Protokoll der Sitzung vom 31.03.2000

Herr Bartels!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schwarzenholz, das ist ein Problem, das manche haben, die sich einseitig informieren und die ihre Positionen einseitig auf vermeintliche Feststellungen in offiziellen Gutachten abstützen. Das UBA hat sich mitnichten in der Weise, wie Sie das gerade pauschal vorgetragen haben, gegen die Verwendung von Biodiesel ausgesprochen. Im Gegenteil: Auch dort finden Sie eine ganze Reihe von Argumenten, die belegen, dass die positiven Umweltwirkungen, die ich gerade aufgezählt habe - ich hoffe, Sie haben zugehört; ich habe mindestens 15 Parameter erwähnt -, durchaus gegeben sind. Die Positionen, in denen das Umweltbundesamt eine gegenteilige Auffassung formuliert hat, sind wissenschaftlich außeror

dentlich umstritten. Ich kann nicht hergehen und den Biodieseleinsatz in mobilen Techniken mit dem Einspareffekt z. B. bei Dämmung von Haushalten vergleichen. Das ist schlicht und ergreifend wissenschaftlich nicht akkurat, ist nicht begründbar und nicht haltbar. Das ist nur ein Punkt, bei dem es Streit gibt. Deswegen sage ich, wir können uns nicht einseitig auf ein Gutachten stützen, sondern man muss sich schon die gesamte Diskussion angucken, die es dazu gibt.

Dass wir da nicht einäugig sind, haben Sie hoffentlich auch aus meinem Ausführungen mitnehmen können. Ich habe ja gesagt, wir entwickeln die Motorentechnik gerade auch im Hinblick auf die Erfahrungen, die wir bezüglich einiger Parameter gemacht haben, die ich noch für verbesserungsnotwendig ansehe. Das ist das Forschungsprojekt, das wir in Braunschweig mit der FAL und mit anderen namhaften Forschungsinstituten in Deutschland durchführen.

Herr Heineking!

Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie die Antwort so sachlich fundiert gegeben haben und auch schon die Frage des Abgeordneten Schwarzenholz so beantwortet haben. Dahin zielt auch meine erste Frage, Herr Minister. Teilen Sie die Auffassung, dass in einigen veröffentlichten Gutachten nicht der neueste, der aktuelle Stand berücksichtigt worden ist? Das ist ja immer die Frage bei Gutachten, die vor zwei Jahren in Auftrag gegeben worden sind.

Die Frage ist gestellt!

Darf ich auch gleich die zweite Frage stellen?

Ja.

Herr Minister, dann frage ich noch einmal: Ist bewusst oder unbewusst bei unserer Ausstellung zur Agenda 2000 hier im Hause nicht auf dieses

Thema hingewiesen worden? Wir hätten da ja die Möglichkeit gehabt, Europas ersten Kleinwagen, der mit einem für Biodiesel geeigneten Motor fährt, zu präsentieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister!

Herr Abgeordneter Heineking, ich teile Ihre Auffassung, dass eine ganze Reihe von Gutachtern, die sich in der Vergangenheit, aber auch bis heute zu diesem Thema geäußert haben, offenbar nicht zur Kenntnis genommen haben, dass die Diskussion weiter fortgeschritten ist in dem Sinne, wie ich das eben dargelegt habe. Uns liegen neuere Erkenntnisse vor. Wie gesagt, es sind noch bestimmte Fragen offen, die aber nicht eine solche Dimension haben, dass man Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Biodiesel haben könnte. Das wird zurzeit untersucht. Außerdem ist die Biodiesellinie so weit technologisch untersucht worden und auf den Weg gebracht worden, dass ich keine Notwendigkeit für eine zusätzliche Unterstützung sehe. Wir haben den Absatz des Biodiesels, der in Niedersachsen produziert wird. Wir haben praktisch die größte Menge der Biodieselproduktion, die in Deutschland stattfindet. Sicherlich werden wir das noch ausweiten können. Wir haben einen exzellenten Absatz von Glycerin, weil das ein Qualitätsprodukt ist. Wir haben einen Absatz von Rapsschrot. Es ist sozusagen alles auf den Weg gebracht. Wir können die weitere Nachfrage in der Zukunft durchaus bedienen.

(Heineking [CDU]: Zur Ausstellung hier!)

Herr Ehlen, bitte!

Herr Minister Bartels, Sie haben mit Ihrem letzten Satz meine Frage schon halbwegs vorweggenommen. Ich glaube aber, Sie sind nicht richtig informiert.

Fragen Sie bitte!

Ja. - Die Frage an den Minister ist, ob ihm das bekannt ist und was er dagegen zu tun gedenkt. Im Moment ist es so, dass die Nachfrage nach Connediesel nicht befriedigt werden kann. An vielen Raiffeisen-Tankstellen gibt es Wartezeiten von bis zu 14 Tagen, bis Nachschub kommt. Herr Minister, wie wollen Sie dies ändern?

(Zurufe von der SPD)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wusste nicht, dass die CDU Nachhilfe braucht, aber ich will sie ihr gerne erteilen. Herr Abgeordneter Ehlen, wir leben in einer Marktwirtschaft - ich weiß nicht, ob Ihnen das entgangen ist -, und dies muss der Markt leisten. Die Nachfrage ist da. Es ist bisher immer üblich gewesen, dass, wo Nachfrage ist und Geld verdient werden kann, die Wirtschaft das macht und nicht der Staat.

(Beifall bei der SPD)

Herr Schwarzenholz, zu seiner zweiten Frage!

Herr Minister, da diese Frage damit verbunden ist, ob der Biodiesel einen ernsthaften Beitrag zum Ersatz des Diesels in Deutschland leisten kann, frage ich Sie: Wie viel Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland müssten mit Raps bepflanzt werden, um etwa 10 % des Dieselbedarfs in Deutschland ersetzen zu können?

(Heineking [CDU]: Da hat die Natur doch eigene Gesetze! Das müssten Sie doch wissen!)

Herr Bartels, wissen Sie das?

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Minister weiß nicht immer alles, aber er sollte immer alles wissen; das erwartet zumindest das Parlament von ihm. Ich denke, ich kann diese Erwartungen heute erfüllen.

Herr Abgeordneter Schwarzenholz, heute werden 150.000 t Biodiesel in Deutschland produziert. Das mag in den letzten Tagen ein bisschen mehr geworden sein; die aktuellsten Zahlen habe ich nicht da. Das sind 0,6 % von insgesamt 27 Millionen t Dieselkraftstoff, die in Deutschland eingesetzt werden, ist also ein relativ niedriger Prozentsatz.

Wir wären bei maximaler Ausschöpfung unserer Produktionskapazitäten in der Fläche in der Lage, auf etwa 8 % des Dieselkraftstoffanteils zu kommen. Wir könnten also eine Fläche von 1,8 Millionen ha für eine umweltverträgliche Produktion zur Verfügung stellen. Aber, Herr Abgeordneter Ehlen, darüber entscheidet der Markt, das kann nicht und das sollte in der Tat nicht eine Landes- oder eine Bundesregierung entscheiden. Das muss die Wirtschaft alleine tun, und ob sie das tut, hängt von den Parametern ab, unter denen das zu leisten ist.

Herr Wojahn!

Herr Minister, von technischer Seite wird ja oft beklagt, dass es für Biodiesel keine DIN-Norm gibt. Wäre das ein Weg, und unterstützt die Landesregierung, dass wir zu einer DIN-Norm für Biodiesel kommen, damit die Techniker Sicherheit haben, dass in den Motoren ein gleichmäßiges Produkt eingesetzt wird? Was wird insofern getan?

Herr Minister Bartels!

Herr Abgeordneter Wojahn, ich habe ja Verständnis dafür, dass man zu so früher Morgenstunde noch nicht zu 100 % leistungs- und aufnahmefähig ist.

(Zuruf von Schirmbeck [CDU])

- Sie schon, Herr Schirmbeck. Ich würde mich auch nie trauen, Ihnen etwas anderes zu unterstellen.

Herr Wojahn, ich habe in meiner Antwort - sehen Sie es mir nach - schon zu Beginn gesagt, dass 1997 eine DIN-Norm für Biodiesel, nämlich die Norm 51606, eingeführt worden ist. Das ist kein Hindernis mehr.

(Ehlen [CDU]: Das ist nur eine Vor- Norm!)

Herr Ehlen, zu seiner zweiten Frage!

Herr Minister, sehen Sie eine Möglichkeit, die Modalitäten, die es beim mineralischen Diesel für die Landwirtschaft gibt, so auf den Biodiesel ummünzen, dass es sich auch für Landwirte lohnt, auf dem Acker mit Biodiesel zu fahren?

Herr Bartels!

Herr Abgeordneter Ehlen, das ist keine neue Frage, das haben wir schon seit längerer Zeit diskutiert, zuletzt im Zusammenhang mit der Entscheidung der Bundesregierung zur Einführung des Agrardiesels.

Es wäre in der Tat eine optimale Lösung, wenn es gelänge - wir bräuchten dann auch nicht mehr über die Einfärbung von Diesel nachzudenken -, den Bedarf, den wir in der Landwirtschaft haben, mit Biodiesel abzudecken. Aber Fakt ist - erinnern Sie sich an die Zahlen, die ich eben genannt habe -, dass wir für Biodiesel nur ein Produktionsvolumen von 150.000 t haben, dass wir im Bereich der Landwirtschaft aber etwa 2 Millionen t Diesel benötigen. Diesen Bedarf können wir - zurzeit zumindest nicht - mit Biodiesel abdecken. Deshalb ist es sicherlich eine hehre Aufgabe für die Zukunft, das Produktionsvolumen zu erhöhen. Ansonsten wäre das ein guter Lösungsweg.

Herr Kethorn!

Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie die Umweltvorteile des Biodiesels richtig beschrieben haben, frage ich Sie: Was haben Sie politisch getan, um die Kritik, die in dem Gutachten des Umweltbundesamtes enthalten ist, zu entkräften? Es kann doch nicht einfach bei dieser Beschreibung bleiben.

Herr Bartels!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kethorn, Sie können davon ausgehen, dass wir auf den Fachebenen, auf denen wir mit diesen Fragen ständig befasst sind, unsere Position immer sehr deutlich artikuliert und natürlich auch darauf gedrängt haben, dass solche einseitigen gutachtlichen Aussagen der Vergangenheit angehören und dass man sich wirklich sehr offen und sehr objektiv mit dieser sehr vernünftigen Thematik auseinander setzt.

Wir haben auch dafür gesorgt, dass das, was dort gutachtlich ermittelt worden ist, nicht Grundlage für politische Entscheidungen wird, weil sie dann wirklich falsch wären. Wenn Sie meine Veranstaltungen besuchen - die Landwirte tun das ja Gott sei Dank in großer Zahl -, dann wissen Sie, dass ich jedes Mal auch auf diesen Aspekt hinweise und auch deutlich mache, dass wir hier durchaus eine Einkommensalternative sehen, aber auch einen sinnvollen Beitrag zur Entlastung der Umwelt leisten, und zwar - ich habe das gestern auch deutlich gemacht - im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen wirtschaftlich. Wir müssen hier keine zusätzlichen Subventionen draufpacken, um das sozusagen in die Wirtschaftlichkeit zu führen. Und durch die Ökosteuer haben wir die Wirtschaftlichkeit des Biodiesels noch einmal erhöhen können.

Wir kommen damit zu

Frage 5: Änderung der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit

Die Frage wird von der Abgeordneten Frau Vogelsang gestellt. Bitte schön!