Frau Kollegin Bockmann, sollen wir nun hier und heute eine Jubelrunde für den Herrn Justizminister einlegen?
- Dass ihr das noch macht, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat schon leicht masochistische Züge. Das möchte ich einmal sagen.
(Beifall bei der CDU - Frau Bock- mann [SPD]: Frau Kollegin, Sie wis- sen doch gar nicht, was das ist!)
(Plaue [SPD]: Das ist unser aller Mi- nister! - Adam [SPD]: Was sind Sie für eine Demokratin? - Möhrmann [SPD]: Das ist auch Ihr Minister! - Weitere Zurufe von der SPD)
Der Minister wollte Tagesschnellster sein und hat nicht einmal die ordentliche Anhörung und die Beratung des Antrages der SPD-Fraktion im Rechtsausschuss abwarten können. Das hätte sich aber so gehört, meine Damen und Herren. Wenigstens eine ganz kurze Schamfrist hätten Sie ja einhalten können, Herr Minister, um die SPD-Fraktion nicht ganz und gar zur Kulisse Ihrer Aktion zu degradieren.
Jetzt gibt es nichts mehr zu beschließen oder zu begrüßen. Der Antrag der SPD-Fraktion ist damit erledigt. Ich habe einmal gesagt, dass er wie Haarwasser ist: Er schadet nichts, aber er nützt auch überhaupt nichts mehr.
Erfolgreiche Mediationsverfahren können für die Beteiligten Vorteile haben. Das haben wir auch gesagt. Es ist im Einzelfall möglich, im Gegensatz zu einer Alles-oder-Nichts-Entscheidung des Gerichts, eine interessengerechtere Lösung für die Streitparteien zu erreichen. Die Mediation als Streitschlichtungsverfahren wird auch von der Rechtsanwaltschaft begrüßt. Das ist auch richtig. Interessant wird es natürlich sein, meine Damen und Herren, wie die Richterschaft das sieht. Der Minister wurde ja - wie ich glaube - bei der Rechtsanwaltskammer darauf angesprochen, dass die Richter hier Probleme sehen. Ich möchte einmal Ihren O-Ton bringen, Herr Minister: „Richter müssen ihr obrigkeitsstaatliches Denken überwinden.“ Wenn man davon ausgeht, Herr Minister, dass eine erfolgreiche Mediation nur dann möglich ist, wenn Anwaltschaft und Richterschaft zusammenarbeiten, dann sollten Sie sich solche Äußerungen in Zukunft überlegen.
darauf hin -: Die Förderung der Mediation als außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren darf nicht dazu führen, die streitigen Verfahren und damit die ohnehin knappe personelle und materielle Ausstattung der Gerichte Niedersachsens zu vernachlässigen. In diesem Zusammenhang, Herr Minister, werden Sie hier und heute sicherlich noch darauf eingehen, was in der HAZ vom 23. Mai stand:
„Für das Projekt sind nach Auskunft des Justizministeriums Fördermittel in Höhe von 627 500 Euro beantragt worden.“
Da frage ich schon: Bei wem und wann und für wann ist diese Summe beantragt worden? Denn nach Auskunft des Herrn Finanzministers - der dürfte noch immer Herr der Finanzen sein - weiß er nichts von einer solchen Beantragung. Da kommt mir natürlich der ganz, ganz böse Gedanke, Herr Minister Pfeiffer - der wäre so schlimm, dass ich es nicht glauben konnte -: Es ist ja wohl hoffentlich nicht an eine Umschichtung innerhalb des Justizhaushaltes gedacht. Die Aussage des Ministeriums, es seien Fördermittel beantragt worden, wäre dann ohnehin falsch, wenn es zu einer Umschichtung kommen würde. Die Aussage wäre nicht nur falsch, sondern die Richtung wäre auch völlig entstellt, und die tatsächliche Situation wäre dann verschleiert worden.
Erfolgreiche Mediation kann es nicht zum Nulltarif geben. Sonst geht sie unweigerlich und unvermeidbar zulasten und auf Kosten des gesamten Justizbereichs. Der hat - das wissen Sie als zuständiger Minister wohl am besten oder zumindest sehr gut - genug Probleme mit knappen Ressourcen. Dieser Preis, Herr Minister, wäre zu hoch in einer Zeit, in der so vieles im Justizbereich im Argen liegt.
Wir warten daher gespannt auf Ihre Aufklärung, bei wem die 627 500 Euro beantragt wurden. Wir werden - so wie im Ausschuss -, weil der Antrag erledigt ist, mit Stimmenthaltung votieren. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt Anträge, statt deren eine Pressemitteilung gereicht hätte. Die von mir geschätzte Kollegin Körtner hat Unrecht, wenn sie behauptet, zeitgleich mit der Anhörung im Rechtsausschuss sei dieser Modellversuch schon pressemäßig abgefeiert worden. Nein, Frau Kollegin Körtner, bereits vor einem halben Jahr, nämlich am 27. Dezember letzten Jahres, hat Minister Pfeiffer in der HAZ angekündigt, diesen Modellversuch an sechs niedersächsischen Gerichten durchführen zu wollen. Man kann sich natürlich fragen, weshalb die SPD-Fraktion fast ein halbes Jahr braucht, um diese Pressemitteilung in die Form eines Antrages zu gießen. Aber das mag das Geheimnis der SPD-Fraktion bleiben.
Richtig ist und von uns geteilt wird - da sind wir uns alle völlig einig -, dass wir eine neue Kultur der Schlichtung benötigen, dass nicht mehr streitig entschieden werden soll, sondern dass das kooperative Aushandeln wichtiger wird, dass es nicht mehr um die Vergangenheitsbetrachtung abgeschlossener Sachverhalte geht, sondern um Zukunftsorientierung, und dass sich Mediation vor allem dort bewährt, wo Konflikte in Dauerbeziehungen zu lösen sind. So weit, so gut.
Aber ich will doch einige kritische Anmerkungen zu diesem Modellversuch vorbringen. Es fällt schon auf, wenn Minister Pfeiffer in einem Interview vor wenigen Wochen erklärt, in keinem anderen Bundesland als Niedersachsen würden so viele Urteile gesprochen und so wenig Vergleiche geschlossen. Das muss dann schon etwas mit zwölf Jahren SPD-Regierung in diesem Land und mit den Versäumnissen zu dieser Zeit zu tun haben.
Ich will kurz über einige Punkte sprechen. Was spricht eigentlich dagegen, meine Damen und Herren, Streitigkeiten um den Maschendrahtzaun, um den Knallerbsenstrauch und andere Nachbarstreitigkeiten obligatorisch durch ein Landesgesetz den Schiedsleuten zu überweisen, bevor solche Streitigkeiten vor Gericht geraten? § 15 a EGZPO gibt uns dafür die Möglichkeit.
Was hindert uns eigentlich daran, die Rolle der Anwälte und Notare bei der außergerichtlichen Konfliktschlichtung zu stärken? Schon jetzt werden 70 % der Sachen außergerichtlich erledigt. Ich kenne kaum einen Anwaltskollegen, der nicht jederzeit vergleichsbereit wäre, was ja auch von der Gebührenordnung honoriert wird, wenn es auch vielleicht ein bisschen mehr sein könnte. Da sind
natürlich Modelle denkbar, dass beispielsweise Notare, die dazu bereit sind, auf Antrag eine örtliche Gütestelle einrichten, von denen die Einigung dann auch gleich in vollstreckbarer Form beurkundet werden könnte.
Oder ein weiterer Punkt: Wir haben vor nicht allzu langer Zeit eine umfassende Reform der Zivilprozessordnung eingeführt, die ebenfalls vorsieht, mit dem neuen § 278 die vergleichsweise Einigung zu stärken. Da hätte ich schon erwartet, Herr Minister Pfeiffer, dass das, was jetzt an verfahrensmäßigen Möglichkeiten gegeben ist, gestärkt unterstützt wird durch entsprechende Aus- und Fortbildungsangebote für die Richterinnen und Richter in Niedersachsen, dass immer wieder Chancen vor Beginn der streitigen Verhandlung auch in einem Vergleichsverfahren qualifiziert von den Richtern genutzt werden können. Da gibt es also einiges zu tun.
Ich habe die Sorge, dass hier ein Modellversuch entsteht, der sicherlich gut funktionieren wird. Das haben Modellversuche meistens so an sich. Wir werden aber möglicherweise das gleiche Problem haben wie beim Täter-Opfer-Ausgleich: gutes Modell, aber es taugt nicht für das tägliche Massengeschäft.
Wir finden, außergerichtliche Konfliktlösung durch Mediation muss Massengeschäft werden. Deswegen brauchen wir keine Modellversuche, sondern massenhafte Einführung in der Justiz mit entsprechender Aus- und Fortbildung der Richterinnen und Richter und auch der Anwaltschaft. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die niedersächsische CDU - Frau Körtner hat das hier vorgetragen - schreibt heute neue Parlamentsgeschichte. Sie unterstützt ein Zukunftsmodell der Justiz, nämlich die Mediation. Aber bevor diese justizpolitische Neuheit auf den Markt kommt, soll sie nach Wunsch der CDU-Fraktion im Parlament für erledigt erklärt werden. Das ist die qualifizierte Unlogik und ein politisches Para
Am 1. September soll es losgehen, 2005 soll der Modellversuch beendet sein. Er hat noch gar nicht angefangen, und schon wollen Sie nichts damit zu tun haben.
Ich frage mich aber im Übrigen auch, welches Selbstverständnis Sie als Parlamentarierin haben. Sie sitzen schließlich nicht zum Blödeln hier.
Schließlich erledigt sich ein Antrag nicht nur, weil der Justizminister mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit geht. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie doch noch einmal, den Entschließungsantrag der SPD-Fraktion nach dem Prinzip „Erst lesen und dann lösen“ anzusehen.
Wir fordern die Landesregierung auf, die Einbindung von Rechtsanwälten und insbesondere von Rechtsschutzversicherungen, die ja mitunter der Motor von Klageverfahren sind, in Sachen Mediation zu überprüfen. Das ist bisher noch nicht geschehen. Die Prüfung macht auch Sinn.
Weiterhin bitten wir die Landesregierung, zu überprüfen, inwieweit dieses neue Verfahrensangebot in der Justiz effizient organisiert werden kann. Hier handelt es sich, wie ich ausgeführt habe, um ungeklärte Fragen, die im Rahmen des wissenschaftlich begleiteten Modellversuchs zum Teil gelöst werden können.
Ich habe ja Verständnis dafür, wenn der Opposition eine erfolgreiche Justizpolitik nicht in das eigene Wahlkampfkonzept passt. Aber sinnvolle Maßnahmen für erledigt zu erklären, ist ein unredlicher Angriff in Richtung gesellschaftlich notwendiger Reformvorhaben.
Es ist bekannt, dass die Fraktion der Grünen Schiedsverfahren favorisiert. Herr Schröder hat das vorgetragen. Andere Länder haben dies auch umgesetzt, allerdings mit sehr zweifelhaftem Erfolg. Für uns ist noch nicht erkennbar, welche Auswirkungen dieses neue Gesetz hat. Aufgrund der vorliegenden mangelnden Nachfragen z. B. in Hessen ist noch nicht von einem Erfolg auszugehen, so z. B. die Gerichtspräsidenten aus Darmstadt und anderen benachbarten Städten.
Wenn dieses Schiedsmodell der außergerichtlichen Streitschlichtung aber kaum Wirkung zeigt, müssen wir in Niedersachsen diese Fehler nicht wie
derholen. Aus diesem Grunde favorisieren wir die Mediation; denn die Vorteile liegen auf der Hand. Im Gegensatz zum Schiedsverfahren können in Niedersachsen die Mediatoren in jeder Lage des Verfahrens tätig werden. Die Tätigkeit der Schiedsleute ist sicherlich anerkennenswert. Wir meinen aber, dass man vernünftig ausgebildet sein muss, um eine vernünftige Streitschlichtung herbeiführen zu können.
Gerade deshalb bitten wir die Landesregierung, zu prüfen, wie Schiedsleute in das Mediationsprojekt eingebunden werden können. Deshalb gestatten Sie mir nach diesen Ausführungen, Ihre Argumente für erledigt zu erklären. Mit unserem Antrag wollen wir hingegen eine moderne Justizpolitik unterstützen und voranbringen. Das müsste eigentlich auch in Ihrem Sinne sein. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Mühe [SPD] dreht bei einem Ge- spräch mit Abgeordneten der SPD- Fraktion dem Präsidium den Rücken zu)