Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Alle Programme bedürfen der Überprüfung mit freiwilligen Zielgruppen und Mitgliedern der Studios in Seminaren. Die Startkonferenz für das Projekt hat inzwischen stattgefunden. Mit einem Zwischenbericht wird im Sommer nächsten Jahres gerechnet. Das Projekt soll im Herbst 2001 abgeschlossen sein, sodass die Ergebnisse für den verstärkten Kampf gegen Doping in erwerbswirtschaftlichen Sporteinrichtungen dann nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in allen übrigen Ländern zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Eine Zusatzfrage stellt der Herr Kollege Pörtner. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund der aktuellen und, wenn man so will, auch dramatischen Bedeutung des Themas „Doping und Drogenmissbrauch“, aber auch vor dem Hintergrund Ihrer Antwort hätte ich gerne gewusst, ob es seitens der Landesregierung Überlegungen gibt, dieses wichtige Thema auch zum schwerpunktmäßigen Gegenstand des Inhalts des Curriculums niedersächsischer Schulen zu machen. Ich bin mir bewusst, dass Sie als Innenminister möglicherwei

se nicht darauf antworten können. Aber vielleicht wäre es dann möglich, vonseiten der Frau Kultusministerin eine Antwort zu bekommen.

Herr Minister Bartling, bitte schön!

Herr Kollege Pörtner, das ist in dem Programm vorgesehen. Ich werde gerne noch einmal auch mit der Frau Kultusministerin darüber sprechen, dass wir das insbesondere einbeziehen. Denn man kann nicht früh genug mit dem Warnen vor solchen Dingen beginnen. Da kann die Schule auch einen wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Frau Vockert [CDU])

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen sehe ich nicht. Damit ist die Frage 3 erledigt.

Wir kommen zur

Frage 4: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an ein früheres Mitglied der Waffen-SS und NPD-Kandidaten

Sie wird gestellt von Frau Kollegin Harms. Bitte schön, Frau Kollegin!

Am 13. November 2000 wurde dem früheren Mitglied der Waffen-SS und ehemaligen NPDKandidaten Heinz Eckhoff aus Apensen im Landkreis Stade das Bundesverdienstkreuz verliehen. Trotz bundesweiter und internationaler Empörung und Protesten im Vorfeld der Auszeichnung wurde das Verfahren weder vom Bundespräsidialamt noch von der Niedersächsischen Staatskanzlei ausgesetzt oder eine erneute Überprüfung angeordnet.

Ich frage die Landesregierung:

1. Warum hat die Niedersächsische Staatskanzlei trotz zahlreicher Proteste keine Aussetzung des Verfahrens angestrebt?

2. Warum hat die Niedersächsische Staatskanzlei von einer erneuten Überprüfung von Herrn Eckhoff abgesehen?

3. Wie passen die zeitgleichen Bemühungen der Landesregierung, ein NPD-Verbot zu verhängen, mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an einen ehemaligen NPD-Kandidaten zusammen?

Vielen Dank. - Auf meiner Vorlage ist ein Stempel. Darauf steht „Ministerpräsident“. Macht er das auch? - Ja. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beantwortung der Anfrage möchte ich einige Ausführungen zum Verfahren in Ordensangelegenheiten voranstellen.

Erstens. Ordensanregungen werden der für den Wohnsitz der oder des Vorgeschlagenen zuständigen Bezirksregierung zugeleitet. Diese ist Prüfbehörde im Ordensverfahren. Sie holt zu den vorgetragenen Verdiensten Stellungnahmen von Kommunalbehörden oder sonstigen Institutionen oder Organisationen ein, die erkennbar eine Aussage zu Art, Dauer und Bedeutung der Verdienste machen können. Diese Einbindung wird von der Bezirksregierung so breit wie möglich gefächert, um für die Entscheidung über die Ordensanregung eine gesicherte Grundlage zu erhalten.

Bei allen Vorgeschlagenen, die vor dem 31. Dezember 1926 geboren sind, wird im Einvernehmen mit dem Bundespräsidialamt eine Auskunft beim Bundesarchiv - früher: Berlin Document Center - eingeholt, um festzustellen ob und, wenn ja, welche möglicherweise belastenden Tatbestände aus nationalsozialistischer Zeit vorliegen. Das Bundesarchiv ist hierfür die einzig verfügbar Stelle. Eine Herbeiziehung von z. B. Entnazifizierungsakten ist auch für diese Zwecke durch das Niedersächsische Archivgesetz untersagt.

Kommt die Bezirksregierung zu einem positiven Prüfergebnis, so legt sie der Staatskanzlei direkt ihren Bericht mit einem Ordensvorschlag vor. Die Staatskanzlei holt in jedem Ordensfall einen Auszug aus dem Zentralregister des Generalbundes

anwaltes beim Bundesgerichtshof - so genannter unbeschränkter Strafregisterauszug - ein. Ferner überprüft sie, ob der von der Bezirksregierung vorgelegte Ordensvorschlag entsprechend den Vorgaben der vom Bund erlassenen Ordensrichtlinien hinreichend begründet ist.

Diese Prüfung und Wertung erfolgt in jedem Fall gründlich und sorgfältig, individuell und parteipolitisch neutral. Ausschlaggebend ist allein, ob die Verdienste einen Ordensvorschlag an den Herrn Bundespräsidenten rechtfertigen. Eine gezielte Nachforschung nach einer Parteizugehörigkeit darf es nicht geben.

Liegen aufgrund der Unterlagen des Bundesarchivs Erkenntnisse vor, so erfolgen Prüfung und Wertung der Tatbestände besonders intensiv. Zwischen dem Bundespräsidialamt und den Ländern besteht Übereinkunft dahin gehend, dass ein SS-Dienstgrad Unterscharführer - das entspricht dem Wehrmachtsdienstgrad Unteroffizier - und höher in keinem Fall zu einer Ordensverleihung führt. Derartige Fälle werden von der Staatskanzlei abschlägig beschieden. SS-Dienstgrade, die darunter liegen, schließen einen Orden nicht automatisch aus. Allerdings werden die gewonnenen Erkenntnisse intensiv überprüft und gewertet.

Gelangt die Staatskanzlei zu dem Ergebnis, dass eine Ordensverleihung infrage kommen kann, so unterbreitet sie dem Bundespräsidialamt einen Ordensvorschlag, dem sie, sofern vorhanden, Kopien der Unterlagen des Bundesarchivs beifügt. Das Bundespräsidialamt, das im Übrigen in jedem Ordensfall den Bundesminister des Innern im Wege der Gegenzeichnung gemäß Artikel 58 Grundgesetz beteiligt, wertet seinerseits, ob die Erkenntnisse des Bundesarchivs eine Ordensverleihung zulassen oder nicht. Wird im Rahmen des Prüfungsverfahrens bekannt, dass die oder der Vorgeschlagene einer verbotenen Partei oder Organisation angehört, so wird die Anregung negativ beschieden.

Zweitens. Herrn Heinz Eckhoff wurde am 27. August 2000 durch den Herrn Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland auf Vorschlag der Niedersächsischen Landesregierung verliehen. Eine Verleihung wird mit der Bekanntgabe an den Vorgeschlagenen wirksam. Die Unterrichtung von Herrn Eckhoff erfolgte fernmündlich Ende September. Die Einladungen zur Teilnahme

am Aushändigungstermin wurden am 17./18. Oktober versandt.

Begründet wurde der Vorschlag mit seinem 32jährigen kommunalpolitischen Engagement - Bürgermeister von 1972 bis 1986, Kreistagsmitglied ununterbrochen seit 1968 - und seinen Verdiensten um die städtepartnerschaftlichen Beziehungen zu einer französischen und einer sächsischen Gemeinde.

Bei der Unterbreitung des Ordensvorschlags war bekannt, dass er ab 1943 in der SS war. Sein Dienstrang entsprach dem eines einfachen Soldaten. Die vorgenommenen Prüfungen führten zu keinen vorwerfbaren Erkenntnissen.

Die Tatsache, dass er als Parteiloser 1968 auf der Liste der NPD für den Kreistag kandidiert hat, war zum Zeitpunkt der Prüfung und Ordensverleihung weder der Staatskanzlei noch dem Bundespräsidialamt bekannt. Behauptungen über eine NPDMitgliedschaft wurden erstmals am 20. Oktober 2000 und damit nach Wirksamwerden der Ordensverleihung in der Lokalpresse aufgestellt.

Inzwischen wurde geklärt, dass sich Herr Eckhoff bereits bei der konstituierenden Sitzung der CDUFraktion im Oktober 1968 dieser Fraktion angeschlossen und seither in der CDU-Kreistagsfraktion mitgearbeitet hat. 1970 wurde Herr Eckhoff CDU-Mitglied.

Dies ist kein Einzelfall. So gehörten Mitglieder der NPD ab 1968 auch dem Niedersächsischen Landtag an. Einige wechselten später zur CDU, z. B. Herr Hass aus Salzgitter, der sich auch im Rat der CDU anschloss.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Die in der Vorbemerkung dargestellten Zeitabläufe gaben hierfür überhaupt keine Möglichkeit. Selbst wenn ich als Vorschlagsberechtigter hätte eingreifen wollen, wäre es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen.

Zu 2: Hierzu gab es keine Veranlassung, weil bei Bekanntwerden der Fakten über die Kandidatur auf der NPD-Kreistagsliste der Orden bereits rechtswirksam verliehen war.

Zu 3: Hierzu besteht kein Zusammenhang. Der Geehrte hat vor 32 Jahren auf der NPD-Liste kandidiert, ohne Mitglied der Partei zu sein. Schon kurze Zeit nach der Wahl war er Hospitant bei der

CDU-Kreistagsfraktion, ist seit 1970 ihr Mitglied und übt für diese Partei seitdem kommunale Mandate aus.

Die aktuellen Bemühungen auch der Niedersächsischen Landesregierung um ein Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht beruhen auf einer neuen Einschätzung dieser Partei durch die Landesämter für Verfassungsschutz. Danach ist die Partei als aggressiv-kämpferische Organisation gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland anzusehen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Herr Schwarzenholz hat eine Frage. Bitte schön!

(Frau Pawelski [CDU]: Dann reden wir mal über Bautzen und so was!)

Herr Ministerpräsident, können Sie uns mitteilen, wie vielen früheren Angehörigen der Waffen-SS in Niedersachsen ein solches Bundesverdienstkreuz bisher verliehen worden ist?

(Frau Pawelski [CDU]: Ich habe es doch geahnt! - Jahn [CDU]: Ist denn das zu glauben! Da fragen wir auch gleich mal, wie viele von der PDS von Mielke einen Orden bekommen ha- ben!)

Herr Ministerpräsident!

Herr Präsident! In Einzelfällen sind Orden an Personen verliehen worden, die der SS angehört haben. Dabei handelt es sich um unterste Dienstgrade unterhalb von SS-Scharführer. Die Einschätzung über eine Ordensauszeichnung in diesen Fällen obliegt allein dem Herrn Bundespräsidenten.

Frau Kollegin Harms, bitte schön!

Meine erste Frage ist, ob es zwischen der Niedersächsischen Landesregierung und dem Bundespräsidialamt überhaupt noch einmal den Versuch einer Verständigung über Probleme bei dieser Ordensverleihung gegeben hat, nachdem gegen die Verleihung protestiert worden war.

Meine zweite Frage: Herr Ministerpräsident, gibt es denn, nachdem Sie dieses Prozedere und dieses bürokratische Vorgehen bei der Ordensverleihung geschildert haben, überhaupt eine Möglichkeit, dann, wenn ein Orden an jemanden verliehen worden ist, der sich im Nachhinein möglicherweise als unwürdig erweist, den Orden sozusagen wieder abzuerkennen, zumindest das zu überprüfen?

(Frau Pawelski [CDU]: Er hat 30 Jahre für die Öffentlichkeit gear- beitet! Wer 1943 eingezogen worden ist, der wurde nicht gefragt, wohin er will!)

Herr Ministerpräsident!