Protokoll der Sitzung vom 26.01.2001

1. Wird sie konkrete Konsequenzen aus der gemeinsamen Erklärung der Präsidenten des Deutschen Sportbundes und der Kultusministerkonferenz bzw. des Vorsitzenden der Sportministerkonferenz zum Schulsport ziehen?

2. Wenn ja: Was sehen diese konkret für die einzelnen Schulformen bzw. Jahrgangsklassen vor?

3. Wenn nein: Ist die Landesregierung der Überzeugung, dass der jetzige Standard des Schulsports in Niedersachsen eine ausreichende Gewähr dafür bietet, den mit dem Schulsportunterricht verbundenen vielfältigen pädagogischen, gesundheitlichen und sozialen Zielen für die Kinder und Jugendlichen gerecht werden zu können?

Die Antwort erteilt die Kultusministerin.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anfrage bezieht sich auf die eben erwähnte gemeinsame Erklärung zur Bedeutung des Schulsports für lebenslanges Sporttreiben, die von den Präsidenten der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Sportbundes sowie dem Vorsitzenden der Sportministerkonferenz am 8. Dezember in Hannover unterzeichnet worden ist, übrigens auch

unter Beteiligung des bisherigen Vorsitzenden der Sportkommission der Kultusministerkonferenz, Herrn Dr. Lemme.

Die gemeinsame Erklärung beschäftigt sich mit dem allgemeinen Stellenwert und den besonderen Aufgaben des Schulsports. Dabei werden der für alle Schülerinnen und Schüler verbindliche Sportunterricht und weitere sportliche Angebote wie die Bundesjugendspiele und der Bundeswettbewerb der Schulen „Jugend trainiert für Olympia“ herausgehoben. Daneben weisen die Unterzeichner dem Vereinssport eine zentrale Funktion für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu, weil vor allem die Schule auf das lebenslange Sporttreiben vorbereiten kann.

Dem Schulsport komme es, so die Erklärung, zu, durch seine zahlreichen unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angebote eine wichtige Brücke zum außerschulischen Sport in den Vereinen zu schlagen. Da die ehrenamtliche Tätigkeit eine wesentliche Säule des Vereinssportes und ganz allgemein im Zusammenleben der Menschen bilde, solle das ehrenamtliche Engagement in Schulen gefördert und gewürdigt werden. - Die Erklärung mündet in der Feststellung: Die Schule leistet gemeinsam mit dem Vereinssport einen wesentlichen Beitrag für das lebenslange Sporttreiben des Einzelnen, zur Gesundheit der Bevölkerung und zum sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft.

Die gemeinsame Erklärung macht deutlich, dass der Schulsport ein unaustauschbarer Bestandteil umfassender Bildung und Erziehung ist. Aus niedersächsischer Sicht ist dabei festzuhalten, dass die Erklärung das abdeckt, was im Rahmen des Schulsports in Niedersachsen bereits konzipiert ist und den Schülerinnen und Schülern angeboten wird. Im Übrigen werden zwischen dem Landessportbund Niedersachsen und dem Niedersächsischen Kultusministerium die gemeinsamen sportlichen und schulsportlichen Entwicklungen vertrauensvoll abgestimmt.

In Bezug zu den in der Erklärung aufgeführten Punkten sollen nachfolgend beispielhaft einige niedersächsische Entwicklungen erwähnt werden:

Erstens. Die curricularen Grundlagen für den Sportunterricht in Niedersachsen sind bundesweit als vorbildlich anerkannt. Sie tragen in besonderer Weise der in der gemeinsamen Erklärung erhobenen Forderung Rechnung, dass Sportunterricht alle Schülerinnen und Schüler erreicht und motiviert

sowie zugleich berücksichtigt, dass nicht alle gleichermaßen für den Sport talentiert sind. Die 1998 in Kraft getretenen Grundsätze und Bestimmungen für den Schulsport bilden durch neue didaktische Konzeptionen die Grundlage dafür, dass an den Schulen des Landes ein innovativer Sportunterricht durchgeführt wird, der die persönlichen Interessen und die individuellen Stärken und Schwächen von Schülerinnen und Schülern zum Ausgangspunkt nimmt. Zurzeit werden Handreichungen für den Sportunterricht in den Schuljahrgängen eins bis sechs entwickelt. Für den Berufsschulsport sollen demnächst neue Rahmenrichtlinien vorgelegt werden.

Zweitens. Die gemeinsame Erklärung weist auch auf die Angebote im Rahmen der bewegungsfreundlichen Schulen hin. Das Niedersächsische Kultusministerium hat, wie Sie wissen, vor zweieinhalb Jahren das sehr erfolgreich verlaufene und viel beachtete Projekt „Bewegte Schule" aufgelegt. Mit Unterstützung der Volkswagen AG ist ein Kastenwagen angeschafft worden, der u. a. mit Bewegungsmaterialien ausgestattet wurde. Er wird von zwei für das Projekt abgeordneten Lehrkräften dazu genutzt, Schulen zu besuchen, sie zu beraten und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie Bewegung in das unterrichtliche Lernen integrieren können und auf welche Weise und mit welchen Mitteln das Schulleben um bewegte Angebote bereichert werden kann. Hierzu zählen auch die bewegungsfreundliche Gestaltung von Schulräumen und Außengeländen. Das Niedersächsische Kultusministerium wird durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die durch das Projekt erzielten Verbesserungen nachhaltig wirken.

Drittens. In der gemeinsamen Erklärung wird auf Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen in den Ländern hingewiesen. Diese Zusammenarbeit wird in Niedersachsen seit 1996 durch ein Aktionsprogramm gefördert, das gemeinsam vom Niedersächsischen Kultusministerium und dem Landessportbund durchgeführt wird. Durch die ideelle und finanzielle Förderung von so genannten Kooperationsgruppen erhalten die Schulen die Gelegenheit, Sportvereine mit ihren Fachleuten für Bewegung zusätzlich zum Sportunterricht in die Schule zu holen.

Viertens. Zur Förderung des Ehrenamtes ist anzuführen, dass Schülerinnen und Schüler selbstverständlich auch in Niedersachsen durch allgemeine schulische Arbeit, aber auch durch den Sportunterricht im Besonderen ermutigt und angeleitet wer

den, sich ehrenamtlich zu engagieren. Außerdem können sich diese Schülerinnen und Schüler das ehrenamtliche Engagement z. B. in Sportvereinen auf einem Beiblatt zum Zeugnis bescheinigen lassen.

(Frau Vockert [CDU]: Das war unsere Idee!)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die gestellten Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Nein. Die Niedersächsische Landesregierung hat sich in der Vergangenheit an qualitativ hohen Standards für den Schulsport orientiert. Sie wird dies gleichsam als Selbstverpflichtung auch in Zukunft tun und dabei das fachliche und erzieherische Engagement der Lehrkräfte an den Schulen nutzen.

Damit entfällt die Antwort auf Frage 2.

Zu Frage 3: Ja.

(Beifall bei der SPD)

Herr Pörtner! Dann Frau Vockert.

Frau Kultusministerin, wie bewertet die Niedersächsische Landesregierung den in der letzten Zeit verstärkt laut gewordenen Unmut über die Situation des Schulsports in Niedersachsen bzw. in Deutschland? Das ist in vielfältigen Verlautbarungen und Resolutionen, aber auch, wenn man so will, an verbandlichen Entscheidungen des DSB deutlich geworden.

Die Antwort bitte!

Ich weiß nicht, welchen Unmut Sie meinen. Es gibt beim DSB Diskussionen über die Spitzenförderung, die Hochbegabtenförderung.

(Pörtner [CDU]: Schulsport!)

- Beim Schulsport! - Wir haben bisher durch Gespräche immer dafür gesorgt, dass solcher Unmut beseitigt wurde. Mir ist nicht bekannt, dass es Unmut beim LSB gibt.

Frau Vockert!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, werden die Sportstunden, die in der Stundentafel stehen, in der Praxis auch tatsächlich erteilt und, wenn ja, mit welchem prozentualen Anteil?

Frau Ministerin!

Hier sind wir beim alten Thema, nämlich Unterrichtsausfall und Stundentafel.

(Frau Vockert [CDU]: Gehört mit da- zu!)

Frau Vockert, wir haben keine Statistik über einzelne Schulen, sodass ich Ihnen nicht sagen kann, was an der einen und anderen Schule hinsichtlich der Stundentafel geschieht.

(Frau Vockert [CDU]: Schulform!)

Ich kann Ihnen das demnächst für die Grundschulen genauer sagen - das wissen Sie -, weil dort der Unterricht gemäß der Stundentafel, also zu 100 %, erteilt wird. An anderen Stellen können die Schulen nach Erlass - das ist also nicht rechtswidrig zwischen Stundentafel und Zusatzbedarf variieren. Insofern kann ich Ihnen zu Ihrer Frage keine präzise Auskunft geben.

Frau Lau! Dann Herr McAllister.

Frau Ministerin, wird die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen immer noch so stark angenommen wie in den vergangenen Jahren, und ist in diesem Bereich die Akzeptanz seitens des Landessportbundes und seitens der Schulen immer noch genau so hoch wie in den vergangenen Jahren?

(Mühe [SPD]: Wir wollen keine Waf- fen an den Schulen!)

Die Antwort!

Vielen Dank, Frau Lau. Das gibt mir die Gelegenheit, zu sagen, dass auch das Innenministerium dieses Aktionsprogramm mit unterstützt. Hierfür möchte ich mich bei meinem Ministerkollegen herzlich bedanken. Dieses Programm ist ein Erfolg, das ist keine Frage. Die Anstiege waren natürlich zu Beginn höher als jetzt. Wir haben etwa 1 200 pro Jahr.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Kann man fragen, wie das mit dem Mitternachtssport ist?)

Herr McAllister!

Frau Ministerin, wie sieht die Situation hinsichtlich der Altersstruktur der Sportlehrerinnen und Sportlehrer an den allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen aus?

Bitte!

Herr McAllister, Sie sprechen hier ein allgemeines Problem an. Die Altersstruktur der Sportlehrer entspricht der durchschnittlichen Altersstruktur. Wie Sie wissen - darüber haben wir gestern diskutiert -, bemühen wird uns darum, diese Altersstruktur zu verbessern. Die derzeitige Altersstruktur rührt aus den 70er-Jahren her, als es nämlich hohe Einstellungsraten gab. In den 80er-Jahren, in denen nicht Sie persönlich, aber die CDU Verantwortung getragen hat, hat es weniger Einstellungen gegeben. Aus diesem Grunde ist derzeit die Altersstruktur ungünstig. Von daher - das habe ich gestern gesagt - sollten Sie sich Ihre Position hinsichtlich der Einstellungspolitik genau überlegen. Wir bemühen uns immer noch, möglichst junge Leute hereinzuholen, und zwar auch wegen der Altersstruktur. Das ist bei Sportlehrern ein besonderes Problem, das ist keine Frage. Wir müssen in den nächsten Jahren in diesem Bereich kräftig etwas tun.

Herr Pörtner zur zweiten Frage! Dann stellt Frau Vockert ihre zweite Frage.

Frau Ministerin, in dem zweiten Aktionsprogramm werden drei Sportstunden pro Woche gefordert. Diese werden offensichtlich, wie Sie eben zugegeben haben, in Niedersachsen nicht erteilt. Mich würde interessieren, ob in allen Schulformen überhaupt zwei Sportstunden pro Woche generell erteilt werden.

Bitte!

Ich habe diese Frage eben schon insofern beantwortet, als ich Sie darauf hingewiesen habe, dass ich das nicht ohne weiteres sagen kann, weil nach der Erlasslage für die Schulen im Augenblick die Möglichkeit besteht, zwischen der Stundentafel bzw. den Stunden, die darin stehen, und dem Zusatzbedarf zu wählen. Sie wissen das. Wir haben inzwischen einen Erlass herausgegebenen, dass sich die Schulen stärker an der Stundentafel orientieren sollen und erst dann den Zusatzbedarf zugrunde legen sollen. Im Augenblick besteht aber die genannte Möglichkeit. Insofern kann ich nicht genau sagen, ob jede Schule zwei oder drei Stunden erteilt.