Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

Also muss man diese Problematik auch ansprechen, wenn man in dem Zusammenhang arbeitet.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir arbeiten an dem Thema kontinuierlich! – Zuruf von Karen Larisch, DIE LINKE)

Dann kommt hinzu – jetzt sagen Sie wieder, IstanbulKonvention –

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja.)

eine umfassende Datenerhebung. Wir haben schon nicht die Fachkräfte, um die Frauenhäuser ordnungsgemäß auszustatten, und die zeitlich überforderten Fachkräfte sollen dann noch eine umfassende Datenerhebung zustande bringen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach!)

Können Sie mir mal sagen, wie das alles zusammenpassen soll? Das ist doch, ich sage es noch mal, reines Wunschdenken.

Zur Realität kommen wir erst wieder zurück, bei dem, was Sie in Punkt 3 sagen, „tarifgerechte Entlohnung der Beschäftigten“. Sicherlich, das würden wir auch gerne haben. Diese Forderung nach einer tarifgerechten Entlohnung der Beschäftigten werden wir auch unterstützen. Wir haben die Haushaltsverhandlungen für den Doppelhaushalt 2020/2021. Da kann und muss das eingebracht werden. Es ist aber auch nichts, dass wir jetzt hier den Landtag verpflichten, das zu machen. Wir haben eh die Haushaltsberatungen.

Alles in allem kann ich also nur sagen, Sie selbst stellen fest, eigentlich sind wir in dem Punkt im Land ganz gut aufgestellt. Sie hätten es gern noch ein bisschen besser. Da kann ich Ihnen noch hundert andere Gebiete nennen, wo wir noch nicht mal gut aufgestellt sind, aber wo man sich jedenfalls wünschen würde, dass es besser wäre, die aber wichtigere, noch wichtigere Bereiche betreffen. Wir sind sehr für Opferschutz mit allem, was damit zusammenhängt, aber es muss auch irgendwie realisierbar und vernünftig begründbar sein.

Ich kann da auf das zurückgreifen, was die Ministerin gesagt hat. Diese Auflistungen an Angeboten, die es hier im Land gibt, wären für viele andere Bundesländer schon vorbildlich. Dann noch das alles zu fordern, was Sie hier auflisten, weil es in der Istanbul-Konvention so vorgesehen ist – da ist aber nicht vorgesehen, wie und wer das alles bezahlt und wann man das umsetzt –, dafür, muss ich sagen, fehlt mir so ein bisschen das Verständnis. Deswegen werden wir dieses Wunschkonzertdenken nicht mittragen und den Antrag ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Für die CDUFraktion hat jetzt das Wort die Abgeordnete FriemannJennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gewaltschutz ist Menschenrecht, dieser Aussage wird wohl hier in unserem Hohen Hause niemand widersprechen und es dürfte Konsens zwischen allen Fraktionen sein.

Dass Sie, liebe Kollegen von den LINKEN, ein gutes Beratungs- und Hilfenetzwerk im Land sehen, ist schön. Dieser Aussage schließen wir uns als Christdemokraten an. Dass wir Ihre Kritik an der Breite des Hilfenetzwerkes nicht teilen, ist Ihnen bekannt. Natürlich ist es das Ziel des Landes, die Istanbul-Konvention umzusetzen. Deshalb bedarf es auch keiner gesonderten Aufforderung durch die Opposition im Landtag. Der Antrag zielt in die gleiche Richtung wie die anderen Anträge der vergangenen Landtagssitzungen, in denen es Ihnen beispielsweise um eine vermeintliche Unterfinanzierung des Beratungsstellennetzwerkes ging, nur die Verpackung ist anders. Teilweise bis in die letzten Unterpunkte hinein sind Ihre Forderungen vergleichbar.

Ich will noch mal auf die Istanbul-Konvention kommen. Das ist, falls es jemand noch nicht mitbekommen hat, das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Sie wurde im Jahr 2018, wie der Titel schon sagt, in dem Bewusstsein ratifiziert, gesellschaftliche Gewohnheitsmuster zu durchbrechen und besonders Frauen zu schützen vor sexualisierter und häuslicher Gewalt und anderweitige Verstöße gegen die individuelle Selbstbestimmung und Unversehrtheit, aber auch präventiv alle anderen Teile der Gesellschaft nachhaltig zu schützen.

Gleichstellungs- und menschenrechtspolitische Fortschritte durch die Große Koalition aus SPD und CDU beziehungsweise CDU und SPD werden nicht nur auf Landesebene erzielt, sondern vor allem auch auf der Bundesebene. Dabei ist die Istanbul-Konvention im Zusammenspiel mit der UN-Menschenrechtskonvention und weiterer Maßnahmen der Bundesregierung für eine verbesserte Durchsetzung der Rechte der Frau zu betrachten. Wie Sie richtigerweise selbst anmerkten, existiert natürlich ein Landesaktionsplan zur Bekämpfung häuslicher und sexualisierter Gewalt inzwischen in der 3. Auflage.

Auf Bundesebene umgesetzt durch die Länder möchte ich ebenso die Reform des Sexualstrafrechtes „Nein heißt Nein!“, das sogenannte Quotengesetz zur ge

schlechtergerechten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen und eine Initiative zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt nennen. Diese beispielgebenden Fortschritte außen vor gelassen, Deutschland und damit auch Mecklenburg-Vorpommern erfüllen bereits die Maßgaben und Anforderungen der sogenannten Istanbul-Konvention. Nach geltendem

Recht wird in Deutschland erst ein völkerrechtlicher Vertrag ratifiziert, wenn dieser bereits umgesetzt ist. Eine dauerhafte Umsetzung ist deshalb weiter bindend, und an dieser Stelle ist es unsere Aufgabe als Parlamentarier, über den Erhalt und die Standards zu wachen.

Ich will jetzt auch gar nicht wiederholen, was Frau Ministerin Drese schon ausgeführt hat, was in MecklenburgVorpommern im Einzelnen getan wird. Ich denke, Sie schießen so ein Stück weit am Ziel vorbei, wenn Sie ein Hinwirken auf eine Bundesstrategie zur Umsetzung der Konvention fordern. Deutschland hat sich eigene weitergehende Ziele gesetzt. Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist ein Aktionsprogramm für eine Gesamtstrategie des Bundes vorgesehen. Das dürfte auch in Ihrem Sinnen sein, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN.

Wichtige Schritte sind bereits getan, zum einen ein beginnendes Bundesförderprogramm in diesem Jahr mit Modellprojekten für Beratungsstellen oder Hilfenetzwerke und die Einberufung eines runden Tisches von Bund, Ländern und Kommunen dazu unter dem Titel „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“. Dieser runde Tisch hat im Herbst 2018 seine Arbeit aufgenommen. Bestehende Hilfenetzwerke können durch das Förderprogramm eine Stärkung erwarten. Ab dem Jahre 2020 werden diese Gelder unter Beantragung nach dann geltenden Förderrichtlinien in Anspruch genommen werden. Auf Bundesebene wird unter Führung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend außerdem ein Gesamtaktionsplan entwickelt zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Sie sehen, es ist viel in Bewegung.

Wir lehnen Ihren Antrag ab und möchten dazu noch mal sagen, dass sich das Land und die zuständigen Ministerien zum Teil schon um die bestehenden Problematiken kümmern und einige Einigungen auch zwischen Bund, Ländern und Kommunen abzuwarten sind. – Vielen Dank.

(Nikolaus Kramer, AfD: CDU, jetzt klatschen! – Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die SPDFraktion hat jetzt das Wort die Abgeordnete Frau Tegtmeier.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD – Patrick Dahlemann, SPD: Wir klatschen sofort, Martina! Uns muss niemand auffordern. – Zuruf von Nikolaus Kramer, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegt zwar schon eine anstrengende Zeit hinter uns, aber dieses Thema sollten wir nicht veralbern, denn es ist ein ernstes und ein sehr, sehr wichtiges Thema vor allen Dingen.

Die Ministerin hat den ausgefeilten Antrag der Fraktion DIE LINKE durchaus gelobt. Ja, DIE LINKE hat sich viel

Mühe gegeben, ihre sechs Forderungen auszuformulieren, aber die Ministerin hat zu jeder einzelnen ihre Stellungnahme abgegeben und gesagt, welchen Arbeitsstand wir hier haben. Ich glaube, wir brauchen uns in Mecklenburg-Vorpommern sicherlich nicht zu verstecken, weil wir sind auf sehr gutem Wege, die Konvention mit Leben zu erfüllen, umzusetzen und vor allen Dingen unsere Maßnahmen auch bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.

Die Konvention selbst besteht aus mehreren Teilen: Prävention, Schutz und Unterstützung, Materielles, Straf- und Zivilrecht, Verfahrensrecht und Schutzmaßnahmen, Asyl und Migration sowie Überwachung. Herr Ritter sprach selbst den Auftrag an die Zivilgesellschaft an, der damit verbunden ist, weil bei diesem wichtigen Vorhaben, dieses Menschenrecht durchzusetzen, sind alle mitbeteiligt und müssen alle mitbeteiligt sein.

Bei all dem Lob dieses Antrages muss ich sagen, nachdem ich mich über den Sachstand hier in MecklenburgVorpommern informiert hatte, was die Ministerin vorhin ebenfalls ausgeführt hat, blieb bei mir auch so ein bisschen übrig, was Frau Friemann-Jennert eben schon ansprach: Sie haben hauptsächlich unser Hilfe- und Beratungsnetz im Visier gehabt, weil Sie da in der Vergangenheit schon vermeintliche Lücken festgestellt haben.

„Vermeintlich“ sage ich ausdrücklich, weil es gibt vom Deutschen Institut für Menschenrechte eine Analyse der Istanbul-Konvention mit Empfehlungen für die Bundesregierung für Handlungen, die daraus abzuleiten wären. Darin stehen zum Beispiel, gerade was Frauenhäuser und Beratungsstellen angeht, sogar mal ein paar Zahlen. Es ist ja eher selten, dass man mal so konkret wird, aber es steht zum Beispiel in der Empfehlung, es soll je ein Familienplatz in einem Frauenhaus auf 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner und eine Beratungsstelle pro 200.000 Einwohner geben. Wenn man noch mal resümiert, was die Ministerin vorhin ausgeführt hat, welche Beratungsstellen wir haben – Herr Ritter hat das selbst gesagt –, dann kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass wir diese Konvention hier sehr ernst nehmen und unser Umsetzungsstand sehr weit ist. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte den Blick auf einen Aspekt dieses Themas richten, der bisher noch gar nicht erwähnt wurde, denn diese IstanbulKonvention ist ein Paradebeispiel für die Doppelbödigkeit solcher internationalen Verträge, vergleichbar mit dem Migrationspakt der UNO, über den im letzten Jahr heftig diskutiert wurde. Das ist bei dieser Istanbul-Konvention nicht passiert, aber in beiden Fällen haben wir dasselbe Muster. Da ist vordergründig ein durchaus unterstützenswertes Anliegen, gegen das eigentlich niemand etwas haben kann. Deswegen sind irgendwie dann auch alle dafür. Aber auf der Ebene dahinter, die gar nicht so diskutiert wird und kaum Beachtung findet, geht es um eine ganz andere Agenda.

Es hat seinen Grund, dass zwar 46 europäische Staaten diese Istanbul-Konvention unterschrieben haben, aber

13 diese Konvention noch nicht ratifiziert haben, und zwar aus dem Grunde, da diese Länder – das sind in der Regel osteuropäische Länder, aber auch Armenien gehört dazu, Lettland zum Beispiel, im Baltikum –, diese Länder unterstellen dieser Istanbul-Konvention, nämlich völlig zu Recht, dass quasi von hinten durch die kalte Küche die pseudowissenschaftliche, unsägliche Genderideologie überall in Europa zur Staatsdoktrin gemacht werden soll.

(Patrick Dahlemann, SPD: Sie reden sich ja richtig in Rage!)

Das ist tatsächlich eine berechtigte Befürchtung, wenn man sich diese Konvention mal genauer anguckt. In Artikel 3, wo es um die Rollenbeschreibung dieser ganzen Opfergruppen geht, da ist ganz klar die Rede davon, dass die Frau zum Beispiel nicht als biologisches Geschlecht, sondern als ein Rollenkonstrukt angesehen wird, ganz so, wie es die Genderideologie den Menschen seit einiger Zeit mit leider wachsendem Erfolg nahezubringen versucht.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das muss Ihnen ja wehtun!)

Deswegen finde ich es gut, dass dieser Antrag hier von einigen Fraktionen abgelehnt wird, leider aus dem falschen Grund.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Man müsste wirklich den Leuten in der Zukunft noch ein bisschen mehr erklären, was hinter diesem vordergründig eigentlich lobenswerten Initiativen steckt. In diesem Fall ist es nichts Gutes. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat noch einmal das Wort der Abgeordnete Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrte Frau Ministerin, schönen Dank für das schöne Lob und die Anerkennung meiner Arbeit. Aber das muss ich so eins zu eins an meine Mitarbeiter/-innen weitergeben. Ohne ihre fleißige Arbeit und ohne die Unterstützung auf diesem Politikfeld wäre ich nicht in der Lage, hier jeden Monat Anträge zu dieser Thematik zu stellen und im Hohen Haus zu diskutieren. Das gehört einfach der Ehrlichkeit halber dazu. Ich will mich an der Stelle überhaupt nicht mit fremden Federn schmücken.

(Martina Tegtmeier, SPD: Dafür tragen Sie das aber immer gut vor.)

Wir wollen mit unseren Anträgen den erreichten Stand, egal, ob bei der Gleichstellungspolitik insgesamt oder der Bekämpfung von häuslicher und sexualisierter Gewalt, nicht schlechtreden, was uns neben dem Lob immer wieder unterstellt wird. Nein, wir erkennen an, dass sich in den letzten Jahren auf allen Gebieten der Gleichstellungspolitik viel entwickelt hat in diesem Land, dass wir in vielen Bereichen einen guten Stand erreicht haben. Aber das heißt ja nicht, dass wir nicht noch besser werden

können. Instrumente, die uns dabei helfen, noch besser zu werden und vor allen Dingen den Interessen der Betroffenen noch gerechter zu werden, sollten wir uns ernsthaft anschauen und versuchen, in aller Umfänglichkeit umzusetzen.

Auch die Istanbul-Konvention ist so ein Instrument, was uns an die Hand gegeben wird von der Europäischen Gemeinschaft, um den erreichten Stand in der Gleichstellungspolitik – hier speziell in der Auseinandersetzung mit häuslicher und sexualisierter Gewalt – noch zu verbessern.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Gleichstellung ist aber keine Gleichberechtigung.)