Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

sie bringen sich aktiv in den Prozess ein, die Schulen arbeiten auch da sehr professionell, das muss man hier auch noch mal betonen, mit den Seiteneinsteiger/-innen, und aus meiner Sicht fordern die Schulen natürlich auch zu Recht die Unterstützung.

Ich will jetzt hier nicht alles weiter aufzählen. Kurz noch mal zur Verkürzung des Referendariats. In der RadischStudie wurde uns ja aufgezeigt, dass beide Universitäten einen erheblichen Handlungsdruck haben in der Lehrerausbildung, das steht unzweifelhaft fest, und insgesamt muss man da über die fachlichen und auch pädagogischen Inhalte diskutieren. Wenn man so sieht, was in der Grundschullehrerausbildung alles verlangt wird, auch

darüber haben wir gesprochen, dann muss man sagen, auch da muss man vollkommen nachdenken.

Die Praxisanteile müssen wesentlich erhöht werden, also mehr weg jetzt von dieser fachlichen Schulung, mehr rein in die pädagogische. Und es muss vor allen Dingen – das, finde ich, ist das größte Übel, was wir jetzt auch an den Universitäten haben –, die Studenten müssen die Möglichkeit haben, entsprechende Kurse so zu belegen, dass keine unnötigen Wartezeiten entstehen und dass sie wirklich in der Zeit, in der Regelstudienzeit, zum Abschluss kommen und dann auch nahtlos ins Referendariat übergehen können. Und da heißt es auch, die Prüfungstermine so zu stricken, dass sie wirklich da einsteigen können.

Eine Möglichkeit wäre die Verkürzung eines Referendariats. Ich persönlich stehe dem sehr offen und positiv gegenüber. Es wird aber nur funktionieren, wenn a) die Praxisanteile im Studium größer sind.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wenn sie begleitet werden.)

Und ich weiß aber auch, dass es zu einer Verkürzung des Referendariats auch aus fachlicher Sicht erhebliche Widerstände gibt, und es gibt viele Fachleute, die es strikt ablehnen. Also in dem Spannungsfeld befinden wir uns auch.

Ich will das jetzt nicht unnötig in die Länge ziehen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Wir müssen im Prinzip nicht Einzelmaßnahmen raussuchen, die jetzt hier vorgeschlagen sind, über die können wir alle diskutieren. Ich denke, wir sollten über ein Maßnahmenbündel diskutieren, und Schwerpunkt aus meiner Sicht müssen die Seiteneinsteigerqualifikation sein und auch die Lehrerausbildung. Das ist ja auch so ähnlich im Antrag formuliert. Unser Vorschlag ist Überweisung in den Bildungsausschuss, dass wir da dementsprechend diskutieren. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Schwarz, SPD: Jawoll, Herr Butzki!)

Noch einmal hat jetzt das Wort die Fraktionsvorsitzende der LINKEN Frau Oldenburg.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zuerst auf den kleinen Beitrag der Bildungsministerin zurückkommen, deswegen habe ich mir auch noch mal meine Rede vorgenommen.

Wir haben ja Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nicht erst seit gestern im System, sondern seit Mitte der 90er-Jahre. Und deswegen haben wir 2.000. Ich hätte gehofft, dass Sie die Zahlen kennen. Und ich habe gesagt, deswegen habe ich meine Rede noch mal mitgenommen: „Damit ist jede sechste Lehrkraft an den Schulen des Landes kein ausgebildeter Lehrer.“ Und das stimmt. Es ist jede sechste Lehrkraft kein ausgebildeter Lehrer,

(Torsten Renz, CDU: Das wird auch noch mal überprüft dann.)

weil wir ja die Zahlen zählen müssen, die wir insgesamt haben, die ja dann die Qualifizierung nachgeholt haben. Sie sind aber kein ausgebildeter Lehrer.

(Andreas Butzki, SPD: Darüber kann man sich auch streiten.)

Ich habe nicht nur den Eindruck, sondern es ist wichtig, dass wir uns im Ausschuss darüber verständigen, wie wir vor allen Dingen mit den Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern umgehen.

Ich möchte jetzt bei der AfD gar nicht darauf eingehen, weil da sehr viel Unkenntnis war. Sie wissen also nicht, dass Seiteneinsteiger jetzt auch nicht wie Lehrkräfte bezahlt werden. Sie wissen, wenn es einen Vorbereitungsdienst gibt, dann ist es ein Vorbereitungsdienst sozusagen für alle und dann wird er so organisiert, was überhaupt nicht schwer ist. Weil ja über die Hälfte der Referendarsplätze unbesetzt ist, würde es nicht einmal großartig zusätzliche Kosten verursachen.

Die Seiteneinsteigerproblematik ist meiner Meinung nach vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Da muss ich auch nichts schlechtreden, sie ist einfach wirklich nicht gut.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Und, Frau Ministerin, wir verstoßen hier gegen gar keine Kultusministerkonferenzbeschlüsse, weil die nicht vorsieht, dass es 18 Monate sein müssen, denn unsere Verordnung, die wir haben in Mecklenburg-Vorpommern, sieht vor, dass man verkürzen kann auf 12 Monate. Das ist möglich. Sachsen hatte das. Sachsen hat doch nicht verstoßen gegen die Kultusministerkonferenzbeschlüsse!

(Andreas Butzki, SPD: Ja, aber das wurde nicht überall anerkannt.)

Wir verstoßen gegen die Kultusministerkonferenzbeschlüsse, weil wir eben nicht nur Hochschulabsolventen für diesen Seiteneinstieg nehmen, sondern auch Menschen mit einer ganz einfachen Berufsausbildung. Das sieht die Kultusministerkonferenz nicht vor, und da sind wir auch das einzige,

(Andreas Butzki, SPD: Aber die haben es ja nicht ohne Grund aufgehoben.)

da sind wir auch das einzige Bundesland, was das so macht.

Und da will ich einfach mal sagen, Sie haben vorher gesagt, ja, aus welchen welche Fächer sich ableiten. Das ist schon sehr schwer bei studierten Berufen, aber wenn ich so sehe, was wir für Seiteneinsteiger im System haben, da frage ich mich wirklich, warum haben wir sie eingestellt, welche Fächer lassen sich ableiten. Was passiert mit denen, wo sich keine Fächer ableiten lassen? Zum Beispiel haben wir Buchbinder. Sollen die Deutsch unterrichten, nur, weil das Wort „Buch“ drin vorkommt? Ich verstehe es wirklich nicht, was wir hier tun! Wir haben eine Veranstaltungsplanerin oder mehrere. Da sage ich mir, Mensch,

(Andreas Butzki, SPD: Na ja, die sind auch in der beruflichen Schule.)

da kann man ja dann auch den Stundenplan, kann stellvertretende Schulleiterin, stellvertretener Schulleiter werden. Wir haben Zahnärzte, die zum Beispiel Englisch unterrichten. Welche Fächer leiten sich da ab? Und da kann man ganz, ganz viel machen. Wir haben Gärtner – nicht an der Berufsschule. Wir haben Köche – nicht an der Berufsschule.

(Torsten Renz, CDU: Und was unterrichten die?)

Und wir haben sogar Notarfachangestellte. Da habe ich mir gedacht, okay, da ist ja schon mal das Wort „Fach“ drin.

Das dürfen wir mit diesen Seiteneinsteigern nicht machen. Wir brauchen jeden – das, was Herr Butzki gesagt hat, das, was Herr Reinhardt gesagt hat, was Sie gesagt haben, Frau Martin –, wir brauchen die Seiteneinsteiger, aber wir dürfen sie nicht verheizen, wir dürfen sie nicht unter falschen Bedingungen anlocken und dann sagen, tja, aber ob ihr jetzt eine Lehrbefähigung bekommt, weil sich eben kein Fach ableiten lässt, das wissen wir nicht. Und da haben wir ganz große, ganz große Schwierigkeiten derzeit in der Ausbildung.

Oder erklären Sie mir, warum jemand mit Berufsabschluss laut Lehrerbildungsgesetz Seiteneinsteiger werden kann, also ein Koch, ein Gärtner, eine Krankenschwester, gleichzeitig haben wir aber die Verwaltungsvorschrift „Maßnahmen zur Gewährleistung der Unterrichtsversorgung an den öffentlichen Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern durch den Einsatz externer Vertretungslehrkräfte“. Die dürfen nur für sechs Wochen! Voraussetzung ist ein Berufsabschluss, und nur für sechs Wochen. Dieser Koch, der ein externer Vertretungslehrer ist, der darf nur unterrichten, der darf nicht zensieren – richtigerweise –, der darf auch keine Schul- oder Ordnungsmaßnahmen erteilen, der darf nichts bewerten, der darf nicht einmal an Konferenzen teilnehmen. Gleichzeitig kann dieser Koch aber sagen, och komm, nee, ich mache hier keinen externen Vertretungslehrer, sondern ich mache den Seiteneinstieg. Dann darf der alles! Wie kann das zusammenkommen?

Ich glaube, es ist so aus dem Ruder gelaufen, dass man jetzt wirklich nicht mehr weiß, was wir alles im System haben, wer irgendwo wie qualifiziert ist, wer auf einmal unterrichten darf, der dann aber als externer Seiteneinsteiger, als externe Vertretungslehrkraft nicht unterrichten kann. Und dass es möglich ist, ohne Qualifizierung die Lehrbefähigung zu bekommen, das sagen Sie mir in der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Das ist die Kleine Anfrage 7/376. Da frage ich...

(allgemeine Unruhe)

Ich habe noch ein bisschen Zeit, ich kann warten.

(Marc Reinhardt, CDU: Ja, Frau Lehrerin.)

Da frage ich, was wir machen bei den Seiteneinsteigern, die jetzt nicht an der modularisierten Qualifizierung teilnehmen können, ob sie dann trotzdem die Lehrbefähigung kriegen, obwohl die Voraussetzung ist, beide Qualifizierungen. Und da sagen Sie: „Wenn Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die nach dem 31. Dezember 2013 eingestellt wurden, den maßgeblichen...beschäftigungszeitraum erfüllen“, also

5, 7 oder 10 Jahre, „und noch nicht oder nur teilweise Gelegenheit hatten, an der modularisierten Qualifizierungsreihe teilzunehmen, verzögert sich die Zuerkennung der Lehrbefähigung dadurch nicht.“ Sie bekommen die Lehrbefähigung, sie sind ausgebildeter Lehrer, sie werden sodann wie eine Lehrkraft bezahlt, ohne dass es die Möglichkeit gibt, jemals überhaupt komplett oder teilweise qualifiziert worden zu sein.

Und dass es derzeit keinen Kurs gibt für die modularisierte, also den zweiten Teil der Qualifizierung von Seiteneinsteigern, möchte ich aus den Seiten der Seiteneinsteiger, die sich organisiert haben, zitieren: Still ruht der See. Und wir können jetzt nur vermuten, was sie damit meinen. Hintergrund: Die Teilnehmerzahlen in den grundlegenden pädagogischen Qualifizierungen sind seit 2018 in gesamt Mecklenburg-Vorpommern in grenzwertigen Größenordnungen angestiegen. Neue Konzeptvorgaben erzwingen grundlegende pädagogische Qualifizierungskompaktkurse in den Sommer-, Herbst- und Winterferien.

Zeitgleich ist die Stellensituation im Bereich der Seiteneinsteigerqualifizierung derzeit nicht annähernd teilnehmerkompatibel. Ich glaube, es kümmert sich in jedem Schulamt einer um die Seiteneinsteigerausbildung, also vier. Es ist beabsichtigt, die Stellen zu verdoppeln. Das ist aber noch nicht passiert. Ich glaube, nächste Woche oder so sind die Bewerbungsgespräche. Auch andere angefragte Bereiche Fortbildende des IQ M-V sind derzeit mit einer extremen Arbeitsverdichtung konfrontiert. Wir können sie daher nur bitten, sich kompatible Themen aus den offiziellen Fortbildungskatalogen des IQ M-V zu suchen. Wir bringen diese dann im Nachgang zur Anrechnung.

Das heißt, dass die Seiteneinsteiger jetzt zu Weiterbildungen, zu Fortbildungen gehen, wo ausgebildete Lehrer sind, zwei Stunden, anderthalb Stunden Geschichte Fortbildung – das ist nicht das, was die Seiteneinsteiger brauchen. Die brauchen die Grundlagen: Wie wird eine Arbeit geschrieben, wie wird bewertet, wie wird zensiert. Das ist ganz, ganz wichtig.

Ich glaube, ich kann an dieser Stelle das beenden. Ich denke, dass ich Ihnen gesagt habe, gezeigt habe, dass diese Sache tatsächlich komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Wir brauchen Seiteneinsteiger, wir müssen aber sie begleiten, wir müssen unsere Referendare begleiten. Wir dürfen natürlich gegen gar nichts verstoßen, das tun wir aber nicht mit unserem Antrag. Und wir brauchen Referendare, wir können sie dann auch binden. Wenn sie dann kommen – da hatte ich mal ein Gespräch mit Herrn Butzki –, wenn sie kommen und dann nur hier bei uns den Kurs machen oder das Referendariat und dann wieder gehen, das wollen wir auch nicht. Aber wir können sie ja binden an unser Bundesland.

Und ich hatte in meiner Rede vor anderthalb Jahren mal gesagt, habe ich auch vorgelesen, sie haben geschrieben, die Referendare, wenn Sie hier verkürzen, dann kommen wir. Wir brauchen doch endlich einen Wettbewerbsvorteil! Und natürlich ist alles das, wenn wir einen Seiteneinsteiger ausbilden, dann kann der keine 27 Stunden unterrichten, der darf aber auch gar keine 27 Stunden unterrichten, solange er kein ausgebildeter Lehrer ist. Ein junger Mensch, der ein Lehramtsstudium gemacht hat, der darf nicht 27 Stunden unterrichten, sondern 10 Stunden, aber einer, der das Lehramtsstudium nicht gemacht

hat, der darf vom ersten Tag an 27 Stunden unterrichten? Das ist falsche Welt. – Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/4311 zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer möchte für diesen Überweisungsvorschlag stimmen, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen worden.

Ich rufe an – nicht an, ich rufe auf –, ich rufe,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Antrages des Abgeordneten Holger Arppe – Keine Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen in Syrien, auf Drucksache 7/4286.