb lehne ich den Antrag der Linksfraktion nicht in der Sache ab. Ich habe aber begründet, warum ich das darin vorgeschlagene Verfahren und die bereits festgelegten Beträge der Landesförderung nicht zielführend finde. Ich möchte gern die Novellierung des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes mit den Beratungen zum neuen Doppelhaushalt verzahnen. In diesem Rahmen werden wir noch ausreichend Gelegenheit haben, viele Gespräche und Diskussionen auch in diesem Hause dazu zu führen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schneider.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute und Gäste! Die Fraktion DIE LINKE hat erneut einen Antrag ins Plenum eingebracht, der bereits letztes Jahr Gegenstand der parlamentarischen Debatte war. Grundlegend ist festzuhalten, das Kinder- und Jugendförderungsgesetz ist tatsächlich schon aus dem Jugendalter herausgekommen und wurde vor über 20 Jahren überarbeitet. Das sieht nach einem Bedarf aus.

Schauen wir aber nun auf die Forderungen der Fraktion DIE LINKE. Sie behaupten per se, die Beteiligung des Landes decke weder die Bedarfe an der Kinder- und Jugendarbeit, noch stelle sie eine auskömmliche Finanzierung dieser in Mecklenburg-Vorpommern dar. Sie haben dazu auch einen konkreten Forderungskatalog im Antrag präsentiert, genau wie letztes Jahr in der Debatte.

Doch, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, so gut gemeint diese Forderungen auch sein mögen, wiederholen Sie lediglich die Forderungen aus dem letzten Jahr. Wir können ja gerne über eine Erhöhung der einzelnen Pro-Kopf-Beiträge für die Förderung der Jugendhilfe freier Träger, resultierend auch aus Preissteigerungen, sprechen. Das Kriterium, welches an dieser Stelle anzulegen ist, ist, es ist nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verfahren, sondern eher zielgerichtet.

Sie sprechen abstrakt von gesteigerten Bedarfen, die, so klingt es Ihrer Logik entsprechend, finanziert werden müssten. Außerdem erweitern Sie in Ihrem Antrag die Zielgruppe auch auf bis zu 26-Jährige. Wie definieren Sie eigentlich Jugendliche?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das ist schon jetzt drin. Da müssen Sie mal reingucken!)

Und Sie schrauben diese von den 10-Jährigen auf die 6Jährigen herunter.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Das entspricht dem SGB VIII, Bundesgesetz.)

Frau Bernhardt sprach letztes Jahr davon, dass Kinder auch Angebote für Jugendliche nutzten.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Mann, muss ich hier noch eine Rechtskundestunde machen?!)

Das mag da und dort den bestimmten Umständen geschuldet sein.

Schauen wir noch mal auf die Debatte des letzten Jahres und sehen uns die Rolle der Eltern an. Frau FriemannJennert sprach letztes Jahr zu diesem Punkt von der Hauptverantwortung der Eltern und einer Stärkung der Elternkompetenz, die in der Koalitionsvereinbarung verabredet wurde und eine dauerhafte Aufgabe in dieser Legislaturperiode sei. Das ist zumindest ein begrüßenswerter Ansatz und das unterstützen wir.

Wir sehen natürlich auch die besonderen Herausforderungen der Kinder- und Jugendarbeit im ländlichen Raum. Sicher handelt es sich hier stellenweise um strukturschwache Regionen, aber die jeweiligen Kommunen wissen doch am besten, welcher Bedarf vor Ort bei den Kindern und Jugendlichen besteht. Frau Drese betonte letztes Jahr zu diesem Punkt die Pflege eines engen Kontakts – wie eben auch in ihren Ausführungen – mit den zuständigen Stellen auf kommunaler Ebene. Gleiches gelte für den Landesjugendplan. Gerne hören wir dazu auch mal konkretere Ergebnisse.

Insofern, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, wir stimmen mit Ihnen überein, dass es an der Zeit ist, einem über 20 Jahre alten Gesetz neuen Schwung zu verleihen, aber dieser Schwung ist eher nicht erkennbar, Sie wiederholen lediglich Ihre Forderungen. Das kann von keinem Erfolg gekrönt sein. Auch wenn die Ministerin signalisiert hat, dass sie da auch, ich sage mal, Überschneidungen sieht, hat sie ja im Ergebnis gesagt, dass Ihr Antrag so nicht zustimmungsfähig ist. Und Sie haben auch eher noch nicht gefragt, welche Positionen die anderen Fraktionen hier im Hause haben, und kehren in sich, suchen nach inhaltlichen Überschneidungen und kommen für sich zu einem Ergebnis. Diese Chance haben Sie wieder nicht genutzt. Deshalb können Sie auch eher nicht auf die Stimmen anderer Fraktionen bauen und laufen womöglich wieder gegen eine Wand.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die AfD verfolgt einen ganz anderen Ansatz. Für uns ist die Familie mit Vater, Mutter, Kindern und der älteren Generation das Fundament unserer Gesellschaft.

(Beifall Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

In ihr werden Werte und kulturelle Identität, Heimatliebe, Gemeinschaftssinn und Solidarität gestiftet. Aus ihr erwächst die Kraft, für die eigene Zukunft und die des ganzen Landes zu sorgen. Erst nachdem es nicht gelungen ist, starke Familien, starke Kinder und Jugendliche heranzubilden, aus denen starke Bürger in starken Kommunen werden, dienen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe als Ergänzung und Hilfe. Wir lehnen Ihren Antrag ab. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! DIE LINKE stellt hier zum wiederholten Male einen Antrag zur Kinder- und Jugendförderung im Landtag. Das letzte Mal haben Sie das im Mai 2018 getan. Uns allen sind die Probleme bekannt, die Sie in diesem Bereich sehen, die Sie, zum Teil auch wir sehen, und deshalb wird doch auch demnächst mit der Überarbeitung des Gesetzes begonnen.

Wir wissen auch, was in gewisser Weise drängt. Sie wissen, dass Ende dieses Jahres eine Überarbeitung des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes ansteht. Vor diesem Hintergrund wird Ihr Antrag eigentlich nur noch unverständlicher, denn, Frau Bernhardt, Sie und auch natürlich Herr Koplin waren in der letzten Woche im Sozialausschuss doch zugegen, als Frau Ministerin Drese die aktuellen Vorhaben für das laufende Jahr vorgestellt hat.

Und vielleicht können Sie mir auf die Sprünge helfen. Am Mittwoch waren wir zu einer Veranstaltung geladen, wo die Jugendförderung auf der Tagesordnung stand. Habe ich mich da auf einer Veranstaltung der LINKEN befunden? Da waren wir doch alle zusammen. Ja.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Ja, natürlich, habe ich doch gesagt.)

Nein, das habe ich so verstanden,

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Nein!)

als wenn das Ihre Veranstaltung gewesen wäre.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Aber gut, okay.

Also eine besondere Aufforderung hier in Form eines Antrages von Ihrer Seite stellt sich nicht als notwendig dar. Die Neuerung des KJfG wird kommen und Aktionismus ist nicht angebracht, wenn an komplexen Strukturen gearbeitet werden soll, um diese fit für die Zukunft zu machen. Wir wissen doch, dass die Überarbeitung der Aufgaben, die das Land nach dem VIII. Sozialgesetzbuch erfüllt, eine komplexe Herausforderung darstellt. Insofern bin ich auch auf den angekündigten Kongress gespannt.

Dann fordern Sie einen Zeithorizont für die Vorlage eines Entwurfes bis zum 31. Juli. Ich sehe das als unrealistisch an, und wenn Sie dann mal auf das Pensum schauen, das wir zu beackern haben, auch im Sozialausschuss,