Protokoll der Sitzung vom 14.02.2002

Können Sie das beantworten?

Solche Planungen seitens des Landes Niedersachsen sind mir nicht bekannt. Es gibt sie nicht, Herr Klein.

Es folgt nunmehr die zweite Frage von Herrn Wenzel. Danach hat Dr. Stratmann das Wort.

In der Regel ist es so: Es gibt gar keine doofen Fragen, sondern nur doofe Antworten.

Herr Minister Jüttner, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich Wind und Wetter normalerweise in relativ langen Zeiträumen sehr unterschiedlich entwickeln, und der Tatsache, dass Ihnen bislang keine einziger Bericht zur Beweissicherung vorliegt, frage ich Sie: Halten Sie es nicht für notwendig, dass man einmal die Ergebnisse von fünf oder zehn Jahren der Beweissicherung auswertet, bevor man in eine Debatte über eine weitere Elbvertiefung einsteigt?

Herr Minister!

Herr Wenzel, das, was in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt, muss ich relativieren. Ende 2000 ist die entsprechende Baumaßnahme abgeschlossen worden. Ausweislich des Planfeststellungsbescheids hätte Hamburg ein Jahr später, also bis Ende 2001, den ersten Bericht abliefern müssen. Wir haben jetzt Februar 2002. Das heißt, Hamburg ist leicht überfällig. Wir haben den Bericht angemahnt. Aus diesen Vorgängen den Schluss zu ziehen, dass Hamburg gar nichts mache und alles verzögert werde, ist angesichts der wenigen Wochen nicht angemessen. Ich fände es ungerecht, so zu agieren.

Vor dem von mir beschriebenen Hintergrund gehe ich davon aus, dass Hamburg die Materialien in absehbarer Zeit vorlegt, sodass wir dann die ersten Konsequenzen ziehen können oder zu ersten Bewertungen kommen können. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann läuft die gesamte Beweisfrist über zehn Jahre. Wir können nach nur einem Jahr die morphologischen Konsequenzen dieses Eingriffs noch überhaupt nicht hinreichend detailscharf darstellen. Für diese Darstellung wird ein längerer Zeitraum vergangen sein müssen. Wenn dieser Zeitraum vorüber ist, wird das Parlament in angemessener Weise darüber informiert.

Es folgt Dr. Stratmann! Dann fragt Herr Biallas.

Herr Minister, nachdem Sie hier eingestanden haben, dass der erste Beweissicherungsbericht noch nicht eingegangen ist und Sie es nicht geschafft haben, die fristgerechte Lieferung durchzusetzen, ist es vor diesem Hintergrund nicht sehr oberflächlich, wenn ein Ministerpräsident dann sagt, man werde sich weiteren Vertiefungen nicht entgegenstellen?

Herr Jüttner!

Herr Stratmann, es entspricht auch dem hanseatischen Selbstverständnis, seine eigenen wirtschaftlichen Belange in eigener Souveränität zu klären. Wenn das Land Hamburg der Meinung ist, dass es, wozu es das Recht hat, einen Antrag auf weitere Elbvertiefung stellen sollte, dann wird ihm niemand, auch wir nicht, dieses Recht rauben können.

Ein solcher Antrag - er ist bisher nicht gestellt worden - setzt allerdings massive Vorarbeiten voraus: Umweltrisikoabschätzungen, eine KostenNutzen-Analyse, die Klärung der Frage, ob die im Bundesverkehrswegerecht genannten Voraussetzungen erfüllt sind, usw. usf. Am Ende muss der Antragsteller in einem relativ aufwendigen Verfahren das Einvernehmen des Landes Niedersachsen über Fragen der Wasserwirtschaft und der Landeskultur - nur zu diesen Fragen - herbeiführen.

(McAllister [CDU]: Da kann man noch mehr subsumieren!)

- Ich zitiere gerade die Rechtslage, Herr McAllister. Sie wissen, dass das, was ich gerade gesagt habe, richtig ist. - Das heißt, selbst wenn man unterstellt, wir wären aus grundsätzlichen Erwägungen heraus der Meinung, dass die Hamburger Belange rundherum abzulehnen sind, wäre dies folgenlos; denn wir werden erst in diesem geordneten Verfahren beteiligt. Wir müssen nachweisen, dass in den beiden von mir genannten Bereichen sachliche Gründe vorliegen, die gegen die Erteilung des Einvernehmens sprechen. Das ist die Situation, in der wir uns befinden. Alles andere ist - das sage ich Ihnen - Spökenkiekerei. Wir wissen um das Interesse des Landes Hamburg. Außer der politischen Absichtserklärung Hamburgs liegt uns bislang aber keinerlei Material vor.

Es folgt jetzt Herr Kollege Biallas. Danach fragt Herr Wulff.

Herr Minister, da Sie die Elbvertiefung vorhin in einen Zusammenhang mit der Metropolregion Hamburg gestellt haben, frage ich die Landesregierung: Welche positiven Impulse für die zukünftige Zusammenarbeit im Rahmen der Metropolregion Hamburg sieht sie, wenn einer Elbvertiefung zugestimmt wird?

(Frau Wörmer-Zimmermann [SPD]: Das soll der Umweltminister beant- worten? - Gegenruf von Fischer [CDU]: Herr Biallas hat die Landes- regierung gefragt! - Frau Vockert [CDU]: Der Minister hat die Frage nicht verstanden!)

Bitte!

Ich habe in meiner Antwort auf die Frage deutlich gemacht, dass wir an einer norddeutschen Kooperation interessiert sind, die u. a. auch das Thema der gemeinsamen Hafenpolitik beinhaltet. Ein zentraler Baustein hierbei ist - das hat Frau Knorre eben schon deutlich gemacht - auf jeden Fall der Tiefwasserhafen Wilhelmshaven. Was Hamburg im Zweifel strittig stellt, ist die Frage, was in den Segmenten, für die auf jeden Fall nur Wilhelmshaven infrage kommt, an Potenzialen steckt. Ich meine, das ist der Grund dafür, dass Hamburg an einer weiteren Elbvertiefung ein großes wirtschaftliches Interesse hat, um das für sich noch zu reklamieren. Das ist die Ausgangssituation.

Dass man darüber hinaus in der Region aber auch noch auf zahlreichen anderen Politikfeldern in hohem Maße aufeinander angewiesen ist, wissen Sie genauso gut wie ich. Das gilt sowohl für die Naherholung als auch für die Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs und von Kompensationsflächen auf niedersächsischer Seite für Hamburg. Auf diesem Gebiet hat Niedersachsen in den letzten Jahren - darauf möchte ich an dieser Stelle einmal hinweisen - hoch kooperativ gearbeitet. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Mühlenberger Loch haben wir deutlich gemacht,

dass wir die wirtschaftlichen Belange Hamburgs wirklich massiv unterstützen und die Voraussetzungen dafür schaffen, wo immer dies möglich ist. Das ist das politische Selbstverständnis des Landes Niedersachsen. Wir müssen aufgrund der notwendigen Berücksichtigung der Interessen des Landes aber auch deutlich machen, dass wir zwar kooperationsbereit sind, uns aber nicht haltlos unter die Hamburger Belange unterwerfen. Sicherlich gibt es irgendwo eine Grenze, an der niedersächsische Belange verhindern können, dass Hamburger Wünsche Realität werden. So einfach ist das. Darüber kann ich aber nicht im Vorgriff diskutieren. Ich kann auch nicht entsprechend der Forderung von Herrn Klein sagen, wo die Grenze liegt. Das geht nur, wenn Hamburg einen Antrag formuliert und auf den Tisch legt, mit dem deutlich wird, was gewollt ist, und der dann abgearbeitet wird.

(Zuruf von Klein [GRÜNE])

- Entschuldigung, die Kriterien sind doch genannt. Das sind fachliche Kriterien. Dort wird ausgerechnet, welche Konsequenzen eine Abhobelung in der Elbe für die Dynamik des Flusses hat. Wollen Sie über diese Frage jetzt mit mir fachlich diskutieren? - Sie können das vielleicht. Ich vielleicht nicht.

(Zuruf von der SPD: Das kann auch er nicht!)

Wir verhindern, dass die niedersächsische Bevölkerung im Falle einer Sturmflut nasse Füße bekommt. Das ist die politische Aufgabe, die wir haben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Wulff, Sie haben sich gemeldet. Danach Herr McAllister.

Herr Präsident! Ich möchte im halblegalen Bereich die Vorbemerkung machen, dass ich die Einlassungen des Umweltministers im Wesentlichen als wohltuend sachlich empfinde und mir das Meiste auch zu Eigen mache, was hier zu den Fragen gesagt worden ist, um hier keinen falschen Eindruck zu erwecken. Ich möchte aber darum bitten, dass die Wirtschaftsministerin auf meine folgende Frage antwortet. Wie ist die Aussage, dass die Vertiefung der Elbe keine Auswirkungen auf den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven haben werde, vor

dem Hintergrund der Vereinbarung, die der Ministerpräsident mit den Bürgermeistern von Bremen und Hamburg am 30. März 2001 geschlossen hat, zu verstehen? In dieser Vereinbarung heißt es u. a. wie folgt:

„Es besteht Einigkeit über die grundsätzliche Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens in der Deutschen Bucht für die Containerschiffe, die aufgrund ihrer Größe Bremerhaven und Hamburg auch unter zukünftigen Tiefgangsbedingungen nicht mit einer ökonomisch sinnvollen Auslastung anlaufen können.“

Das verstehen alle, die der Auslegung mächtig sind, so, dass auch diejenigen Containerschiffe Wilhelmshaven als Ergänzungshafen zu den anderen norddeutschen Häfen nicht sollen anlaufen dürfen, die in Zukunft nach der weiteren Vertiefung der Elbe Hamburg nicht anlaufen können. Deshalb bitte ich Sie, mir zu helfen und mir zu sagen, warum das keine Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven haben wird.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Frau Knorre, können Sie ihm helfen?

Ich kann helfen. Ich habe eben schon deutlich gemacht, dass der Containerverkehr jährlich um mindestens 7 % anwächst. Für den Zeitraum der Realisierung, über den wir hier reden - Tiefwasserhafen Wilhelmshaven ab 2008 -, haben wir ein Wachstum unterstellt, das von einer Auslastung der vorhandenen Kapazitäten ausgeht. Ich hatte das eben schon für Bremen gesagt. Mit Sicherheit gilt dies aber auch für Hamburg. Darüber hinaus kann Wilhelmshaven bei dem vorgesehenen Projektdesign Containerschiffe aufnehmen, die andere Häfen nicht anlaufen können.

Um es ganz klar zu sagen: Konkurrent wird nicht Hamburg sein, sondern Konkurrenten sind vielmehr - deshalb bauen wir den Tiefwasserhafen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall bei der SPD)

Frau Steiner, bitte!

Herr Minister Jüttner, ich frage Sie: In Anbetracht der Vernachlässigung der Ausgleichsmaßnahmen - darüber haben Sie in Ihren Antworten ja schon gesprochen - und angesichts der Tatsache, dass das Planfeststellungsverfahren dazu noch nicht abgeschlossen ist, sowie vor dem Hintergrund, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass nach den bisherigen Diskussionen nur von einer begrenzt vertrauensvollen Zusammenarbeit gesprochen werden kann, und dass Niedersachsen kein Interesse an einer weiteren Elbvertiefung haben kann, frage ich Sie: Warum sagt man nicht jetzt schon klar, dass man einer weiteren Elbvertiefung nicht zustimmen wird? Stattdessen wird immer nur gesagt, man warte zunächst einmal die Prüfungen ab, und dann werde man voraussichtlich auch abschlägig bescheiden.

Herr Jüttner!

Frau Steiner, ich kann nicht anders, als mich in Teilen zu wiederholen. Es steht in der Souveränität des Landes Hamburg, seinen wirtschaftlichen Belangen entsprechend Anträge zu stellen. Dazu muss Hamburg aber die rechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Das heißt, Hamburg muss nicht nur die Anforderungen an den Küstenschutz beachten - diesbezüglich ist ein Einvernehmen mit Niedersachsen herzustellen -, sondern Hamburg muss auch noch nationale gesetzliche Bestimmungen wie etwa die des Bundesverkehrswegeplans einhalten. Wenn das Land Hamburg alle diese Voraussetzungen erfüllt - so ist die Rechtslage in Deutschland -, hat es einen Anspruch auf Genehmigung, ob einem das passt oder nicht. Das ist die Situation. Vor diesem Hintergrund nützt es nichts, eine politische Debatte zu führen und zu sagen, wir wollten das nicht, wenn man hinterher gleichwohl in die Situation kommt, dass man das Einvernehmen herstellen muss, weil die Voraussetzungen erfüllt werden. Ich bin da aber sehr skeptisch, und daraus habe ich auch nie ein Hehl gemacht. Das ist die Situation.

Außerdem muss ich noch Ihre Eingangsbemerkung bewerten. Wir gewährleisten, dass die Detailfestlegungen aus dem Planfeststellungsbescheid abgearbeitet werden. Hamburg wird die Verpflichtungen aus dem Bescheid hinsichtlich des Umgangs mit der Eingriffsregelung - das betrifft die Kompensationsflächen - erfüllen müssen. Da ist man - das habe ich dargestellt - wenige Wochen überfällig. Das heißt aber nicht, dass Hamburg damit aus der Pflicht entlassen ist. Wir werden gewährleisten, dass Hamburg seinen Verpflichtungen auch in Zukunft nachkommt.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Dr. Stratmann, zur zweiten Frage! Dann Herr Wulff. - Herr Dr. Stratmann verzichtet. Herr Wulff!

Frau Ministerin Knorre, wegen der notwendigen Konkurrenz zu Antwerpen und Rotterdam und wegen der zu erwartenden Steigerung im Containerverkehr bin ich für das Tiefwasserprojekt Wilhelmshaven eingetreten. In meiner zweiten Frage frage ich Sie aber nochmals, ob wir uns bei dem Wachstum, das bei Containerverkehren weltweit zu erwarten ist, auf die Schiffe mit einem Tiefgang von etwa 18 m zu konzentrieren haben oder ob wir am Wachstum der Containerverkehre auf Schiffen mit einem Tiefgang von 14,5 m bis 16 m, für die die Elbe vertieft werden soll, partizipieren sollten. Ich frage Sie, wie Sie das interpretieren, weil das natürlich unterschiedliche Wirtschaftlichkeitsauswirkungen auf den Tiefwasserhafen Wilhelmshaven hätte, wenn man auch einmal an die erhebliche Infrastruktur denkt, die wir dort, auch ins Hinterland hinein, schaffen wollen.

(Oestmann [CDU]: Dürfen da auch Schiffe mit geringerem Tiefgang an- landen? - Frau Harms [GRÜNE]: Wollen die da anlanden?)

Frau Dr. Knorre!

Herr Wulff, die Frage lässt sich ganz einfach wie folgt beantworten: Beim Tiefwasserhafen Wilhelmshaven sollen zum ersten Mal private Unternehmen, private Investoren mindestens 50 % der terminalbezogenen Infrastrukturkosten übernehmen. Deswegen werden die privaten Investoren - darunter auch die HHLA; das ist der Fortschritt, den wir in den letzten Wochen erzielt haben - für sich Marktanalysen durchführen. Sie werden errechnen - die Zahlen liegen zum Teil schon vor -, ob sie aufgrund der Ergebnisse der Marktanalysen, die ich eben skizziert habe, in der Lage sind, die Liegeplätze in Wilhelmshaven wirtschaftlich zu betreiben. Nach den Ergebnissen, die bislang vorliegen, kann man davon ausgehen, dass sich diese Investitionen lohnen. Das ist die Basis, auf der wir das Projekt in Wilhelmshaven planen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Für welche Schiffe? - Frau Harms [GRÜNE]: Für welche Schiffe? Das Stichwort „Ergänzungshafen“ ist wichtig!)

Herr McAllister!

Herr Minister Jüttner, vorausgesetzt, dass zum Thema Elbvertiefung Ihre Meinung und nicht die von Herrn Plaue maßgeblich ist,