schritten. Das ist die Grenze, von der an es gesundheitlich problematisch ist, sagen die Weltgesundheitsorganisation und das für uns zuständige BgVV. Ich meine, dass Sie noch eine ganz gehörige Portion Fisch essen können, ohne dass Sie gesundheitliche Bedenken bekommen müssen.
Herr Minister, angesichts der Tatsache, dass 70 % der weltweit verwendeten Organozinnverbindungen in der Kunststoffproduktion und –herstellung verwendet werden und wir befürchten müssen, dass das TBT gerade über die Produktionsabwässer und über häusliche Abwässer - die z. B. dann anfallen, wenn man die von Ihnen angeführten Sportshirts ausspült, um sie von TBT zu befreien auch in die Nahrungsmittelkette gelangt - letzten Endes auch in die Fische, aber nicht nur -, frage ich Sie, welche Erkenntnisse der Landesregierung über die TBT-Belastung von betrieblichen und häuslichen Abwässern insbesondere bei der Kunststoffproduktion und –verarbeitung vorliegen.
Ich wildere jetzt natürlich ein wenig in dem Bereich meines Kollegen Jüttner, der sicherlich, wenn er möchte, dazu etwas sagen könnte.
Meine Damen und Herren, Frau Abgeordnete, es ist so, dass 70 % - der Hauptteil - des TBTEintrags - also die 100 t, die hier immer in der Diskussion sind, was eine ganze Menge ist - über den Einsatz der Antifoulingmittel in die Umwelt gelangen und TBT deshalb vor allem in Meeresgewässern und küstennahen Gewässern vorhanden ist. Die Tendenz von TBT in den Flüssen in Niedersachsen ist in den vergangenen Jahren gesunken, sodass wir sagen können, dass sich die Situation in der Tat verbessert.
Die Frage, inwieweit wir sozusagen solche Dinge tolerieren können, habe ich ja damit beantwortet, dass ich sage: Niedersachsen tritt für ein Totalverbot ein, wobei dieses Totalverbot eben nicht nur den Einsatz von Antifoulingmitteln betrifft, sondern auch den Einsatz, auf den ich ja eben schon zu sprechen gekommen bin, im Bereich der Textilen und der Holzschutzmittel.
In diesem Zusammenhang muss ich noch eine Information auf die Frage des Abgeordneten Klein nachliefern: Die Holzschutzmittel sind der dritte Einsatzort, in dem TBT in den Verbindungen eingesetzt wird. Aber man kann aufgrund der Erkenntnisse, die wir im Bereich der Verwendung von Klärschlämmen bzw. den Produkten daraus haben, feststellen, dass dabei ein Eintrag in die Nahrungskette in toxikologisch relevanten Mengen nicht zu erwarten ist. Ich verweise hier schlicht und ergreifend auf die Antwort des Umweltministers, die er Morgen in der Fragestunde auf die ganz konkret gestellten Fragen geben wird.
Herr Minister, als Laie fragt man sich angesichts immer neuer Meldungen über Schadstoffbelastungen - mal PCB, mal TBT - in Fischen oder Fleisch: Wird immer nur der Schadstoff des Monats gesucht, oder gibt es umfassende Analysen von Futtermitteln und von Fischmehl, also von mittelbaren Stoffen, die in der Nahrungskette landen? Gibt es umfassende Analysen darüber, mit denen man tatsächlich kontrollieren kann, was bei Menschen und Tieren letztlich im Körper landet?
Herr Abgeordneter, es ist natürlich so, dass wir in unserer Umwelt und in unserem technischen und wirtschaftlichen Wirken eine Vielzahl von Stoffen einsetzen, die in Monitoring- oder Untersuchungsprogrammen nicht alle abgeprüft werden können, weil dazu eine Fülle von unterschiedlichen, sehr komplizierten und sehr aufwendigen Verfahren
erforderlich ist. Aber z. B. die von Ihnen angesprochenen PCBs gehören zu den chlorierten Kohlenwasserstoffen, auf die die Stoffe in den Monitoringverfahren untersucht werden, sodass wir in diesem Bereich sehr präzise Überblicke haben. Wir haben ja auch bei Milch die Untersuchung auf Dioxin, also die Tankwagensammelproben. Das ist einzigartig in Niedersachsen. Wir versuchen, auch alle anderen Dinge abzudecken. Wir haben z. B. auch hinsichtlich der marinen Biotoxine sehr umfangreiche Untersuchungen bei Fischprodukten durchgeführt. Darauf haben wir uns konzentriert, weil das die großen Probleme gewesen und auch immer noch sind. Ich nenne in diesem Zusammenhang einmal die Algen in den Weltmeeren. Zu nennen ist auch die gesamte Palette der Schwermetalluntersuchungen und die Untersuchungen auf Radiotoxizität. Es gibt also eine Vielzahl von vorsorglichen Untersuchungen, die wir durchführen. Aber wir sind nie davor gefeit, irgendwann einmal wieder auf einen neuen Stoff zu stoßen, sodass dann entsprechend umfänglich untersucht werden muss, was wir ja mit der Reaktion, die ich eben in der Antwort geschildert habe, auch machen. Wir werden alsbald nach Installierung dieser Methoden einen umfassenden Überblick über diesen Stoff und seine Verbreitung haben.
Herr Minister Bartels, es liegt ja hier ein Problem für die Nahrungsindustrie vor, wofür die Nahrungsindustrie nichts kann. Hier sind z. B. Schiffsanstriche und fäulnishemmende Mittel in Textilen angesprochen worden. Wie lange würde es dauern, wenn TBT oder ähnliche Stoffe verboten werden würden, bis wir uns über dieses Problem nicht mehr zu unterhalten bräuchten? Das war meine erste Frage.
Meine zweite Frage lautet: Wohin muss die deutsche Fischereiflotte fahren, um TBT-freie Fische zu fangen?
In Bezug auf TBT ist ja für das Jahr 2003 das Verbot von Antifoulingmittel vorgesehen, sodass von da an praktisch keinerlei Eintrag auf diesem Wege stattfinden würde. Wir rechnen damit, dass sich bis zum Jahre 2008 die Dinge abgebaut haben. Wir wissen ja, dass sich z. B. TBT im Boden mit Halbwertzeiten von einigen Wochen sozusagen nach und nach abbaut und sich damit das Problem praktisch erledigt.
Ich stelle meine Frage an die Landesregierung. Ich weiß nicht, welcher Minister diese beantworten kann. Es geht doch darum, dass neben den bisher genannten Anwendungsbereichen TBT auch in Dachziegeln eingesetzt wird und sich daraus erhebliche Einträge in den Kreislauf, auch in den Ernährungskreislauf, ergeben. Ich frage: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über dieses Problemfeld vor?
Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nur bestätigen, dass es hier ein Problem gibt, das auch bekannt ist. Aber genauere Erkenntnisse liegen uns dazu zurzeit nicht vor.
Ich möchte nun noch zu der Frage vom Abgeordneten Ehlen kommen, die ich vorhin nicht beantwortet habe, nämlich wo man sozusagen TBTfreien Fisch fangen kann. Ich habe deutlich gemacht: Dies ist ein weltweites Problem. Sie können hinfahren, wohin Sie wollen, Sie werden keine Chance haben, unbelasteten Fisch fangen zu können.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, will ich unter Zurückstellung erheblicher Bedenken die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen. - Hierzu gibt es auch keinen Widerspruch.
Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung: Schulversuch „Berufsschulen nach dänischem Modell“ - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1187
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja noch gar nicht solange her, da galt das deutsche duale System als Exportschlager und als Musterbeispiel für die berufliche Bildung. Vertreter aus anderen Ländern haben uns hier besucht, sich das System angeschaut und über die Übertragbarkeit in ihre eigenen Regionen nachgedacht. Inzwischen haben sich die Vorzeichen ein wenig umgekehrt. Das ehemals gerühmte deutsche duale System zeigt, wie ich finde, erhebliche Erstarrungstendenzen und bräuchte wohl eine richtige Runderneuerung. Weil es eben allgemein so gesehen wird, reisen inzwischen viele Berufsbildungspolitikerinnen und -politiker ins Ausland.
Dass Dänemark bei diesen Reisen ein begehrtes Ziel ist, kann eigentlich nicht verwundern. Das hat natürlich damit zu tun, dass es den Dänen gelungen ist, in den vergangenen Jahren ihre Jugendarbeitslosigkeitsrate erheblich zu verringern. Dieser Erfolg ist nicht ein Erfolg, der nur allein auf dem Wachstum in der dänischen Wirtschaft beruht, sondern dieser Erfolg hat ursächlich mit dem dänischen Berufsbildungssystem zu tun.
Meine Damen und Herren, ich war kürzlich in Dänemark. Ich gehöre also auch zu denen, die sich Anregungen aus anderen Ländern holen. Ich möchte Ihnen nun einmal Folgendes mitteilen: Wenn Sie eine dänische Berufsschule betreten, spüren und sehen Sie sofort, dass offensichtlich die berufliche Bildung in Dänemark einen ungeheuer hohen Stellenwert hat. Das kann man nicht nur an
den exzellent ausgestatteten Werkstätten, Labors und Computerräumen feststellen, sondern auch an der gesamten Ausgestaltung der Schulen. Das stellen Sie an den Farben, an den lichtdurchfluteten Räumen und daran fest, dass dort Kunstgegenstände aufgestellt sind. Die Wertschätzung, die dort die Schülerinnen und Schüler erfahren, führt offensichtlich dazu, dass sie diese auf den Umgang mit ihrer schulischen Umgebung übertragen. Denn Zerstörung und Vandalismus kommen in Dänemark so gut wie überhaupt nicht vor. Ich finde, das ist auch ein Projekt zur Gewaltprävention an Schulen, und offensichtlich ein vergleichsweise erfolgreiches.
Aber, meine Damen und Herren, das eigentliche Erfolgsgeheimnis liegt aus meiner Sicht in einem hohen Grad an Flexibilität, die es im dänischen Berufsschulsystem gibt, und zwar Flexibilität hin zu beiden Seiten, also hin zur Seite der Betriebe, aber auch hin zur Seite der Schülerinnen und Schüler, während bei uns das Zusammenwirken von Betrieb und Schule nach wie vor im Regelfall auf ein Minimum beschränkt bleibt, und zwar eher auf formal notwendige Abstimmungen. Dabei geht es um Fragen der Unterrichtszeiten, um Fehlzeiten, um Prüfungen. Das Nebeneinander von Betrieb und Berufsschule ist bei uns ja gewollt, sozusagen festgeschrieben. In Dänemark ist dieses Zusammenwirken völlig anders geregelt. Die Lehrerinnen und Lehrer, die an den Berufsschulen arbeiten, haben einen sehr engen Kontakt zur beruflichen Praxis, kommen ganz häufig eben auch aus der beruflichen Praxis und haben eine entsprechende Zusatzausbildung gemacht. Sie halten einen sehr engen Kontakt zu den Betrieben, damit sie die sich ständig verändernde berufliche Praxis auch in den schulischen Teil der Ausbildung unmittelbar einbringen können.
Aber diese Flexibilität richtet sich auch auf die Schülerinnen und Schüler. Besonders beeindruckt hat mich, dass dort, wenn Sie so wollen, mit individuellen Ausbildungsplänen für jede einzelne Schülerin und für jeden einzelnen Schüler auf die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen reagiert wird. Da gibt es Orientierungsphasen, da gibt es ein umfängliches Angebot an Beratungslehrern. Dies hat zur Folge, dass sich die Abbruchquote in Dänemark von 23 % - es gab nämlich ein Riesenproblem - gegenwärtig auf null hin bewegt.
Eine andere Seite will ich hier auch noch nennen, nämlich die Möglichkeit für die Schülerinnen und Schüler, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben, ihre Ausbildung im Notfall auch als vollzeitschulische Ausbildung zu machen. Das geht natürlich nur deswegen, weil in den dänischen Schulen eben nicht das Klassenzimmer der bestimmende Raum ist, sondern die Werkstätten und die Labors. Das heißt, die Ausstattung ist so, dass im Notfall auch der praktische Anteil der Ausbildung in den Schulen absolviert werden kann.
- Bei uns ist es im Regelfall so, dass wir für arbeitslose Jugendliche unterschiedliche Programme auflegen. Inzwischen gibt es ein breites Spektrum sehr unterschiedlicher Programme. Ich habe den Eindruck, dass diese Programme mindestens für die Seite der Schülerinnen und Schüler und der Auszubildenden zunehmend fragwürdig sind. Inzwischen habe ich den Eindruck: Gewinnbringend sind sie eigentlich nur für die privaten Träger dieser Maßnahmen.
(Fasold [SPD]: Das, was Sie sagen, ist grob fahrlässig! – Gegenruf von Frau Harms [GRÜNE]: Das muss einfach einmal diskutiert werden, Herr Fa- sold!)
- Nein. Es ist dringend und absolut notwendig, dass wir einmal ehrlich Bilanz über die Maßnahmen ziehen, die wir arbeitslosen Jugendlichen anbieten. Wir reden doch längst über die Schleifen, die permanent gedreht werden, und wir reden längst darüber, dass diese Schleifen nicht dazu dienen, in der Qualifikation weiter zu kommen. Ich verrate doch damit kein Geheimnis!
Meine Damen und Herren, diese Möglichkeit der Flexibilität, die die Schulen in Dänemark haben, setzt natürlich auch voraus, dass die Schulen ein hohes Maß an Eigenständigkeit besitzen. Ich weiß sehr wohl, dass die Landesregierung mit ihrem Modernisierungskonzept für die Berufsschulen deren Gestaltungsspielraum erweitern will. Aber, meine Damen und Herren, wenn die Schulen tatsächlich zu regionalen Kompetenzzentren werden sollen, wie dies die Landesregierung zumindest in ihrer Broschüre so schön schreibt, dann reicht das, was vorgesehen ist, bei weitem nicht aus. Dies wird einfach nicht ausreichen, damit sich die Berufsschule neben den originären Angeboten, die sie weiterhin hat - den Schülerinnen und Schülern eine
qualitativ hochwertige und zukunftsträchtige Ausbildung anzubieten -, auch als Beratungs- und Qualifizierungsinstanz in der Region profilieren kann. Wenn es das Ziel ist, dass die Berufsschulen der Mittelpunkt der beruflichen Bildungsanstrengungen werden sollen, dann muss dieser Gestaltungsspielraum erweitert werden. Es geht eigentlich darum, dass die Schulen die Möglichkeit haben, sich quasi als selbständige Unternehmen am Markt zu etablieren und als selbständige Unternehmen auch an diesem Markt agieren zu können. Aber das steht natürlich in gewisser Weise auch in Konkurrenz zu ausgefeilten Lehrplänen, die unsere Berufsschulen nach wie vor vorgelegt bekommen.
Ich meine, es müsste ausreichen, dass wir Ziele definieren. Wir sollten es den Schulen selbst überlassen, wie sie diese Ziele in ihrer Region, in ihrer konkreten Situation umsetzen und erreichen.
Wir verfolgen mit dem Antrag das Ziel, Niedersachsen von den positiven dänischen Erfahrungen profitieren zu lassen. Wir meinen, dass es ein guter Weg wäre, wenn vier Berufsschulen in unterschiedlichen Regionen die Möglichkeit erhielten, nach diesem dänischen Modell zu arbeiten. Eine Kooperation mit den dänischen Schulen wäre dabei nur hilfreich. Ich hoffe, dass dieser Antrag auch Ihre Zustimmung findet. – Danke schön.