Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Wenn man sich die Bilanz Ihres Wirkens anguckt, wird allerdings verständlich, warum die Imagekampagne 24 Millionen Euro teuer sein soll - wohlgemerkt nicht für den Fonds und für Innovationen, sondern für die Werbung.

Jetzt wollen Sie uns hier allen Ernstes Ihren Wirtschaftsförderfonds in neuer Verpackung präsentieren. Sie hatten doch vier Jahre Zeit, Innovationen

zu fördern. Ihr Kollege Sander, der heute gar nicht erst anwesend ist, hat seinen Anteil am Wirtschaftsförderfonds für Innovationsförderung fast ganz in der globalen Minderausgabe verschwinden lassen. Sie dagegen haben Skihallen, Almhütten und das Pannen-Projekt „Weserrenaissance“ gefördert. Jetzt wollen Sie uns noch die Förderung von Praxislaboren in Schulen verkaufen, obwohl Sie das XLAB, das so etwas so innovativ wie keine andere Einrichtung macht, finanziell hängen lassen und dort keine Finanzierung auf Dauer darstellen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, obwohl die EUKommission für die neue Förderperiode eine Förderlinie für Energieeffizienz und erneuerbare Energien - das Zukunftsthema schlechthin - aufgemacht hat, haben Ihr sogenannter Umweltminister und Sie festgelegt, dass hier kein Cent investiert werden sollte. Erst jetzt haben Sie unter dem Druck der aktuellen Debatte und der neuen Daten zum Klimawandel ein kleines Fenster aufgestoßen. Es ist aber immer noch weniger als das, was Ihr Ministerpräsident im Parlament angekündigt hat. An dieser Stelle werden Sie noch nacharbeiten müssen.

Sie waren lange der Chefbedenkenträger bei der modernen Energietechnik, Herr Hirche. Originalton Hirche im Jahr 2002: Die FDP will auf erneuerbare Energiequellen verzichten und setzt auf fossile Quellen und Atomkraft.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Wo steht das?)

- Das habe ich da vorne liegen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Zeigen Sie uns das bitte gleich!)

- Sie bekommen gleich eine Kopie. - Das war im Wahlkampf 2002; alles original aufgeschrieben.

2005 sagt Herr Minister Hirche: Wir fordern den Bau neuer Großkraftwerke. - Auch sehr innovativ! Heute wissen alle, dass wir Blockheizkraftwerke brauchen und Kraft und Wärme gleichzeitig am selben Ort nutzen müssen. 2005 war das bei Ihnen noch nicht angekommen, Herr Hirche.

Ebenfalls 2005 sagen Sie zur Offshore-Windkraft: Ich bin skeptischer denn je. - Innovationsweltmeister Hirche? Da lachen ja die Hühner, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Die frei laufenden!)

Herr Minister, im vierten Stärken/SchwächenRanking der WirtschaftsWoche liegt Niedersachsen bei den Unternehmensinsolvenzen bedauerlicherweise nur auf dem vorletzten Platz aller Bundesländer. In anderen Ländern sinkt die Zahl der Insolvenzen; bei uns steigt sie leider an.

Bei der Entwicklung der Wissenschaftsausgaben schafft es Niedersachsen im Dynamik-Ranking nur auf Platz 14. Bei der Eigenkapitalquote der Unternehmen liegt Niedersachsen nur auf Platz 11. In der Gesamtnote für die ersten drei Regierungsjahre landen Sie nur auf Platz 12 von 16 Bundesländern. Und wie sieht es bei den Patentanmeldungen aus? - Die Realität ist auch hier düster: Im November 2006, im Herbst des letzten Jahres, schreibt die IHK Braunschweig: „Niedersachsen: Bei Patentanmeldungen reichlich Verbesserungsbedarf.“ Die IHK Hannover schreibt ganz schlicht: „Niedersachsen hinten“.

Meine Damen und Herren, der Wirtschaftsminister will jetzt Fachkräfte per Anzeige werben, weil die Firmen mittlerweile sehr deutlich sagen, dass in vielen Bereichen Ingenieure und Facharbeiter fehlen. - Sie alle waren da: Der Ministerpräsident war da, der Wirtschaftsminister war da und auch noch einige andere Minister.

(Jörg Bode [FDP]: Wo denn?)

Aber Ihr Innenminister lässt nichts unversucht, um junge Menschen abzuschrecken, die hier aufgewachsen sind, die hier geboren sind und hier leben wollen.

(David McAllister [CDU]: Was?)

Er will sie wieder in Länder zurückschicken, die sie gar nicht kennen und in denen vielleicht ihre Eltern einmal gelebt haben.

Der DIHK-Präsident Georg Ludwig Braun, der Chefredner beim Neujahrsempfang, hat Ihnen bei dieser Veranstaltung einige sehr deutliche Worte ins Stammbuch geschrieben. Man könnte auch sagen: Er hat Ihnen die Leviten gelesen.

Meine Damen und Herren, wer die Zukunft gewinnen will, muss Innovationen mit den richtigen Zielen verknüpfen. Wir haben Ihnen daher bereits zum Haushalt 2007 einen Klima-Innovationsfonds und einen Bildungsfonds vorgeschlagen. Wir ha

ben Ihnen auch Finanzierungskonzepte vorgelegt, die nicht auf neuen Schulden basieren.

(Jörg Bode [FDP]: Darüber lachen ja die Hühner! - David McAllister [CDU]: Da lachen nicht einmal mehr die Hüh- ner! - Bernd Althusmann [CDU]: Nur die frei laufenden!)

Leider haben Sie sie abgelehnt.

Meine Damen und Herren, an der Schwelle von der Industrie- zur Wissensgesellschaft sind es die Ideen, die die Welt verändern. Als Hochlohnland können wir nur dann wettbewerbsfähig bleiben, wenn wir die kreativsten Köpfe für uns gewinnen, wenn wir die Türen für die kreativsten Köpfe öffnen. Deshalb müssen wir drei elementare Themen anpacken, drei zentrale Fragen lösen: Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag bei Forschung, Entwicklung und Bau von Anlagen zur effizienten Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Das ist die Herausforderung unserer Generation.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen außerdem - das wissen Sie ganz genau - eine grundlegende Modernisierung unseres Bildungssystems. Sie wissen ganz genau, welche elementaren Schwächen Ihre Bildungspolitik hat und wie viele Menschen hierbei auf der Strecke bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Hans- Werner Schwarz [FDP]: Großer Un- fug!)

- Herr Schwarz, Sie wissen ganz genau, was an den Hauptschulen los ist. Reden Sie nicht alles schön, sondern nehmen Sie das zur Kenntnis, was draußen im Land passiert!

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Und reden Sie nicht alles schlecht!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen noch etwas: Wir brauchen die Durchsetzung einer weltoffenen, toleranten und zuwanderungsfreundlichen Innenpolitik. Anders können wir die kreativen Köpfe nicht gewinnen.

(Präsident Jürgen Gansäuer über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, wenn wir über Innovationen reden, wenn wir den Wettbewerb um die besten Ideen für die Gestaltung der Zukunft ge

winnen wollen, dann müssen wir die Toprunner in der Wissenschaft, in der Wirtschaft und im Handwerk fördern. Aber Sie, Herr Wirtschaftsminister Hirche, haben in den letzten vier Jahren leider zu oft das Gegenteil bewiesen. Deshalb ist Ihre jetzige Kampagne nicht glaubwürdig. Sie dient allein dem Imagelifting eines schwachen Ministers. Sie sind ein innovationspolitischer Oldtimer!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ursula Körtner [CDU]: Und Sie sind manchmal ein grüner Junge!)

Herr Minister Hirche, bislang ist noch jede Regierung, der Sie als Minister angehört haben, spätestens nach fünf Jahren abgewählt worden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist ein gutes Zeichen!)

Das war in Hannover 1990 so, und das war in Potsdam 1994 so.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: 1998 in Bonn auch!)

- Da auch noch. Da war er Staatssekretär. - Jetzt haben Sie eine Werbekampagne in Planung, um das Gesetz der Serie hier zu durchbrechen. Sie haben eine Werbekampagne in Planung, die Ihnen den Ministerstuhl noch einmal sichern soll. Aber ich sage Ihnen eines, Herr Minister Hirche: Um die Defizite der letzten vier Jahre zu verwischen, reicht auch ein millionenschwerer Reklamefeldzug nicht aus.

Sie wollen sich als der Daniel Düsentrieb Niedersachsens geben. Ich sage Ihnen: Die beste Innovation für Niedersachsen wäre eine möglichst baldige Neubesetzung Ihres Amtes. - Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Wort hat der Kollege Dr. Rösler. Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Jetzt zieht euch warm an!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Satz, dass die beste Sozialpolitik ein Arbeitsplatz für jeden ist, der Arbeit sucht, ist nicht

wirklich neu. Spannender ist die Frage, wie der Weg zu mehr Arbeit in der heutigen Zeit tatsächlich aussehen kann. Aus unserer Sicht ist der beste Weg eine enge Verknüpfung von Bildungs- und Wirtschaftspolitik;

(Beifall bei der FDP)

denn schon in der Schulpolitik fängt es an. Hier können wir die junge Generation endlich wieder für Technik begeistern; denn hier wurde in den letzten Jahrzehnten Erhebliches versäumt.

(Beifall bei der FDP)

Insbesondere meine Generation ist in einem eher technikfeindlichen Klima groß geworden. Die echten Technikfeinde, die dadurch Schaden genommen haben, sind zu den Grünen gegangen.