Bei allen Verbesserungen aber, die diese Maßnahmen bringen, muss festgehalten werden: Der Nahverkehr kann den Fernverkehr nicht ersetzen. Das gilt auch für die Anbindung der touristischen Zentren im Lande. Statt vermeintlich unrentable Strecken zu streichen, könnte und müsste sich die Bahn mit einem saisonal differenzierten Angebot als flexibles und kundenfreundliches Unternehmen beweisen. Ein entsprechendes Tourismuskonzept habe ich in unseren Verhandlungen mit der Bahn mehrfach angemahnt. Sie hat auch eine Prüfung zugesagt. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt. Solange hier aber nichts geschieht und die Beteiligten regelmäßig vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sind heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit nur verständlich.
Zu Frage 3: Wie ich schon erwähnt habe, stimmen die Rahmenbedingungen für die Bahn zurzeit nicht. Deshalb bleibt es zunächst Aufgabe des Bundes, hier für Klarheit zu sorgen. Das heißt, klar zu definieren, wo in Zukunft auf welchem Netz der InterRegio-Verkehr zu organisieren ist. Wir sind auch bereit - insofern folge ich dem Gedanken des Fragestellers Herrn Wenzel -, InterRegio-Verkehre als hochwertige Nahverkehrszüge zu bestellen, wenn - das ist natürlich die entscheidende Voraussetzung - der Bund entsprechende zusätzliche Finanzierungsmittel bereit stellt. Solange das aber nicht geregelt ist, bin ich auch nicht bereit, mich an irgendwelchen Planspielen zu beteiligen.
(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Das muss man sich einmal vorstellen! Der Wirtschaftsminister tut nichts, solange ihr ihm nicht sagt, was er tun soll!)
Herr Minister Dr. Fischer, nach einem Vortrag im Wirtschaftsausschuss wissen wir, dass es ab Fahrplanwechsel 2003/2004 keinen InterRegio-Verkehr mehr geben wird. Müsste die Landesregierung vor diesem Hintergrund nun nicht aufgefordert werden, ein Verkehrskonzept für den Nah- und den Regionalverkehr in Niedersachsen zu entwickeln?
Herr Schirmbeck, die von Ihnen hier aufgestellte Ausgangsbehauptung stimmt nicht. Wahrscheinlich haben Sie meinen Vortrag nicht richtig verstanden.
(Oh! bei der CDU - Plaue [SPD]: Das wäre beim Kollegen Schirmbeck nichts Ungewöhnliches! - Wulff (Os- nabrück) [CDU]: Sie sind doch Auftraggeber!)
Es gibt Überlegungen aufseiten des Bundes, aber noch keine Entscheidungen. Ich kann hier im Übrigen nur das berichten, was der Vertreter der Bahn AG gesagt hat. Wir sind nicht für den Fernverkehr zuständig. Ich habe eben gesagt, dass dies ein zentrales Thema der Verkehrsministerkonferenz der Länder im September sein wird; denn das ist ein Bundesthema und nicht ein Thema Niedersachsens.
Herr Minister, ich frage Sie: In welcher Höhe sind im Bundeshaushalt 2000 und in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes Investitionsmittel für die Schieneninfrastruktur gestrichen worden?
Das kann ich Ihnen so aus dem Stand nicht sagen. Ich möchte Sie aber später gern darüber informieren.
(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist doch das Kernthema! - Möllring [CDU]: Der niedersächsische Wirtschaftsminister weiß nicht, was vom Bund an Mitteln zur Verfügung gestellt wird! Das ist eine Antwort!)
Herr Minister, wenn es richtig ist, dass beim nächsten Fahrplanwechsel die ersten InterRegioVerbindungen gestrichen werden, wenn es außerdem richtig ist - das ist ja wohl unbestritten und war überall zu lesen -, dass ab dem Jahr 2003 z. B. die niedersächsische Nordseeküste vom Fernverkehr abgeschnitten sein wird, die InterRegios auf der Strecke von Münster über Rheine nach Norddeich eingestellt werden, und wenn man diesen Zeitplan kennt, dann frage ich Sie: Ist es vertretbar, dass sich der zuständige niedersächsische Minister hier hinstellt und sagt, dass er zunächst einmal abwarten wolle, was der Bund für ein Konzept vorlegt? Oder wäre es nicht besser, wenn er sich möglichst schnell auf den Weg machen würde, um mit seinen Kollegen auf Bundesebene eine vernünftige Lösung für die Erschließung Niedersachsens zu erzielen?
Herr Rolfes, ich sage es noch einmal: Das ist kein Thema Niedersachsens, sondern dieses Thema ist von bundesweiter Bedeutung. Es geht hier um Überlegungen der Deutschen Bahn AG für den InterRegio-Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb habe ich mit meinen Länderkollegen verabredet, auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz intensiv darüber zu reden.
Im Übrigen sage ich hier noch einmal - Herr Schirmbeck hat es eben schon behauptet und Sie auch -: Es gibt noch keine Beschlüsse der Bahn AG zur Einstellung des InterRegio-Verkehrs. Dies ist noch nicht geschehen. Vielmehr wird vor dem Hintergrund der unsicheren finanziellen Zukunft der Bahn AG überlegt, wie der Fernverkehr in Zukunft gestaltet werden soll. Es liegen bislang aber noch keine Konzeptionen vor. Deshalb wollen wir bei der nächsten Konferenz - ich habe dies selbst angemeldet - vor allem mit dem Bundesverkehrsminister Klarheit darüber schaffen, welche finanziellen Rahmenbedingungen der Bahn in Zukunft zur Verfügung gestellt werden sollen, damit in den Ländern - also auch in Niedersachsen - ein anständiger Fernverkehr gewährleistet werden kann.
Herr Minister, können Sie entgegen Ihren bisherigen Aussagen bestätigen, dass andere Länder bereits über eine Mitfinanzierung des InterRegioVerkehrs mit der Bahn verhandeln?
Es gibt offenbar in einigen Ländern solche Überlegungen. Ich kann aber nur davor warnen, in eine Verantwortung einzutreten, die nach dem Grundgesetz eindeutig festgelegt ist.
Herr Hagenah, wo waren Sie eigentlich gestern, als über den Haushaltsplan debattiert worden ist? Wir können doch eine im Grundgesetz eindeutig festgelegte Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern für den Nah- und Fernverkehr nicht einfach durch solche Überlegungen aushebeln. Wir müssen zwar darüber reden, weil wir uns natürlich auch für den Fernverkehr verantwortlich fühlen, aber er liegt nicht in unserer Zuständigkeit. Der Sinn der Verkehrsministerkonferenz liegt deshalb auch darin, sich darüber auszutauschen. Inzwischen haben alle Länder erklärt, dass sie den Bund ordentlich in die Pflicht nehmen werden.
Herr Minister, angesichts der positiven Auswirkungen der Entstehung einer privaten oder halbprivaten Konkurrenz für die Bahn, die teilweise schon festgestellt werden können, frage ich Sie: Ist die Landesregierung bereit, bzw. fasst sie es ins Auge, eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung einer eigenen InterRegio-Gesellschaft in Angriff zu nehmen?
Frau Steiner, ich habe bereits bei der Beantwortung der dritten Frage deutlich gemacht, dass wir gerne in solche Überlegungen eintreten werden. Wir haben auch Überlegungen in der Hinterhand, wie wir das machen wollen, wenn die Finanzierung einer solchen landeseigenen Gesellschaft geklärt ist. Wir sind also durchaus daran interessiert, diese
Aufgabe zu übernehmen, wenn der Bund sie nicht mehr wahrnehmen will und uns die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt. Ich meine auch, dass wir das können. Von daher will ich diese Lösung nicht ausschließen - sie wird auch Gegenstand der Gespräche sein -, aber es muss geklärt werden, wer sie bezahlt. Wir können und dürfen nicht dafür zahlen. Der Bund müsste deshalb bereit sein, uns die entsprechenden finanziellen Mittel zu übertragen.
Herr Minister, ist es angesichts der Tatsache, dass sich Niedersachsen selbst als Tourismusland Nummer eins in der Bundesrepublik apostrophiert, nicht geradezu Ihre Pflicht, die Zuständigkeit an sich zu reißen, auch angesichts der Tatsache, dass z. B. die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg zumindest in Konturen ein Konzept vorgelegt hat, dessen Sie sich bedienen können, um zu einem Vorschlag zu kommen und mit Herrn Mehdorn darüber zu reden, ohne sich von ihm sagen lassen zu müssen, was er will?
Ich kenne die Vorstellungen der Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg, Herr Ontijd. Es ist auch interessant, was dort entwickelt worden ist. Ich sage es aber noch einmal: In einer Situation, in der es darum geht, wer für die Zukunft des Fernverkehrs zuständig ist, mache ich doch nicht dem, der nach dem Grundgesetz eigentlich zuständig ist, Angebote und schlage vor, ihm die Aufgabe wegzunehmen, ohne dass sichergestellt ist, dass ich dafür die entsprechenden Mittel bekomme.
Ich habe bereits deutlich gemacht, dass wir mit der Deutschen Bahn AG bzw. mit Herrn Mehdorn darüber verhandelt haben, wie er als Ersatz der zur
Streichung vorgesehenen InterRegios Tourismusfernverbindungen einrichtet, die flexibel auf die saisonalen Anforderungen reagieren. Bisher ist es so - das ist uns zumindest vonseiten der Bahn gesagt worden -, dass die InterRegios, die an die Küste fahren, völlig unterausgelastet und nicht wirtschaftlich sind. Das gilt zwar möglicherweise auf den Durchschnitt bezogen, ich meine aber, dass diese Züge bei einer stärkeren und flexibleren Ausrichtung auf den Tourismusbedarf - z. B. in der Saison oder an den Wochenenden - wirtschaftlich betrieben werden können. Das ist meine These. Darüber haben wir mit Herrn Mehdorn gesprochen. Er hat den Auftrag angenommen. Die Deutsche Bahn AG prüft zurzeit, wie die Tourismusregionen in Niedersachsen durch ein eigenständiges Tourismus-Fernverkehrskonzept besser bedient werden können. Wie ich bereits erwähnt habe, warten wir derzeit auf das Ergebnis.
Für den Fall, dass der Bund und die Bahn bereit sein sollten, Zuständigkeiten im Fernverkehr abzugeben und damit auch finanzielle Mittel zu überstellen, bin ich gern bereit - wir haben auch bereits entsprechende Überlegungen angestellt -, dass wir uns in diese Verantwortung begeben. Voraussetzung ist aber, dass die finanziellen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geklärt werden.
Herr Minister Dr. Fischer, zu Frage 2 haben Sie geantwortet: Möglichkeiten hat die Landesregierung nicht. Ich frage Sie: Welchen Beschlussvorschlag wollen Sie Ihrerseits der Verkehrsministerkonferenz unterbreiten, um zu einer eindeutigen Übernahme der Verantwortung - auch der finanziellen Verantwortung - des Bundes zu kommen?
(Schurreit [SPD]: Es sind doch Ver- handlungen, die dort geführt werden! Da kannst du doch nicht mit einem Papier hingehen!)
Herr Wenzel, hierauf gibt es eine ganz klare Antwort: Wir wollen, dass der Fernverkehr nicht nur erhalten bleibt, sondern verbessert wird. Deshalb werden wir an den Bund die Frage stellen, ob er weiter in der Verantwortung für den Fernverkehr bleiben wird. In diesem Fall müssen wir sagen, dass er mehr Geld dafür ausgeben muss, damit das Fernverkehrsnetz nicht schrumpft, wie es wohl in manchen Köpfen bei der Bahn angedacht wird. Oder aber er überträgt die Zuständigkeit an die Länder, denen dann aber die entsprechenden Mittel übertragen werden müssten. Dazu müsste der Bund dann auch bereit sein.