Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Ich habe auf die Maßnahmen für Schüler ohne Abschluss oder mit schwachem Abschluss im Bereich der beruflichen Bildung hingewiesen. Seit einer Stunde verweise ich jetzt auf das ganze Paket von Einzelmaßnahmen und Fördermaßnahmen gerade im Hauptschulbereich. Ich glaube, dass dieses Bündel von Maßnahmen - meinetwegen mit neuen Erkenntnissen und Verbesserungen - in den nächsten Jahren durchaus greifen wird.

Aber tun Sie mir in diesem Zusammenhang einen Gefallen: Reden Sie die Hauptschülerinnen und Hauptschüler und die Hauptschulen nicht schlecht!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Tun Sie auch von Ihrer Seite etwas dafür, manche Sperre in den Köpfen zu beseitigen, damit die Eltern guten Gewissens den Empfehlungen der Grundschule folgen können, damit es nicht zu diesen Rückläuferbewegungen in Klasse 7 oder Klasse 9 zurück in die Hauptschule kommt; denn auch dadurch werden die Kinder zu Verlierern gemacht. Diese Rückläufe könnten vermieden werden, wenn sich die Eltern an die Schullaufbahnempfehlung hielten.

Als Letztes in diesem Kontext noch eine Gegenfrage von mir: Sie stellen hier die große Forderung nach Verbesserung von Abschlüssen. Der kommen wir nach mit einer verbesserten Situation im Gymnasialbereich, im Realschulbereich, ja auch im Hauptschulbereich. Wenn Sie das Patentrezept für die Lösung der durchaus gegebenen Probleme der Hauptschule in der gemeinsamen Schule sehen, dann frage ich Sie: Haben Sie eigentlich mit den Realschülerinnen und Realschülern, mit den Gymnasiasten und deren Eltern und mit der dort tätigen Lehrerschaft besprochen, ob die denn für ihre Bereiche die Ideallösung - welcher Probleme eigentlich? - in der Einführung der gemeinsamen Schule sehen?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Dorothea Steiner [GRÜNE])

Frau Helmhold hat noch eine Frage. Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Sind wir im- mer noch bei der ersten Anfrage?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fasse noch einmal eingehend zusammen:

(Bernd Althusmann [CDU]: Nein! Sie können hier nichts zusammenfassen! Das geht gar nicht!)

Erstens hat der Kultusminister eben gesagt, dass die niedersächsische Mitte bei den Bildungsabschlüssen unter dem Durchschnitt liegt und er damit zufrieden ist. Wir sind damit nicht zufrieden.

Zweitens zeigt diese ganze Diskussion, die wir hier führen,

(David McAllister [CDU]: Sie müssen eine Frage einleiten!)

mit Ihren Vorhaltungen, wir würden die Hauptschule schlechtreden und müssten Zeit für Entwicklungen lassen und Sie würden ja auch viel Gutes tun - Herr Minister, ich konzediere sogar, dass Sie sich bemühen, in dem System das zu tun, was möglich ist -,

(David McAllister [CDU]: Großzügig, dass Sie konzedieren!)

dass es nichts Richtiges im Falschen gibt. Warum eigentlich sollen wir uns darauf einlassen, in ein System zu investieren, wenn wir von vornherein ein besseres System kennen?

(Anneliese Zachow [CDU]: Sie glau- ben, es zu wissen!)

Herr Minister - ich komme jetzt zu meiner Frage -, würden Sie mir nicht darin zustimmen, dass kein Betrieb einen Vorgang zulassen würde, der ihn später zu Reparaturmaßnahmen mit großem Aufwand zwingt, so wie Sie es tun, indem Sie in den Berufsschulen spezielle Programme einführen, um diejenigen, die vorher keinen Schulabschluss erreicht haben, dann doch noch zu qualifizieren?

Was wir da betreiben, ist doch volkswirtschaftlicher Unsinn.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber Sie ha- ben das Idealrezept; davon gehe ich aus!)

Wir reparieren mit großem Aufwand etwas, was man vorher hätte besser machen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Frau Kollegin, noch einmal zu den Prozentzahlen. In dieser Diskussion ist eines deutlich geworden: Die Landesregierung war weiß Gott nicht mit der Nichtabschlussquote zufrieden, die Sie uns vor vier Jahren hinterlassen haben. Das waren damals 10,5 %.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Teil aller unserer Ansagen hier war im Jahr 2003: Wir wollen da besser werden. Jetzt sind wir bei 8,9 oder 8,8 % angekommen. Niemand hat gesagt, dass wir uns entspannt zurücklehnen, dass wir mit dem Erreichen dieser günstigen Werte zufrieden sind und nicht noch besser werden wollen. Halbierung war angesagt. Wenn ich die Erfolge der beruflichen Bildung mit einbeziehe, dann sind wir auf einem guten Wege zur Halbierung.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist doch wieder ein Schildbürgerstreich!)

Zum Kern Ihrer Frage will ich Ihnen eines sagen: Volkswirtschaftlicher Unsinn wäre - auch abseits von wissenschaftlichen Erkenntnissen - die völlige Umstrukturierung des Schulwesens in einem Flächenland, z. B. in Richtung einer gemeinsamen Schule

(Zustimmung bei der CDU)

mit Milliardenaufwand für Schulneubauten an neuen Standorten, mit Personalkosten und Umstrukturierungskosten in Milliardenhöhe, ohne dass der wissenschaftliche Beweis geführt wäre, dass ab dann alles sofort ganz toll würde. Solche Thesen hier zu vertreten, ist volkswirtschaftlicher Unsinn.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist Kur- pfuscherei, was Sie da betreiben!)

Zu einer Zusatzfrage hat der Kollege Hogrefe das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Montag waren 20 Abgeordnete der CDU-Fraktion in unseren Schulen. Alle haben begeistert davon berichtet, wie groß das Interesse der Schülerinnen und Schüler war. Von der Opposition sind in Summe nicht einmal vier Abgeordnete in den Schulen gewesen. Ich frage vor diesem Hintergrund die Landesregierung: Könnten die verbiesterten Anfragen der Opposition auch damit zu tun haben, dass bei ihr eine gewisse Praxisferne vorhanden ist?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Hogrefe,

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ein humor- voller Kollege!)

ich erinnere mich noch an das Dezember-Plenum in diesem Hohen Hause. Ich glaube, da wurde über Bundes- und Europapolitik diskutiert. Ich erinnere mich an die Leidenschaft der Opposition in Richtung Regierung, an die Vorhaltungen, was man alles versäumt habe und was man zusätzlich tun müsse.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Da hat Herr Hogrefe auch eine sehr humorvolle Rede gehalten! Daran können wir uns erinnern!)

Nun war am Europatag, also am Montag dieser Woche, eine große Gelegenheit, im Zusammenhang mit Schulbesuchen die Leidenschaft für Europa, aber auch die Leidenschaft für ein besser werdendes Schulwesen zum Ausdruck zu bringen, indem man dort mit Präsenz aufwartet. Ich habe mit großer Enttäuschung festgestellt, dass die Beteiligung der Oppositionspolitiker eher dürftig war, während die Beteiligung der Regierung und der Regierungsfraktionen hervorragend war. Ich habe mir überlegt, woran das liegen mag, und

habe mir eine kleine Antwort zurechtgelegt: Wahrscheinlich schrieben die Damen und Herren Abgeordneten Zusatzfragen an den Kultusminister auf.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie mögen es nicht glauben, aber mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Das ist beim Thema Schule ganz außergewöhnlich.

Wir kommen deshalb zu

b) Kinderschutz ausweiten - Missbrauch verhindern - Anfrage der Fraktion der CDU Drs. 15/3484

Der Herr Kollege Böhlke bringt diese Anfrage ein. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Monaten sind bundesweit Fälle von schwersten Misshandlungen und Missbräuchen von Kindern bekannt geworden. Ich erinnere an Nadine, Tim, Kevin und aktuell in Niedersachsen Emily.

Im Fall der dreijährigen Emily aus Großenkneten wurden die Spuren der Misshandlungen und des sexuellen Missbrauchs nicht erkannt, obwohl das Jugendamt nach Hinweisen aus der Bevölkerung auf ärztliche Unterversorgung mehrfach Hausbesuche durchgeführt hat und das Kind nach Aufforderung durch Sozialarbeiter ärztlich untersucht worden war.

Dieser tragische Fall zeigt, dass sich alle gesellschaftlichen Gruppen aktiv einbringen müssen, um derartige Fälle von Kindesmissbrauch zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu erkennen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie schätzt sie das Vorgehen des zuständigen Jugendamts im Fall Emily ein? Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Änderungen durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK)?

2. Hält sie das bestehende System im Bereich der Früherkennungsuntersuchungen für ausreichend, um Fälle von Vernachlässigung und Misshandlung frühzeitig zu erkennen?