Einführung des Regelbetriebs für den Bürgerrundfunk. Bekanntlich gibt es in Niedersachsen einen im März 2002 auslaufenden Betriebsversuch zur Einrichtung von nichtkommerziellem lokalen Hörfunk und Offenen Kanälen. Wir haben in diesen Jahren Erfahrungen mit dem Bürgerrundfunk sammeln können, die zum überwiegenden Teil positiv sind. Bürgerrundfunk hat sich in der Medienlandschaft Niedersachsens etabliert. Das wollen wir anerkennen und deshalb den Regelbetrieb von Bürgerrundfunk zulassen.
Zur Charakteristik des Bürgerrundfunks gehört es aus Sicht der Landesregierung, dass auch in Zukunft keine Werbung erlaubt ist. Die Finanzierung wird sich deshalb wie bisher hauptsächlich auf Zuschüsse der Landesmedienanstalt und auf das Engagement vor Ort stützen müssen. Eine Beteiligung von Kommunen und Verlegern soll aber auf insgesamt maximal 50 % begrenzt werden. Eine Einflussnahme von Kommunen und Verlegern auf Programminhalte des Bürgerrundfunks hat es in der Vergangenheit nicht gegeben. Sie wird auch zukünftig nicht erlaubt sein. Wo vom nächsten Jahr an Bürgerrundfunk stattfindet, wer Lizenzen erhält und wie die Fördermittel verteilt werden, das wird die Landesmedienanstalt zu regeln haben.
Auf einen Punkt möchte ich in diesem Zusammenhang schon jetzt aufmerksam machen, damit hier keine falschen Vorstellungen entwickelt werden: Der Topf, aus dem der Bürgerrundfunk über die Landesmedienanstalt finanziert werden kann, wird - jedenfalls nach meiner Einschätzung - nicht größer werden.
Eine weitere wichtige Neuerung des Mediengesetzes besteht darin, dass Lizenzen künftig nur noch für die Dauer von sieben Jahren statt bisher zehn Jahren vergeben werden sollen. Dafür erhält die Landesmedienanstalt erstmals die Möglichkeit, Lizenzen auf Antrag um jeweils bis zu fünf Jahre zu verlängern. Diese Neuregelung soll für alle privaten Rundfunkveranstalter, also auch für den Bürgerrundfunk, gelten.
Ich möchte an dieser Stelle darauf verzichten, detailliert auf weitere materielle Änderungen einzugehen, die in den Ausschüssen ohnehin sicherlich noch ausführlich diskutiert werden.
Ich bin davon überzeugt, dass das neue Mediengesetz einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den zum Teil widerstreitenden Interessen abbildet, und hoffe deswegen auf Ihre grundsätzliche Zu
Meine Damen und Herren, ich möchte die Einbringung des Gesetzentwurfs gern zum Anlass nehmen, darauf hinzuweisen, dass die Bemühungen der Landesregierung, die Qualität des Medienstandorts Niedersachsen zu verbessern, ein gutes Stück vorangekommen sind. Es ist gelungen, den Schwung der Weltausstellung in zahlreiche interessante und in der Regel medienorientierter Ansiedlungsvorhaben auf den Kronsberg hier in Hannover zu lenken. Hier sollen über die Einrichtung eines Learning Lab Lower Saxony in Kooperation mit den Universitäten Stanford in den Vereinigten Staaten und Stockholm Bildungsinhalte für das Internet produziert und vermarktet werden. In diesen Tagen wird ferner der neu gegründete TV Travel Shop auf Sendung gehen, der gegen heftige innerdeutsche Standortkonkurrenz nach Hannover geholt werden konnte.
Ich werte dies auch als Erfolg einer Politik, die nicht den Versuch unternimmt, sich massiv in den Wettbewerb mit den großen Medienstandorten Köln, Hamburg, Berlin oder München zu begeben, sondern die gezielt danach sucht, wo insbesondere das Internet in neu geschaffenen Nischen die Möglichkeit schafft, zusätzliche Arbeitsplätze, und zwar hoch qualifizierte Arbeitsplätze, zu errichten. Das gilt genauso für strategische Kooperationen des Landes mit der Telekom, mit Microsoft oder mit Cisco, von denen wir uns einen weiteren Schub bei der Standortentwicklung versprechen.
Ergänzt werden diese Bemühungen durch die Ansiedlung einer Berufsschule für Medienberufe und durch eine ganze Reihe von Start-upUnternehmen, bei denen die soeben von Niedersachsen, Bremen und anderen Partnern gegründete Nord Media GmbH bereits gute Dienste leistet.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Bemerkung zu der Anfang des Jahres auch in unserem Lande geführten Debatte über die Qualität des privaten Fernsehens machen. Ich will nur an den im Rundfunkstaatsvertrag formulierten Anspruch erinnern, nach dem die privaten Veranstalter verpflichtet sind, ein Vollprogramm mit vielfältigen Inhalten zu veranstalten, „in welchem Information, Bildung, Bera
tung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil bilden“. Mein Eindruck ist - ich wiederhole damit jedenfalls meine Kritik an dem, was wir in Programmen des privaten Fernsehens leider sehr häufig sehen können -, dass dieser Anspruch des Rundfunkstaatsvertrages nicht in ausreichendem Maße Eingang in die Realität findet.
Ich meine, dass auf der einen Seite das, was wir an Bürgerrundfunk zulassen, sicherlich eine sinnvolle Ergänzung der Vielfalt sein wird, die wir eigentlich mit dem dualen Mediensystem in Deutschland erreichen wollten, die sich aber, jedenfalls was Information, Bildung und Beratung betrifft, nicht hat realisieren lassen, wobei wir sogar erleben, dass sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen gelegentlich unter einen Konkurrenzdruck setzen lässt, der eher zu Nivellierung der Entwicklung als zum Halten von Standards beiträgt.
Auf der anderen Seite kann es uns nicht nur darum gehen, über Bürgerrundfunk und entsprechende Entwicklungen die Möglichkeiten, die wir haben, zu nutzen, sondern wir werden uns auch darum kümmern müssen, dass in den Staatsverträgen Instrumente installiert werden, mit denen wir die Durchsetzung dessen, was Inhalt des Rundfunkstaatsvertrags ist, auch garantieren bzw. dessen Einhaltung erzwingen können. Wir werden darüber vor allem am Anfang eine öffentliche politische Debatte zu führen haben. Ich meine, wir tun gut daran, nicht nur in Sonntagsreden Kriminalität oder Sexismus im Alltag der Gesellschaft zu kritisieren, sondern wir sollten uns dann auch darum kümmern, dass wir in die Rundfunkstaatsverträge Instrumente bekommen, die uns die Möglichkeit bieten, private Veranstalter auf die Inhalte zu verpflichten und, wo nötig, auch gegen ein dauerhaften Fehlverhalten anzugehen.
Meine Damen und Herren, soweit wir im Rahmen der eigenen Gesetzgebungszuständigkeit auf die Erhaltung von Programmgrundsätzen Einfluss nehmen können, werden wir dies in bewährter Art weiterhin tun. Dafür gebührt vor allem unserer Landesmedienanstalt Anerkennung und Dank für ihre Arbeit. Ihrer werden wir uns auch in der gebotenen Weise bei der Anwendung des nunmehr vorgelegten Niedersächsischen Mediengesetzes bedienen.
In diesem Sinne hoffe ich auf eine zügige Beratung und auf eine baldige Verabschiedung des Gesetzentwurfs.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! „Das Versuchsziel einer publizistischen Ergänzungsfunktion wurde im Wesentlichen erfüllt... Nichtkommerzielle Lokalfunkprojekte haben sich als Kristallisationspunkte politischer Debatten im lokalen Raum etabliert... Über einen Beitrag zur Grundversorgung mit Information, Bildung und Unterhaltung hinaus, sind die Bürgerfunkprojekte zu lokalen Foren geworden...“
Das sind Zitate, die sich in dem Bericht der Staatskanzlei zu den Ergebnissen des Modellversuchs mit nichtkommerziellen Lokalsendern und Offenen Kanälen vor einem Jahr gefunden haben. Die Ergebnisse der Begleitforschung und des Aufermann-Gutachtens für die Verleger waren Grundlage für diesen Bericht, den wir eben vor einem Jahr aus der Staatskanzlei bekommen haben. Der Bericht der Staatskanzlei kam wie die Begleitforscher und wie auch Herr Aufermann im Auftrag der Verleger zu dem Schluss, dass die Bürgerfunkprojekte einen wesentlichen Beitrag zur kommunalen Identität und zur kommunalen Demokratie leisten. Besonders herausgestrichen wurde von allen Seiten, dass die monopolisierte Berichterstattung über das Lokale, die ja tatsächlich von einzelnen Verlegern in weiten Bereichen Niedersachsens monopolisiert ist, durch diese Bürgerfunkprojekte punktuell aufgebrochen werden konnte.
Ein Bedarf, ein wirklicher Bedarf für eine lokale Grundversorgung ist festgestellt worden aufgrund wachsender Zuhörer- und Zuschauerquoten und aufgrund eines immer größer werdenden Bekanntheitsgrades dieser Projekte.
Ich bin vor einem Jahr ziemlich erstaunt gewesen über diese durch die Bank geradezu euphorischen Bewertungen des Modellversuchs in Niedersachsen.
Vor diesem Hintergrund habe ich den Entwurf eines Niedersächsischen Mediengesetzes mit Enttäuschung gelesen. Als Landtagsfraktion der Grü
nen haben wir im Detail sehr viel zu kritisieren. In der heutigen Debatte möchte ich mich auf einen Hauptkritikpunkt beschränken, und zwar auf die Kritik an der Auffassung über die Bedeutung und die Potenziale des Bürgerfunks, wie sie im Mediengesetz deutlich wird.
Bürgerfunk wird unserer Meinung nach in dem vorliegenden Gesetzentwurf auf eine in einigen Nischen Niedersachsens geduldete Ergänzung reduziert. Wenn man hier nicht ehrgeiziger wird, könnte das eigentlich schon der Anfang vom Ende des Bürgerfunks sein.
Wir Grünen wollen eine Weiterentwicklung des Bürgerfunks hin zu einer tatsächlichen lokalen Grundversorgung.
Wir wollen auf keinen Fall eine schleichende Entwicklung hin zum privaten Lokalfunk. Die Verlegerbeteiligung, wie sie nach dem Gesetzentwurf ermöglicht werden soll, ist unserer Meinung nach ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass das die Zukunft sein soll, auch wenn das von den Medienpolitikern der SPD-Fraktion noch so oft bestritten wird.
Eine gute Zukunft des Bürgerfunks ist unserer Meinung nach von der Definition eines lokalpublizistischen Programmauftrages abhängig.
Frau Kollegin Harms, ich muss Sie kurz unterbrechen. - Meine Damen und Herren! Der Geräuschpegel ist unerträglich. Ich bitte Sie um etwas mehr Disziplin. Wenn Sie schon Gespräche führen müssen, dann führen Sie sie bitte außerhalb des Plenarsaals. - Bitte schön, Frau Harms!
Die Hauptschwachstelle des Gesetzentwurfes ist, dass sich die Landesregierung davor gedrückt hat, einen solchen lokalpublizistischen Programmauftrag zu definieren, und zwar für alle herkömmlichen Bereiche, nämlich Information, Bildung und Unterhaltung. Dieser Programmauftrag muss die Vielfalt auch für die lokale Ebene sichern. Das ist auch im Zusammenhang mit der Diskussion um den aufgrund der lokalen finanziellen Beteiligung möglicherweise drohenden Bürgermeisterrundfunk
eine wichtige Regelung. Redaktionelle Unabhängigkeit und gesellschaftliche Kontrolle - auch das ist etwas, womit man sich hätte auseinander setzen müssen.
Wenn man einen lokalpublizistischen Programmauftrag für die Bürgermedien festgelegt hat, muss der von der Landesmedienanstalt in Kooperation mit den Begleitforschern definiert werden könnte, die Finanzierung geklärt werden, und zwar objektiv. Wir sind der Auffassung, dass die Finanzierung bisher völlig willkürlich, also sozusagen über den Daumen, geregelt werden soll. Wir halten das für falsch. Die Bürgerfunker werden ja nicht aus irgendeinem Etat der Landesmedienanstalt, sondern aus den Rundfunkgebühren finanziert. Wenn man diese Finanzierung dauerhaft aufrechterhalten will, muss man aufgrund des Auftrages für die Bürgermedien den Finanzbedarf definieren.
Meine Damen und Herren, einen weiteren Punkt möchte ich nur noch kurz ansprechen, weil die Frau Präsidentin schon geläutet hat. Dabei geht es um den undurchsichtigen Umgang mit den Frequenzen, es geht um die Frequenzvergabe. Wir befürchten, dass auch in diesem Bereich eigentlich schon jetzt deutlich wird, dass durch die Prioritätensetzung in dem Mediengesetz der Regelbetrieb nur für wenige Projekte in Niedersachsen erwünscht ist und ermöglicht wird und
dass perspektivisch eine Entwicklungsmöglichkeit z. B. für neue Projekte nicht absehbar ist. Wir werden zu diesen beiden Themen auf der Grundlage der Anhörung, die wir schon verabredet haben, unsere Änderungsvorschläge vorlegen.
Ich glaube aber, dass auch in anderen Punkten dieses Gesetzentwurfs Nachbesserungen notwendig sind. Ich bedauere sehr, dass sich die Arbeit der Landesregierung bei der Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs so lange hingezogen hat.
Ihre Redezeit ist weit überschritten! Frau Kollegin Harms, ich bitte Sie, jetzt wirklich zum Schluss zu kommen!
Wir müssen diese schwierigen Beratungen unter großem Zeitdruck führen. Das ist der verschleppten Arbeit der Landesregierung zu verdanken.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Vorlage dieses Entwurfs eines Niedersächsischen Mediengesetzes kommt die Landesregierung der Notwendigkeit nach, das Landesrundfunkgesetz systematisch zu überarbeiten und gleichzeitig auch an eine Neuformulierung des Niedersächsischen Mediengesetzes zu denken.