Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Ich möchte aber an einem Punkt Aufklärung betreiben; man soll nicht jeder Statistik, auch wenn sie von der Bundesebene verbreitet wird, Glauben schenken. Wir haben schon ein paar Pannen damit erlebt. Wahrheit ist: In Deutschland haben wir zu wenige Krippenplätze. Da darf man Niedersachsen nicht ausnehmen. Auch wir haben zu wenige Krippenplätze. Aber Ihre Zahl - rund 5 % stimmt schlicht und ergreifend nicht. Wir haben, dem Bundesamt für Statistik zufolge, zum Ende des Jahres 2004 in Niedersachsen 19 445 Krippenkinderplätze. Sie haben 9 445 verkündet. Sie haben also die „1“ verschluckt, also 10 000 verschluckt. Wir liegen etwa im Bereich von 9 bis 10 %. Wenn wir außerdem Plätze in Einrichtungen mit weniger als zehn Stunden Betreuungsangebot einrechnen, dürfen wir feststellen, dass wir etwa bei 10 % liegen; das ist aber nicht bedarfsgemäß. Das aber nur zur Klarheit über die Verhältnisse, weil sonst immer wieder falsche Zahlen herumgeistern.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Poppe stellt jetzt seine erste Zusatzfrage.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Diskussion um das beitragsfreie Kita-Jahr gibt es einige begriffliche Verwirrung bis hin zur Unkenntnis. Weil Sie gegenüber Herrn Wulf in Bezug auf den Begriff „Schulkindergarten“ etwas ausweichend geantwortet haben, möchte ich zwei Punkte

dazu ansprechen. Die CDU propagiert ja das Schulkindergartenjahr. Wenn man den Begriff „Schulkindergarten“ einmal nachschlägt, findet man Definitionen wie die folgenden:

„Der Schulkindergarten ist Teil der Grundschule und hat die Aufgabe, vom Schulbesuch zurückgestellte Kinder bis zur Schulfähigkeit zu fördern.“

„... eine Einrichtung für Kinder, die schulpflichtig, aber noch nicht schulfähig sind.“

Da ist meine Frage: Wie passt das zu aktuellen Konzepten der Kindertagesstätten, die schwerpunktmäßig alters- und jahrgangsübergreifend arbeiten?

Der zweite Aspekt. In diesem Zusammenhang habe ich ein Zitat eines Landtagskollegen gefunden, der schreibt: Das fünfjährige Kind wird eingeschult, kommt aber nicht in den Unterricht, sondern in den Schulkindergarten.

(Ulf Thiele [CDU]: Falsch zitiert!)

- Wie auch immer. - Die Frage dazu ist: Halten Sie es nicht doch für angemessen, den Begriff des Schulkindergartens aus der Diskussion zu halten, um solche Fehleinschätzungen zu vermeiden?

Danke schön. Herr Poppe, Sie haben deutlich darauf hingewiesen, dass Sie zwei Fragen gestellt haben. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Poppe, manchmal ist es mit den Begrifflichkeiten schwierig. Ich bin eher jemand, der für die Sache steht. Eine gute Sache ist das Entscheidende. Das eine ist der Rechtsbegriff „Schulkindergarten“, den wir jetzt schon haben. Das andere ist das Schulkindergartenjahr, wie wir es de facto konstruieren wollen. Es dient den Kindern, die im Jahr vor der Einschulung in der Kita sind. Wir wollen eine möglichst breite Erfassung haben, was auch die Beitragsfreiheit anbelangt. Das ist, finde ich, ein gutes Angebot über das ganze System.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Frau Kollegin Korter!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, der Presse konnten wir heute entnehmen, dass Unionsfraktionschef Volker Kauder in der Frage der U3-Betreuungsplätze gefordert hat, man müsse erst einmal den Bedarf ermitteln. Herr Busemann, ich gehe davon aus, dass Sie, nachdem Sie in diesem Bereich nun seit vier Jahren zuständiger Minister sind, diesen Bedarf längst ermittelt haben. Deshalb würde ich von Ihnen gerne wissen: Wie groß ist momentan der Bedarf an Krippenplätzen in Niedersachsen?

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Korter. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Kollegin, man kann den Bedarf erst punktgenau beschreiben, wenn die Leute ihre Kinder angemeldet haben. Da liegen wir also im Bereich der Schätzungen. Ich habe vorhin gesagt, dass wir ungefähr 20 000 Krippenkinderplätze haben. Damit haben wir einen Versorgungsgrad von ungefähr 10 % erreicht. Wenn man von einem Bedarf von wahrscheinlich 30 bis 40 % ausgeht, den wir abdecken müssen, dann muss sich das Ganze in den nächsten Jahren als Ziel - vorsichtig gesprochen - in die Richtung von 60 000 Krippenkinderplätzen entwickeln. Wenn wir alle miteinander da angelangt sind, dann haben wir es, glaube ich, gepackt.

Die nächste Frage stellt Frau Kollegin ElsnerSolar.

Herr Minister, ich möchte auf die Finanzierung zurückkommen. Meine erste Frage: Wir wissen, dass Herr Kauder gesagt hat, für die Finanzierung der zusätzlichen Krippenplätze gebe es vom Bund kein Geld. - Können Sie sicherstellen, dass dann

das Geld vom Land Niedersachsen bereitgestellt wird?

Die zweite Frage: Können Sie sicherstellen, dass die Personalkostenzuschüsse vonseiten des Landes in Höhe von 20 % weitergezahlt werden, wenn Sie ein Kindergartenjahr elternbeitragsfrei stellen?

Herzlichen Dank. Zwei Fragen wurden gestellt. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Elsner-Solar, ich kann sicherstellen, dass wir das, was diese Landesregierung zum Programm bzw. in anderen Fällen zum Gesetz erhebt, bezahlen können. Das gilt für diese Landesregierung und das Land Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU)

Das war ja nicht immer so. Heute Morgen hatten wir so einen Punkt. Das hatte uns über die letzten vier Jahre begleitet, dass wir viele Wechsel einzulösen hatten, die andere ohne fiskalischen Hintergrund ausgestellt hatten. Wir können das bezahlen, was wir machen. Wenn wir das dritte Kita-Jahr beitragsfrei stellen wollen und das 120 Millionen Euro kostet, dann können wir das auch bezahlen.

In Berlin gibt es so ein gewisses Finanzgeboxe. Das ist mir klar. Der eine sagt: Wir haben kein Geld! - Der andere sagt: Wir sind nicht zuständig! Der Nächste sagt: Wir möchten aber! - Okay. Es ist schon richtig, dass die Ebenen bald an einem Tisch zusammenkommen, damit da eine Richtung hineinkommt und die Leute nicht irritiert sind. Das wäre meine Bitte sozusagen in alle Richtungen.

Jetzt haben wir also 120 Millionen Euro. Sie wissen, dass in diesen Tagen Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden, aber auch mit den freien Trägern laufen, wie wir das Geld ins System einspeisen. Das kann ich Ihnen abschließend noch nicht sagen. Wie auch immer es laufen wird, die 20 % Personalkostenquote, die wir derzeit über die Finanzhilfe bezahlen, werden nicht angetastet und nicht geschmälert.

Danke schön. - Herr Kollege Wenzel: Ihre zweite und damit für Sie letzte Zusatzfrage!

Herr Minister Busemann, ich habe Zweifel daran, ob Ihre Einschätzung bezüglich der Zahlen zutrifft. Ich habe nach der Aufsplittung der Krippenplatzdaten nach Regionen gefragt. Ich möchte Sie bitten, dass Sie mir bis heute Abend diese Liste zur Verfügung stellen, was die Krippenplätze in den einzelnen Landkreisen für die Kinder unter drei Jahren angeht. Ich glaube, dass wir diese Debatte brauchen; denn unsere Aussage ist ganz klar: Wir sind in Niedersachsen mit 5,1 % am unteren Ende der Statistik. Sie behaupten aber, es seien 10 %. Ich bezweifle das. Insofern meine Bitte, diese Liste zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf von der CDU: Das geht doch gar nicht!)

Zweite Frage. Was halten Sie von der Idee, die Frau von der Leyen in den Raum gestellt hat, in diesem Bereich einen Rechtsanspruch einzuführen?

(David McAllister [CDU]: Das steht im Koalitionsvertrag! - Gegenruf von Stefan Wenzel [GRÜNE]: Dann kann er ja klar antworten!)

Das waren eine Frage und eine Bitte. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Wenzel, Sie hatten doch vorhin schon etwas gefragt, nicht wahr? Und jetzt haben Sie noch einmal zwei Fragen nachgelegt? Aber das ist kein Problem. Von mir aus können Sie endlos fragen.

Mit auf Landkreise heruntergebrochenen Zahlen kann ich Ihnen nicht bis heute Abend dienen. Wir haben es auch mit freien Trägern zu tun, bei denen wir nachfragen müssen. Das schaffen wir nicht in einem Tag.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Aber Sie haben ja eine Zahl genannt! Dafür müssen Sie doch eine Basis haben!)

- Ich will das gerne machen. Ich kann Ihnen eine veröffentlichte Statistik geben, wonach wir im Jahre 2004 19 445 Krippenkinderplätze hatten. Im Jahre 2005 waren es schon 2 000 mehr. Diese Zahlen kann ich Ihnen gleich geben.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich hätte gerne nur die Landkreise, damit man das überprüfen kann! - Gegenruf von David McAllister [CDU]: Doch nicht bis heute Abend! Wie soll das denn ge- hen?)

- Gut, dann müssen wir entsprechende Abfragen starten. Das können wir aber nicht im Laufe des heutigen Tages leisten.

Nun zu der Frage nach den Rechtsansprüchen. Irgendwo raunte jemand, wir lebten in einem Land von Rechtsansprüchen. Wenn Handlungsbedarf besteht und man es nicht anders in den Griff bekommt, dann befürworten auch seriöse Politiker, es über einen Rechtsanspruch zu regeln, weil nur dies den richtigen Druck auslöst. Ich persönlich bin eher ein Verfechter von freiwilligen Übereinkünften und überzeugenden Angeboten. Solche Angebote werden auch angenommen; das regelt dann der Markt. Man braucht dann nicht irgendwelche Rechtsansprüche zu formulieren, die der eine in Anspruch nimmt und der andere nicht, wodurch es ja in der Sache auch nicht anders wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Herr Kollege Möhrmann, Sie möchten die nächste Frage stellen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich würde ja Ihre Antwort akzeptieren, wenn Sie mir nicht als jemand in Erinnerung wären, der hier vor der letzten Landtagswahl mit der Aussage aufgetreten ist, die wenigen Promille des Landeshaushalts könne man nutzen, um das beitragsfreie Kindergartenjahr zu finanzieren. Sie haben dazu fünf Jahre gebraucht. Nun sagen Sie in Ihren Verlautbarungen, dass Sie sogar das Familiensplitting einführen wollen, das zusätzliche Einnahmebelastungen des Landes in einer Größenordnung auslösen würde, die Herr Möllring sicherlich genauer als ich kennt. Aber ich will doch noch einmal nachfragen, weil Sie gesagt haben, dies müsse irgendwie finanziert werden. Kauder sagt, vom Bund gebe es gar nichts. Ich nenne einmal die Zahlen: 750 000 Plätze bundesweit bedeuten einen Zusatzbedarf von 4,7 Milliarden Euro. Nehmen wir einmal an, dass es vom Bund gar nichts geben wird. Dann bedeutet dies für das

Land Niedersachsen 470 Millionen Euro. Ferner müssen Sie die Kindergelderhöhung um 10 Euro pro Monat, die Sie ja beibehalten wollen, zusätzlich finanzieren. Das macht für das Land weitere 50 Millionen Euro aus. Außerdem müssen Sie die Absenkung des Elternfreibetrags zusätzlich finanzieren. Das macht für das Land 12 Millionen Euro aus.

(Zuruf von der CDU: Das ist doch Ihr Vorschlag!)

Sie müssen zusätzlich finanzieren - -

Er muss vieles, Herr Möhrmann, aber Sie müssen jetzt zur Frage kommen!

Ich komme sofort zur Frage. - Sie müssen zusätzlich finanzieren, was wir beim Splitting streichen wollten. Das sind dann für das Land Niedersachsen noch einmal 81 Millionen Euro. Ich möchte von Ihnen gerne wissen, welchen Zeitraum man nach Ihrem Dafürhalten braucht, um diese Beträge im niedersächsischen Landeshaushalt unterbringen zu können.

(David McAllister [CDU]: Das ist doch Ihr Finanzierungsvorschlag!)