Protokoll der Sitzung vom 15.05.2020

(Sebastian Ehlers, CDU: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.)

Kommen wir jetzt zu unserem Änderungsantrag. Unter Ziffer II, Punkt 1 im Antrag der LINKEN soll nur dem Landkreis Ludwigslust-Parchim geholfen werden bei der Rekommunalisierung des Krankenhauses Crivitz. Was ist aber mit den Geburtsstationen Bergen, Demmin und anderen – Herr Koplin hat sie genannt –, die folgen werden?

(Minister Harry Glawe: Ist doch alles geregelt in Demmin.)

Jedes Mal ein neuer Antrag?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Wolgast. – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Deswegen möchten wir den Punkt dahin gehend ändern,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

dass alle Landkreise und kreisfreien Städte bei etwaiger Rekommunalisierung ihrer Krankenhäuser zu unterstützen sind.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Kommen wir aber zu Crivitz zurück. Der Krankenhausbetrieb hat dort ein jährliches Defizit. Sie haben die Zahl 1,5 Millionen, ich habe die Zahl 1,9 Millionen. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Jetzt stellt sich die Frage: Muss das Land dem Landkreis finanziell helfen? Und da sagen wir eindeutig Nein.

(Christian Brade, SPD: Oh!)

Wenn das Land finanziell helfen soll, muss der Landkreis in Not sein. Bei Ludwigslust-Parchim ist dies nicht der Fall.

(Andreas Butzki, SPD: Weil SPD-regiert, deswegen.)

So spielt bei Prestigeobjekten vom Landrat Sternberg Geld keine Rolle, Stichwort: Kulturmühle, Eldemühle in Parchim. Am Anfang wurde von 21 Millionen, dann im Wahlkampf von 27 Millionen gesprochen, und am 04.06. soll der Kreistag jetzt über knapp 40 Millionen entscheiden bei einer funktionalen Ausschreibung. Der dann als Generalunternehmer Beauftragte macht selbst die Planung und wird bestimmt von der Möglichkeit Gebrauch machen, eine bis zu 30-prozentige Preiserhöhung zu erzielen. Er wäre schön dumm, wenn er es nicht täte. Dann reden wir über 50 Millionen und mehr.

Und auch das zweite Projekt – Solitär II in Parchim –: 7,5 Millionen Schätzung.

(Sebastian Ehlers, CDU: Thema!)

Und da haben auch schon Architekten darüber geguckt, die der Meinung sind, es wird bedeutend teurer, soll durchgedrückt werden. Also soll der Landkreis LudwigslustParchim dort seine Hausaufgaben machen, was ihm wichtiger ist, die Durchsetzung solcher Prestigeobjekte oder der Erhalt seiner Krankenhauslandschaft.

(Sebastian Ehlers, CDU: Junge, Junge!)

Wir haben einen Spielraum.

(Christian Brade, SPD: Gibt es da eine Förderung oder gibt es da keine Förderung vom Land, Herr Lerche?)

Ich sage jetzt einfach mal, der Landkreis hat 3 Millionen für Crivitz geboten, MediClin möchte gerne 9 Millionen haben, gezahlt haben sie damals 6 Millionen für das Ganze, schön durchsaniert bekommen, übergeben bekommen. Wenn die sich jetzt vielleicht wieder auf die 6 Millionen oder 7 Millionen einigen, dann sollte der Landkreis dort nicht lange pokern und das tun. Wie ich schon ausführte, bei anderen Objekten ist das Geld ja auch vorhanden.

(Minister Harry Glawe: Das zahlt ja auch das Land.)

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Herr Minister! Herr Minister! Ich möchte Sie auch bitten, sich an die Regeln zu halten. Sie können jederzeit ans Mikrofon treten und erneut zum Plenum insgesamt sprechen, aber bitte nicht vom Platz aus.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Sag das bloß nicht zu oft, das macht er dann noch, ne?! – Zuruf von Minister Harry Glawe)

Frau Oldenburg, ich bitte Sie auch, ihn nicht noch dazu zu animieren.

(allgemeine Heiterkeit)

Jetzt erhält das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Barlen.

Meine sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Im Dezember letzten Jahres haben wir genau an dieser Stelle zum wiederholten Mal die Situation der Gynäkologie und der Geburtshilfe in Crivitz und Parchim in den Häusern von MediClin und Asklepios diskutiert. Wir haben diese Frage zwischendurch intensiv beraten: im Ausschuss, in Anfragen, auf der Demonstration oder den Demonstrationen vor Ort. Und wir diskutieren genau diese Situation hier heute erneut, und ich möchte sagen, meinetwegen auch noch hundertmal, wenn das nötig ist, denn so, wie MediClin es macht, meine Damen und Herren, so geht es nicht.

Private Konzerne kaufen Standorte, übernehmen Versorgungsaufträge und viel Verantwortung, bekommen Bei

tragsmittel, bekommen Investitionsförderung, bekommen das Vertrauen der Patientinnen und Patienten, um sich dann später – man muss sagen, mir nichts dir nichts – umzuentscheiden, die Brocken, zumindest teilweise, hinzuschmeißen und der öffentlichen Hand den abgenagten Knochen zurückzugeben mit der Botschaft, kümmert ihr euch doch um das, was für uns nicht profitabel genug ist.

Meine Damen und Herren, so geht es nicht, das findet nicht unsere Zustimmung. Derlei unkooperative, nicht auf das Gesamtwohl der Bevölkerung abzielende Geschäftsgebaren, wie wir es tatsächlich ja übrigens auch nur von den wenigsten Trägern bei uns in unserem Bundesland kennen, solche Geschäftsgebaren sind bei uns in Mecklenburg-Vorpommern nicht willkommen. Gesundheitsversorgung ist eine viel zu wichtige Aufgabe, als dass es am Ende nur um rein unternehmerische Entscheidungen geht und der Staat und die Öffentlichkeit Zaungäste sind.

Umso besser, meine Damen und Herren, dass wir gestern die Untersuchungskommission „Zukunft der medizinischen Versorgung“ eingesetzt haben. Da wird genau das Thema sein müssen. Ohne die Bereitschaft, echt und auf Augenhöhe zu kooperieren, wird ein integriertes, multiprofessionelles, sektorenübergreifendes Versorgungssystem nicht erreichbar sein. Wenn sich private Akteure aus eigenen Interessen einem solchen gemeinsamen Ansatz für die Patientinnen und Patienten einer Region entziehen, dann muss Gesundheitsversorgung ohne diese Privaten stattfinden, ganz klar!

Meine Damen und Herren, mit Blick auf Crivitz und Parchim haben wir es hier im Landtag mehrfach klar gesagt, die Regierung hat es mehrfach klar gesagt, der Kreistag ebenso: Wir stehen zum Versorgungsstandort Crivitz, wir stehen zu Strukturen für ein geburtshilfliches Angebot, und wir brauchen keine Alleingänge und kein einzelunternehmerisches Faktenschaffen. Wir bräuchten viel mehr gemeinschaftliche, konstruktive, lösungsorientierte Gespräche zwischen Träger, Ministerium, Landrat, wie eine solche gute Lösung für den Standort und für das geburtshilfliche Angebot aussieht. Das war, meine Damen und Herren, und das ist unsere Marschrichtung hier im Landtag, das haben wir als Landtag gemeinsam und sehr einmütig beschlossen: keine Fakten schaffen, bevor es ein gutes Gesamtkonzept gibt.

Und das Problem ist jetzt – und das ist ein echtes Problem –, ein solches Faktenschaffen ist durch die Festlegung von MediClin und die Betriebsvereinbarung aber passiert. Und genau das kritisieren wir, und das kritisieren wir scharf. Es gibt einfach keine Bereitschaft von MediClin und von Asklepios, keine Anstrengungen, sich wirklich konstruktiv für eine Lösung einzusetzen, und der Grund hierfür ist in meinen Augen relativ klar: Es soll keine Lösung am Standort Crivitz geben, weil aus Unternehmenssicht eine Lösung an einem anderen Standort gewollt ist.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Lukrativer ist, ja.)

Und es gibt nicht nur keine Bereitschaft für eine Lösung, mehr noch und schlimmer noch, etwaige Zeitfenster für Beratungen, die es braucht – Gespräche und Lösungen brauchen Zeit –, etwaige Zeitfenster für solche Beratungen werden verkürzt, Potenziale für Lösungen werden

zerschlagen und in Eigenregie werden vollendete Tatsachen geschaffen. Anders kann man die Geschäftspraktik rund um die Betriebsvereinbarung zur Schließung der Geburtshilfe in Crivitz nicht nennen.

Der NDR hat im „Nordmagazin“ gestern Abend ja ausführlich dazu berichtet. Seitens MediClin, so entsteht der Eindruck, wird mit allen Mitteln gekämpft, und fraglich ist – und das müssen wir natürlich klären –, ob sogar das Mittel der Unwahrheit bei diesen Mitteln dabei ist. Kollege Koplin ist bereits auf die mittlerweile viel zitierte Betriebsvereinbarung zwischen dem Konzern MediClin und dem Betriebsrat eingegangen. Es handelt sich dabei in der Tat, Herr Minister, um einen geschlossenen Vertrag zwischen diesen beiden Vertragsparteien, nämlich MediClin und dem Betriebsrat. Und darin steht aber ein Text, der es auch in meinen Augen wirklich in sich hat, nämlich die Arbeitgeberin – und das ist das Zitat, was auch Herr Koplin vorgetragen hat – muss die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe spätestens zum 30.06. schließen. Gemeinsam mit dem Ministerium wurde eine Lösung gesucht, die gynäkologisch geburtshilfliche Versorgung in der Region zu gewährleisten. Und dann: „Das Ergebnis ist nunmehr die Bündelung der Versorgungsbereiche beider Kliniken am Standort Parchim.“

Ich muss sagen, jedem normal denkenden Menschen – und deshalb wohl auch dem Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzenden – will dieser Text doch weismachen, dass die Schließung der Geburtshilfe verabredet ist, weil warum sollte das sonst im Ergebnis, also einer solchen gemeinsamen Lösungssuche so sein, und dass der Text suggeriert, auch dass darüber Einvernehmen besteht, dass daran nichts mehr zu ändern ist und dass es jetzt nur noch in der kausalen, logischen Folge darum geht, weil das alles so ist, eine soziale Umsetzung für die Schließung gemeinsam zu verabreden.

Meine Damen und Herren, das ist so ja nicht. Das ist eine Falschbehauptung, so, wie es da in diesem Text zu lesen ist. Der Gesundheitsminister und der Landrat – das ist eben von Minister Glawe ausgeführt worden – arbeiten, übrigens trotz der irren Belastung, die die Häuser und die Ämter durch die Corona-Bewältigung haben, arbeiten weiterhin an einer guten Lösung für die Region. Das Bekenntnis zum Standort steht. Das Bekenntnis zu den Strukturen eines geburtshilflichen Angebotes steht. Und das ist genau richtig. Und ich möchte an dieser Stelle bei aller Kritik sozusagen, die immer im Raum steht, an allen Beteiligten, ich möchte an dieser Stelle einmal für die Politik und das Reagieren auf solche Geschäftspraktiken von MediClin mal eine Lanze brechen und sagen, ich bin dem Landrat und dem Gesundheitsminister dankbar für dieses Engagement, sich an dieser Stelle da eben zu kümmern.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Minister Glawe, Minister Glawe hat glasklar gemacht – und das ist auch genau in unserem Interesse –, die Gynäkologie und die Geburtshilfe bleiben im Krankenhausplan enthalten. Da gibt es keine Streichung, unabhängig davon, was MediClin gerade veranstaltet. Und genauso, meine Damen und Herren, war – und übrigens ist, weil dieser Beschluss gilt, der ist von Dezember –, genauso war unser Beschluss hier im Landtag nämlich gemeint: keine Fakten schaffen, bevor ein akzeptiertes Konzept steht.

Dass inzwischen Corona ausgebrochen ist und dass diese Konzeptphase, die einfach in einer Demokratie, in einem Staat, wo Landkreise und Land also gemeinsam Dinge erarbeiten, dass das Zeit braucht, dafür kann niemand etwas. Und dass MediClin sich aber genau das knallhart zunutze macht und die Station schnell noch vor einer ins Haus stehenden Rekommunalisierung abwickeln und verbrannte Erde hinterlassen möchte, das ist schlichtweg ein Affront, das ist eine Sauerei gegenüber den Beschäftigten, gegenüber den Eltern und allen Aktiven.

Meine Damen und Herren, die Betriebsrätin hat die oben genannte Betriebsvereinbarung in dem Glauben unterschrieben, dass einleitende Beschreibung der Situation zutreffend ist, alle Bemühungen mit dem Ministerium sind am Ende gescheitert, und im Ergebnis der Lösungssuche muss Parchim für die Gynäkologie und Geburtshilfe gestärkt und Crivitz geschlossen werden. Aber es ist ja das Gegenteil der Fall: Die Lösungssuche mit dem Gesundheitsminister ist nicht abgeschlossen. Gleichfalls laufen die Gespräche und die Konzeptarbeit mit dem Landrat.

Es wird aktuell mit der Rekommunalisierung und dem klaren Statement für ein geburtshilfliches Angebot ganz aktiv an einer Lösung gearbeitet, die eben nicht lautet: Parchim wird gestärkt, Crivitz wird geschlossen. Wieso also diese Behauptung in der Präambel der Betriebsvereinbarung? Etwa, um sich eine Unterschrift des Betriebsrates zu erschleichen? Das wäre starker Tobak. Und da wünsche ich mir, möchte ich sagen, auch eine ganz klare Aussage des Gesundheitsministers zu, die lauten muss, das ist falsch, das ist gelogen.

Paragraf 123 BGB spricht bei Willenserklärungen allgemein von einer Anfechtbarkeit wegen arglistiger, heißt vorsätzlicher Täuschung, die unter anderem dann vorliegt, wenn durch aktives Tun der Unterzeichner eines solchen Vertrages durch falsche oder konstruierte Tatsachen zur Unterschrift beziehungsweise zur Willenserklärung gebracht wird. Ich persönlich halte die falsche Behauptung, dass die Abwicklung in Crivitz besiegelt ist und nun nur noch eine sozialverträgliche Umsetzung erfolgen muss, tatsächlich für ganz ursächlich, heißt kausal für diese Unterschrift des Betriebsrats. Der Betriebsrat – wir müssen uns einmal in die Lage dieses Betriebsrates reinversetzen –, der hätte die Unterschrift ohne diese Behauptung in der Präambel doch niemals geleistet. Warum auch?

Wenn beispielsweise in der Präambel wahrheitsgemäß gestanden hätte, wir haben uns auf eine Rekommunalisierung verständigt und auch ein geburtshilfliches Angebot in Crivitz soll erhalten bleiben, wir brauchen jetzt allerdings Übergangszeit, um das gut auf die Beine zu stellen – warum sollte denn jemand bei einer solchen Einleitung, die ja offensichtlich den Tatsachen entspricht, einer Zerschlagung der Station und Kündigungen zustimmen? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Deshalb ist also die falsche Behauptung beziehungsweise in meinen Augen die vorsätzliche Täuschung des Betriebsrates ursächlich für diesen geschlossenen Vertrag zwischen MediClin und dem Betriebsrat.

Und, meine Damen und Herren, unter dem Strich möchte ich wirklich sagen, dass ich – ich glaube, das merken Sie auch – außerordentlich sauer bin, wie MediClin sich verhält. Der Landtag, die Landesregierung, der Kreis haben sich schon Ende letzten Jahres bekannt – wir haben es in allen Redebeiträgen hier gehört – zum