Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Herr Klein, wenn es praktikable Lösungsvorschläge gibt, dann sind wir wirklich offen, darüber hier oder im Ausschuss zu diskutieren. Sie haben in Ihrem Antrag nur den Wegfall der Nachbaugebühr und der Auskunftspflicht gefordert. Sie haben aber keine anderen Vorschläge unterbreitet. Insofern glänzen Sie mit Fehlanzeige. Ich hoffe, dass wir im Ausschuss von Ihnen noch andere Vorschläge hören werden dazu, wie das Problem für beide Seiten zufrieden stellend gelöst werden kann. Auf Ihre Vorschläge im Ausschuss sind wir auf jeden Fall sehr gespannt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klein, ich bin wohl der Letzte hier, der aufgefordert werden müsste, sich für die Interessen der Landwirtschaft einzusetzen. Bei dem Thema, das Sie hier auf die Tagesordnung gebracht haben, geht es auch nicht um Groß- oder Kleinbetriebe. Das ist ja ein Stück Ideologie, die Sie gern hier unterbringen wollen. Ich sehe auch nicht, dass es bei diesem Thema darum gehen kann, rot-grüne Agrarpolitik streitig zu diskutieren.

Wenn wir uns das genau anschauen, dann müssen wir feststellen, dass hierzu eine klare gesetzliche Grundlage vorhanden ist, die den Sachverhalt, den Herr Klein, Herr Kethorn und Herr Stolze eben beschrieben haben, eindeutig regelt. Die sich für zahlreiche Landwirte hieraus ergebenden strittigen Fragen sind, wie wir eben auch schon gehört haben, zurzeit bei verschiedenen Gerichten anhängig, wobei es sich um privatrechtliche Verfahren handelt, bei denen eine Intervention des Staates nach unserer Auffassung äußerst problematisch wäre bzw. sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt von selbst verbietet.

Wie eine Umfrage ergeben hat, wird diese Einschätzung, die ich hiermit vorgetragen habe, von allen anderen Bundesländern geteilt und bezieht sich Kritik, wenn eine solche denn geäußert wird, ausschließlich auf die verfahrenstechnische Abwicklung als solche, d. h. die gesetzliche Grundlage wird nicht infrage gestellt.

Zur Umsetzung von sortenschutzrechtlichen Fragen haben der Deutsche Bauernverband und der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter die bereits erwähnte privatrechtliche Kooperationsvereinbarung für Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung geschlossen. Diesem Abkommen haben sich 95,2 % der Landwirte angeschlossen. Es ist also davon auszugehen, dass dieses Verfahren von dem Berufsstand in toto gebilligt wird.

Im Rahmen dieses Kooperationsabkommens ergeben sich in Abhängigkeit vom Saatgutwechsel für den Veranlagungszeitraum zur Ernte 2001 für die verschiedenen Früchte und den Grad des Saatgutwechsels zwischen 60 % und 0 % Lizenzgebühr. Das hört sich ein bisschen anders an, Herr Klein, als das, was Sie eben gesagt haben. Auch dass dort Unübersichtlichkeit und Unklarheit herrschen, kann ich nicht nachvollziehen. Informieren Sie sich bitte bei den Mitarbeitern! Diese zeigen Ihnen die Veröffentlichungen, die Listen, die Informationsbroschüren, die dazu herausgegeben worden sind und die das einzelne Saatgut ganz klar und eindeutig einordnen. - Bei 80- bis 100-prozentigem Saatgutwechsel erhält der Landwirt einen Rabatt.

Für diejenigen Betriebe, die sich dem Kooperationsabkommen nicht angeschlossen haben, gilt die gesetzliche Grundlage. Was Sie unter Bezugnahme auf EU-Recht eben hier angezogen haben, die 50 %, sind Ausnahmetatbestände, die wir Ihnen im Ausschuss gern noch einmal erläutern. Es ist also nicht richtig, wenn Sie hier den Eindruck zu erwecken versuchen, dass dies die generelle Vorgabe der Europäischen Union sei.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch darauf hinweisen, dass es in dieser Frage nicht nur offene Gerichtsentscheidungen, sondern auch solche gibt, in denen bereits entschieden worden ist, dass die Zahlung der Nachbaugebühr als rechtskonform anzusehen ist.

Herr Minister, der Kollege Klein möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?

Ich möchte das abschließen. Ich bin ohnehin der Auffassung, dass wir dieses Thema sehr gründlich und sehr gut im Ausschuss behandeln können, dass das Plenum dafür aber nicht geeignet ist.

(Unruhe bei der CDU)

Auf der letzten AMK, die Sie, Herr Klein, auch angesprochen haben, hat dieses Thema auf der Tagesordnung gestanden. Es ist vertagt worden, und zwar auch mit der Stimme NordrheinWestfalens, weil die Ergebnisse der schwebenden Verfahren abgewartet werden sollen, um dann zu entscheiden, in welchem Umfang politisches Handeln erforderlich ist. Dies ist auch meine Grundsatzposition, die ich hiermit noch einmal unterstreiche.

In der Tat werden auf Bundesebene Gespräche zu diesem Thema geführt, aber eine Änderung der Sortenschutzbestimmungen, wie Sie das in Ihrer Entschließung vorgegeben haben, wird nach unserer Information durch das Bundeslandwirtschaftsministerium nicht in Erwägung gezogen. Diese Meldung, die Sie hier verbreiten, ist also so nicht richtig.

Meine Damen und Herren, ich rate dazu, dass Sie das Thema im Ausschuss ausführlich beraten, dass Sie sich die gesamten Rechtsgrundlagen noch einmal vergegenwärtigen und diese dann auch politisch gewichten; dafür stehen wir offen zur Verfügung. Aber es macht wohl keinen Sinn, seitens der Politik in einen privatrechtlichen Streit einzugreifen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der Vertreter der Antrag stellenden Fraktion möchte die Darlegungen des Landwirtschaftsministers offensichtlich so nicht hinnehmen; denn er hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Klein!

(Plaue [SPD]: Frau Präsidentin, es könnte ja sein, dass er jetzt zustimmt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Landwirtschaftsminister, es kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein,

(Plaue [SPD]: Doch!)

eine Situation gutheißen zu wollen, die, wie niemand bestreiten wird, zurzeit relativ unklar ist und die von den Züchtern bzw. von dem beauftragten Unternehmen dazu benutzt wird, durch mehr als 2.500 Klagen gegen einzelne Landwirte in wirklich aggressiver Weise Druck auszuüben, um Tatsachen zu schaffen, um Pflöcke einzuschlagen, d. h. mit dem Druck der Prozesskosten, mit dem Druck eines möglicherweise verlorenen Prozesses zu verhindern, dass die Dinge, die zurzeit in Fluss sind, erst einmal geklärt werden. Nichts anderes steht als Forderung in unserem Antrag. Wir bitten den Landtag, sich an den Bauernverband und an die Züchter zu wenden bzw. insbesondere, die Züchter aufzufordern, diese Klagen ruhen zu lassen und abzuwarten, bis die höchstrichterlichen Entscheidungen fallen. Nicht mehr und nicht weniger ist die Forderung. Sie ist ergänzt um die Bitte, dass der Landtag die Landesregierung auffordern möge, diese Dinge entsprechend zu unterstützen und zu fördern. Ich meine, dass das die eigentliche Zielrichtung dieses Antrages ist, und ich sehe im Moment nicht, warum man sich insbesondere dagegen wehren sollte.

Wenn Sie so auf diese gesetzliche Vorgabe, die es auf der EU-Ebene gibt, insistieren, dann muss es doch erlaubt sein, einmal die Rechtssystematik zu hinterfragen, die im Grunde genommen dazu führt, dass ein Privatmensch, ein privates Unternehmen, verpflichtet sein soll, irgendjemand anderem Privaten über seinen Anbau und andere Dinge Auskunft zu geben. Ich hätte Verständnis, wenn es ein Verfahren gäbe, bei dem eine hoheitlich bestellte, eine staatliche Stelle solche Dinge abfragt. Aber meine privaten Umstände einer privaten Firma, die ja Geschäftsinteressen hat und die daraus auch Vorteile ziehen kann, indem sie einen Überblick über das Anbauverhalten in der Landwirtschaft und über Ähnliches bekommt und ihre Forschung sowie ihre Vertriebsorganisation darauf abstellen kann, dieses Material zuzugestehen und zu sagen, das sei rechtens, das kann doch nun wirklich nicht Sinn der Angelegenheit sein.

(Beifall bei den Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diesen Antrag vom Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beraten zu lassen. Wenn Sie dem folgen möchten, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Sie haben so beschlossen. Vielen Dank.

Ich darf Sie davon unterrichten, dass auf den Besuchertribünen A und B Teilnehmer und Teilnehmerinnen einer Gruppe von Kommunalpolitikerinnen und -politikern aus Weißrussland Platz genommen haben, die sich zu einem Seminar in der OstAkademie in Lüneburg aufhalten und heute unsere Gäste sind. Herzlich willkommen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wir setzen unsere Beratung fort mit

Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung: Auflösung der Niedersächsischen Finanzierungsgesellschaft - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/1986

Der Antrag wird durch den Kollegen Golibrzuch eingebracht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aus dem Beteiligungsbericht der Niedersächsischen Landesregierung wissen wir, dass die Niedersächsische Finanzierungsgesellschaft wichtige, im Landesinteresse liegende Maßnahmen vorfinanziert, die aus haushaltstechnischen Gründen erst in der Folgezeit durch originäre Haushaltsmittel abgelöst werden können. Das waren in der Vergangenheit Projekte wie die Sanierung der Bühnentechnik im Opernhaus Hannover, die Sanierung der Sonderabfalldeponie Münchehagen, die Stadtbahnfinanzierungsverträge mit der Landeshauptstadt Hannover, aber auch die Kapitaleinlagen bei der EXPO GmbH und der EXPO Grund.

Das alles kostet natürlich Geld, und dieses Geld besorgt sich diese Finanzierungsgesellschaft am Kapitalmarkt über Kredite. Während sich also die Landesregierung rühmt, die Nettokreditaufnahme in den letzten Jahren bei konstant 2,65 Milliarden DM gehalten zu haben, hat sie sie tatsächlich, nämlich über das Instrument dieser Finanzierungsgesellschaft, stetig erhöht. Betrug die Kreditermächtigung für die NFG 1995 noch ledig

lich 75 Millionen DM, so war sie 1997 bereits auf 120 Millionen DM angestiegen und betrug zuletzt 1999 170 Millionen DM.

Nun ist die NFG zwar rechtlich eine eigenständige Firma, aber wer das Finanzministerium kennt, der weiß, dass sich dort der Briefkasten der NFG befindet, dass sich dort der Telefonanschluss der NFG befindet, dass zwei Geschäftsführer aus dem Finanzministerium in Nebentätigkeit auch die NFG leiten und dass eigentlich alles, was die NFG betrifft, im Finanzministerium stattfindet. Lediglich die Schulden der NFG will sich der Finanzminister nicht zurechnen lassen.

Der Weg über die rechtlich verselbständigte Finanzierungsgesellschaft verschleiert deswegen die tatsächliche Höhe der Staatsausgaben und der Kreditaufnahme - entgegen dem Verfassungsgebot der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Das ist nicht nur unsere Einschätzung, sondern bekanntlich auch die des Landesrechnungshofes. Zwar ist die jeweilige Kreditermächtigung der NFG mit einem Satz im Haushaltsgesetz erwähnt, doch kann dies die rechtliche Beurteilung dieser Praxis in keiner Weise verändern.

(Möllring [CDU]: Der zweite Satz ist noch schlimmer!)

Das gilt umso mehr, als ja die einzelnen Projekte und die Entscheidung über die Rangfolge dieser Projekte auch in Konkurrenz zu anderen Maßnahmen, die nicht über die NFG finanziert werden, für den Haushaltsgesetzgeber nicht nachvollziehbar sind. Das ist deswegen so bedauerlich, weil, wie Sie wissen, ansonsten gerade auch für investive Maßnahmen im Landeshaushalt sehr strenge Vorschriften nach der Landeshaushaltsordnung gelten und alles, was üblicherweise für Maßnahmen durchzusetzen ist, für Projekte, die über die NFG abgewickelt werden, nicht gilt. Baumaßnahmen, größere Beschaffungen, größere Entwicklungsvorhaben und all diese Maßnahmen dürfen ja nach der Landeshaushaltsordnung grundsätzlich erst dann im Haushalt veranschlagt werden, wenn dem Landtag entsprechende Planungen, Kostenberechnungen, Schätzungen und Erläuterungen vorgelegt worden sind.

Das alles findet bei der NFG nicht statt, und deshalb ist für uns und für den Rechnungshof nicht nachvollziehbar, wer denn eigentlich darüber entscheidet, welche Projekte über die NFG abgewickelt werden. Warum sind es denn nur die

Stadtbahnverträge mit der Stadt Hannover und warum nicht auch die Ortsumgehung Bensersiel? Warum ist es nur die Sonderabfalldeponie Münchehagen und nicht auch die Sanierung der Wurmbergschanze im Harz? All das sind Fragen, die wohl nicht seriös beantwortet werden können.

Deswegen schlagen wir Ihnen vor, diese niedersächsische Finanzierungsgesellschaft, die wir für verfassungswidrig halten, aufzulösen, und zwar so rechtzeitig aufzulösen, dass die Maßnahmen, die bisher über die NFG abgewickelt werden, rechtzeitig zum Aufstellungserlass für den Doppelhaushalt 2002/2003 in den regulären Etat des Landes überführt werden können. Wir haben Ihnen dazu den Vorschlag unterbreitet, dass das durch die Steuermehreinnahmen des laufenden Jahres passieren kann. Das hätte zur Folge, dass die Ablösung dieser NFG-Projekte nicht die Nettokreditaufnahme des Landes im Jahr 2002 erhöht, sondern dass damit - damit unterstützen wir den Ministerpräsidenten - tatsächlich die Fläche im Land Niedersachsen künftig mehr Geld erhalten kann. Sie wissen, dass eine Reihe von Verkehrsinvestitionen in den zurückliegenden Jahren wegen der Weltausstellung auf den Großraum Hannover konzentriert worden sind. Da das meiste davon über die NFG abgewickelt worden ist, wäre die Konsequenz, dass diese Maßnahmen jetzt noch über bis zu zehn weitere Jahre ausfinanziert werden müssen, und selbst dann, wenn jede neue Mark, die frei verfügbar ist, in die Fläche geht, ist damit auf Jahre hinaus ein erklecklicher Betrag reserviert.

Weil wir das nicht wollen, sagen wir auch: Die NFG, die verfassungswidrig ist, muss aufgelöst werden. Wir holen diese Maßnahmen in den Etat zurück, finanzieren das Ganze aus den Steuermehreinnahmen des laufenden Jahres und unterstützen damit den Ministerpräsidenten, weil damit die laufenden Kredite der NFG abgelöst werden und ab dem übernächsten Haushaltsjahr alles Geld, das dem Land für Verkehrsinvestitionen zur Verfügung steht, dann eben in der Fläche verteilt werden kann. Wir halten das für eine gute Maßnahme und bitten um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Frau Pothmer [GRÜNE]: Sehr kluger Vor- schlag!)

Nun wird uns der Kollege Möhrmann erklären, ob die Regierungsfraktion mit diesem Versuch der

Unterstützung des Ministerpräsidenten einverstanden ist.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es so einfach wäre, auf die Frage der Präsidentin mit Nein oder Ja zu antworten, dann hätten wir diese Gründung sicherlich gar nicht erst vorgenommen, und zwar eine andere Regierung als die, die heute im Amt ist.

Lassen Sie mich aber zunächst einmal ein bisschen qualifizieren, was der Kollege Golibrzuch hier gesagt hat. Er hat durch seinen Versuch, dieses öffentlichkeitswirksam darzustellen, Schlagzeigen provoziert. So schrieb die „Neue Presse“ vom „Universalwerkzeug der Finanztrickser“.

(Möllring [CDU]: Das war ein guter Kommentar!)

Wer sich ein bisschen mit der Materie beschäftigt hat, wird wissen, dass das Parlament immer an den Entscheidungen der NFG beteiligt gewesen ist, dass die Transparenz immer gegeben war, und er weiß auch - wenn er in den Landeshaushalt schaut -, dass Zins und Tilgung immer offen ausgewiesen sind und dass eine Vorgabe war - zumindest für mich war damit ein großer Vorteil verbunden -, innerhalb von zehn Jahren die Schulden einschließlich der Zinsen vollständig zu tilgen,

(Beifall bei der SPD)

und, meine Damen und Herren, genau das ist im Landeshaushalt in der Regel eben nicht der Fall.