Protokoll der Sitzung vom 16.03.2001

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Frau Schliepack [CDU])

Herr Dr. Winn stellt jetzt eine Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie müssen sich schon einmal entscheiden, ob Sie Mammographie-Screening oder MRT haben wol

len. Frau Ministerin, können Sie mir sagen, um wie viel das ärztliche Honorar gemindert werden würde, wenn diese Leistung eingeführt werden würde?

Können Sie das sagen?

Das ärztliche Honorar wird nicht gemindert, sondern das Budget bleibt gleich. Aber ich denke, das ist genau der Konflikt, den Sie ansprechen, dass zusätzliche Leistungen auch im Rahmen des vorhandenen Budgets finanziert werden müssen.

(Dr. Winn [CDU]: Ja, und wie hoch?)

Wie hoch, das weiß sie nicht.

Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen nicht vor. - Die nächste Frage, nämlich die

Frage 6: Wesenstest nach der GefahrtierVerordnung

möchte Frau Hansen schriftlich beantwortet haben.

Wir kommen dann zu

Frage 7: Einsatz von Brennstoffzellen in Kraftfahrzeugen

Bitte, Frau Zachow!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nach Prognosen von Experten kann die Brennstoffzelle den Verbrennungsmotor als Fahrzeugantrieb langfristig ablösen und sogar die Strommärkte grundlegend verändern. Der Shell Mineralölkonzern ist der Auffassung, dass mit zunehmenden Produktionszahlen und Verbesserungen bei Technik und Herstellungsverfahren die Brennstoffzelle bis zum Jahre 2010 in den Bereich der Wettbewerbsfähigkeit mit konventionellen Antriebstechnologien rückt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Mit welchen konkreten Maßnahmen unterstützt sie die Forschung, Entwicklung und Markteinführung von mit Brennstoffzellen betriebenen Kraftfahrzeugen?

2. Ist sie bereit, zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also unmittelbar nach Markteinführung der Brennstoffzellentechnik, in der Landesverwaltung eingesetzte Fahrzeuge durch mit Brennstoffzellen betriebene Kraftfahrzeuge zu ersetzen?

3. Ist sie bereit, mit Brennstoffzellen betriebene ÖPNV-Busse, die bereits als Prototypen im Einsatz sind, finanziell zu fördern und damit den Einsatz dieser neuen Technik im öffentlichen Personennahverkehr zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterstützen?

Herr Jüttner, Sie sind wieder dran.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ein paar grundsätzliche Bemerkungen zur Brennstoffzellentechnologie als Antrieb für Fahrzeuge vorausschicken. Zu anderen Aspekten der Zukunftstechnologie Brennstoffzelle hat die Landesregierung bereits in den Plenarsitzungen am 22. Juni und am 15. Dezember letzten Jahres Stellung genommen. Zur stationären Nutzung von Brennstoffzellen für die Strom- und Wärmeerzeugung will ich nur darauf hinweisen, dass es hier viel versprechende Ansätze für eine umweltfreundliche Energieerzeugung gibt. Diese dürften sogar früher greifen, weil hier die Probleme der Erzeugung und Verteilung von Wasserstoff leichter zu lösen sind als im mobilen Bereich.

Die Brennstoffzelle für den mobilen Einsatz ist gleichwohl für uns eine interessante Technologie, weil sie unter bestimmten Voraussetzungen auf längere Sicht die Emissionen aus dem Verkehr drastisch reduzieren kann und weil sie helfen kann, die begrenzte Ressource Erdöl zu schonen.

Die Klimaschutzkonferenz von Kyoto 1997 sowie die Klimaschutzprogramme der EU und ihrer Mitgliedstaaten haben hinsichtlich der CO2Reduktion zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Frage nach alternativen Kfz-Antrieben und Kraftstoffen geführt. Weltweit betreiben nahezu alle großen Automobilhersteller Forschungs- und

Entwicklungsaktivitäten für Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb. Die entscheidenden Fragen aber, nämlich die klimaschonende Erzeugung und die flächendeckende, gesicherte Brennstoffversorgung für Kraftfahrzeuge mit dieser Antriebsart, sind noch zu lösen. In Deutschland haben sich verschiedene Kooperationen gebildet, in denen neben führenden Automobilherstellern die Mineralölindustrie, Energieunternehmen und Brennstoffzellenentwickler Umsetzungsstrategien entwickeln.

Brennstoffzellenfahrzeuge werden mit einem Elektromotor angetrieben, wobei die benötigte elektrische Energie im Fahrzeug erzeugt wird. In der Brennstoffzelle wird durch eine chemische Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie freigesetzt. Fahrzeuge können direkt mit Wasserstoff betankt werden, oder der Wasserstoff wird über einen Reformer im Kfz aus anderen Kraftstoffen gewonnen. In der Diskussion steht dabei zurzeit insbesondere Methanol, das aus Erdgas oder Biogas hergestellt wird, möglich wäre aber auch, Wasserstoff aus Benzin oder Diesel zu gewinnen.

Unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes ist jedoch der gesamte Energieeinsatz für die Brennstoffgewinnung zu betrachten. Methanolbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge erfüllen daher nicht den Anspruch an ein Fahrzeug mit null Emissionen. Darüber hinaus ist Methanol hochgradig giftig.

Der Umwandlungsprozess etwa von Methanol oder anderen Kraftstoffen in Wasserstoff ist energieintensiv, sodass der Gesamtwirkungsgrad des Brennstoffzellensystems dadurch verringert wird. Bei dem Reformerprozess wird CO2 freigesetzt, wobei dieser Anteil allerdings gegenüber benzinbetriebenen Fahrzeugen um etwa ein Drittel geringer ist. So entwickelt derzeit das Clausthaler CUTECInstitut in Zusammenarbeit mit technischen Fakultäten in Niedersachsen und dem Volkswagenwerk eine solche Reformertechnologie. Die Erzeugung von Wasserstoff für Brennstoffzellen mittels Reformer aus herkömmlichen Kraftstoffen kann zwar nur als Übergangstechnologie angesehen werden. Insgesamt gesehen ist das Brennstoffzellensystem jedoch umweltfreundlicher und hat einen höheren Wirkungsgrad als der Verbrennungsmotor. Vor diesem Hintergrund wäre aus klimapolitischen Gründen die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse mit Strom aus regenerativen Energien der ideale Weg. Das Kraftfahrzeug würde in diesem Fall als echtes emissionsfreies Fahrzeug gelten. Auch unter diesem Aspekt

muss der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung vorangetrieben werden. Nach dem heutigen Stand der zur Verfügung stehenden regenerativen Stromerzeugungsanlagen ist eine flächendeckende Erzeugung von Wasserstoff bei weitem nicht möglich.

In den bisher vorgestellten Fahrzeug-Prototypen wird wegen der schwierigen Handhabung von Wasserstoff Methanol eingesetzt. Erste Linienbusse mit Brennstoffzellenantrieb sollen bereits 2002 in einer Kleinserie auf den Markt kommen. Die Einführung der ersten Brennstoffzellen-Pkw wird von einigen Herstellern zwar bereits für die Zeit ab 2004 angekündigt. Es soll sich dabei zunächst aber nur um Kleinserien handeln. Mit Einführung größerer Serien wird erst nach dem Jahr 2010 gerechnet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zur ersten Frage: Nach der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“ des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr ist eine Förderung

(Frau Litfin [GRÜNE] und Frau Stei- ner [GRÜNE]: Mehr Leidenschaft! – Heiterkeit)

- mehr Leidenschaft; vielen Dank, Frau Kollegin von Kooperationsvorhaben im Bereich der Brennstoffzellentechnologie

(Zuruf)

- danke –

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

insbesondere bei Vorhaben, die kleine und mittelständische Unternehmen und Forschungseinrichtungen gemeinsam durchführen, grundsätzlich möglich. Allerdings –das muss hier auch deutlich gesagt werden – ist die Entwicklung von Brennstoffzellen für die mobile Anwendung in erster Linie eine Aufgabe der Großindustrie. Bei einer beabsichtigten Förderung eines FuE-Vorhaben eines Großunternehmens ist nach den Vorschriften der EU in einer Einzelfallüberprüfung festzustellen, ob ein so genannter Anreizeffekt vorliegt. Da die Forschung im Bereich des Einsatzes von Brennstoffzellen im Automobil zu den klassischen Kernaufgaben eines Automobilherstellers gehört,

bedarf es hier keiner Anregung durch eine staatliche Förderung. Eine Markteinführung darf nach dem EU-Recht generell nicht gefördert werden.

Da bei der Brennstoffzellentechnologie schwerpunktmäßig die Bereiche industrieller Grundlagenforschung betroffen sind, hat die Bundesregierung Programme aufgelegt, die auch auf die Entwicklung von Brennstoffzellen durch Kooperationen von Großunternehmen ausgerichtet sind. Um die von der Bundesregierung und der EU-Kommission bereitgestellten Forschungsmittel besser nach Niedersachsen zu lenken, hat die Landesregierung vor rund zwei Jahren das Forum Mobilität Niedersachsen gegründet, dessen Aufgabe u. a. darin besteht, bei der Entwicklung von alternativen Antrieben und Kraftstoffen Forschungs- und Entwicklungskooperationen zu initiieren und die Industrie auf Fördermöglichkeiten hinzuweisen. Um Ihnen die Größenordnung von Forschungsmitteln zu veranschaulichen, nenne ich zwei Zahlen: Die Bundesregierung hat von 1995 bis 1999 mit 140 Millionen DM die Entwicklung der Brennstoffzelle gefördert. Die EU stellt in ihrem 5. Forschungsrahmenprogramm für den nichtnuklearen Bereich 1,9 Milliarden für den Zeitraum 1999 bis 2002 zur Verfügung.

Die Universität Clausthal plant in Zusammenarbeit mit weiteren niedersächsischen Universitäten und dem CUTEC-Institut ein Brennstoffzellenkompetenzzentrum, das dem Wirtschaftsstandort Niedersachsen auf diesem Sektor Impulse verleihen wird.

Zur zweiten Frage: Ja, sobald marktgängige Fahrzeuge von den Herstellern bereitgestellt werden.

Zur dritten Frage: Ja, die Landesregierung ist bereit, brennstoffzellenbetriebene ÖPNV-Busse auch als Prototypen finanziell zu fördern, wenn entsprechende Pilotprojekte in Niedersachsen durchgeführt werden. Hierzu sind bereits Kontakte zur Industrie hergestellt worden. So ist daran gedacht, bei MAN in Salzgitter Busse mit Brennstoffzellen auszurüsten und diese z. B. bei den Braunschweiger Verkehrsbetrieben einzusetzen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zachow stellt eine Zusatzfrage.

Herr Minister, nachdem sie auf die Frage 1 sehr blumig geantwortet haben, möchte ich fragen: Welche konkreten Maßnahmen - das Einzige, was ich konkret gehört habe, war, dass Clausthal etwas plant - haben Sie unterstützt? Das lässt sich vielleicht mit drei Sätzen beantworten.

Herr Jüttner, es werden drei Sätze erwartet.

(Frau Vockert [CDU]: Konkrete! - Frau Litfin [GRÜNE]: Es dürfen auch fünf sein!)

Herr Präsident! Ich mache es ganz kurz. - Frau Zachow, wir reden hier über eine Technologie, die den regionalen und den landespolitischen Rahmen hinsichtlich der Forschung weit überschreitet. Ich habe deutlich gemacht: Wenn es Projekte geht, ist die Landesregierung bereit, sie aus ihren Förderprogrammen zu unterstützen. Aber der Schwerpunkt der Förderung dieser Technologie ist national und europäisch geprägt.

(Zuruf: Das waren nur zwei!)

Man kann ja einen Punkt dazwischen machen, dann sind es drei.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen nicht vor.