Protokoll der Sitzung vom 10.10.2000

Für Außenstehende scheinen vielfach die Stadtgebiete von Garbsen, Langenhagen, Laatzen, Isernhagen sowie Hannover, um nur einige zu nennen, ineinander überzugehen. Niemand kann also ernsthaft bestreiten, dass in diesem Verdichtungsraum auch für das Land Niedersachsen eine Verantwortung besteht, die sachlichen und räumlichen Zuständigkeiten klar zu definieren.

(Beifall von Hagenah [GRÜNE])

Ob es dazu, Herr Hagenah, einer Region in der Form bedarf, wie es nach dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf der Fall ist, wird bei der heutigen ersten Beratung des Gesetzentwurfs nicht abschließend entschieden. Wichtiger als die Form sind die Ziele, die erreicht werden sollen, die erreicht werden müssen, will der Raum Hannover im Wettbewerb mit anderen Metropolen in Europa bestehen.

Die CDU-Landtagsfraktion wird in den vor uns liegenden Beratungen der Ausschüsse den Gesetzentwurf anhand ihrer eigenen Zielvorstellungen genau prüfen, mit den betreffenden Gebietskörperschaften erörtern, Änderungsanträge, soweit solche notwendig sind, vorlegen und das Ganze danach in der Fraktion zur Abstimmung stellen.

Wir wissen: Allein im kommunalen Bereich gibt es eine Entscheidungsebene zuviel; denn neben den kreisangehörigen Städten und Gemeinden wirken der Landkreis Hannover, daneben die Landeshauptstadt Hannover, daneben der Kommunalverband Großraum Hannover, darüber die Bezirksre

gierung Hannover. In diesem für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft verwirrenden Nebeneinander, Übereinander und Durcheinander kann eine klare Kompetenzverteilung in einer Region mit 21 regionsangehörigen Städten und Gemeinden die notwendige Klarheit schaffen. Starke Städte und Gemeinden in einer starken Region kann das Ziel sein.

(Adam [SPD]: Dann sind wir uns doch einig!)

- Hören Sie weiter zu! - Nicht nur ich frage mich allerdings, welche Aufgaben dann noch für die Bezirksregierung unabdingbar bleiben müssen.

(Adam [SPD]: Darin sind wir uns nicht einig!)

- Darüber werden wir uns in den Ausschussberatungen auseinander setzen.

Festzustellen ist aber schon heute, dass das ursprünglich von der SPD öffentlich proklamierte Ziel, mit der Einführung der Region jährlich 80 Millionen DM an Verwaltungskosten einzusparen, jämmerlich verfehlt wird.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie die Begründung zum Gesetzentwurf durchlesen, ist nicht mehr von 80 Millionen DM, sondern allenfalls von bescheidenen 1,9 Millionen DM die Rede.

(Zuruf von Frau Elsner-Solar [SPD])

Meine Damen und Herren, in den bisherigen Gesprächen mit der Landesregierung haben wir immer wieder einen Modellhaushalt, zumindest aber Modellrechnungen verlangt, die deutlich machen, wie sich die geplante Region in finanzieller Hinsicht auf die beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften auswirkt. Diese Berechnungen liegen uns bis heute nicht vor. Bei Einbringung dieses Gesetzentwurfs hätten wir sie aber schon gerne gekannt.

Wir verlangen, unverzüglich die finanziellen Folgen der Bildung der Region für den Landkreis und seine kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie für die Landeshauptstadt offen zu legen.

Die CDU wird im Jahr 2003 die regional tätigen Bezirksregierungen abschaffen und an ihren Standorten unter Einbeziehung der mehr als 30 Landesämter einige wenige landesweit tätige

Kompetenzzentren für die wichtigsten Landesaufgaben einrichten.

(Zustimmung von Frau Pawelski [CDU])

In Verfolgung dieses Zieles könnte die Auflösung der Bezirksregierung für das Gebiet der Gebiet Hannover ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Wir erkennen an, dass uns die Landesregierung mit der Verlagerung der Umweltaufgaben von der Bezirksregierung auf die Region zumindest ein wenig entgegenkommt und auch die diesbezüglichen Wünsche der Kommunalpolitiker vor Ort akzeptiert. Es müssen aber weiter gehende Schritte folgen.

Im Gebiet der geplanten Region Hannover leben 1,1 Million Einwohner, überwiegend in einem starken Verdichtungsraum. Allerdings gehören auch - das darf an dieser Stelle einmal gesagt werden - ländliche Strukturen zum Bild des Landkreises Hannover.

In Niedersachsen leben rund 8 Millionen Einwohner. Rund 7 Millionen Menschen leben also außerhalb einer möglichen Region Hannover. Auch sie wollen von der Landespolitik ernst genommen werden und haben Anspruch auf gleichwertige Lebensbedingungen und Entwicklungschancen. Die CDU teilt die Sorgen dieser Menschen und ihrer über die Parteigrenzen hinweg engagierten Kommunalpolitiker vor einer Hannover-Lastigkeit in der Politik der derzeitigen Landesregierung. Nicht nur die EXPO-Investitionen in Hannover und im Umkreis haben diesen Sorgen neue Nahrung gegeben. Auch in Braunschweig, Osnabrück, Oldenburg, Lüneburg, Wolfsburg, Emden, Wilhelmshaven und anderswo gibt es bedeutende Stätten und Zentren für Kultur und Wirtschaft unseres Landes, die Anspruch auf eine gerechte Politik des Landes Niedersachsen für die in ihnen lebenden und wirtschaftenden Menschen haben.

Mehr als 60 % der Bürger unseres Landes leben im ländlichen Raum. Im ländlichen Raum liegt - das hat die Europäische Union immer wieder festgestellt - ein riesiges Potential für Arbeit und Einkommen vieler Menschen brach. Dieser ländliche Raum mit seinen 37 Landkreisen außerhalb einer eventuell zu bildenden Region Hannover ist von der derzeitigen Landesregierung gerade in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden.

Seine Entwicklungspotentiale sind nicht oder zu wenig zum Wohle des Landes aktiviert worden.

(Biel [SPD]: Das stimmt aber nicht!)

Meine Damen und Herren, ein wesentliches Mittel des Landes, allen Kommunen eine gleichwertige Entwicklung zu ermöglichen, ist der kommunale Finanzausgleich. Alle Abgeordneten des Landtages wissen - auch Sie, Herr Biel -, dass die derzeitige Landesregierung die berechtigten Interessen der Städte, Gemeinden, Samtgemeinden und Landkreise in Niedersachsen auf verfassungswidrige Weise sträflich vernachlässigt.

(Beifall bei der CDU)

Sollte sich bei den Beratungen erweisen, dass innerhalb des jetzt schon viel zu gering dotierten Finanzausgleichs die Region Hannover in irgendeiner Weise zulasten des übrigen Landes bevorzugt wird,

(Zuruf von der SPD: Das hat doch niemand vor!)

werden wir allein aus diesem Grunde den Gesetzentwurf über die Region Hannover ablehnen.

Die CDU in Niedersachsen wird eine andere, eine bessere Politik starten. Wir wollen die bestehenden Landkreise erhalten und stärken. Wir geben den Landkreisen die Möglichkeit, untereinander auf freiwilliger Basis Partnerschaften einzugehen, um gemeinsame Probleme gemeinsam zu lösen - mit Respekt vor der Selbständigkeit des anderen Partners.

Mit uns wird es keine neue kommunale Gebietsreform in Niedersachsen geben. Die Region Hannover ist kein Modell für andere Räume in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Gesetz über die Region Hannover kann, wenn die Region richtig gebildet wird, ein Schritt in die richtige Richtung sein - aber nur ein Schritt. Noch ist dies nicht deutlich erkennbar. Ich habe in der Kürze der Zeit auf Schwachstellen und Forderungen hingewiesen. Die CDU-Fraktion setzt auf Verbesserungen in den demnächst beginnenden Ausschussberatungen.

Dem heute zur Abstimmung anstehenden Vorschaltgesetzentwurf über die erstmalige Wahl in einer möglichen Region Hannover werden wir

allerdings unsere Zustimmung geben, weil mit diesem Gesetz eine Zustimmung zu der Region Hannover als solche nicht verbunden ist. Die Entscheidung über die Bildung einer Region Hannover fällt erst mit dem heute erstmals eingebrachten Gesetzentwurf, der noch in den Ausschüssen beraten werden muss. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Hagenah hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf zur Regionswahl können wir sehr gut leben. Ich meine auch, Herr Eveslage, dass dieses Gesetz insgesamt mehr in Bewegung setzen wird, als vielleicht manche heute erwarten.

(Zuruf von der CDU: In welche Richtung?)

Die Landesregierung kann sich aber dennoch nicht zurücklehnen. Denn mit dem Gesetzentwurf zur Bildung der Region Hannover, wie er heute eingebracht wird, sind wir in Detailfragen noch nicht einverstanden. Wir werden dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen können. Ich möchte Ihnen das an drei Punkten deutlich machen, damit die Beratungen einen etwas konkreteren Charakter bekommen als bisher.

Wir kritisieren, Herr Innenminister, die Hartleibigkeit gegenüber der einmütigen Forderung aller Beteiligten, für die Frauenbeauftragten eine echte Vertretungsregelung zu gewähren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jahn [CDU]: Meine Güte, als wenn das das Wichtigste wäre! - Weitere Zurufe)

- Meine lieben Kollegen von den Fraktionen der SPD und der CDU, das ist z. B. eine der Forderungen, die gleich lautend vom Landkreis Hannover, von der Stadt Hannover und vom KGH abgestimmt und so beschlossen worden sind, die aber von der Landesregierung so nicht umgesetzt wurden. Dass Sie sich hier mit Zwischenrufen darüber lustig machen, finde ich schon etwas merkwürdig.

Ich meine, das Regionsvotum sollte auch im Landesparlament ein bisschen mehr Nachhall finden.

(Zurufe von der SPD und von der CDU)

Der Änderungsansatz für die Gemeindeordnung, der im Innenministerium diskutiert wird, bei Abwesenheit von mindestens sechs Monaten eine Vertretungsregelung zu erlauben, entspricht überhaupt nicht den Forderungen. Es geht darum - was derzeit schon in allen Landesministerien, aber auch im Kommunalverband Hannover üblich ist, nämlich eine Stellvertretung auch bei einer nur kurzen Abwesenheit, z. B. durch eine Dienstreise für wenige Tage -, dem Sinn von Frauenbeauftragten und der Gleichstellung durch eine ständige Vertretung weiter entsprechen zu können.

(Jahn [CDU]: Das ist das zentrale Thema der Region Hannover!)

Das kann durch den vorliegenden Gesetzentwurf aus Ihrem Hause nicht gewährleistet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)