Wer in der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich zu erheben. – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen?
Meine Damen und Herren, vor der Mittagspause rufe ich noch den letzten für den heutigen Vormittag vorgesehenen Punkt auf, nämlich
Tagesordnungspunkt 4: Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der CDU - Drs. 14/3200 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 14/3302 – Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/3304
Der Gesetzentwurf wurde in der 100. Sitzung am 12. März dieses Jahres an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen überwiesen. Berichterstatter ist der Kollege Heinemann. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Drucksache 3302 empfiehlt Ihnen der federführende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen in Übereinstimmung mit dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen, den Gesetzentwurf mit einigen redaktionellen Änderungen anzunehmen. Die Empfehlung ist sowohl im federführenden Ausschuss als auch im mitberatenden Ausschuss jeweils mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen der SPD und der CDU gegen die Stimme des Ausschussmitglieds der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen worden.
Der Gesetzentwurf folgt hinsichtlich der Anpassung der Grundentschädigung, der allgemeinen Aufwandsentschädigung, der Herabsetzung des Eingangsalters für die Altersentschädigung und der Vergütung der Bürokräfte der Abgeordneten den Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigungen in ihrem Bericht vom 14. Dezember 2001.
Die Grundentschädigung soll mit Wirkung vom 1. Januar 2002 von bisher 10 340 DM auf 5 403 Euro angehoben werden. Vom gleichen Zeitpunkt an soll die allgemeine Aufwandsentschädigung
von 1 990 DM auf 1 027 Euro erhöht werden. Für die Grundentschädigung bedeutet dies eine Erhöhung um knapp 2,2 %, bei der allgemeinen Aufwandsentschädigung beläuft sich der Steigerungssatz auf 1 %.
Die Herabsetzung des Eingangsalters für die Altersentschädigung der ehemaligen Abgeordneten geht auf eine Anregung der beiden großen Fraktionen zurück. Während nach geltendem Recht die Altersentschädigung der Abgeordneten frühestens mit dem 65. Lebensjahr, für Abgeordnete mit mehr als acht Mandatsjahren frühestens mit dem 60. Lebensjahr gewährt werden kann, sieht der Gesetzentwurf die Gewährung der Altersentschädigung bis zu drei Jahre früher vor. Als Ausgleich wird die Altersentschädigung wie im Rentenrecht und im Versorgungsrecht der Beamten dauerhaft um 0,3 v. H. für jeden vorgezogenen Monat gekürzt.
Die Regelung über die Vergütung der Büro- und Schreibkräfte der Abgeordneten sieht eine Anhebung des Höchstbetrages für die Kostenerstattung in Anlehnung an die Sätze der Vergütungsgruppe V c BAT vor.
Mit dem neuen Absatz 4 in § 6 wird eine Indexregelung zur automatischen Anpassung der Grundentschädigung an die Preisentwicklung der Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Niedersachsen und an die Gehaltsentwicklung der Beamten der Besoldungsgruppe A 16 eingeführt, wobei die beiden Maßstabsgrößen jeweils zur Hälfte berücksichtigt werden sollen. In dem ebenfalls geänderten § 25 ist ferner vorgesehen, dass die Entschädigungen und die Maßstabsgrößen jeweils zu Beginn der Legislaturperiode von der bereits erwähnten Kommission überprüft und vom Gesetzgeber für die neue Wahlperiode durch Gesetz festgelegt werden.
Eine entsprechende Regelung enthält der Gesetzentwurf auch für die allgemeine Aufwandsentschädigung. Maßstab der Veränderung ist hier ausschließlich die Preisentwicklung der Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Niedersachsen. Nach Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes ist die Frage, ob die vorgenannte Indexierung von Entschädigungen verfassungsrechtlich zulässig ist, mittlerweile geklärt; danach bestehen gegen die Indexregelungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken mehr.
Aufgrund der für § 31 vorgesehenen Änderung sollen die Fraktionskostenzuschüsse unter Berücksichtigung der Preisentwicklung und der Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst um insgesamt 2,2 % angehoben werden. Mit dieser Änderung schließt sich der Gesetzentwurf den Vorschlägen an, die der Präsident des Niedersächsischen Landtages nach Anhörung der Fraktionen in dem Bericht für das Jahr 2001 vorgelegt hat. Außerdem wird eine Indexregelung eingeführt, die zu 75 % an die Entwicklung der Gehälter von Angestellten im öffentlichen Dienst und zu 25 % an die Preisentwicklung anknüpft. Die beiden Maßstabsgrößen entsprechen den Ausgabeschwerpunkten, wie sie sich aus den jährlichen Rechnungslegungen der Fraktionen ergeben. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat in diesem Zusammenhang noch einmal auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Indexierung hingewiesen; auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit den verwendeten Maßstabsgrößen ein System gewählt haben könnte, das die Fraktionen unzulässig begünstige.
Vorgesehen ist schließlich die Umstellung der im Gesetz genannten DM-Beträge auf Euro. Die Umstellung erfolgt nach dem amtlichen Umstellungskurs unter Rundung auf volle Euro. Soweit in dem Gesetzentwurf eine Rundung auf volle Euro nicht vorgenommen worden ist - das ist bei dem in § 12 Abs. 3 Satz 1 festgesetzten Betrag des Übernachtungsgeldes und bei den Fraktionskostenzuschüssen der Fall -, ist dies im mitberatenden Ausschuss für Haushalt und Finanzen von einzelnen Abgeordneten kritisiert worden, wegen der wenigen Anwendungsfälle hat der Ausschuss aber von einer Änderungsempfehlung abgesehen.
Die übrigen Regelungen des Gesetzentwurfs haben lediglich klarstellende Bedeutung; die in der Beschlussempfehlung enthaltenen Änderungen sind ausschließlich redaktioneller Natur.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3302 zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Heinemann hat die Inhalte des Gesetzentwurfs im Einzelnen vorgetragen, sodass es sich für mich erübrigt, noch einmal darauf einzugehen. Die SPD-Fraktion ist sich mit der CDU-Fraktion darüber einig, dass wir diesen neuen Weg gehen wollen. Zur Begründung möchte ich folgende Zahlen nennen. Unsere Diäten haben sich seit 1993 um 13 % gesteigert, die Beamtenbesoldung ist um 16 % gestiegen, und die allgemeine Lohnentwicklung lag bei 25 %. Von daher kann man, so glaube ich, nicht von einer Überhöhung sprechen. Ich möchte darauf hinweisen, dass alle diejenigen, die heute nach A 16 bezahlt werden, nicht in der öffentlichen Kritik stehen. Es ist angemessen, wenn der Landtag in diesem Rahmen bleibt. Wir haben dreimal auf Diätenerhöhungen verzichtet. Das macht immerhin 365 Euro im Monat aus. Dieses Parlament kostet das Land etwa 5 Euro pro Einwohner. Wir glauben, dass das vertretbar ist.
Da die Grünen einen Änderungsantrag eingebracht haben, möchte ich auf einen Artikel in der Welt hinweisen. Dort war unter dem Datum des 17. Februar 2002 zu lesen, warum Politiker nur Peanuts verdienen. Meine Damen und Herren, alle diejenigen, die unser Einkommen kritisch beurteilen, bitte ich, sich einmal eingehend mit diesem Artikel zu beschäftigen. Natürlich werden dort in erster Linie Spitzenpolitiker und Spitzenmanager miteinander verglichen. Aber auch wenn man die Arbeit von Abteilungsleitern in größeren Unternehmen mit dem vergleicht, was wir hier tun – in dem Artikel wird auch auf unsere Arbeit eingegangen -, dann glaube ich schon, dass die Gesellschaft in der Lage ist, uns angemessen zu bezahlen, und dass das, was wir hier heute beschließen werden, gerecht ist.
Von daher, meine Damen und Herren, wird die SPD-Fraktion der vom Rechtsausschuss und vom Haushaltsausschuss empfohlenen Anpassung zustimmen. Wir sind auch mit der Indexierung einverstanden. Im Jahr 2004 mag sich dann der neue Landtag darüber Gedanken machen, ob er bei dem von uns jetzt vorgeschlagenen Modell bleibt oder ob er möglicherweise zu einem anderen kommt.
Die Haltung der Grünen verstehe ich nicht. Immer dann, wenn sie in Koalitionen sind - das gilt bundesweit -, stimmen sie solchen Erhöhungen zu, aber immer dann, wenn sie in der Opposition sind,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möhrmann hat schon darauf hingewiesen: Meine Fraktion hat Ihnen heute einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir sind der Auffassung, dass angesichts der katastrophalen Finanzlage des Landes auf eine Diätenerhöhung verzichtet werden sollte. Wir haben bei den Diätenerhöhungen ausdrücklich auch die Finanzlage des Landes zu berücksichtigen und eben nicht nur die Gehaltsentwicklung in anderen Bereichen.
Das wird bei der Neuregelung, die jetzt hier getroffen werden soll, im Übrigen auch nicht grundsätzlich anders. Es bleibt dabei, dass der Landtag auch zukünftig nach dem Bericht der Diätenkommission und nachdem der Präsident seinen Vorschlag unterbreitet hat, hier im Landtag über die Höhe der Diäten und über die konkrete Indexregelung zu entscheiden hat - wenn auch nur einmal zu Beginn der Legislaturperiode. Aber die Abgeordneten werden auch in Zukunft gut beraten sein, wenn sie bei dieser Entscheidung die jeweilige Finanzlage des Landes nicht außer Acht lassen.
Es kommt nicht gut an, wenn der Sparstift immer nur bei anderen angesetzt wird und man sich selbst dauernd außen vorhält. Das führt dann genau zu den Schreiben, aus denen ich bei der Einbringung des Gesetzentwurfs im März-Plenum zitiert habe.
Herr Schünemann, Sie haben mir seinerzeit entgegnet, Ihr Eindruck sei, dass die Bürgerinnen und Bürger zunehmend verstünden, dass die Arbeit hier im Parlament auch angemessen entlohnt werden sollte.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass diejenigen, die nicht nur den Welt-Artikel, auf den Herr Möhrmann hingewiesen hat, sondern möglicherweise auch Die Zeit vom letzten Donnerstag gelesen haben, vielleicht zu einer grundsätzlich anderen
Ich glaube, dass diejenigen, die diesen Artikel gelesen haben, uns für hoffnungslos überbezahlt halten.
(Beifall bei den GRÜNEN - Plaue [SPD]: Haben Sie auch eine eigene Meinung? - Wernstedt [SPD]: Sie müssen sagen, ob Sie das teilen! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsi- denten)
Eine Sekunde, Frau Kollegin Pothmer! - Meine Damen und Herren, die Lautstärke ist mittlerweile inakzeptabel hoch. Ich bitte, die Unterhaltungen einzustellen. Herr Kollege Winn, Herr Kollege Schwarz, Herr Kollege Heinemann und wen wir da noch so alles haben, draußen lässt sich exzellent klönen, hätte ich fast auf Hannoversch gesagt. Bitte schön, Frau Pothmer!
Wenn Mitglieder dieses Landesparlaments selbst als Kronzeugen für den Bedeutungsverlust von Landesparlamenten auftreten und ein Bild von der Tätigkeit des Abgeordneten zeichnen, das den Eindruck erweckt, als seien wir hier willfährige Abnicker und Häppchenjäger, deren Interesse nicht auf die eigentliche Parlamentsarbeit gerichtet ist, sondern mehr auf die Parlamentarischen Abende und da noch insbesondere auf die Qualität des Büffets,
dann, glaube ich, wird es Ihnen zunehmend schwer fallen, in der Bevölkerung eine Zustimmung für diese Diätenerhöhung zu erreichen.
Ich selbst - das war ja Ihre Frage, Herr Plaue - habe überwiegend ein anderes Bild von der Arbeit von Parlamentariern.
Ich glaube auch, dass man eine Diätenerhöhung mit der Arbeitsleistung von niedersächsischen Abgeordneten begründen könnte. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass es aufgrund der Finanzlage des Landes zumutbar ist, auf diese Diätenerhöhung zu verzichten. Das gilt insbesondere dann, wenn man die finanzielle Ausstattung dieses Landtages mit den Diäten vergleicht, die in anderen Ländern gezahlt werden. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Kollege Schwarzenholz, Sie haben eine Redezeit von bis zu zwei Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde den zuletzt von Frau Pothmer herangezogenen Vergleich, der in Der Zeit angestellt worden ist, unangemessen. Wer die Berichterstattung über die Schüler, die die Abgeordneten begleitet haben, gelesen hat, weiß, dass in der Öffentlichkeit in Niedersachsen über diese relativ vorbildlichen Projekte ein anderes Bild vermittelt worden ist.
Trotzdem bleibt die Frage - und diese Frage muss die Politik angesichts sinkender Wahlbeteiligung und dessen, was sich an Politikverdruss darstellt, ernst nehmen -, warum die Menschen den Eindruck haben, dass ihre Kritik nicht ankommt. Wenn wir erklären, die Diätenerhöhung ist angemessen, die Diäten sind in ihrer Höhe berechtigt, die Menschen das zu großen Teilen aber nicht verstehen, dann liegt die Schuld nicht bei ihnen, sondern wir als politische Kraft müssen uns fragen, was wir falsch machen, warum das nicht begriffen wird. Da gibt es einfach Rahmenbedingungen, über die wir nicht hinweggehen können.
Eine Diätenerhöhung ist in einer Situation, in der in den Kommunen und auch im Land massive Kürzungen laufen, schlicht nicht vermittelbar. Wenn etwas nicht vermittelbar ist, dann muss man, auch wenn es grundsätzlich berechtigt ist, auch einmal bereit sein, es nicht zu tun. Vor diesem Dilemma stehen wir im Augenblick.