Protokoll der Sitzung vom 12.05.2000

Welche Schritte sind nun seitens des MI und des MW vorgesehen? Hat die Arbeitsgruppe Bad Grund ein Konzept erarbeitet? Hat man inzwischen mit der Interessengemeinschaft Gastronomie und Vermieter e. V. Gespräche geführt? Mir ist bekannt, dass von dieser Seite Vorschläge unterbreitet wurden, die es verdient haben, beraten zu werden.

Meine Damen und Herren, es kann doch nicht angehen, dass eine Stadt, die ausschließlich vom Tourismus lebt, durch falsches Management unter Umständen in den Konkurs getrieben wird.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß nicht, wie viele Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich verloren gehen. Kahlschlag kann kein Konzept sein. Man darf Bad Grund mit seinen Problemen jetzt nicht allein lassen. Das Land hat die Bergstadt immer darin bestärkt, den Tourismus zu fördern.

Die gesamte Harzregion lebt überwiegend vom Fremdenverkehr. Die Konkurrenzsituation zu anderen Regionen und Bundesländern wird immer größer. Nur eine sehr gut überdachte Umstrukturierung kann der Region auf Dauer helfen, die Zukunft zu gestalten. Eine direkte finanzielle Zuweisung für Bad Grund ist dabei auf Dauer unverantwortlich. Andere Heilbäder und Kurorte in Niedersachsen haben nie die Chance gehabt, ihren Betrieb durch regelmäßige Zuwendungen aufrecht zu erhalten. Ideenreichtum, Organisationstalent, gutes Management und Anpassung an Situationen und vorhandene Strukturen haben andere Heilbäder in Niedersachsen zum Teil in positive Entwicklungen geführt. Warum sollte eine solche Entwicklung für Bad Grund in Zukunft nicht möglich sein?

Die Offenlegung aller Daten durch den Bürgermeister gegenüber der Bevölkerung ist unumgänglich. Dabei muss auch die Frage beantwortet werden, warum in drei Jahren drei verschiedene Kurdirektoren mit einer zum Teil sechsstelligen Abfindung ihren Hut genommen haben. Ein Verfahren steht noch aus.

(Ehlen [CDU]: Unerhört!)

All diese Fakten gehören auch auf den Tisch.

(Zustimmung bei der CDU)

Nur durch ein Miteinbeziehen der Bürgerinnen und Bürger kann man Motivation erzeugen. Diese ist dringend geboten, um die Zukunft für Bad Grund und die gesamte Harzregion positiv zu gestalten.

(Zustimmung von Möllring [CDU])

Für die CDU-Fraktion fordere ich die Landesregierung auf, alle nur möglichen Anstrengungen zu unternehmen, den Menschen in der Harzregion Wege aufzuzeigen, die auf Dauer begehbar sind. Den Kollegen Domröse bitte ich, darüber nachzu

denken, ob er aufgrund seines Missmanagements in seiner Heimatstadt noch der richtige Mann am richtigen Platz ist. Ich bin der Überzeugung: Der Rücktritt ist längst überfällig. - Ich bedanke mich.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Es spricht Innenminister Bartling.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn sich die Kolleginnen und Kollegen der Union Sorgen um den Fremdenverkehr in Bad Grund machen, dann ehrt sie das sehr. Sie hätten allerdings - das würde ich auch jetzt dringend empfehlen - vor der Einbringung dieses Entschließungsantrages noch einmal das Protokoll meiner Rede vom letzten Plenum zu diesem Thema, aus der Frau Ortgies einen kleinen Teil zitiert hat, lesen sollen.

(Dr. Domröse [SPD]: Vielleicht auch noch mit den Verantwortlichen re- den!)

Dort wird zu Bad Grund und dem übrigen Westharz nicht nur alles zurzeit Wichtige gesagt, sondern vor allem auch mehr verheißen, als in Ihrem Entschließungsantrag - eigentlich ein Aufguss der Dringlichen Anfrage - verlangt wird.

Ich kann Ihnen leider diesen Vorwurf nicht ersparen, da Sie es sich wieder einmal viel zu leicht machen. Sie verlangen wortreich, den Fremdenverkehr im Harz als eine wesentliche strukturpolitische Aufgabe zu fördern. Am Beispiel Bad Grund habe ich Ihnen im März aufgezeigt, dass Geld alleine das Problem eben nicht löst,

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Es müssen auch Köpfe rollen, es müssen auch ein paar Leute ausgetauscht werden!)

dass örtliche Strukturen oftmals einer Gesundung entgegenstehen. Wir mussten bisher leider auch registrieren, dass die Region Schwierigkeiten haben wird, im Wettbewerb mit entsprechenden Gebieten anderer Bundesländer zu bestehen und dass dies auch vor Ort so gesehen wird. Bei dieser Lage ist es aber Besorgnis erregend, dass - jedenfalls unter den gegenwärtig obwaltenden Strukturen - nicht nur in Bad Grund bisher zu wenig Ideen

oder Initiativen produziert worden sind, die der Landesregierung bei der Entwicklung einer effektiven Fremdenverkehrspolitik helfen können. Der Mangel an Impulsen auch aus der überregionalen Wirtschaft sollte uns alle etwas betroffener machen. Weder Sie noch wir können in einem der strukturschwächsten Landesteile Wunder bewirken.

Meine Damen und Herren, eine Fremdenverkehrsförderung soll zukünftig auf der Basis der Ergebnisse regionaler Prozesse, in denen Klarheit über die künftig zu bedienenden touristischen Zielgruppen und deren Erwartungen geschaffen worden ist, erfolgen. Ergänzend sollen insbesondere unter Kostengesichtspunkten Konzepte für einen regionsbezogenen Ausbau einzelner Einrichtungen sowie für einen Umbau bzw. für eine eventuelle Schließung oder Veräußerung anderer Einrichtungen in der Region geschaffen werden.

Für eine auch im Harz notwendige nachhaltige touristische Entwicklung bedarf es konkreter, regional abgestimmter Zielvorstellungen, Marketingstrategien und Planungsgrundlagen. Diese sollen marktfähige touristische Destinationen in Form so genannter offener Foren Tourismus entwickeln. Insbesondere Projekte mit Pilotcharakter in Bezug auf Private Public Partnership und mit umweltorientierter Ausstattung sollen zukünftig stärker Berücksichtigung finden. Diese Vorgehensweise wird ein völliges Umdenken in der Tourismusförderung und lokal auch schmerzhafte Umsetzungsprozesse bedeuten. Für eine marktgerechte und betriebswirtschaftlich solide Ausgestaltung tourismus- und freizeitwirtschaftlicher Infrastruktur nicht nur im Harz ist dieser Anpassungsprozess unabdingbar.

Meine Damen und Herren, ich habe in meinem Aufgabengebiet bei der Vergabe von Bedarfszuweisungen auf Effektivität zu achten. Ich werde dabei keine faulen Kompromisse machen, zumal ich bei der Vorlage vernünftiger Restrukturierungskonzepte für die Entschuldung, d. h. für den Abbau inzwischen erschreckend hoher Fehlbeträge, erhebliche Mittel bereitstellen kann und auch will. Das sollte als ein außerordentlich attraktives Angebot erkannt und auch anerkannt werden.

(Vizepräsidentin Goede übernimmt den Vorsitz)

Ich begrüße es deshalb, wenn Sie in Ihrem Antrag, Frau Ortgies, beklagen, dass das für 1999 für Bad

Grund erstattete Gutachten keine hinreichenden Grundlagen für weitergehende Entscheidungen enthält. Es geht also - ich glaube, darin sind wir uns einig - um betriebswirtschaftliche Hinweise zur Fortentwicklung der Kur- und Tourismusstrukturen, d. h. um die Frage, welche Maßnahmen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten Erfolg versprechend sind. Es geht außerdem um die Klärung der Frage, welche Bereiche privatisiert werden können. Dabei handelt es sich um Schulaufgaben, die vor Ort natürlich angegangen werden müssen, nicht aber vornehmlich auf Ministerialebene.

(Möllring [CDU]: Vor Ort wird ja nichts getan! Sie sehen das doch!)

- Den Eindruck habe ich nicht, Herr Kollege. Sie müssen uns einen gewissen Zeitrahmen lassen, um zu solchen Umstrukturierungen kommen zu können. - Der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion in Bad Grund hat kürzlich an meinen Staatssekretär geschrieben, die dauerhafte Sicherung der Fremdenverkehrswirtschaft der Bergstadt werde nur durch weitgehende Privatisierung möglich sein. Mit klaren Vorgaben müssten Investoren gesucht werden, und der Abbau der Verschuldung sei erforderlich. - Das sehe auch ich in der Tat so.

(Frau Ortgies [CDU]: Das können die aber nicht allein! Da müssen Sie hel- fen!)

Das, meine Damen und Herren, muss man aber nicht nur dem Land schreiben, sondern insbesondere auch vor Ort beschließen und umsetzen. Das Land kann nämlich nur dann helfen, wenn man vor Ort konsequent den richtigen Weg geht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir können und werden also nicht mit Landesmitteln in Millionenhöhe überholte Strukturen konservieren - in Bad Grund nicht, und auch anderswo nicht. Das sollten alle, die es angeht, begreifen. Einen Erfolg versprechenden tauglichen Sanierungskurs werden wir allerdings nicht nur begleiten, sondern auch finanziell fühlbar unterstützen, damit er realisiert werden kann. Ein Konzept zu fordern und eine Sanierungsstrategie umzusetzen bzw. zu begleiten ist jedoch - darauf darf ich noch einmal aufmerksam machen, weil es auch die Vergabe der Bedarfszuweisungen an die Gemeinden betrifft - vorrangig die Aufgabe der Bezirksregierung und des Landkreises Osterode. Für mich ist es übrigens eine

große Erleichterung zu wissen, dass die Lösung des beschriebenen Problems beim Landkreis Osterode in guten und außerordentlich kompetenten Händen liegt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, der Kollege Adam hat jetzt das Wort.

(Oestmann [CDU]: Noch so ein Orts- fremder!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister hat Recht.

(Möllring [CDU]: Schon wieder einer von der Küste!)

- Ja, sehen Sie. Sie brauchen Frau Ortgies, und ich bin stellvertretender Fraktionsvorsitzender und komme von der Küste. Und Sie armer Kerl kommen aus Hildesheim.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Bad Grund und kein Ende. Bekommen wir nun in jeder Plenarsitzung einen Antrag der CDU zu Bad Grund und zum Harz? Ich stimme dem Innenminister zu, wenn er heute und in seiner Rede in der letzten Plenarsitzung zu Bad Grund feststellte, dass man es sich wie im CDU-Antrag zusammengeschrieben einfach zu leicht macht, wenn man die Probleme Bad Grunds im Wissen um sie einfach nur wortund blumenreich niederschreibt und lediglich fordert, den Fremdenverkehr im Harz als eine wesentliche strukturpolitische Aufgabe zu fördern.

Am Beispiel Bad Grund wird deutlich, meine Damen und Herren, dass Geld allein das Problem nicht löst, das durch die örtlichen Strukturen geschaffen wird, und dass man sich damit schwer tut, einen Sanierungsplan zügig umzusetzen, um zu einer kommunalen Gesundung zu kommen. Wenn ich diese kurzen Worte meinem Wortbeitrag voranstelle, dann tue ich das deshalb, weil ich der CDU-Fraktion einfach nicht den Vorwurf ersparen kann, dass es ihr weder um Bad Grund noch um die Förderung des Fremdenverkehrs im Harz oder sonst wo geht. Frau Ortgies hat heute genau wie in

der letzten Sitzung wieder einmal die Katze aus dem Sack gelassen. Es geht Ihnen ganz einfach nur um die öffentliche Diskreditierung und Bloßstellung des Bad Grunder Bürgermeisters, unseres Kollegen Wolfgang Domröse.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist nicht nur persönlich verletzend, sondern das zeigt mir auch, dass Sie versuchen wollen, mit Ihrem Antrag politische Legenden zu bilden. Das hat Wolfgang Domröse nicht verdient, und das machen wir so auch nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in allen politischen Bereichen müssen Schulaufgaben zu Hause gemacht werden. Das gilt für alle, auch für Bad Grund. Das Land kann und darf dort nur helfen, wenn der Sanierungsweg vor Ort konsequent eingehalten wird. Ich bin mir sicher, dass das vor Ort, im zuständigen Landkreis und bei der Bezirksregierung auch so gesehen wird. Das Strukturkonzept liegt vor. Es wird beraten, und es wird und muss dann auch umgesetzt werden. Aus diesem Grunde schaden solche Anträge unserer Auffassung mehr, als sie nutzen. Besonders verletzen sie Menschen. Weniger Anträge und mehr unterstützendes Handeln durch die Entscheidungsträger sind wichtiger und hilfreicher als dieser Antrag. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Klein, Sie sind der nächste Redner.