Protokoll der Sitzung vom 13.09.2000

Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz. - Ein weiteres Instrument: Es ist gefordert worden, die steuerfreie Reinvestitionsrücklage bei Betriebsumstellungen zu berücksichtigen. Dies haben Sie nicht gemacht. Bei den Kapitalgesellschaften ist das möglich, bei der bäuerlichen Landwirtschaft nicht.

Herr Minister, Sie haben in zentralen Punkten die Interessen der Landwirtschaft in Niedersachsen nicht berücksichtigt!

(Beifall bei der CDU)

Das waren sehr großzügige zwei Minuten, Herr Kollege Kethorn.

(Kethorn [CDU]: Danke schön!)

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der Drucksache 1825 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 1582 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! Danke. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag der CDU-Fraktion abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich einen ausländischen Gast begrüßen. In der Loge auf der Seite der CDU-Fraktion sitzt der Bürgermeister der Stadt Lukavac in Bosnien-Herzegowina, Herr =LMDG2PHUGLü+HU]OLFKZLOONRPPHQ

(Beifall)

Ich rufe jetzt die Punkte 11 und 12 auf, die vereinbarungsgemäß zusammen beraten werden:

Tagesordnungspunkt 11: Zweite Beratung: Qualifizierung für die Region: Berufsbildende Schulen in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1029 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 14/1826

und

Tagesordnungspunkt 12: Zweite Beratung: Zukunftssicherung für die berufsbildenden Schulen als Partner der ausbildenden Wirtschaft - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1583 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 14/1827

Der Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 1029 wurde in der 33. Sitzung am

6. Oktober 1999 und der Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 1583 wurde in der 50. Sitzung am 11. Mai 2000 an den Kultusausschuss zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Beratung liegen folgende Redezeiten fest: SPD und CDU jeweils bis zu zehn Minuten, Grüne bis zu fünf Minuten, Landesregierung bis zu fünf Minuten.

Zunächst hat sich der Abgeordnete Voigtländer gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an einen Gedanken des Fraktionsvorsitzenden der CDU von gestern anknüpfen. Im letzten Teil seiner Rede zum Haushalt hat er eingefordert - so habe ich ihn verstanden -, dass die Kultur der Auseinandersetzung in diesem Hause, aber auch die Art und Weise, wie Fragen beantwortet werden, wie man miteinander umgeht, eine andere sein müsste. Ich hielt das in dem Teil seiner Rede für durchaus nachdenkens- und bemerkenswert.

Weil die Fraktionen im Bereich der beruflichen Bildung in den vergangenen Monaten durchaus in vielen Positionen übereingestimmt hatten, erhoffe ich mir, dass das am heutigen Tag so bleibt und dass wir für die vielen tausend Schülerinnen und Schüler in diesem Land die rechtlichen Möglichkeiten schaffen, nicht nur einen Beruf zu erlernen, sondern auch so motiviert zu werden, dass sie in Zukunft, nach ihrer Ausbildung, einen Arbeitsplatz haben, mit dem sie Geld verdienen, um damit ihre eigene Lebenssituation zu meistern.

Was ist bislang passiert? Die SPD beschäftigt sich bereits im Jahr 2000 damit, wie im Jahr 2008 der Schülerberg im berufsbildenden Schulwesen mit den vorhandenen Ressourcen so ausgesteuert werden kann, dass eine ausreichende Zahl von Unterrichtsstunden gegeben werden kann, die aber auch den jeweiligen Ausbildungsinhalten, den Notwendigkeiten der Zeit und den Bedürfnissen der Wirtschaft insgesamt gerecht werden. Das ist in der Tat kein leichtes Unterfangen; es ist, wie ich schon gesagt habe, ein Prozess.

Die SPD-Landtagsfraktion und die Landesregierung haben ein Modernisierungskonzept zum berufsbildenden Schulwesen aufgelegt, das im Wesentlichen aus drei große Abschnitten besteht.

Der erste Punkt ist: Wir wollen - das deutete ich eben an -, dass bis zum Jahr 2008 kontinuierlich die notwendigen Unterrichtsstunden zur Verfügung gestellt werden. Das ist angesichts steigender Schülerzahlen nicht einfach. Wir müssen aber auch feststellen: Obwohl die Zahl der Berufsschultage schon von zwei auf eineinhalb reduziert wurde, werden nicht mehr nur 7,3 Stunden pro Schüler gegeben, sondern zehn. In den letzten Jahren, etwa seit 1990, ist also kontinuierlich mehr unterrichtet worden. Das ist für den Einzelnen nicht immer deutlich geworden, aber das sind die Fakten. Also: Ressourcensicherung.

Dazu zählt auch - das ist in unserem Modernisierungskonzept nicht nur gefordert, sondern inzwischen auch umgesetzt worden -, dass mehr als 5.000 Stunden zusätzlich gegeben wurden. Liebe Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen, vor allen Dingen aber von der CDU, damit müssen Sie den Ammenmärchen begegnen, denen Sie selbst ausgesetzt sind, weil das Fakten sind, die die Realität widerspiegeln. Ich betone noch einmal: Im Gegenwert von mehr als 200 Stellen sind Stunden in das berufsbildende Schulwesen eingebracht worden, und damit wird noch mehr unterrichtet als bisher. Auch das gehört zur Ressourcensicherung.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite wichtige Punkt, meine Damen und Herren, ist: Wir wollen die Quantität, aber auch die Qualität der Abschlüsse und die Qualität der Leistungen im berufsbildenden Schulwesen verbessern. Dazu hat es eine Fülle von neuen, von qualitätssichernden Abschlüssen gegeben. Ich brauche sie nicht alle aufzuzählen; Sie kennen das Konzept. Inzwischen, nach anfänglichem Stottern, das ich gerne eingestehen will, wird das genauso ein Qualitätsprogramm und genauso Erfolg versprechend sein wie das, was wir im Zusammenhang mit der Verlässlichen Grundschule geschaffen haben und was wir uns im Zusammenhang mit einer im Grunde genommen wohl totalen Restaurierung des Sek-I-Bereichs auf die Schultern gelastet haben.

Qualitätssicherung heißt nicht nur Verbesserung der Abschlüsse, sondern auch, dass die einzelnen Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler in Zukunft haben, Abschlüsse zu erzielen, verbessert werden und dass die Leistungen dabei gleichzeitig in höherem Maße überprüft werden, als das bisher der Fall gewesen ist. Das berufsbildende Schulwesen wird davon nicht ausgenommen.

Ein dritter, ein sehr zukunftsträchtiger Bereich ist: Wir wollen die berufsbildenden Schulen Stück für Stück zu regionalen Kompetenzzentren entwickeln. Das ist ebenfalls eine schwierige Aufgabe, weil die Schulen mitmachen müssen. Man kann nicht Fortschritte in Schulen erzielen, wenn man sie von oben verordnet, sondern die Lehrerinnen und Lehrer müssen auch in diesen Forderungen der Gegenwart leben und dazu beitragen, sie umzusetzen.

Regionale Kompetenzzentren heißt, dass sich Berufsschulen in Zukunft nicht nur immer selbständiger organisieren werden und über Budgetrechte verfügen. Das ist jetzt schon zum Teil der Fall. Das heißt, sie bilden nicht nur ihre Klassen selbst, sondern sie bezahlen in Zukunft auch in einem gewissen Maß die Ausbildungskräfte, die sie brauchen, und setzen diejenigen ein, die kompetent sind, die die Region erfordert und die das System insgesamt braucht. Niedersachsen steht damit - das ist zumindest meine Einschätzung - an der Spitze der bundesweiten Entwicklung. Das ist in einem Land, das mit Finanzen nicht gerade gesegnet ist, nicht nur ein hoher Anspruch, sondern auch eine große Verpflichtung, die das Parlament gegenüber den jungen Leuten in diesem Land insgesamt eingegangen ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einmal auf Folgendes hinweisen: Im Jahr 2008 werden wir einen Schülerberg haben, für dessen Bewältigung wir in geeigneter Weise die entsprechenden Unterrichtsstunden zur Verfügung stellen müssen. Hierbei handelt es sich um einen kontinuierlichen Weg, der von jetzt ab über die Jahre 2002, 2003 usw. hinweg gegangen wird. Wir können schon jetzt feststellen: Es hat eine Verjüngung der Lehrkräfte stattgefunden.

(Busemann [CDU]: 0,2! Sagen Sie, wie viel!)

Von der Altersteilzeit wird in einem hohen Maße Gebrauch gemacht.

(Busemann [CDU]: 0,1!)

- Herr Busemann, auf Sie gehe ich immer gern ein. Deshalb möchte ich das auch an dieser Stelle gleich tun.

(Busemann [CDU]: 0,1!)

Sie haben nämlich schon in Ihrer letzten Rede jetzt dürfen Sie dazu wahrscheinlich nicht mehr

sprechen - deutlich gemacht, dass Sie zumindest im Bildungsbereich - was den juristischen Bereich angeht, vertrete ich eine ganz andere Meinung, wie Sie wissen - nicht die qualifizierte Stimme Ihrer Fraktion sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Klare [CDU]: Das ist ty- pisch Lehrer! Damit machen wir un- seren Ruf noch weiter kaputt, lieber Jacques!)

Zurück zu der Frage, wie es weiter gehen soll. Die wesentlichen Grundzüge des Modernisierungskonzeptes habe ich Ihnen eben schon dargestellt. Nun aber zu Ihrem Konzept bzw. Ihrem Entwurf. Schon im Oktober 1999 ist das Modernisierungskonzept von der Kultusministerin auf den Weg gebracht worden. Seit dieser Zeit - also seit fast einem dreiviertel Jahr - haben Kolleginnen und Kollegen der SPD-Landtagsfraktion mit vielen, vielen Vertretern der Schulen gesprochen und diesen die Gedanken, die Absichten und die Zielvorstellungen dieses Konzeptes näher gebracht. Dort ist nicht nur Freude aufgekommen, sondern es hat auch eine Menge Missverständnisse gegeben. Missverständnisse hat es im Zusammenhang mit dem Klassenbildungserlass und den Verordnungen aber auch hier im Parlament schon gegeben. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Direktoren von Schulen ganz selbstverständlich schlauer sein müssen als die Abgeordneten dieses Hauses. Inzwischen sind die Schulen zu 80 % oder mehr in der Lage, mit der Neuordnung umzugehen. Auch der Klassenbildungserlass gibt ihnen die gleichen Möglichkeiten wie schon zuvor. Die Probleme, die Sie, Herr Busemann, befürchtet haben, sind nicht aufgetreten. Für positiv an Ihrem Konzept halte ich, dass es auch so wesentliche Forderungen wie z. B. die nach einer größeren Selbstständigkeit der Schulen enthält. Im Wesentlichen hapert es bei Ihnen aber an der Begründung. Ich bin mir allerdings sicher, dass Sie uns auf diesem Wege folgen werden; denn die einzige Chance, den bereits eingeschlagenen Weg so fortzusetzen, bietet nur das Konzept der SPD-Fraktion. Ich freue mich darüber, dass wir mit unseren Aussagen und Forderungen auch die Kultusministerin in dieser Weise unterstützen konnten. Ich glaube, wir gehen einen gesunden, einen nachvollziehbaren und einen erfolgreichen Weg im Rahmen der beruflichen Bildung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Vockert. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Jaques Voigtländer, in diesem Bereich eine entsprechende Auseinandersetzung, eine Kultur der Auseinandersetzung und letztendlich auch eine Harmonie einzufordern, ist immer dann opportun, wenn man damit versuchen will, eigene Schwächen zu verdecken und zu übertünchen. Da werden wir aber nicht mitmachen.

(Beifall bei der CDU - Fasold [SPD]: Ich sage nur „Padua“!)

- Ja, auch in Padua waren wir uns darüber einig, dass es möglich sein müsste, im berufsbildenden Bereich einen gemeinsamen Konsens zu finden. Ich hätte mir das gewünscht; denn vom Grundsatz her sind wir uns darüber einig, dass unsere Berufsschulen so ausgestattet werden müssen, dass sie als Partner der Ausbildung im dualen System ernst genommen werden. Das heißt erstens, dass sich die Berufsschulen auf die veränderten Bedingungen einstellen müssen, wozu sie bekanntlich bereit sind. Zweitens heißt das aber auch, dass wir, die Politiker hier in diesem Hause, gefordert sind, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. An dieser Stelle kommen wir aber nicht zu einem gemeinsamen Konsens; denn das, was diese Landesregierung vorgelegt hat, ist überhaupt nicht dazu geeignet, die erforderlichen Rahmenbedingungen an den Schulen zu schaffen oder zu verbessern. Bezüglich der Rahmenbedingungen - das müssen Sie, Herr Kollege Voigtländer, einmal zur Kenntnis nehmen - kneift diese Landesregierung.

Angesichts dessen finde ich es beschämend, dass die SPD mit ihrem Antrag, den sie hier vor einem Jahr in den Landtag eingebracht hat, nunmehr versucht, von diesen schlechten Bedingungen an den berufsbildenden Schulen - sämtliche Schülerinnen und Schüler werden Ihnen das bestätigen können - abzulenken. Sie betreiben nach wie vor eine Politik der Verschleierung, des Schönrechnens. Den berufsbildenden Schulen gerade in der Fläche versetzen Sie damit aber einen Todesstoß. Sie legen ein so genanntes Modernisierungskonzept vor, wissen aber ganz genau, dass es sich hierbei ganz eindeutig um eine Mogelpackung handelt.

(Beifall bei der CDU)

Was nun die Berufsschulpolitik angeht, haben Sie, lieber Kollege Jaques Voigtländer, gerade gesagt, dass Niedersachsen hier bundesweit an der Spitze stehe. Dem muss ich aber entgegenhalten, dass die Berufsschulen in Niedersachsen stiefmütterlich behandelt werden,

(Beifall bei der CDU)

weil die Landesregierung aus ihnen ein Stiefkind der Bildungspolitik gemacht hat. Nun können Sie ja daran gehen, hier und da wieder ein Modellprojekt einzurichten - dann können Sie wieder sagen, dass Sie unheimlich innovativ sind - oder ein Modernisierungskonzept wie das in Rede stehende vorzulegen, welches letztendlich aber nur vor dem Hintergrund der Frage, wie Ressourcen eingespart werden können, konzipiert worden ist. Auf diese Weise fahren Sie unsere Berufsschulen in Niedersachsen aber ganz eindeutig gegen die Wand.

(Zustimmung von Möllring [CDU])

Sie betreiben Bilanzkosmetik und setzen nicht auf Bildungsinvestitionen.

Letztendlich versuchen Sie - meiner Meinung nach muss jeder einmal darüber nachdenken, ganz besonders Sie von der SPD -, mit immer weniger Geld bei immer mehr Schülern und immer weniger Lehrern den Eindruck zu erwecken, dass im Ergebnis immer mehr herauskommt. Ihre Politik stößt letzten Endes aber auf immer weniger Akzeptanz, da immer mehr Menschen Ihre Mogelpackung durchschauen.