Dass Private es, wie beim Trinkwasser, genauso verantwortungsvoll können, zeigen die Betreibermodelle, die wir in Niedersachsen schon haben, beispielsweise in Braunschweig; Herr Brandes hat darauf hingewiesen. Private können genauso verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen.
Das Problem ist allerdings - da gebe ich Ihnen durchaus recht -, dass, wenn diese Möglichkeit im Wassergesetz eröffnet würde, unter Umständen - da sind die Rechtsauffassungen unterschiedlich die Mehrwertsteuerpflicht für alle gelten würde, also auch für die Öffentlich-Rechtlichen.
Ihr Argument ist, am Ende wird es teuer. Darauf will ich gern eingehen. Dabei will ich gar nicht vertiefen, dass man durchaus die Ausnahmetatbestände wie beispielsweise die Mehrwertsteuerfreiheit der Öffentlich-Rechtlichen hätte abschaffen können, anstatt die Mehrwertsteuer pauschal um 3 Prozentpunkte zu erhöhen. Viel interessanter ist nämlich, dass es heute schon Private gibt, die diese Aufgabe der Abwasserbeseitigung im Rahmen von Betreibermodellen günstiger erledigen als Öffentlich-Rechtliche, obwohl sie einen Mehrwertsteuernachteil von 19 % haben.
Insofern ist auch die Aussage der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Anhörung interessant. Sie haben gesagt, bei einer Mehrwertsteuergleichheit würde der Druck, auf Private zu übertragen, größer. Das heißt doch nichts anderes, als dass sich die Kommunen - zumindest die kommunalen Spitzenverbände; bei den Kommunen bin ich mir da gar nicht so sicher - Sorgen machen, dass Private es offensichtlich günstiger können. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser Frage stehen wir alle und auch die Kom
Ich will noch auf einen Punkt eingehen, der hier leider noch gar nicht behandelt wurde. Vorhin wurde der Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot auf Bundesebene angesprochen. Dazu will ich Ihnen ein Zitat aus der Rede von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos auf der Haupttagung des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft vorlesen:
„Im Koalitionsvertrag wurde zwar vereinbart, die gegenwärtige Praxis der Umsatzsteuerbefreiung für die Abwasserbeseitigung beizubehalten. Damit sollte eine Gebührenerhöhung vermieden werden. Diese steuerliche Ungleichbehandlung zwischen Trinkund Abwassersektor dürfte allerdings den kritischen Augen der EU-Wettbewerbshüter und der in den Abwassermarkt drängenden privaten Unternehmen nicht ewig standhalten.“
Meine sehr verehrten Damen, Herr Glos ist ein weiser Mann. Herr Glos hat nämlich erkannt, dass hier auch die EU ein Wörtchen mitzureden hat. Sie wissen, dass es eine Beschwerde des Bundesverbandes der deutschen Entsorgungswirtschaft wegen der Mehrwertsteuerungleichbehandlung gibt. Hier müssen wir tatsächlich aufpassen; denn wenn man Ihre Strategie weiterfährt, wenn man einfach den Kopf in den Sand steckt und nichts tut, dann droht uns Folgendes:
Dann müssen auf einmal auch die ÖffentlichRechtlichen 19 % Mehrwertsteuer zahlen, und dann haben wir tatsächlich eine Gebührenerhöhung. Stattdessen sollten wir gemeinsam für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz in Höhe von 7 % für alle Unternehmen, für private wie öffentlichrechtliche, kämpfen.
(Rolf Meyer [SPD]: Wen meinen Sie denn eigentlich? Es ist ja nicht so - das irritiert mich immer, und ich habe ich das Gefühl, dass die SPD das Mehr- wertsteuersystem in Deutschland überhaupt nicht verstanden hat -, dass im Abwasserpreis keine Mehrwertsteuer enthalten wäre. Die Ausgaben für jedes Radiergummi, jeden Kugelschreiber und jeden Bleistift, die dort verbraucht werden, fließen natürlich mit dem vollen Mehrwertsteuersatz in die Abwassergebühr ein, und alle diese Kosten tragen die Kunden. Lediglich auf der letzten Stufe wird die Mehrwertsteuer nicht mehr erhoben. Das ist der wahre Unterschied. Das verschweigen Sie auch in der Öffentlichkeit. (Rolf Meyer [SPD]: Das ist wirklich das zentrale Problem!)
Ich halte den Wettbewerb zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen für richtig. Sie wollen ihn verhindern, zulasten der Kunden. Hier, meine Damen und Herren, ist der Bund gefragt. Er sollte sich für den reduzierten Mehrwertsteuersatz für beide einsetzen, bevor wir alle 19 % zahlen müssen.
Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Brockmann gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit, Herr Brockmann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dürr, noch einmal zur Verdeutlichung: Die Radiergummis sind nicht das Problem bei der Abwasserentsorgung. Das wollte ich noch einmal klarstellen.
- Er hat sich aber dazu hergegeben, Radiergummis mit in seine Argumentationskette einzubauen. Deshalb wollte ich darauf kurz eingehen.
Noch einmal kurz zu dem, was Sie versucht haben, etwas zu verunklaren. Ich habe es auch genannt, und ich habe mich dabei auch auf die kommunalen Spitzenverbände bezogen. Das Hauptproblem des sanderschen bzw. Ihres Modells liegt in der Gefahr, dass in dem Moment, in dem eine Kommune privatisiert, auch bei den Kommunen, die sich für den anderen Weg entscheiden und
Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich Herr Janßen gemeldet. Auch er hat anderthalb Minuten Redezeit. - Dann dürfen Sie antworten, Herr Dürr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine kleine Anmerkung zu der Rede von Herrn Dürr machen. Im Moment behalten die Kommunen die Abwasserbeseitigungspflicht in jedem Fall, und das ist gut so. Denn diejenigen, die da Steuerungsmöglichkeiten haben, sind gewählte Vertreter und müssen sich hinterher gegenüber denjenigen rechtfertigen, die Abwassergebühren zahlen.
Wenn Sie die Abwasserbeseitigungspflicht auf Private übertragen, dann schaffen Sie nichts anderes als ein neues Monopol. Oder glauben Sie etwa daran, dass wir zukünftig einen Abwasserentsorger wählen können und dass wir auch in diesem Bereich eine Liberalisierung erreichen? Wie soll das denn technisch gehen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. Herr Kollege Janßen, Sie müssen einmal die Realitäten anerkennen: Auch heute dürfen wir den Abwasserentsorger nicht wählen.
Es geht ausschließlich um die Frage, ob wir den Kommunen die Freiheit geben, die Abwasserbeseitigungspflicht auch von privaten Dritten erfüllen zu lassen, anstatt sie selbst wahrzunehmen. Selbstverständlich dürfen sie diese Aufgabe auch behalten. Insofern haben die Räte hier die volle Entscheidungsfreiheit; das habe ich vorhin schon erwähnt.
- Den Kommunen die Freiheit lassen - um nichts anderes geht es. Sie, Herr Haase, wollen sie unmündig halten.
Zweitens. Herr Kollege Brockmann, die Gefahr, dass auch die öffentlich-rechtlichen Entsorger in voller Höhe mehrwertsteuerpflichtig werden, habe ich in meiner Rede erwähnt.
Ich habe darin aber genauso erwähnt, dass ich es für das zentrale Problem halte, dass die EU nach genauerer Betrachtung des Problems - zurzeit liegt der Kommission ja eine Beschwerde vor - veranlassen könnte, dass alle Entsorger 19 % Mehrwertsteuer zahlen müssen. Ich hingegen möchte, dass die Bundesregierung in Brüssel aktiv wird, um 7 % für alle zu erreichen. Es ist besser, wenn am Ende private wie öffentlich-rechtliche Entsorger 7 % zahlen, als wenn die EU-Kommission den Öffentlich-Rechtlichen 19 % aufzwingt. Eine solche Regelung läge im Interesse der Kundinnen und Kunden in Niedersachsen. Aber das, Herr Brockmann, wollen Sie nicht.
(Volker Brockmann [SPD]: Sie würden aber auch unter anderen Vorausset- zungen privatisieren wollen! - Hans- Dieter Haase [SPD]: Das ist nämlich seine wahre Motivation!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir richten unser Handeln an den Interessen der Menschen in Niedersachsen aus.
In unserer Marktwirtschaft ist Wettbewerb ein Mittel, um Innovation und gleichzeitig günstige Preise für die Verbraucher sicherzustellen, und das - damit Sie nicht einen falschen Zungenschlag in meine Aussage hineininterpretieren - auf einem möglichst hohen Umweltschutzniveau.
Der Kollege Brandes hat das eben deutlich gemacht. Ich wundere mich, dass die Sozialdemokraten Braunschweig heute nicht mehr erwähnen. Nach der letzten Kommunalwahl ist das für mich auch verständlich. Denn in Braunschweig handelt es sich um ein Erfolgsmodell.
(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Volker Brockmann [SPD]: Da hört man aber anderes!)
Dort hat man Steuersparmöglichkeiten aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen ausgeschöpft, weil eben keine Gleichbehandlung von privaten und kommunalen Unternehmen existiert.