Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

Sie sind in der Sache strukturkonservativ und wollen immer nur den Stand halten und noch drauflegen. Was wir brauchen, ist ein moderner Verfassungsschutz, der taggenau erkennt, was die Abwehr- und Bedrohungslage ist, und nach ein paar Jahren sagt: „Darauf können wir verzichten; das sind ein paar Verrückte, von denen geht keine Gefahr aus. Wir wenden uns anderen, näher liegenden Gefahren zu.“ Das wäre ein modernes Konzept, nicht aber ein Modell des Immer-Mehr, Immer-Mehr. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Schüne- mann [CDU]: Meinen Sie, dass wir jetzt in dieser Lage sparen können?)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung in der Drucksache 3829 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 3686 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Keine Stimmenthaltungen. Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Die erste Abstimmung war die Mehrheit. Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU abgelehnt.

Ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 18: Zweite Beratung: Medienoffensive 2002 für Niedersachsen Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3693 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medienfragen - Drs. 14/3848

Der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 3693 wurde in der 116. Sitzung am 25. September 2002 an den Ausschuss für Medienfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen, meine Damen und Herren. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Pörtner. Ich erteile ihm das Wort.

(Pörtner [CDU]: Erst kommt Kollege Reckmann!)

- Ich erteile Herrn Kollegen Pörtner das Wort.

(Plaue [SPD]: Keine Diskussion mit der Präsidentin, Herr Pörtner! - Althusmann [CDU]: Aber Herr Reckmann hat doch viel eher seine Wortmeldung abgegeben!)

- Herr Kollege Althusmann, ich lasse mir nicht in die Verhandlungsführung hineinreden. - Bitte schön, Herr Kollege Pörtner!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einvernehmen zwischen allen Fraktionen dieses hohen Hauses wird mit Sicherheit darüber bestehen, dass in Zukunft der Bereich der Medienwirtschaft für die volkswirtschaftlichgesellschaftliche und ökonomische Entwicklung eine größere Bedeutung bekommen wird als in der Vergangenheit. Das ist auch das eigentlich bestimmende politische Motiv für die Einbringung unseres medienpolitischen Entschließungsantrages „Medienoffensive 2002 für Niedersachsen“ gewesen, nämlich den regierungsamtlichen Anspruch und die diesbezügliche gesellschaftliche und ökonomische Wirklichkeit in Niedersachsen gegenüberzustellen und die Landesregierung sowie die sie politisch tragende Mehrheitsfraktion aufzufordern, in diesem Jahr eine Medienoffensive zu starten, um Niedersachsen aus einer Außenseiterrolle in eine Rolle hineinzudrängen, die vorwärts gerichtet ist und den Blick für die Zukunft mit einschließt.

Die Diskussionen im zuständigen Fachausschuss, meine Damen und Herren, haben deutlich werden lassen, dass es diesbezüglich keinen Konsens gibt. Das ist auch durch den Inhalt Ihres neuerlich vorgelegten Entschließungsantrages deutlich geworden, sodass wir heute hier unterschiedliche Positionen beziehen müssen und dabei auch eine entsprechend kontroverse Abstimmung herauskommen wird.

Worin liegen nun die unterschiedlichen Bewertungspunkte und Sichtweisen?

Erstens. Von den hehren Ansprüchen des Herrn Ministerpräsidenten in Sachen Medienpolitik im Rahmen seiner Regierungserklärung vom 15. Dezember 1999 ist, wenn man es politisch einigermaßen zurückhaltend formuliert, nur etwas in Ansätzen übrig geblieben. Von großen Taten kann man in der Tat nicht mehr sprechen. Von seiner dort nachzulesenden Aussage „Die Medienwirtschaft ist ein Wachstumsmarkt, dem wir in Zukunft mehr Aufmerksamkeit widmen müssen“ ist nicht viel übrig geblieben, geschweige denn in die Tat umgesetzt worden. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier wie auf vielen anderen politischen Gebieten weit auseinander. Leidtragender, meine Damen und Herren, ist das Land Niedersachsen mit seinen Menschen, da dieser wachstums- und zukunftsorientierte Markt politischerseits nicht so genutzt worden ist, wie er eigentlich genutzt werden könnte bzw., besser gesagt, genutzt werden müsste. Von einem so genannten Medienland Niedersachsen - davon haben viele SPD-Kollegen noch in der jüngsten Vergangenheit gesprochen - ist zurzeit nicht mehr die Rede, ich meine, leider durchaus zu Recht.

Zweitens. Das Verhältnis der Landesregierung zur RTL-Gruppe, die für Niedersachsen medien- und arbeitsmarktpolitisch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat, ist in der letzten Zeit schweren Belastungsproben ausgesetzt gewesen. Zwar ist das eine oder andere Problem in der jüngsten Zeit gelöst worden; das gebe ich zu. Aber das Hauptproblem, die rechtlich-politische Auseinandersetzung hinsichtlich eines mutmaßlichen Verstoßes von RTL gegen die Werberichtlinien, ist noch nicht gelöst worden und wird deshalb das Verhältnis der Landesregierung zu dem größten deutschen Privatsender auch in Zukunft nicht unerheblich belasten.

Drittens. Wir alle wissen, dass sich die Zeitungslandschaft in Niedersachsen zurzeit in einer sehr

schwierigen Situation befindet. Die verantwortlichen Repräsentanten der Zeitungsverleger in unserem Bundesland gehen deshalb davon aus, dass die derzeit existierenden 13 publizistischen Einheiten mittelfristig in dieser Form nicht mehr werden aufrechterhalten werden können, wenn sich wirtschaftlich-konjunkturell nichts Entscheidendes ändert. Als Grund für diese Situation wird nicht eine isoliert zu betrachtende Strukturkrise im Medienbereich angeführt, sondern die völlig unbefriedigende wirtschaftliche Situation des Einzelhandels und des Mittelstandes schlechthin in Niedersachsen, die vor allem auch durch negative, nicht gute Entscheidungen der rot-grünen Bundesregierung in Berlin zu erklären ist.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Nun setzt der Herr Ministerpräsident dem Ganzen noch eine Krone auf, indem er, wenn es geht, bundeseinheitlich, oder, wenn es nicht geht, vielleicht von Land zu Land unterschiedlich eine Vermögensteuer etablieren will, obwohl, meine Damen und Herren - er spricht von einer Verantwortungssteuer -, diese Steuer arbeitsmarktpolitisch in der Tat nicht verantwortlich, sondern verantwortungslos ist

(Plaue [SPD]: Das ist Unfug, was Sie da sagen!)

und nicht dem Standort Niedersachsen dient, auch nicht im Sinne der Printmedien, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der SPD: Das ist längst widerlegt!)

Ich weiß, wovon ich spreche. Sie werden, meine Damen und Herren, vielleicht in absehbarer Zeit diesbezüglich noch ein blaues Wunder erleben.

Viertens. Ich habe schon in meiner Einbringungsrede im September dieses Jahres auf einen groß aufgemachten Artikel in der Zeitschrift Horizont vom 1. November 2001 hingewiesen, einer Zeitschrift, die in der Medienbranche durchaus weit verbreitet ist. Sie setzte sich mit dem Thema „Medienstandort Hannover“ auseinander. Dieser Artikel begann folgendermaßen:

„Unter den Medienstandorten der Republik genießt Hannover den denkbar schlechtesten Ruf: Gar keinen!“

Dieses habe, so wird in dem Presseartikel weiter ausgeführt, „sowohl geografische als auch infra

strukturelle und auch politische Gründe.“ Die großen Vier, nämlich Berlin, Hamburg, Köln und München, würden „in einer anderen Liga spielen“. Vor allem der TV-Standort Hannover bleibe „randständig“, denn neben dem NDR wirkten die Engagements von SAT 1 und RTL wie „Pflichtveranstaltungen“.

Auch bei gründlichstem Nachdenken ist es mir leider nicht gelungen, meine Damen und Herren, hier etwas zu finden, was seit dem Amtsantritt des jetzigen Ministerpräsidenten den berechtigten Schluss zuließe, dass etwas Positives, Zukunftgewandtes von der Landesregierung auf den Weg gebracht worden ist.

Fünftens, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man schon besonders tiefe Sorgenfalten bekommen, wenn man an die Situation der Ansiedlung von Produzenten der Informations- und Kommunikationstechnik sowie der IuK-Dienstleister und Inhaltsproduzenten in Niedersachsen denkt, einen Bereich, der bei der Wirtschaftsförderung ganz weit oben angesiedelt sein sollte, wie dies in vielen anderen Bundesländern auch geschieht, der bei uns hingegen wohl eher ein Mauerblümchendasein fristet. Wie anders ist es zu erklären, dass laut DIW-Wochenbericht vom 20. September dieses Jahres in der Rangfolge der 15 größten IuK-Regionen Deutschlands im Jahre 2000 die Raumordnungsregion Hannover leider nur auf Platz 11 angesiedelt ist, zwischen Mannheim und Duisburg. Die Beschäftigtenzahl in diesem so wichtigen Wirtschaftsbereich hat von 1980 bis 1998 in der Metropolregion Hannover um 4 % abgenommen, ganz im Gegensatz zu den Regionen München, Köln, Hamburg, Düsseldorf und Duisburg, wo sie zwischen 2,3 und 10,7 % angestiegen ist.

Alles das, meine Damen und Herren, was ich unter diesen fünf Punkten angeführt habe, lässt beileibe nicht den politischen Schluss zu, dass die derzeitige Landesregierung medienpolitisch bzw. medienwirtschaftlich in den letzten Jahren besonders kreativ und zukunftsorientiert gehandelt hat, geschweige denn erfolgreich gewesen ist.

Es wird deshalb eine der dringlichsten Aufgaben der neuen Landesregierung unter einer neuen personellen und politischen Verantwortung sein, diesbezüglich neue Weichenstellungen vorzunehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt hat der Kollege Reckmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Pörtner, es wird Ihnen nicht gelingen, das Land Niedersachsen im Bereich der Medienpolitik schlechtzureden.

(Beifall bei der SPD)

Der Ministerpräsident hat in den letzten Jahren eine vorzügliche Arbeit geleistet. Sie aber haben das eben nur in einem Nebensatz erwähnt. Sie haben gesagt, verschiedene Probleme seien gelöst worden.

(Pörtner [CDU]: Einige!)

Am 25. September haben Sie hier aber gestanden und gesagt: Es sieht ja so schlimm aus. RTL - ein ganz schlechtes Verhältnis. RTL geht weg von Niedersachsen.

(Pörtner [CDU]: Nein, nein, nein, das stimmt nicht!)

Ich jedoch habe mich hierhin gestellt und habe gesagt: Es gibt ein gutes Verhältnis zu RTL. Es gibt dazu hervorragende Anstrengungen des Ministerpräsidenten. Im Gespräch mit Herrn Zeiler versucht er, RTL in Niedersachsen zu halten. Ich habe gesagt: Die Stimmung ist gut. - Einen Tag später hat RTL bekannt gegeben, dass es seine Lizenz für das bundesweite Satellitenfernsehen in Niedersachsen wieder beantragen werde. Herr Kollege Pörtner, warum sagen Sie das hier denn nicht?

(Pörtner [CDU]: Aber die 20 Millio- nen, lieber Kollege Alfred!)

Warum sagen Sie denn nicht, dass der Ministerpräsident dort eine hervorragende Leistung vollbracht hat? Sie wissen darüber hinaus doch ganz genau, lieber Herr Kollege Pörtner, dass damit die Vergabe der Drittsendezeiten verbunden ist. Mit dieser Vergabe der Drittsendezeiten werden in Niedersachsen Aufträge erteilt und Arbeitsplätze geschaffen.

Auch die SPD-Fraktion muss nicht aufgefordert werden, aktiv zu werden. Wir sind genau wie die Landesregierung aktiv. Alle, wir und der Minister

präsident, haben unser Wort gehalten, im Bereich der Medienpolitik verstärkte Anstrengungen zu unternehmen.

Vom „Medienland Niedersachsen“ haben nicht wir gesprochen.

(Pörtner [CDU]: Doch!)

Ich kann mich aber noch daran erinnern, wer das war. Als Herr Albrecht - ich glaube, es war 1985 in Niedersachsen den privaten Rundfunk lizenziert hatte, ist er den Versprechungen aller auf den Leim gegangen und hat geglaubt, dass man Niedersachsen zu einem Medienland machen kann. Wir alle wissen doch aber, dass das nicht funktioniert. Es kann nicht funktionieren. Das heißt, es gibt keinen Königsweg, Niedersachsen zu einem Medienland zu machen oder Hannover zu einem vergleichbaren Medienstandort auszubauen.

(Dr. Stratmann [CDU]: Reden Sie Niedersachsen doch nicht schlecht! Wollen Sie uns schlechtreden?)

Ich bitte Sie, Herr Kollege Pörtner: Lesen Sie doch einmal den Forschungsbericht des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung Nr. 29 aus dem August 2000. In diesem Bericht steht ganz klar drin, dass Niedersachsen im Vergleich mit Berlin, Hamburg, Köln oder München keine Chance hat, weil hier die großen Anbieter im Bereich der Informations- und Medienwirtschaft ganz einfach fehlen.

(Busemann [CDU]: Die waren dort auch nicht immer!)