Die Bevölkerung in Laasche hat es im letzten Jahr, glaube ich, abgelehnt, sich dem Deichverband anzuschließen. Das ist ein ernsthaftes Problem. Ich glaube, inzwischen sind neue Gespräche anberaumt worden, um zu prüfen, ob diese Entscheidung korrigiert werden kann.
Meine Damen und Herren, an solchen Beispielen sehen Sie, dass Gleich und Gleich nicht immer das Gleiche bedeuten.
- Ja, wirklich. Dass dem so ist, hat aber auch damit zu tun, dass sie sich nicht dem Deichverband angeschlossen haben. In Hitzacker stand das Wasser auf dem Marktplatz bis zu 1,50 m hoch. Hitzacker hat aber niemals den Bau eines Deiches beantragt. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass schnelle Antworten nicht immer tragen. Der Ortsbürgermeister von Hitzacker hat auf der Helferfete des NDR eine Woche nach dem Hochwasser auf die Frage der Redakteurin, ob jetzt ein Deich in Hitzacker gefordert werde, wörtlich Folgendes geantwortet.
- Über Laasche habe ich eben schon gesprochen. Wir reden jetzt auch über Gleich und Gleich. - Er hat wörtlich gesagt: „Unsere Gemeinde heißt Hitz
acker an der Elbe und nicht Hitzacker hinter der Elbe." An diesem Beispiel sehen Sie: Die einfache Lösung, die überall gilt, geht nicht. Die Gemeinde Laasche wollte keinen Deich haben, weil er ihr zu teuer war. Jetzt zahlen sie dafür einen hohen Preis. Ich glaube, dass sie jetzt einen Deich haben wollen, was nahe liegend wäre. Dann wird das sicherlich auch geregelt werden.
b) Task-Force KIT - ein neuer Schnellschuss des Ministerpräsidenten? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3708
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem in der Presse über einen „Artur“ genannten zwölfjährigen Jungen berichtet worden ist, der in Hannover bereits eine Reihe von Straf- und Gewalttaten verübt haben soll, hat der Ministerpräsident am 17. September 2002 verkündet, dass beim Landesjugendamt eine Task-Force KIT eingerichtet werden soll, die - ich zitiere aus der Pressemitteilung der Staatskanzlei - „aus den insgesamt rund 550 straffälligen Kindern in Niedersachsen diese Intensivtäter herausfiltern und gemeinsam mit den örtlichen Jugendämtern, der örtlichen Polizei und den Präventionsräten geeignete Maßnahmen erarbeiten“ soll. Gegebenenfalls sollen diese Kinder auch in geschlossenen Heimen untergebracht werden.
1. Welche Kenntnisse hat sie darüber, wie schnell und intensiv die zuständigen Ämter der Landeshauptstadt Hannover gehandelt haben, nachdem sie von der Polizei auf diesen Jungen hingewiesen worden waren?
2. Auf welcher Rechtsgrundlage soll die TaskForce KIT an die Fälle von mehrfach straffälligen, aber noch strafunmündigen Kindern „rangehen“?
3. Wie steht die Sozialministerin heute zu ihren früheren Äußerungen, in denen sie eine Unterbringung von Kindern in geschlossenen Heimen abgelehnt hatte?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre Fragen beantwortet die Landesregierung wie folgt:
Zu 1, zum Einzelfall: Einzelheiten des Falles „Artur“ können hier aus Datenschutzgründen nicht dargelegt werden. Ganz ohne Frage verweisen Entwicklungen von Kindern mit hochgradig delinquentem Verhalten aber auf einen weiteren pädagogischen Handlungsbedarf. Das zeigen auch die Maßnahmen, die im Fall „Artur“ ergriffen worden sind. Es geht um eine relativ kleine Gruppe von Kindern, die durch delinquentes Verhalten immer wieder auffallen. Sie sind unter 14 und damit noch nicht strafmündig. Sie tun Dinge, die bei Älteren als Straftaten geahndet würden.
Zu 2, zur Rechtmäßigkeit: Der überörtliche Träger - hier das Landesjugendamt - ist nach § 85 Abs. 2 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zuständig für die Beratung der örtlichen Träger - also der Jugendämter - bei der Gewährung von Hilfe, insbesondere bei der Auswahl einer Einrichtung oder einer Pflegeperson in besonders schwierigen Einzelfällen. Unter der Führung des Niedersächsischen Landesjugendamtes bilden sechs erfahrene Fachkräften aus verschiedenen Landesbehörden die Task-Force Kriseninterventionsteam. Neben den sozialpädagogischen und psychologisch-therapeutischen Fachleuten gehören der Jugendsachbearbeiter der Polizei, die Vertretung des Landesbeauftragten für Jugendsachen beim Landeskriminalamt, ein Vertreter der Schulbehörde sowie eine in Jugend- und Familienrecht erfahrene Juristin zum Team. Die Task-Force KIT wird ihren Beratungsauftrag offensiv wahrnehmen. Aus der polizeilichen Kriminalstatistik und den Erkenntnissen der örtlichen Polizeibehörden werden die erkennbaren schwerwiegenden Fälle junger Intensivtäter herausgearbeitet, und zwar unter Wahrung des Datenschutzes.
In diesen Fällen geht die Task-Force KIT offensiv auf die örtlichen Jugendämter zu und bietet Beratung sowie Unterstützung an. Gleichzeitig steht die Task-Force auch für Anfragen aus den Kinder- und Jugendhilfebehörden der Kommunen als Partner zur Verfügung. Innerhalb von 48 Stunden nach Eingang einer Anfrage steht das Team mit Rat und Tat zur Seite. Darüber hinaus wird das Team zusammen mit dem Landespräventionsrat an einem Konzept arbeiten, das die Kooperation auf örtlicher Ebene verbessern und Frühwarnsysteme installieren soll.
Damit - also auf Basis des § 85 - ergänzt das Land auf gesicherter rechtlicher Basis die kommunale Aufgabenwahrnehmung. Die bundesrechtlich im SGB VIII, also Kinder- und Jugendhilfegesetz, geregelten Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind im Einzelfall Aufgaben, die in die Verwaltungs- und Finanzierungskompetenz der örtlichen Träger der Jugendhilfe, also der Städte und Kreise, fallen. Das Verfahren, nämlich die qualifizierte Hilfeplanung im Einzelfall, ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben. Die Kommunen also sind es, die zu entscheiden haben, welches Kind welche Hilfen braucht. Weil sie diese Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheit im Rahmen des eigenen Wirkungskreises wahrnehmen, gibt es auch keine rechtlichen Möglichkeiten einer unmittelbaren Erledigung der Einzelfälle durch das Land.
Zu 3, zu der Frage meiner Position: Meine Damen und Herren, bei diesem sensiblen Thema ist zu bedenken: Die persönliche Freiheit ist ein hohes Gut. Die Hürden für Eingriffe in die persönliche Freiheit sind deswegen hoch, müssen fachlich gerechtfertigt und gerichtlich bestätigt sein. Das gilt einmal mehr für Kinder, die einen Anspruch auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit haben.
Mit Verhaltensauffälligkeiten machen manche Kinder Probleme, und sie haben auch welche, meine Damen und Herren. Diese Probleme muss die Jugendhilfe gemeinsam mit den Eltern, der Schule und der Polizei lösen nach dem Prinzip: je früher, desto besser. - Deshalb das Kriseninterventionsteam.
Für eine zeitweise Unterbringung mit Freiheitsentzug im Einzelfall ist das Wohl des Kindes entscheidend. Eine zeitlich begrenzte Unterbringung mit Freiheitsentzug für eine insofern sehr kleine und hochgradig auffällige Gruppe von Kindern im
Alter von bis zu 14 Jahren kann im Einzelfall eine, wie es im Gesetz heißt, „erforderliche und geeignete Maßnahme“ sein. Dies entscheiden die Fachleute im Rahmen des Hilfeplanverfahrens. Im Sinne einer sozialpädagogischen Krisenintervention kann diese Maßnahme im Kontext einer Inobhutnahme oder aber auch durch eine Unterbringung in einer Einrichtung der Heimerziehung erfolgen. Beides, Heimerziehung und Inobhutnahme mit Freiheitsentzug im Einzelfall, ist etwas anderes als die Pädagogik der 50er-Jahre, die schwierige Kinder in großen geschlossenen Heime kaserniert hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt, dass Erziehung mit Freiheitsentzug auch künftig eine Ausnahme bleiben soll. Das sage ich heute, und das habe ich auch früher gesagt. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ja die Landesregierung für sich in Anspruch nimmt, partnerschaftlich mit den Kommunen umgehen zu wollen, frage ich: Wie erklärt sie sich die Äußerung des Oberbürgermeisters von Hannover, wonach die Kritik des Ministerpräsidenten an der Jugendverwaltung in Hannover absolut unbegründet und auch noch ohne jeden Anruf in der Sache erfolgt sei?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fragen nach der Bewertung durch den Ministerpräsidenten hinsichtlich der Aktivitäten in Hannover und der Bewertung durch den Oberbürgermeister von Hannover durch den Ministerpräsidenten können nicht von mir beantwortet werden, sondern
Zur Frage der Partnerschaftlichkeit, dem Kern Ihrer Frage: Wir nehmen unsere Aufgaben auf der Basis des § 85 wahr. Bereits jetzt gibt es auf Anfrage der Kommunen Beratungen im Einzelfall für schwierige Fälle. Der zentrale Unterschied zu unserem jetzigen Angebot ist, dass wir dieses Angebot offensiv an die Kommunen herantragen. Ich bin guter Hoffnung, dass die Art und Weise, wie wir diese Aufgabe wahrnehmen, dazu führen wird, dass die Kommunen die Unterstützung auch annehmen werden bzw. vor Ort eigene Konsequenzen ziehen, die in dieselbe Richtung gehen. Es geht nämlich um die Vernetzung und Kooperation aller Akteure bei einem solch schwierigen Einzelfall. Auch die Landeshauptstadt Hannover hat inzwischen eine entsprechende interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe eingerichtet, die sich mit jugendlichen Intensivtätern beschäftigt. Das ist der richtige Weg, den wir anstreben. Ich habe keinen Zweifel, dass dieses auch von den Kommunen so verstanden wird.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Ergänzung. Wir haben gerade in Hannover eine sehr schnelle Zusammenkunft des Polizeipräsidenten mit dem Herrn Oberbürgermeister und den gerichtlichen Stellen gehabt, die in der Tat dazu geführt hat, dass sich, auch nach den Anmerkungen des Herrn Ministerpräsidenten, die Landeshauptstadt in der Weise bewegt, wie der Herr Ministerpräsident es vorgeschlagen hat. Insoweit besteht der Konflikt, der eben geschildert wurde, nicht mehr.
ferenz erklärt, dass jederzeit innerhalb eines Tages die Meldung von der Polizei an das zuständige Jugendamt gehen würde, wenn es sich um eine Straftat eines strafunmündigen Kindes handelt. Ich frage Sie: Warum hat es dann im Fall „Arthur“ im April/Mai letzten Jahres vier Wochen gedauert, bis diese Meldung tatsächlich beim Jugendamt der Stadt Hannover angekommen ist, und wie oft und wie schnell hat anschließend die Polizei die weiteren Straftaten von „Arthur“ dem Jugendamt in Hannover gemeldet?
Mir ist bekannt, dass die Polizeiinspektion West uns mitgeteilt hat, sie habe diese Meldung weitergegeben. Ich kann Ihnen jetzt aus meiner Kenntnis das Datum nicht nennen.
(Hagenah [GRÜNE]: Das kann ich Ihnen sagen! Am 10. April ist es pas- siert! Am 11. Mai hat die Polizei es weitergegeben! Das sind mehr als vier Wochen!)
- Das ist in der Tat etwas lange, Herr Hagenah. Ich will das gerne noch einmal überprüfen. Ich bitte um Nachsicht, dass ich nach meinem jetzigen Kenntnisstand nicht mehr dazu sagen kann.