Protokoll der Sitzung vom 04.09.2019

Der in dieser Frage außerordentlich sensibilisierten und zum Teil direkt betroffenen interessierten Öffentlichkeit können wir jetzt nicht allein versprechen, irgendwann das Kurortgesetz oder irgendwann das Kommunalabgabengesetz oder irgendwann beide zusammen novellieren zu wollen. Und politisch steht es dem Landtag in dieser Situation insgesamt nicht gut zu Gesicht, sich hinter einer noch fehlenden einheitlichen Position der Landesregierung zu verstecken. Auch deshalb meine Bitte um Überweisung.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Neben dem Innen- und Europaausschuss als für Kommunalabgaben federführendes Gremium sollte mitwirkend auch an den Wirtschafts-, den Verkehrs- und den Finanzausschuss überwiesen werden. Und wenn ich an entsprechende Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig oder des Verwaltungsgerichtes Greifswald denke, gehört auch der Rechtsausschuss einbezogen.

Lassen Sie mich enden mit einem Appell an diesen Landtag vom Bürgermeister der Gemeinde Rechlin und ehemaligen Landtags- und Innenausschusskollegen Wolf-Dieter Ringguth.

(Torsten Renz, CDU: Oha!)

Er erwartet,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

dass der Gesetzgeber sich genau überlegt, was er mit dem Kommunalabgabengesetz denn nun wirklich macht und wie er das vielleicht anders umsetzen kann, sodass es der Lebenswirklichkeit draußen auch entsprechen kann.

(Harry Glawe, CDU: Genau, das ist richtig. Guter Punkt!)

Das können wir mit einer Überweisung sofort beherzigen, anderenfalls aber, und das wünsche ich uns nicht, kämpfen wir bald möglicherweise nicht mehr um Spitzenplätze in puncto touristischer Übernachtungszahlen. Uns könnte nämlich auch die Siegeskrone auf die Füße fallen in Fragen tourismusbezogener Petitionen, Beschwerden und Klagen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Christoph Grimm, AfD)

Vielen Dank, Frau Rösler.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD Frau Tegtmeier.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete!

Frau Rösler, das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie haben hier zwar alle Ministerien schon angesprochen, die sich öffentlich zu Wort gemeldet haben, und die Notwendigkeit, sich über das Kommunalabgabengesetz in dieser Frage zu unterhalten, aber ich kann nicht glauben, dass Sie den Gesetzentwurf der AfD tatsächlich zur Grundlage solcher Beratungen machen wollen. Das kann ich einfach nicht glauben. Ich finde, dass dieser Gesetzentwurf wieder einmal dazu dient, die kommunale Selbstverwaltung zu behindern, sage ich mal.

(Stephan J. Reuken, AfD: Wieder einmal?!)

Erst haben wir im letzten Tagesordnungspunkt einen Antrag, nein, auch einen Gesetzentwurf der AfD gehabt, der der kommunalen Ebene sagen wollte, was für sie gut ist, weil die Verabredung der kommunalen Ebene mit der Landesregierung sieht nun mal anders aus. Das akzeptiert die AfD nicht, dass die kommunale Ebene den Anspruch hat, selber Verhandlungen zu führen und für sich das Beste herauszuschlagen, und diese Forderung gehört da nicht zu. In diesem Fall möchte die AfD, dass die kommunale Ebene in solchen Fällen eben nicht ihren Handlungsspielraum ausnützt, sondern dass von vornherein gesetzlich geregelt wird, wie sie mit diesem Problem umzugehen hat.

Dass dieses Problem, was hier aufgeworfen wurde, ein so großes ist, dass man das gesetzlich regeln muss, muss ich zugeben, das war mir so nicht bekannt. Ich kenne viele Problemlagen mit der Fremdenverkehrsabgabe, aber im Großen und Ganzen bestehen die daraus, dass halt jede Gemeinde ihre eigene Kurtaxe erhebt und man keine gemeindeübergreifenden Regelungen finden kann. Da fehlt mitunter der Anstoß, also da gibt es noch viel Spielraum und viel Luft nach oben. Aber der uns vorliegende Text hier im Gesetzentwurf diskriminiert für mich kinderreiche Familien zum Beispiel. Hier sind ja ausdrücklich Familienangehörige, die auf Beherbergungsdienstleistungen zurückgreifen müssen, ausgeschlossen, und wenn ich also eine große Familie habe oder eine große Familie, Kinder einer älteren Frau, was weiß ich, im Kurgebiet besuchen ihre Mutter, weil 70. Geburtstag gefeiert werden soll, die hat natürlich nicht die Kapazitäten, die ganze Clique, sage ich mal, unterzubringen, die müssen ausweichen, dann fallen die da nicht darunter.

(Horst Förster, AfD: Das wissen Sie doch gar nicht.)

Also das finde ich schon sehr merkwürdig, gerade von Ihnen.

Ich möchte nur noch mal darauf hinweisen, dass das in der Regel ja so ist, dass nur dort, wo auch die Struktur in Anspruch genommen wird, nämlich der Strand zum Beispiel, dass dort die Kurtaxe fällig wird, weil dort steht der Automat.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das stimmt doch nicht! Das stimmt doch nicht!)

Ich bin in den Sommerferien lange Zeit auf der Insel Usedom unterwegs gewesen, kreuz und quer, auch um

einmal die schwierige Verkehrssituation nachzuvollziehen und auch Kurtaxen, wie das da alles so funktioniert. Und es sind da so viele Freiräume, sage ich mal, wo die Menschen nicht davon gegängelt werden oder kontrolliert werden, ob sie ihre Kurtaxe bezahlt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht!)

Also das ist ja in der Regel tatsächlich auf die,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

auf die Orte beschränkt, wo tatsächlich Kurbetrieb ist oder wo Strandbetrieb ist,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Null Ahnung!)

und wenn man da ganz normal anreist und sich eben nicht genau dorthin begibt, dann wird man auch nicht kontrolliert oder da wird nicht geguckt, ob man...

Ja, Sie gucken so ungläubig!

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, weil es nicht stimmt.)

Ich weiß nicht, waren Sie schon mal auf Usedom, Professor Weber? Dann haben Sie sicherlich auch geguckt, wo diese Automaten stehen und wie das dort gemacht wird.

(Torsten Renz, CDU: Da muss man spazieren gehen.)

Und da kann man sich tatsächlich die Frage stellen, ist es gerechtfertigt,

(Zuruf von Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Menschen, die die Infrastruktur tatsächlich in Anspruch nehmen, dass man die mit einer Kurabgabe an der Bereitstellung und Unterhaltung beteiligt oder nicht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Null Ahnung!)

Ihr Gesetzentwurf ist für mich nicht mal halbherzig, weil er viele Dinge auch ausschließt, und für mich eine zu starke Bevormundung der kommunalen Ebene, also wir stimmen auch der Überweisung nicht zu.

(Rainer Albrecht, SPD: Sehr richtig!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Herr Waldmüller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben es schon gesagt, momentan ist das Thema in aller Munde. Deswegen ist das Thema auch sehr, sehr wichtig. Ich will vorwegnehmen, ob der Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, für die Lösung dieses Problems geeignet ist, das wage ich schon mal zu bezweifeln.

Aber wir haben ja die unterschiedlichsten Ansichten momentan. Die einen sagen, das Kurortsystem ist ein antiquiertes System, das muss abgeschafft werden. Da muss man nur überlegen, was das überhaupt bedeutet. Zum einen muss die Infrastruktur ja vorgehalten werden, es muss die Unterhaltung abgesichert werden, die Akzeptanz für diese Einrichtungen muss da sein und es muss eine gewisse Erhebungsgerechtigkeit geben. Und wenn man eben diese Mittel nicht mehr hat, weil es diese Kurabgabe nicht mehr gibt, dann muss man sich auch die Frage stellen, woher dann das Geld kommen soll.

Dann ist die eine Lösung, die da heißt, ja, in Zukunft, dann werden wir das eben von den Unternehmern nehmen, ausschließlich von den Unternehmern. Ich glaube, das ist ein bisschen weit hergeholt. Unternehmer zahlen bereits Steuern, sie zahlen Fremdenverkehrsabgabe, sie würden ja im Wettbewerb komplett wegbrechen. Das heißt, wenn man das – und sie sind ja Teil der Infrastruktureinrichtung, der touristischen Infrastruktur –, also das wäre ja, ich sage mal, eine derart einseitige Auslegung, die also mit uns auch so nicht zu machen ist.

Das heißt, wir haben ein großes Spannungsfeld, wo wir uns gerade eben bewegen, und der Gesetzentwurf jetzt von der AfD sagt oder will uns jetzt sagen, dass damit ein Problem gelöst werden soll, mit dieser einzelnen Regelung. Und wenn man dann, es ist so, der Minister hat es ja auch gesagt, dass es durchaus restriktive Kurabgabensatzungen gibt, und da beruft man sich ja auch auf einschlägige Urteile, die es eben auch gibt dazu vom Verwaltungsgericht Greifswald vom 4. Dezember.

Und dann ergibt sich ja die Frage, welche finanziellen Konsequenzen haben beispielsweise weniger restriktive Satzungen für die Gemeinden. Und wenn man jetzt noch mal einen Faktencheck macht, dann sagen Sie unter dem Kostenpunkt in Ihrem Gesetzentwurf, dass es „geringfügige Mindereinnahmen“ der Gemeinden gebe. Das drücken Sie so aus. Da würde mich brennend interessieren, wenn Sie jetzt noch mal sprechen, würde mich brennend interessieren, wie Sie diese Mindereinnahmen beziffern, und vor allem, wie Sie das berechnet haben.

Wir haben da mal mit den Kurdirektoren darüber gesprochen, ich weiß nicht, ob Sie das gemacht haben mit den Kurdirektoren. Wir haben sie mal gefragt. Wissen Sie, mit welchem Hinweis da sofort – und das kommt wie aus der Pistole geschossen von denen –, was da für ein Hinweis kommt? Die sagen sofort ihren Hinweis auf Artikel 72 Absatz 3 der Landesverfassung, ich zitiere: „Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Kreise, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.“ Zitatende. Das heißt, der vorliegende Gesetzentwurf ist konnex, bedeutet, die entstehenden Fehlbeträge würden zur Forderung nach finanziellem Ausgleich führen, und das dürfte nach Auffassung der Kurdirektoren also nicht minder sein, sondern das soll erheblich dann sein.