Protokoll der Sitzung vom 17.11.2000

Herr Golibrzuch zur zweiten Nachfrage.

Herr Minister, nachdem Sie gerade von unangemessenen Härten sprachen, um zu begründen und zu erklären, wie es damals zu diesem so genannten Kulturvertrag gekommen ist, möchte ich gerne wissen, wie Sie diese unangemessene Härte qualifizieren. Geht es insoweit um den absoluten Betrag, um die 50 Millionen DM, oder geht es um den Anteil des Ausfallbetrages am Haushaltsvolumen? Denn dann wäre auch nach dem aktuellen kommunalen Finanzausgleich eine ähnliche Situation auch in vielen anderen Städten und Kreisen im Lande Niedersachsen gegeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU - Rolfes [CDU]: Noch schlim- mer!)

Herr Aller!

Die Situation im Jahre 1992 ist denen, die länger in diesem Hause sind, bekannt.

(Mühe [SPD]: Wer war da doch gleich unser Koalitionspartner?)

Heute sind im kommunalen Bereich unbestritten flächendeckend Schwierigkeiten vorhanden; sie resultieren aber aus ganz anderen Ursachen. Deshalb ist die Situation im Jahre 1992 in Hannover mit der Situation der kommunalen Finanzen infolge der hohen Sozialhilfelasten, die wir in den

letzten Jahren zu verzeichnen hatten, und der Lasten, die wir durch die Steuerentlastung möglicherweise auf mittlere Sicht haben werden, beim besten Willen nicht mehr vergleichbar mit dem, was 1992 eine Rolle gespielt hat. Ich glaube, Herr Golibrzuch, dass man auf diese Art und Weise darstellen kann, dass der singuläre Effekt, der seinerzeit mit der Revisionsklausel eingetreten ist, in Verbindung gebracht mit einer Glattstellung der politisch damals einmaligen Situation, herstellbar ist.

Frau Stokar von Neuforn!

Ich frage die Landesregierung: Kann die Landesregierung bestätigen, dass andere Bundesländer ihre Landeshauptstadt wesentlich intensiver unterstützen und fördern, als Niedersachsen dies mit Hannover macht? Ich erinnere hier an München und Düsseldorf.

(Zurufe von der CDU)

Meine zweite Frage: Kann die Landesregierung bestätigen, dass ein vielfältiges und spannendes kulturelles Angebot ein wichtiger Standortfaktor nicht nur für die Landeshauptstadt ist, sondern dass die kulturellen Highlights auf das ganze Land ausstrahlen und im Gesamtinteresse des Landes Niedersachsen liegen?

(Zustimmung von Hagenah [GRÜNE] - Rolfes [CDU]: Das ist klar, dass ihr aussteigt!)

Auch der Finanzminister lässt sich die Kultur nicht nehmen.

Ich könnte beide Fragen inhaltlich uneingeschränkt mit Ja beantworten und tue das auch. Ich will aber mit Blick auf die besondere Stellung der Landeshauptstadt Hannover in Niedersachsen und ihre besondere Attraktivität, die meines Erachtens durch die EXPO noch einmal gesteigert worden ist, noch einmal Folgendes unterstreichen: Die EXPO wäre nie nach Hannover gekommen, wenn die Landeshauptstadt Hannover nicht von ganz Niedersachsen immer als eine liebenswerte zentrale

Einrichtung des ganzen Landes gesehen worden wäre. Deshalb ist die Neiddiskussion, die partiell ausbricht, nur begrenzt zu verstehen.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Und unerträglich!)

Herr Rolfes zu Frage zwei!

Herr Minister, wenn Ihnen eingangs der Frage schon klar ist, dass wir keineswegs Neidkomplexe schüren wollen und auch nichts gegen Hannover sagen wollen, dann müssen Sie uns gleichwohl Folgendes erklären: Wenn das damalige Finanzloch, entstanden durch den Finanzausgleich, dazu geführt hat, dass Sie so genannte Verträge oder Kulturverträge oder auch anders genannte Verträge abschließen, um dieses Finanzloch zu schließen, und Sie anschließend sagen, dass sich im Laufe der Finanzausgleichsgesetzgebung Einiges geändert hat und dass die Situation, wie sie damals war, jetzt nicht mehr gegeben ist: Welchen Grund gibt es dann, die Summe, die damals zum Abschluss dieses Notvertrages geführt hat, heute wieder vertraglich zu verhandeln? Man könnte ja auch sagen - -

Die Frage war klar. Sie war kompliziert, aber klar.

Doch, doch, doch. Und die Frage ist zu Ende.

Er guckt aber noch so skeptisch.

(Zuruf von der SPD: Ihr unterschätzt uns permanent!)

Nein, er hat es verstanden. - Herr Aller!

Herr Kollege, Sie hatten mir versprochen, mir Ihre fünf Fragen von gestern noch schriftlich einzureichen.

(Rolfes [CDU]: Das kommt noch! Darauf können Sie sich verlassen!)

Die Frage, die Sie eben gestellt haben, interpretiere ich Folgendermaßen:

(Lachen bei der SPD)

Erstens. Die Frage nach der Sondersituation Hannovers im Jahre 1992 - das muss ich noch einmal betonen - hat sich bezogen auf eine einmalige Größenordnung von 50 Millionen DM, für die eine Kompensation erreicht werden sollte. Diskutiert im Revisionsvertrag und in der Revisionsklausel wird die Vereinbarung aus dem § 6, in dem klar gestellt worden ist, dass der überschießende Betrag von 5 Millionen DM einer Neubewertung unterzogen werden soll dahin gehend, ob es dafür eine Rückzahlungsverpflichtung der Stadt Hannover an das Land geben müsse oder ob es andere geeignete Möglichkeiten gibt. Es ist unsere Auffassung, die Stadt Hannover in eine, wie ich vorhin gesagt habe, strategische Allianz für IT- und Medienfragen am Standort Hannover zu gewinnen, sodass das Geld praktisch aus der Stadt Hannover in ein gemeinsames Projekt einfließen könnte. Dieses Projekt wäre dann im Landesinteresse. Wenn Sie Wert darauf legen, kann man das in gleicher Weise natürlich auch über Buchungsvorgänge herstellen. Aber da wir für Verwaltungsvereinfachung sind, wäre das sicherlich nicht der schlechteste Weg, deutlich zu machen, dass wir den einfachen Weg nehmen.

Frau Pothmer!

Herr Minister, ich möchte Sie Folgendes fragen: Sind Kulturverträge aus der Sicht der Landesregierung erstens ein Instrument zum kommunalen Finanzausgleich einerseits und zugleich offensichtlich auch noch ein Instrument der Verwaltungsreform? Wenn Sie Kulturverträge als ein solches Instrument verstehen, wird dieses Instrument dann auch auf andere Orte ausgedehnt? Das war die erste Frage.

Zweitens möchte ich von Ihnen wissen, ob Kultur - - - Jetzt ist mir meine zweite Frage entfallen. Lassen Sie mich erst einmal diese Frage stellen.

Herr Aller!

Frau Kollegin, ich hätte natürlich gerne die Frage zwei als Erstes beantwortet. Da Sie sie nicht gestellt haben, muss ich gleich Frage eins beantworten. Ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass die verkürzte Bezeichnung "Kulturvertrag" nicht dadurch richtiger wird, dass auch Sie diesen Begriff in der charmanten Form, wie sie ihn hier vorgetragen haben, benutzen. Es war in dem Sinne kein Kulturvertrag, sondern es war ein Instrumentarium, zusammengestellt aus mehreren Komponenten, das auch kulturelle Anteile beinhaltete, und zwar zur Erreichung dieser 50 Millionen DM an Ausgleichszahlungen. Das ist der sachliche Hintergrund für die Situation im Jahre 1992.

(Mühe [SPD]: Wer war damals ei- gentlich Koalitionspartner?)

Dass aus politisch-taktischen Gesichtspunkten, auch von charmanten und nicht so charmanten Mitgliedern dieses Hauses, der Versuch der Verkürzung auf Kulturvertrag unternommen wird, hat nur einen einzigen Inhalt: Sie wollen damit auf die Diskussion Staatstheater Hannover oder Staatstheater in anderen Städten fokussieren. Dieses - Herr Rolfes, von Neiddiskussion wollte ich nicht sprechen; ich nehme das zurück - tief sitzende Gefühl, ungerecht behandelt zu sein, das wohl das Motiv der Fragesteller ist, muss ich nun klar kontern mit der Ansage, dass die Landeshauptstadt Hannover die Landeshauptstadt des gesamten Landes ist und im kulturellen Bereich besondere Lasten trägt. Dem ist Rechnung getragen worden dadurch, dass sich das Land in einem Teil des kulturellen Angebotes als ausschließlicher Gesellschafter zur Verfügung gestellt hat und diese Lasten trägt. Das ist genauso wie in anderen Bereichen der kulturpolitischen Szene, wo natürlich insbesondere Städte mit staatlichen Einrichtungen gegenüber anderen Städten bevorzugt werden, die keine Staatstheater, aber gleichwohl kommunale Theater haben. Wenn wir diese Diskussion so weiterentwickeln wollen bis hin zu den soziokulturellen Zentren, dann wird man feststellen, Frau Kollegin, dass es im Lande auch nicht überall soziokulturelle Zentren gibt, die

gefördert werden. Diese Diskussion möchte ich aber so weit nicht treiben.

(Rolfes [CDU]: Deshalb habt ihr auch das Regionale Kulturprogramm ge- strichen!)

Frau Litfin zur Frage zwei! Danach Frau Harms.

Herr Minister, mein Drang nach Klarheit und Wahrheit führt mich dazu, Sie zu fragen, ob ich Ihre Antwort, die Sie gegeben haben, richtig interpretiere. Sie sagten: Falls Geld vorhanden sein sollte, sei die Landesregierung bereit, die BBS am Kronsberg finanziell zu unterstützen. Wenn ich Sie richtig interpretiere, dann kann ich wohl davon ausgehen, dass im Haushalt 2001 genug Geld vorhanden sein wird.

Herr Aller!

Erstens haben Sie mich falsch interpretiert. Zweitens hat der Landtag mit seiner eindeutigen Klarstellung für den Haushalt 2001 vorgeschrieben, wie dieser Sachverhalt zu betrachten ist. Deshalb schließt sich Ihre Frage von selbst aus. Wenn Sie den letzten Stand der Haushaltsbeschlusslage so zur Kenntnis nehmen würden, dann ist Ihre Frage damit beantwortet.

Frau Harms, bitte! Danach Herr Hagenah.

Herr Minister, nachdem sich die Niedersächsische Landesregierung nun seit Jahren so besonders für die Kultur in der Landeshauptstadt engagiert - über die Berechtigung dafür gibt es sicherlich unterschiedliche Auffassungen, wobei hier niemand bestritten hat, dass eine Landeshauptstadt anders gefördert werden muss als andere Städte -, frage ich Sie: Ist es nicht verwunderlich, dass die Landeshauptstadt dazu neigt, sich aus Bereichen der Kulturförderung immer stärker zurückzuziehen mit der Folge, dass Veranstaltungen, die in freier Trägerschaft durchgeführt werden und sehr zum Re

nommee der Landeshauptstadt beitragen - ich denke hier z. B. an das Tanztheater, ein über Niedersachsen hinaus bekanntes Festival -, mehr vom Land und weniger von der Stadt Hannover finanziert werden?

Herr Aller!

Frau Kollegin, mein großer Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung verbietet es mir, Dinge zu beurteilen, die von Mitgliedern Ihrer Fraktion, die im Hannöverschen als Grüne tätig sind, viel besser beurteilt werden können. Die sind von daher die besseren Ansprechpartner in solchen Fragen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die kommunalen Gebietskörperschaften angesichts knapper Kassen Prioritäten setzen müssen. Das ist nicht zu bestreiten. Jede Stadt tut das in ihrer eigenen Verantwortung. So macht das auch die Stadt Hannover. Ein unmittelbarer Zusammenhang zu dem, worüber wir hier derzeit diskutieren, erschließt sich für mich derzeit nicht. Würden wir nämlich z. B. beim Staatstheater die Kosten nicht als alleiniger Gesellschafter tragen, müsste die Stadt Hannover zum Staatstheater möglicherweise einige Millionen DM beisteuern, die dann wiederum für andere Zwecke nicht zur Verfügung stünden. Das ist die Abfolge solcher Entscheidungen. Das zeigt, dass wir alle ein bisschen zu wenig Geld in der Kasse haben. Ich glaube, die Hannoveraner freuen sich darüber, dass wir für das Staatstheater eine solche Lösung gefunden haben.

Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal Folgendes deutlich unterstreichen, Frau Harms: Meiner Meinung nach haben die Fraktionen und die Abgeordneten durchaus das Recht, zu solchen Sachverhalten Fragen zu stellen. In der Konsequenz der Fragestellungen liegt dann aber auch, dass man mit dem Blick auf Veränderungen zum richtigen Zeitpunkt die notwendigen Maßnahmen einleitet. Mir ist nicht bekannt, dass bis auf die Herausnahme des klein gedruckten Vermerkes in Sachen Medienberufsschule weitere Änderungen im Zusammenhang mit der Frage Staatstheater, Förderung in Hannover und in anderen Städten des Landes vorgenommen worden sind. Deshalb haben solche Fragen oder Fragenorgien, wie sie hier zum Teil veranstaltet werden, natürlich ihren Beigeschmack. Auf der einen Seite fahren Sie ein Thema populistisch hoch, obwohl

Sie real eigentlich gar keine Veränderung wollen, weil bei Ihnen nämlich unter dem Strich vielleicht doch die Einsicht in die Notwendigkeiten da ist.

Herr Hagenah! Dann Herr Wenzel das zweite Mal.