Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Insbesondere meine Generation ist in einem eher technikfeindlichen Klima groß geworden. Die echten Technikfeinde, die dadurch Schaden genommen haben, sind zu den Grünen gegangen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Genau deshalb sind wir in der Energiepolitik so mo- dern! Ihr setzt auf Monopole!)

- Herr Briese, diese technikfeindliche Grundhaltung, diese Geisteshaltung ist für das Fehlen eines echten innovationsfreundlichen Klimas in Deutschland verantwortlich.

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Genau so ist es! - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das ist Legenden- bildung!)

- Je, je, je, je, je!

(Heiterkeit - Zuruf von der SPD: Wir sind hier doch nicht im Kindergarten!)

Deswegen unterstützen wir die IdeenExpo der Landesregierung. Hier können Sie junge Menschen neugierig auf Innovationen machen und für Technik begeistern; denn Innovationen fallen nicht vom Himmel, sondern dafür benötigen Sie genau dieses innovationsfreundliche Klima. Auch das ist erklärtes Ziel der Schul- und Bildungspolitik von CDU und FDP.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn Bildungspolitik den Weg beschreibt, aus Geld möglichst viel Wissen zu schaffen, dann beschreibt Innovation den umgekehrten Weg, aus Wissen Geld und damit auch Wohlstand zu gewinnen. Gemeint ist natürlich der Wissenstransfer aus den Universitäten und Fachhochschulen direkt hinein in unsere niedersächsische Wirtschaft. Auf

diesem Weg sind wir in den letzten vier Jahren ein erhebliches Stückchen vorangekommen.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Neben den institutionellen Fördermöglichkeiten - wie dem Innovationsnetzwerk Niedersachsen, der NBank und auch dem Gründercampus Niedersachsen - gibt es eine Reihe von direkt geförderten, hoch innovativen Projekten, so das Laser Zentrum Hannover, das Zentrum für Mikroproduktion und das Photoniknetzwerk. Schon diese Beispiele beweisen: Innovation und Technologiefreundlichkeit gibt es nicht nur in Bayern, BadenWürttemberg, Hessen oder Rheinland-Pfalz, sondern sehr konkret hier bei uns in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP)

Diese Einrichtungen sind letztlich auch ein Angebot an die vielen jungen Wissenschaftler, die Deutschland gerade den Rücken kehren. Diese jungen Talente, die wir meistens mit unseren eigenen Steuergeldern ausgebildet haben, dürfen wir nicht ziehen lassen. Es mag sein, dass die Alt68er-Generation damals ausgewandert ist, um aus dieser Gesellschaft, auch aus den Kosten dieser Gesellschaft, auszusteigen. Aber die jungen Wissenschaftler, die heute auswandern, müssen dies tun, um beruflich überhaupt einsteigen zu können.

(Beifall bei der FDP)

Diesen Zustand dürfen wir nicht akzeptieren. Deswegen sind wir froh, dass es nunmehr gelungen ist, den letzten offenen Punkt in der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP erfolgreich umzusetzen. Per Kabinettsbeschluss von gestern gibt es in Niedersachsen künftig einen Innovationsfonds.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Damit werden wir nicht nur junge Wissenschaftler bei ihren ersten unternehmerischen Schritten finanziell begleiten, sondern es geht auch darum, kleine und mittelständische Unternehmen, die besonders innovativ sind, finanziell vernünftig zu fördern. Deswegen ist es richtig, dass auch für private Dritte die Möglichkeit geschaffen wurde, sich an dieser Innovationsstiftung zu beteiligen; denn - Minister Hirche hat es schon gesagt - Innovation ist nicht nur eine staatliche Aufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen ist diese Stiftung eine ideale Form der öffentlich-privaten Partnerschaft.

(Beifall bei der FDP)

Trotz der Möglichkeit, dass private Investoren mit in diese Stiftung einsteigen, sind aus unserer Sicht die 20 Millionen Euro in der Tat nur ein erster Schritt. Weitere Finanzierungsschritte müssen folgen. Das eben vorgestellte Konzept und Ziel der Landesregierung, schnellstmöglich zu einer Aufstockung auf einen dreistelligen Millionenbetrag zu kommen, hat jedenfalls die volle Unterstützung der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Am Ende sind für uns Innovationen gute Ideen und somit überhaupt kein Selbstzweck. Im Gegenteil, das, was aus unseren Schulen, Hochschulen, Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und auch aus unseren mittelständischen Unternehmen kommt, ist die beste Grundlage für Wachstum und Wohlstand in Niedersachsen. Hier brauchen wir uns überhaupt nicht zu verstecken. Es ist deswegen richtig, dass wir jetzt auch mit Landesmitteln - übrigens gemeinsam mit Privaten - eine Innovationskampagne starten. Wir sind bundesweit zu Recht als Agrarland Nummer eins bekannt. Aber ich finde, es ist auch notwendig, uns als Land der Ideen Nummer eins bekannt zu machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass wir mit dem Forschungsflughafen in Braunschweig nach Airbus in Toulouse das zweitgrößte Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrttechnik in ganz Europa haben, wissen wir alle. Es gibt in Niedersachen daneben aber auch viele kleine hervorragende Innovationen. So werden beispielsweise die klügsten Roboter in Osnabrück gebaut. In Oldenburg wird gerade das Internet für Blinde entwickelt. An der Universität Hannover gibt es neuerdings eine Membran, mit deren Hilfe man aus Erdgas Benzin oder Diesel gewinnen kann. Angesichts der Frage nach der Energieversorgung der Zukunft ist dies im wahrsten Sinne des Wortes eine Innovation von unschätzbarem Wert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weil der Kollege Schröder hier schon mehrfach angesprochen wurde, sage ich in diesem Zusammenhang auch dies: Die Innovation des ebenfalls aus Niedersachsen stammenden Gerhard Schröder, aus Erdgas eine Menge Kohle zu machen, zähle ich nicht zu den Innovationen, die uns wirklich weiterbringen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Am Ende ist es deswegen richtig, dass wir noch mehr als bisher auf unsere Stärken hinweisen. Die SPD-Fraktion hat ja nicht viele Stärken; ganz im Gegenteil. Diese Innovationskampagne hat genau das, was der Opposition so sehr fehlt: Charme, Witz und auch einen Hauch von Selbstironie.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Abschließend möchte ich sagen, Herr Kollege Jüttner, dass ich das, was Sie, wie ich glaube, in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 3. März gesagt haben, ganz traurig finde. Dort war zu lesen: SPD-Chef Wolfgang Jüttner kann der Kampagne wenig abgewinnen. - Dann wird Herr Jüttner wörtlich zitiert: Der Kampagnentitel „Aufs falsche Pferd gesetzt. Ertragen Sie unsere Schwäche“ wäre besser. - „Aufs falsche Pferd gesetzt“ an wen denken wir dabei, Herr Kollege Jüttner?

(Hans-Hermann Wendhausen [SPD]: An euch!)

Drehen Sie sich doch einmal um und gucken Sie in die Gesichter Ihrer eigenen Fraktion! Dann werden Sie feststellen: Aufs falsche Pferd gesetzt. Akzeptieren Sie unsere Schwäche!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In diesem Sinne ist es richtig, dass wir auf unsere Stärken in Niedersachsen hinweisen - oder um mit Leibniz zu sprechen: 1 : 0 für Regierung gegen Opposition.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Wissenschaftsminister Stratmann das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Oppositionsführer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Innovationen in Niedersachsen, aber auch in Deutschland insgesamt nicht denkbar sind, wenn man nicht das Bildungssystem als solches in den Fokus nimmt. Erlauben Sie mir deshalb, dass ich als zuständiger Hochschul- und Wissenschaftsminister einige wenige Worte sage,

um auch manches zurechtzurücken und richtigzustellen, was von der Opposition gesagt worden ist. Es ist in der Tat nicht immer einfach, Opposition zu sein, und zwar auch deshalb, Herr Jüttner, weil einem - das können wir aus langer Erfahrung nachvollziehen - nicht immer das richtige Datenmaterial zur Verfügung steht. Ich unterstelle, dass hier in diesem Haus niemand vorsätzlich die Unwahrheit sagt. Bei Ihnen muss ich unterstellen, dass Sie nicht die richtigen Daten zur Verfügung hatten. Wenn hier beispielsweise davon gesprochen wird, dass die Innovationskampagne 24 Millionen Euro kosten soll, dann entstehen bei mir erhebliche Fragezeichen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE] zeigt dem Redner einen Zeitungsartikel)

- Das ist ja das, was ich meine. Die Opposition ist darauf angewiesen, ihre Informationen den Zeitungen zu entnehmen. Diese Informationen haben aber nicht immer etwas mit der Realität zu tun. Wir sind ausgesprochen stolz darauf, dass es uns im Gegensatz zur Vorgängerregierung gelingen wird, diese Kampagne eben überwiegend nicht mit Mitteln der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dieses Landes zu finanzieren, sondern mit Mitteln, die u. a. die Wirtschaft mit aufbringt, weil sie sagt: Jawohl, auch wir sind der Meinung, dass Niedersachsen, was das Image anbelangt, einen großen Nachholbedarf hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lieber Herr Jüttner, Sie haben auf Studienplätze und dergleichen hingewiesen. Hier sei nur am Rande bemerkt - auch das haben wir an dieser Stelle schon einmal betont -, dass wir den besten Wanderungssaldo seit 1990 haben. Auch das muss immer wieder erwähnt werden. Gleichwohl gebe ich zu, dass wir einige Probleme zu bewältigen haben. Niedersachsen gibt beispielsweise - auch das scheint Ihnen nicht bekannt zu sein pro Studienplatz fast doppelt so viel Geld aus wie das sozialdemokratisch geführte Flächenland Rheinland-Pfalz. In Niedersachsen wird fast doppelt so viel Geld pro Studienplatz aufgewendet. Womit hängt das zusammen? - Das hängt damit zusammen, dass wir in Niedersachsen überproportional viele teure Studiengänge - Studienplätze im Bereich von Ingenieur- und Naturwissenschaften und Medizin - anbieten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Problem aber ist - Philipp Rösler hat darauf hingewiesen -, dass wir von diesen Studienplätzen in den vergangenen Semestern nur 55 % besetzen konnten. Das bedeutet: 5 000 dieser Studienplätze konnten nicht besetzt werden, weil die jungen Leute sie nicht gewählt haben. Womit hängt das zusammen? - Bei dieser Frage gucke ich ganz bewusst in Ihre Ecke; denn über 30, 40 Jahre ist in Deutschland eine Technikfeindlichkeit propagiert worden, unter deren Folgewirkungen wir heute zu leiden haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen ist es wichtig, dass wir auf dem Wege über viele Maßnahmen, die im Kindergarten und in den Schulen anfangen und bis hin zur IdeenExpo und zu Innovationskampagnen und dergleichen mehr reichen, versuchen, Technikfeindlichkeit in Technikfreundlichkeit umzumünzen, weil dieses Land nur dann das Land der Ideen bleiben kann, wenn junge Menschen sich bereit erklären, Ingenieur- und Naturwissenschaften zu studieren. Das ist die schlichte Wahrheit. Wir brauchen in den nächsten zehn Jahren 100 000 zusätzliche Ingenieure in Deutschland. Wenn wir diesen Bedarf nicht decken, dann wird dieses Land keine gute Zukunft haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit ich nicht missverstanden werde, sage ich auch dies sehr deutlich: Auch ich bin der Meinung, dass wir Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften künftig mehr denn je brauchen. Wir brauchen eher mehr Humboldt, mehr Interdisziplinarität als weniger. Dies darf doch aber nicht verdecken, dass wir erhebliche Probleme haben, vorhandene Studiengänge mit jungen Leuten zu füllen. Deshalb ist diese Kampagne gut und richtig. Deshalb stehen wir dahinter. Lieber Herr Wenzel, wir werden deshalb auch unsere Zusagen in Bezug auf das XLAB - diesbezüglich haben Sie die Dinge hier auch falsch wiedergegeben - einhalten. Das XLAB ist eine ganz hervorragende Einrichtung, die in Göttingen von Frau Neher organisiert wird. Es ist vor Ort auch immer wieder gesagt worden, dass wir die Zusagen einhalten werden.

Es ist ebenfalls wichtig, dass wir uns endlich zu den Eliten in diesem Land bekennen, weil das Bekenntnis zu jungen Eliten auch immer Vorbildcharakter hat. Wir haben deshalb vor wenigen Wochen am Hanse-Wissenschaftskolleg in Delmenhorst das Norddeutsche Exzellenznetzwerk ins

Leben gerufen. Dort bekommen die talentiertesten Doktoranden dieses Landes die Gelegenheit, sich interdisziplinär in bestimmten Bereichen auszutauschen und zu forschen. Dies ist natürlich keine Massenbewegung. Das Entscheidende ist, dass wir Zeichen setzen, um den jungen Leuten deutlich zu machen: Wenn ihr euch anstrengt, wenn ihr Leistung erbringt, wenn ihr besser seid als die anderen, dann honorieren wir das, weil wir euch brauchen, um die Zukunft dieses Landes zu gestalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)