Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Beim Thema Netzzugang ist Deutschland das einzige Land, das einen verhandelten Zugang prüft und praktiziert. Es hat sich gezeigt, dass die erste Verbändevereinbarung überhaupt nicht in der Lage war, den Ansprüchen gerecht zu werden. Wir sind gegenwärtig in der Praktizierung der zweiten Phase. Auch hier hat das Kartellamt vor wenigen Wochen deutlich gemacht, dass es die Voraussetzungen für einen uneingeschränkten Wettbewerb durch diese zweite Phase nicht eingelöst sieht.

Vor dem Hintergrund haben wir eine spannende Debatte vor uns, nämlich auf der einen Seite die Energiewirtschaft, die an einer dritten Vereinbarung arbeitet, auf der anderen Seite die EUKommission, deren zuständige Kommissarin letzte oder vorletzte Woche auf einer nationalen Tagung des „Handelsblatts“ in Berlin deutlich gemacht hat, dass sie mit der Art und Weise der Umsetzung des Netzzugangs in Deutschland bisher überhaupt nicht zufrieden ist und in Brüssel Gedanken daran verschwendet werden, praktisch nationale Regulierungen vorzuschreiben. Ob das klug ist, sei dahingestellt. Diese Drohung ist zumindest im Raum.

(Frau Harms [GRÜNE]: Schlechter kann es nicht mehr werden!)

Mindestens das muss dazu führen, dass die dritte Verbändevereinbarung den Wettbewerb anders gestaltet, als das bisher der Fall ist. Von daher, meine ich, werden wir im Laufe dieses Jahres mit Sicherheit eine notwendige weitere Verbesserung bekommen.

Dann bleibt die Zukunft der Kraft-WärmeKopplung offen. Worum geht es im Kern? - Es geht um die Durchsetzung von Energieeffizienz. Das geht am Besten über Anlagen der KraftWärme-Kopplung. Ich glaube, darin sind sich alle einig. Das Ziel ist eine dramatische Reduzierung von CO2 zur Erzielung der klimapolitischen Zielvorgaben, zu denen sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat.

Teile der Koalition in Berlin sind der Meinung, das geht nur über eine Quotenregelung. Erkennbar würde eine Quotenregelung in den nächsten Monaten juristisch angegriffen. Hinsichtlich der klimapolitischen Konsequenzen ist mindestens strittig, ob es dazu führt, dass die richtigen Anlagen vom Netz gehen und die richtigen Investitionen

eingeleitet werden. Frau Kollegin Harms, Sie wissen, dass das durchaus strittig ist.

(Frau Harms [GRÜNE]: Ich wollte gern Ihre Position kennen!)

- Deshalb erzähle ich die hier. Die vorgesehene Verdoppelung von Kraft-Wärme-Koppelung führt möglicherweise mit der Quote nicht zu dem beabsichtigten Ergebnis. Vor dem Hintergrund kann ich nur dringend raten, das Ziel im Auge zu behalten und den Weg davon abhängig zu machen, wie man dieses Ziel am besten erreichen kann. Ihre Kollegin Frau Hustedt ist seit einigen Tagen weiter als Sie, wie man der „Financial Times“ von heute entnehmen kann. Ich rate dringend zur Lektüre.

Erkennbar gibt es bei Kennern der energiepolitischen Debatte die ernsthafte Bereitschaft, die Angebote der Energiewirtschaft sorgfältig zu prüfen, weil sie unter Gesichtspunkten von Planungssicherheit, Investitionssicherheit und Klimapolitik möglicherweise zu besseren Ergebnissen kommt als die Durchsetzung einer Quote,

(Frau Harms [GRÜNE]: Ich glaube, Sie verwechseln da etwas!)

wenn es denn gelingt, freiwillige Vereinbarungen so rechtsfähig zu machen, dass ihre Kontrollierbarkeit und die Sanktionsfähigkeit auch gewährleistet bleiben.

Für mich ist entscheidend, dass in dem Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und den beiden Fachministern morgen ein Ergebnis herauskommt, das energie- und klimapolitisch ein Optimum darstellt. Wenn das mit der Quote zu erreichen ist, habe ich keine Einwände. Ich habe mich selber lange Zeit dafür erwärmt. Wenn es andere Wege gibt, die das besser herbeiführen können, interessiert mich das Ziel und weniger der Weg. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Jüttner, Frau Kollegin Harms hatte noch eine Frage an Sie. Sind Sie bereit, die zu beantworten?

Ich bin ja eh gerade hier.

Bitte schön, Frau Harms!

Wie bewerten Sie denn überhaupt die Möglichkeiten der Freiwilligkeit in solchen Abmachungen mit der Energiewirtschaft nach den Erfahrungen, die wir mit der Verbändevereinbarung gemacht haben? Da war eine Grundlage, dass die Netzbetreiber freiwillig ihre Netztarife veröffentlichen sollten. Von 900 Netzbetreibern haben das nur 160 getan. Ist das die Umsetzung von Freiwilligkeit, auf die Sie setzen, wenn Sie sagen „Wir wollen das auch mit der Kraft-Wärme-Kopplung freiwillig in den Griff kriegen“?

Erstens. Vereinbarungen, Selbstverpflichtungen der Industrie sind als solche sinnvoll, wenn es gelingt, sie zu kontrollieren, und ihre Durchsetzung auch praktische Konsequenzen hat. Das ist die allgemeine These zu dem Thema.

Zweitens. Frau Harms, wenn Sie sich die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur CO2-Reduktion ansehen, dann stellen Sie fest, dass dort eine erhebliche Leistung erbracht worden ist und die CO2Entwicklung eher im Bereich der Mobilität und der privaten Haushalte noch Nachholbedarf hat.

(Frau Harms [GRÜNE]) : Wie machen Sie es in dem Bereich?)

Ich will nur darauf verweisen. Das heißt also, die Heroisierung irgendeines Mittels hat mit aktueller und zukunftsorientierter Politik nicht sehr viel zu tun. Deshalb gibt es gute Gründe, die Methode des Vorgehens zu überprüfen und dort auch nach dem besten Weg zu suchen. Ich habe die Einschätzung, dass die Quote das nicht unbedingt erreicht,

(Frau Harms [GRÜNE]: Aber Frei- willigkeit!)

und zwar aus wirklich nachweisbaren Gründen. Die Tatsache, dass in der Verbändevereinbarung ein Optimum noch nicht erreicht worden ist, worüber wir uns einig sind,

(Frau Harms [GRÜNE]: Was? Ein Optimum? Es ist gescheitert, Herr Minister!)

hat Konsequenzen hinsichtlich des weiteren Vorgehens sowohl durch die Intervention des Kartellamts als auch durch die Intervention der Europäischen Kommission.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt hat Frau Kollegin Zachow das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verfolgen wir diesen Antrag: Er wurde im September 1999 gestellt. Damals mussten noch fünf offene Punkte behandelt werden. Durch Liegenlassen hat sich einiges erledigt, allerdings nicht alles. Im Wirtschaftsausschuss hieß es dann noch, dieser Antrag sei gegenstandslos.

Heute haben wir gehört, dass er teils erledigt sei, alles andere sei auf gutem Weg. Meine Damen, meine Herren, wenn alles andere auf gutem Weg ist, dann könnte man eigentlich auch zustimmen. Oder wir müssten einmal sehen, wie man mit solchen Anträgen überhaupt umgeht. Wenn ich höre, was die Grünen wünschen, was die SPD wünscht, was der Minister gesagt hat, finde ich, wir sind hier alle überhaupt nicht weit auseinander. Natürlich kann man sich noch streiten, ob es die Quote bringt oder nicht. Aber entscheidend ist - da gebe ich Herrn Minister Jüttner völlig Recht -, dass wir nicht ein blindes KWK-Gesetz machen, in dem wir alle KWK-Anlagen, egal, wie dreckig sie sind, zulassen, sondern wir müssen auf Qualität und Effizienz dabei achten. In dem Moment, in dem wir das machen, ist wohl unumstritten, dass wir KWK haben wollen. Wir alle wollen Klimagesichtspunkte verstärkt in die Energiepolitik einführen. Dafür brauchen wir KWK-Anlagen. Insofern gibt es gar keinen Unterschied.

Wir müssen auch wissen, dass wir noch nicht überall gleiche Wettbewerbsbedingungen haben. Auch das ist unstrittig hier im Raum. Wir wissen auch, dass wir nicht überall den diskriminierungsfreien Zugang haben.

Allerdings müssen wir natürlich eines wissen: Es gibt da sicherlich die eine oder andere Schwierigkeit. Vielleicht kommen wir in der dritten Verhandlung weiter. Auch das halte ich nicht für ausgeschlossen.

Meine Damen, meine Herren, es heißt, dieser Antrag sei auf gutem Weg. Was heißt „auf gutem Weg“?

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Die Grünen haben hier eine Chance verpasst. Wenn sie den Antrag neu formuliert hätten, hätte zum ersten Mal ein Antrag von allen Fraktionen gemeinsam verabschiedet werden können. Das wäre energiepolitisch und umweltpolitisch mal ein ausgesprochen positives Zeichen gewesen. Das Ereignis findet leider nicht statt. Wir werden also dem Antrag der Grünen nicht zustimmen, sondern der Ausschussempfehlung. Eigentlich schade! Es hätte etwas anders laufen können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher schließe ich die Beratung zu diesem Antrag.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr in der Drucksache 2111 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 1025 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. Die Gegenprobe! - Möchte sich jemand der Stimme enthalten? - Keine Stimmenthaltung. Ich stelle fest, dass der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr gefolgt ist.

Meine Damen und Herren, wir machen jetzt, wie vereinbart, nach dem Tagesordnungspunkt 13 die Mittagspause. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Mittagspause. Wir fahren um 14.30 Uhr mit der Sitzung fort.

Unterbrechung: 13.11 Uhr.

Wiederbeginn: 14.34 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die Sitzung fort. Zunächst möchte ich bekannt geben, dass sich der Justizminister, Herr Pfeiffer, für heute Nachmittag entschuldigt hat.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 14: Zweite Beratung: Mobile Angebote für Multimedia und Internet im ländlichen Raum - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/1847 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gleichberechtigung und Frauenfragen - Drs. 14/2137 – Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen- Drs. 14/2182

Der Antrag der Fraktion der SPD wurde in der 57. Sitzung am 14. September 2000 an den Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen. Berichterstatterin ist die Kollegin Hemme.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gebe einen verkürzten Bericht. Eine Annäherung der Standpunktre wurde im Ausschuss nicht erreicht, weil zu unterschiedliche Vorstellungen über mögliche Maßnahmen bestanden. Deshalb empfiehlt der Ausschuss mit den Stimmen der Mitglieder der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Mitglieder der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag so, wie er Ihnen vorliegt, anzunehmen. Die mitberatenden Ausschüsse haben mit dem gleichen Stimmenverhältnis zugestimmt.

Meine Damen und Herren, den weiteren Bericht gebe ich zu Protokoll.

(Beifall bei der SPD)

(Zu Protokoll) :

Der Ausschuss für Gleichberechtigung und Frauenfragen empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktion der SPD in einer geänderten Fassung anzunehmen.