Protokoll der Sitzung vom 26.10.2001

Die große Nachfrage ist ja gerade der Grund, dass im Einstellungsverfahren auch dieses Mal in der ersten Zulassungsrunde nicht alle Bewerberinnen und Bewerber zugelassen werden konnten; denn wenn wir die Zahlen erhöhen, kommen immer wieder Bewerbungen aus anderen Bundesländern nach.

Auf das Nachrückverfahren wird ausdrücklich sowohl im Merkblatt für das Bewerbungsverfahren als auch im Ablehnungsbescheid hingewiesen, und es wird der zeitliche Ablauf erläutert. Es ist den Bewerberinnen und Bewerbern also bekannt, dass die vorläufige Ablehnung nicht endgültig ist. Bereits ca. zwei Wochen nach dem zunächst ablehnenden Bescheid haben die meisten Bewerberinnen und Bewerber eine Zusage erhalten. Das Nachrückverfahren gibt es gerade deshalb, weil nicht alle zugelassenen Bewerberinnen und Bewerber die ihnen zugesagte Stelle annehmen, da sie sich in mehreren Bundesländern bewerben. Ein wesentlicher Grund sind also die vielen Mehrfachbewerbungen. Auch aus persönlichen Gründen wird oftmals ein Ausbildungsplatz abgelehnt.

Das Nachrückverfahren trägt solchen Absagen fortlaufend in der Weise Rechnung, dass frei werdende Stellen umgehend anderweitig vergeben werden. Eine zeitliche Erfassung, wann die Absagen kommen, erfolgt nicht, weder bei den Erstzulassungen noch beim Nachrückverfahren. Die Abwanderung von Bewerberinnen und Bewerbern in andere Bundesländer, weil sie bei der Erstzulassung noch nicht berücksichtigt werden konnten, dürfte eher eine Ausnahme sein. Gesicherte Daten über einen solchen Bewerberschwund liegen hier nicht vor. Bewerberinnen und Bewerber, die nach Niedersachsen wollen, dürften schon wegen der zeitlichen Nähe zwischen Absage und Zusage im Nachrückverfahren, selbst bei Vorliegen einer inzwischen erteilten Einstellungszusage eines anderen Bundeslandes, dem Ausbildungsplatz in Niedersachsen den Vorzug geben.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1. und zu 2.: Für das neue Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen erhielten in der ersten Zulassungsrunde 566 Bewerberinnen und Bewerber einen Ausbildungsplatz, 235 erhielten zunächst eine Absage. Insgesamt betrug der Anteil der Bewerbungen aus anderen Bundesländern ca. 18 %. Bei den Bewerbungen für das Lehramt für Sonderpädagogik, davon 60 % aus anderen Bundesländern, gab es 104 Erstzusagen und 163 ablehnende Bescheide. Beim Lehramt an Gymnasien gab es 301 positive und 226 ablehnende Bescheide. Rund 48 % der gymnasialen Bewerbungen kamen aus anderen Bundesländern. Die Fächer spielten dabei - wie schon gesagt - nur eine untergeordnete Rolle. Im Nachrückverfahren konnten dann alle zunächst abgelehnten Bewerberinnen und Bewerber berück

sichtigt werden. Alle 142 Bewerbungen für das Lehramt an Realschulen - davon 7 % aus anderen Bundesländern - und alle 148 Bewerbungen für das Lehramt an berufsbildenden Schulen - 23 % aus anderen Bundesländern - sind schon in der ersten Zulassungsrunde vollständig berücksichtigt worden. Sie sehen, dies kann gar nicht anders funktionieren, weil es die Vielfachbewerbungen gibt.

Zu 3: In Niedersachsen gibt es zwei Einstellungstermine für den Vorbereitungsdienst, und zwar jeweils zum 1. Mai und zum 1. November eines Jahres. Bewerbungsschluss für den 1. Mai ist der vorausgehende 30. November. Das Prüfungszeugnis kann für diesen Termin noch bis zum 31. Januar nachgereicht werden. Bewerbungsschluss für den Einstellungstermin zum 1. November ist der vorausgehende 31. Mai. Das Prüfungszeugnis kann noch bis zum 31. Juli nachgereicht werden. Durch diese Terminsetzung ist sichergestellt, dass die Absolventinnen und Absolventen sehr zeitnah nach der Ersten Staatsprüfung in den Vorbereitungsdienst eingestellt werden können. Kürzere Fristen zwischen Ablegen der Staatsprüfung und der Zulassung zum Vorbereitungsdienst sind nicht möglich. Dies dürfte auch für andere Bundesländer gelten. Im benachbarten Bundesland Nordrhein-Westfalen z. B. gibt es nur einen regulären Einstellungstermin, nämlich zum 1. Februar eines Jahres. Bewerbungsschluss dafür ist bereits der vorausgehende 15. August. Das heißt, dass dort zwischen dem Ablegen der Ersten Staatsprüfung und der Einstellung in den Vorbereitungsdienst deutlich längere Fristen liegen.

Attraktiv dürfte die Ableistung des Vorbereitungsdienstes schon deshalb sein, weil die erfolgreich Examinierten mit einer Einstellung in den Schuldienst rechnen können. Wie Sie wissen, habe ich genehmigt, dass noch unmittelbar nach Absolvieren des Vorbereitungsdienstes Einstellungen erfolgen können. Ob für bestimmte Schulformen oder Mangelfächer auch durch die Zahlung von Anwärterzuschlägen weitere Anreize geschaffen werden können, haben wir gestern erörtert.

(Klare [CDU]: Andere machen es!)

Wir werden das prüfen. Denn der Gesetzentwurf ist ja noch nicht verabschiedet. Ich habe deshalb in meinem Haus einen entsprechenden Auftrag erteilt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Eine Zusatzfrage von Frau Litfin!

Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Antwort auf Landeskinder und Nicht-Landeskinder abgehoben. Unserer Anfrage liegen konkrete Fälle zugrunde, z. B. eine Lehramtstudierende aus Lüchow-Dannenberg, die Kinder hat und deshalb nicht in der Lage ist, ihren Wohnort zu wechseln, um in den Vorbereitungsdienst einzutreten. Dieser Frau konnte kein Platz im Vorbereitungsdienst für ihr Fach Gemeinschaftskunde angeboten werden, weil es das eben wohnortnah nicht gibt. Sie wollte dann ein anderes Fach, nämlich Mathematik, nachholen, das eines der Mangelfächer ist. Dies ist ihr aber nicht gewährt worden. Bei Studierenden aus anderen Bundesländern aber ist eine solche Ausnahme in Niedersachsen möglich. Warum behandeln wir unsere Landeskinder in bürokratischer Hinsicht anders und schlechter als Studierende aus anderen Bundesländern?

In der Geschäftsordnung ist eine so lange Vorrede eigentlich nicht vorgesehen.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Ich musste es aber erklären!)

Frau Ministerin!

Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Frau Litfin: Falls Sie Einzelfälle nennen, bei denen wir, wie bei der Bewerberin aus Lüchow-Dannenberg, genau nachprüfen sollen,

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Es ist bes- ser, man wendet sich gleich an das Ministerium!)

warum wir sie nicht in ein Seminar an ihrem Wohnort aufnehmen, bitte ich darum, das auch in der Anfrage deutlich zu machen.

(Zustimmung von Frau Somfleth [SPD])

Ich bin sonst nicht in der Lage, Einzelfälle aus Lüchow-Dannenberg mit Ihnen zu diskutieren. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die junge Frau, wenn sie nur an einem Ort eingestellt werden möchte,

schlechte Chancen hat, weil wir die Bewerberinnen und Bewerber eben nicht unterschiedlich behandeln, sondern es geht zunächst einmal streng nach Noten und dann danach, welche Kapazitäten in den Seminaren zur Verfügung stehen und welche Fachrichtungen dort eingerichtet sind. Nicht jedes Seminar hat auch die passende Fachrichtung. Die junge Frau hat dann auch noch das Fach Politik, wie es jetzt heißt - es heißt nicht mehr Gemeinschaftskunde -, und dies ist ausweislich kein Mangelfach. Wir haben wahrscheinlich andere Bewerberinnen und Bewerber vorgezogen.

Herr Pörtner!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass meines Wissens in Niedersachsen vor allem Lehramtsbewerberinnen und -bewerber in naturwissenschaftlichen Bereichen fehlen, wüsste ich gern, welche konkreten Überlegungen es Ihrerseits bzw. in Ihrem Ministerium gibt, dieses Problem möglicherweise schon durch das vorgeschriebene Curriculum in der gymnasialen Oberstufe einigermaßen in den Griff zu bekommen, weil meines Wissens relativ häufig naturwissenschaftliche Fächer in der gymnasialen Oberstufe abgewählt werden.

Frau Jürgens-Pieper!

Wir bemühen uns sehr - ich habe das auch im Parlament schon einige Male dargestellt -, besonders die Attraktivität der naturwissenschaftlichen Fächer zu erhöhen, und zwar durch veränderte curriculare Operationen, aber auch durch Formel X-Projekte, z. B. dass sich Schulen profilieren und wir Anreize schaffen, mit Sponsoren und der Wirtschaft zusammenarbeiten, um den jungen Leuten zu zeigen, wie attraktiv der Arbeitsmarkt an dieser Stelle ist. Ob sich das auf die Entscheidung von Studierenden unmittelbar auswirkt, werden wir sehen. Ich hoffe sehr, dass durch die Veränderungen die Entscheidung für ein Studium der Naturwissenschaften attraktiver wird und mehr Lehrer gewonnen werden, die Naturwissenschaften studiert haben.

Ich habe aber auch schon einige Male gesagt, dass wir niemanden zwingen können, eine bestimmte Fachrichtung zu studieren. Das wird uns nicht gelingen; wir können nur darum werben.

Die nächste Frage stellt Herr Hagenah. - Dann Herr Klein.

Frau Ministerin, ich komme auf die Frage von Frau Litfin zurück. Es ging dabei nicht um den Einzelfall, sondern um die Frage, warum niedersächsische Lehramtsstudenten kein Fach nachholen können, um doch noch in das Referendariat eintreten zu können, wie es offensichtlich auswärtigen Referendaren zugestanden wird, zumal es sich in diesem Fall um ein Mangelfach wie Mathematik gehandelt hat. Das war das Beispiel, zu dem wir eine Antwort hören wollten, warum mit zweierlei Maß gemessen wird.

Frau Ministerin!

Ich würde gern wissen, wo die jungen Leute dies nicht nachstudieren können. Wir haben alle Möglichkeiten eröffnet, die es gibt. Wo hat die Frau das nicht tun können?

(Frau Lau [SPD]: Das kann jeder ma- chen, wenn er will!)

Ist sie falsch beraten worden? Jeder kann ein Fach nachstudieren, wenn er das möchte.

Herr Klein!

Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass eine zeitnahe Einstellung ins Referendariat nach dem ersten Staatsexamen ein wichtiger Entscheidungspunkt für die Studierenden ist, frage ich Sie: Welche schwierigen und langwierigen Prüfungen müssen für eine solche Einstellung erfolgen, dass dazu ein Zeitraum von fünf bis sechs Monaten erforderlich ist?

Die Antwort!

Sie haben doch eben die Anzahl derjenigen gehört, die sich beworben haben. Dann muss nach Noten, Wohnortwünschen und sozialen Härtefällen sortiert werden. Sie als Abgeordnete schicken mir häufig die Interessenbogen der jungen Leute, die in ein spezielles Seminar wollen. Dann sagen andere wieder ab, und wir müssen ein Nachrückverfahren durchführen. Das tun wir innerhalb von drei Monaten. Wir sind deshalb im Vergleich mit anderen Bundesländern ausgesprochen schnell.

(Rolfes [CDU]: Das ist gar nicht wahr!)

Damit gibt es keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen.

Wir kommen zu

Frage 4: Neuorientierung der Landwirtschaftspolitik auch in Niedersachsen hier: Maßnahmen zur Steuerung der Entwicklung in Veredlungsgebieten

Sie wird vom Abgeordneten Klein gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März dieses Jahres hat der niedersächsische Landwirtschaftsminister Bartels ein Maßnahmenpaket zur Steuerung der Entwicklung in Veredlungsgebieten vorgelegt. Damit sollten die folgenden Ziele verfolgt werden:

Die Herstellung der vollen Transparenz der Nährstoffströme und Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verbringung, Verwertung oder Entsorgung des organischen Nährstoffanfalls.

Der Abbau der räumlichen Konzentration von Tierhaltungsbetrieben unter Berücksichtigung einer umweltgerechten Veredlungswirtschaft und einer verstärkten Flächenbindung der Veredlungsproduktion.

Die Lösung von Raumordnungskonflikten zwischen Landwirtschaft und kommunaler Entwicklung.

Die Verminderung des besonderen Risikos der Tierseuchenausbreitung aufgrund hoher Nutztierdichte und der damit verbundenen ökonomischen Schäden.

Dazu waren als Einzelmaßnahmen formuliert: die Verpflichtung aller Landwirte auf die Rahmenvereinbarung überbetriebliche Nährstoffverwertung, Erhöhung der Kontrollen im Rahmen der Düngeverordnung schwerpunktmäßig in Gebieten mit hoher Tierdichte, Bindung von Beratungszuschüssen an die Existenz eines qualifizierten Flächennachweises, Ausschluss von der Investitionsförderung für Betriebe in Gebieten mit hoher Nutztierdichte, flächendeckende Umsetzung der informellen Entwicklungsplanung und Vorantreiben des Forschungsvorhabens „Bioaerosole“. Daneben sollten über Bundesratsinitiativen Veränderungen der Düngeverordnung, eine Novellierung der TA Luft und Änderungen im Bauplanungs- und Raumordnungsrecht angestrebt werden.

Die so skizzierte Neuorientierung ist bislang nicht sichtbar geworden. Im Gegenteil: Die Antragsflut auf Stallneubauten und -erweiterungen, auch in den bereits bestehenden Intensivtierhaltungsgebieten, ist weiter gestiegen. Exemplarisch ist ein Antrag aus der Gemarkung Dinklage, der zurzeit zur Einsicht ausliegt. Nach der entsprechenden Bekanntmachung des Landkreises Vechta umfasst der Antrag im Wesentlichen die Neuerrichtung eines Schweinestalles mit 4 800 Mastplätzen, die Neuerrichtung eines Ferkelstalles mit 1 728 Aufzuchtplätzen und die Änderung und Aufstockung des vorhandenen Stalles um 344 Mastplätze. Das Vorhaben soll unmittelbar nach Genehmigungserteilung errichtet und in Betrieb genommen werden. Nach Inbetriebnahme umfasst die Anlage insgesamt 7 548 Mastschweineplätze und 1 728 Ferkelaufzuchtplätze.

Ich frage die Landesregierung:

Erstens. Wie beurteilt sie die geschilderte Entwicklung vor dem Hintergrund der im März verkündeten Ziele?