Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

(Zuruf von der SPD: Was prüfen sie denn?)

Meine zweite Frage gleich im Anschluss: Wie hoch ist denn Ihrer Kenntnis nach die Zinsbelastung aller niedersächsischen Kommunen, die durch die Aufnahme der Kassenkredite in den vergangenen Jahren entstanden ist?

(Beifall bei der CDU)

Herr Innenminister!

Die Zahlenangabe zur Zinsbelastung im Jahr 2000 ist mir eben noch einmal vorgelegt worden. Die Zinsbelastung betrug 126 Millionen DM, Herr Althusmann.

Was die Frage angeht, ob ich ernsthaft bestreiten wolle, dass den Kommunen das Wasser bis zum Halse stehe, die Sie anfangs als Behauptung in den Vordergrund gestellt haben, muss die kommunale Landschaft sehr differenziert betrachtet werden. Es gibt in der Tat Kommunen mit großen finanziellen Schwierigkeiten, es gibt aber durchaus Kommunen, die aus eigener Kraft noch eine ganze Menge bewältigen können. Wir wollen einen Beitrag dazu

leisten, dass dies die meisten der Kommunen in unserem Lande können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Eveslage!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Herr Minister, wie oft hat denn die Kommunalaufsicht – sagen wir einmal, in den Jahren 1994 bis 2001 – Haushalte von Kommunen nicht oder nur mit Auflagen genehmigt, weil die Kassenkredite das höchstzulässige Maß überschritten haben?

Herr Bartling!

Herr Eveslage, über diese konkrete Frage liegt keine Statistik vor. Wenn wir dies ermitteln sollen, muss ich Sie bitten, uns etwas Zeit dafür zu geben. Ich kann momentan nicht beurteilen, welchen Verwaltungsaufwand dies erfordern würde. Wir müssten über die Bezirksregierungen bei den Landkreisen abfragen, wo es zu solchen Vorfällen gekommen ist. Das kann ich Ihnen aus dem Stegreif leider nicht mitteilen.

Herr Abgeordneter Rolfes!

Herr Minister, wenn Sie die Kassenkredite in Höhe von 3,5 Milliarden DM nennen, die mit unterschiedlicher Motivation aufgenommen worden sind, dann stellt sich die Frage – die Haushaltsführung in den Kommunen ist schließlich bundesweit in etwa vergleichbar -, wie sich das in anderen Bundesländern verhält. Können Sie Vergleichszahlen nennen, wie es in anderen Bundesländern mit Kassenkrediten aussieht?

(Zuruf von der SPD: Können wir das auch europa- und weltweit haben? – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Minister, können Sie das?

Herr Rolfes, es tut mir sehr Leid, dass ich mehrmals sagen muss, dass mir die Angaben nicht zur Verfügung stehen. Es ist in der Tat so: Darüber gibt es keine Vergleichszahlen oder entsprechende Statistiken, wobei mir in der Tendenz eben noch einmal bestätigt worden ist, dass es in den finanzschwächeren Ländern eine ähnliche Entwicklung wie in Niedersachsen gibt, was die Höhe von Kassenkrediten angeht. Aber es gibt keine Statistiken, die ich Ihnen heute vorlegen könnte.

Herr McAllister! - Dann Herr Dinkla.

Herr Minister, können Sie mir sagen, in welchem Umfang mittlerweile in den Kommunen Neuverschuldungen in Eigenbetrieben zustande gekommen sind?

(Zuruf von der [CDU]: Das wissen die auch nicht! Völlig unvorbereitet, wie wir uns hier zusammengefunden ha- ben!)

Herr Innenminister!

Auch dies – es tut mir sehr Leid, Herr McAllister – kann ich so nicht beantworten. Dafür müssten wir Erhebungen anstellen.

(McAllister [CDU]: Sie müssen sich doch auf so ein Thema vorbereitet ha- ben!)

- Ja natürlich, ich habe mich auch auf Ihre Dringliche Anfrage zu den Kassenkrediten vorbereitet. Aber wenn uns zu bestimmten Fragen keine Statistiken vorliegen, bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen dies nicht darlegen kann. Wir können eine Menge nachliefern, wenn Sie das wollen. Aber das kann ich so aus dem Stegreif nicht beantworten. Wenn es keine Statistiken und Erhebungen darüber - -

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das Verständnis können wir nicht aufbringen!)

- Zu der Dringlichen Anfrage meine ich Ihnen ausführlich Auskunft gegeben zu haben, Herr Wulff. Aber was die heutigen Zusatzfragen angeht, für die wichtige statistische Erhebungen notwendig wären, bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen das nicht vorlegen kann.

Herr Dinkla! - Dann noch einmal Herr Eveslage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben vorhin den Eindruck vermittelt, dass die Bedarfszuweisungen künftig einen anderen Stellenwert haben. Meine konkrete Frage ist: Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung im Hinblick auf das Bückeburger Urteil hinsichtlich einer Neuorientierung bei der Vergabe von Bedarfszuweisungen?

Herr Bartling!

Herr Dinkla, das Bückeburger Urteil sagt nach der Analyse aus, dass wir in bestimmten Situationen dann, wenn eine Kommune bestimmte Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, mit Bedarfszuweisungen helfen müssen. Allerdings hat das Bückeburger Urteil hohe Hürden aufgebaut, ehe man verpflichtet ist, zu zahlen. Das muss im Einzelfall geprüft werden.

Wir haben nicht nur aus dem Bückeburger Urteil, sondern schon aus dem Vorhergegangenen die Konsequenz gezogen, den Ansatz für die Bedarfszuweisungen ein wenig zu erhöhen. Bekanntlich haben diese Mittel in der Vergangenheit 100 Millionen DM betragen, jetzt sind es 125 Millionen DM, die zur Verfügung stehen, um den Gemeinden, die strukturelle Nöte haben, helfen zu können. Ob das ausreichen wird, muss sich zeigen. Momentan sind die Bedarfszuweisungen nicht in vollem Umfang belegt, sodass ich hoffe, dass wir den Anträgen, die gerechtfertigt sind, auch Rechnung tragen können.

Zur zweiten Frage Herr Eveslage! - Dann Herr McAllister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zu mehr als 80 % die Kosten in den Verwaltungshaushalten verursachen, frage ich die Landesregierung: Ist die Landesregierung bereit, Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises für die Kommunen zu reduzieren, damit die Überlastung der Verwaltungshaushalte abgeändert bzw. verbessert werden kann zugunsten des Aufgabenbereichs der freiwilligen Aufgaben der Kommunen?

(Zustimmung von Frau Körtner [CDU] – Zuruf von Beckmann [SPD])

Herr Eveslage, eine solche Diskussion, Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zu verringern, werden wir auch weiterhin mit den kommunalen Spitzenverbänden intensiv führen. Ich habe nach dem Bückeburg-Urteil zu einem ersten Gespräch für den 18. Juni eingeladen, bei dem wir über den kommunalen Finanzausgleich reden wollen und auch wieder die Frage aufnehmen möchten, wo wir in dieser Form Entlastungen für die Kommunen herbeiführen können. Ich erwarte von dem Dialog eigentlich auch Vorschläge dafür, wo wir etwas tun können. Ich werde jenen Begriff nicht wieder in den Mund nehmen, möchte das Ganze aber gern mit Inhalt füllen.

Herr McAllister, die zweite Frage! - Dann folgt Herr Rolfes.

Herr Minister, angesichts des ja erstmalig im Bückeburger Urteil festgelegten verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Bedarfszuweisungen frage ich Sie: Rechnen Sie künftig mit einer Flut von Anträgen in diesem Bereich, und halten Sie die 125 Millionen DM allen Ernstes für ausreichend?

(Jahn [CDU]: Die Flut haben wir jetzt schon!)

Das waren zwei Unterfragen.

Herr Kollege Jahn hat natürlich Recht: Die Flut haben wir jetzt schon. Es ist in der Tat so, dass wir viele Anträge auf Bedarfszuweisungen haben, die im Einzelfall geprüft werden. Ich hoffe, dass wir mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zurechtkommen, Herr McAllister. Ich muss Ihnen allerdings eines sagen - wir behandeln aufgrund Ihrer Antragstellung morgen ja auch einen Antrag zu dem Thema der Erhöhung der Bedarfszuweisungen -: Wir werden nicht dazu in der Lage sein, über die Gesamtsumme des Finanzausgleichs hinaus die Bedarfszuweisungen zu erhöhen. Die Mittel für eine eventuelle Erhöhung müssten aus der Schlüsselmasse kommen. Sie wissen, welche Probleme dann entstehen. Dann ist in jenem Bereich wieder weniger an Mitteln vorhanden. Man muss mit diesem Thema also sehr vorsichtig umgehen. Wir verfügen aber über Kriterien - auch durch das Bückeburg-Urteil vorgegeben -, und diese Kriterien setzen hohe Hürden, ehe wirklich ein Anspruch entsteht. Darauf bitte ich zu achten.

Herr Rolfes zur zweiten Frage! - Ihm folgt Herr Biallas.

Herr Minister, es sind 3,5 Milliarden DM erforderlich, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können. Sie haben eben aber gerade noch einmal gesagt, dass Sie in den kommunalen Finanzausgleich nicht mehr Mittel einstellen wollen als bisher. Können Sie denn das Einsparpotenzial beurteilen, das in den Gemeinden vorhanden ist, um die Haushalte ohne Kassenkredite fahren zu können, oder können Sie sagen, dass das Einsparpotenzial in jenem Maße nicht vorhanden ist, also zu wenig Geld in den Finanzausgleich kommt?

(Beckmann [SPD]: Was soll denn so eine Frage, wenn man die Antwort selber hineinlegt?)

Herr Bartling!

Herr Rolfes, zum Ausgangspunkt Ihrer Frage erlauben Sie mir bitte noch einmal den Hinweis, dass die Summe der Kassenkredite über die Leistungsfähigkeit der Kommunen in der Tat nichts aussagt. Es kann durchaus die Situation entstehen, dass eine Kommune aufgrund eines Liquiditätsengpasses für kurze Zeit einmal einen hohen Kassenkredit aufnimmt, der sich dann auf solch eine Summe summiert. Das Einsparpotenzial bei allen Gemeinden kann ich doch nicht beziffern, Herr Rolfes. Es ist völlig unmöglich, hier eine Zahl dafür zu nennen, was für ein Einsparpotenzial da ist. Das muss man bei jeder Gemeinde im Einzelnen betrachten. Deswegen wäre eine solche Zahl auch überhaupt nicht aussagekräftig. Ich müsste eine solche Zahl greifen.

Herr Biallas zur zweiten Frage! - Dann Herr Coenen.

Herr Minister, wenn es denn zutreffend ist, dass Ihnen statistisches Material im Wesentlichen nicht vorliegt, können Sie uns bitte Antwort auf die Frage geben, aufgrund welcher Fakten Sie denn überhaupt zum Zustand der Kassen der Kommunen in Niedersachsen Stellung nehmen können?

(Adam [SPD]: Solche Fragen sind ja unmöglich! Was ist das für ein Ni- veau?)

Herr Bartling, das ist eine methodische Frage.

Herr Biallas, ich glaube, ich habe Ihnen bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage deutlich gemacht, dass vierteljährlich über den Stand der Kassenkredite eine Statistik erstellt wird. Ich habe Ihnen die Zahl vom 31. März oder 1. April genannt. Zum 1. Juni werden wir wieder eine neue Statistik haben. Die Grundlage Ihrer Frage ist also nicht ganz richtig. Wir haben natürlich Zahlen über den Stand der Kassenkredite. Allerdings gibt es keine Statistiken hinsichtlich dessen, was Sie zusätzlich noch nachgefragt haben. Sie haben z. B. nach dem Vergleich mit anderen Bundesländern

gefragt. Darüber gibt es in der Tat keine Statistiken.