Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

Indem wir ja jetzt schon einen Sicherheitszuschlag von 25 cm drauflegen, müssen wir überlegen, ob wir diese Sicherheit unter Umständen unter den gegebenen Daten noch erhöhen.

Aber wenn Sie davon ausgehen, dass wir 610 km Küstendeiche haben und davon im Grunde genommen rund 485 km im Idealzustand sind, nämlich in dem Zustand, der auch für die nächsten 100 Jahre ausreicht, dann geht es jetzt darum, die 125 km so schnell wie möglich auch auf diesen Stand zu bringen. Dann fangen wir wieder an und werden die Veränderungen, die in 10 oder 20 Jahren vorhanden sein werden, berücksichtigen.

Ich darf dazu wiederholen: Bei technischen Bauwerken gehen wir ja heute schon beim Sicherheitsstandard von einem Aufschlag von 1 m aus. Das heißt also, gerade da sehen wir zu, dass wir mit den Mitteln des Steuerzahlers effizient umgehen. Man kann natürlich alles machen und der umfassendsten Sicherheitsphilosophie Rechnung tragen. Aber wenn die Entwicklung nicht eintritt und das Geld nur verbaggert oder in der Erde verbuddelt wird, dann wäre das nicht richtig. Da ge

hen wir also von 1 m aus, liegen damit sogar über dem, was der UN-Bericht aussagt.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Sie sehen, dass wir alles das berücksichtigen, sogar noch mehr berücksichtigen, als Sie selbst dem UN-Bericht als Prognose entnommen haben.

Vielen Dank. - Herr Wenzel!

Herr Präsident! Herr Sander! Herr Ministerpräsident! Ihr Generalplan ist ja schon Makulatur, obwohl er eigentlich erst seit zwei Tagen auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie geben hier schon zu, dass er überarbeitet werden muss, obwohl Sie gerade ein paar Jahre daran gearbeitet haben.

Man kann über Prognosen reden und über Messungen. Wir haben hier die Messungen, mit denen Sie immer arbeiten. Das zeigt ganz deutlich: Wenn man seit 1960 guckt, stellt man fest, es gibt einen Anstieg, der deutlich stärker ausfällt als der in den Jahren davor. Daran kommen Sie überhaupt nicht vorbei. Ich stelle das dem Ministerpräsidenten gleich zur Verfügung, weil ich bei Ihnen eh nicht das Gefühl habe, dass Sie das lesen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Unverschämtheit!)

Ich komme zu meiner Frage. Heute berichtet das Hamburger Abendblatt über Empörung in Hamburg. Die norddeutschen Wirtschafts- und Umweltminister seien vor kurzem in Hamburg zusammengekommen und hätten sich einvernehmlich darauf verständigt, das laufende Planfeststellungsverfahren weiter konstruktiv zu begleiten. Von Bedenken gegen die Deichsicherheit in Niedersachsen sei bei diesen Ministern überhaupt nicht die Rede gewesen. Deswegen wundert man sich jetzt, dass sich der Ministerpräsident kritisch zur Elbvertiefung eingelassen hat.

Sie müssten jetzt bitte fragen, Herr Kollege.

Angesichts dieser Berichte komme ich zu meiner Frage, Herr Präsident. Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident, ob Sie uns zusichern können, dass Ihre Landesregierung vor dem 27. Januar 2008 eine abschließende Entscheidung zur Frage der Elbvertiefung treffen wird, damit die 1,2 Millionen Küstenbewohner, die nicht in Holzminden bei Herrn Sander wohnen, wissen, womit sie rechnen können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Eine gute Frage!)

Herr Ministerpräsident!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da wir alle drei angesprochen worden sind, wird Minister Hirche nach mir zu der Konferenz der Wirtschaftsund Verkehrsminister sprechen. Es ist wichtig, dass die verschiedenen Ressortminister stets einheitlich - wie auch bei Vorgängerregierungen geschehen - gegenüber den Hamburger Kolleginnen und Kollegen auftreten, weil es hier um fachliche Fragen geht.

Das Land Niedersachsen ist bei dem Vorhaben beteiligt, sofern Belange der Landeskultur oder der Wasserwirtschaft berührt sind. Es ist zwingend, dass das Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen hergestellt wird, wenn diese Belange betroffen sind. Wir sind verpflichtet, hierüber ermessensfehlerfrei zu entscheiden, und deshalb sind die Erklärungen der Ministerpräsidentenkonferenz in Norddeutschland, der Umweltministerkonferenz, der Wirtschafts- und Verkehrsministerkonferenz stets so, dass man konstruktiv begleitet, weil wir dazu auch verpflichtet sind. Aber in allen Erklärungen, selbst in der Erklärung zum Tiefwasserhafen Wilhelmshaven, die die Vorgängerregierung unter Herrn Ministerpräsident Gabriel und Herrn Umweltminister Jüttner abgeschlossen hat, steht jeweils die Formulierung, dass die ökologischen Fragen geklärt sein müssen und dass die Deichsicherheit zwingend gewährleistet sein muss. Diese beiden Bedingungen sind von allen Regierungen in Niedersachsen stets hochgehalten worden. Das ist ja auch eine Selbstverständlichkeit.

Wenn wir den Planfeststellungsbeschluss zugeleitet bekommen, dann müssen wir uns innerhalb von

drei Monaten einlassen. Das werden wir tun. Nach dem Beschluss des Kabinetts vom Dienstag können wir derzeit nur sagen, dass das Einvernehmen nicht hergestellt werden kann, weil eine Vielzahl von Fragen und negativen Konsequenzen der letzten Elbvertiefung überhaupt nicht zureichend geklärt sind. Ich habe mich eben bei den Mitarbeitern des Naturschutzes erkundigt, weil wir im Kabinett beschlossen haben, die Kompensation negativer Auswirkungen auf den Naturschutz und die Landwirtschaft bereits jetzt in besonderer Weise in dieses Verfahren einzubringen.

Alle unsere Bedenken liegen den Hamburgern vor. Die sind denen bekannt. Manchmal endet die Wahrnehmung der Hamburger Politik- und Medienwelt bereits in Hamburg-Harburg. Wenn ich heute die Welt lese, dann habe ich den Eindruck, man müsste sich dort tatsächlich bemühen, auch die Belange anderer fair und gleichberechtigt wahrzunehmen. Es wäre nett, wenn wir das gemeinsam täten. Denn es ist wenig förderlich, wenn die Hamburger SPD in diesen Tagen mit Schaum vorm Mund agiert. Es ist auch wenig förderlich, wenn Sie nicht auch Ihre Möglichkeiten nutzen, wenn es um dieses Verfahren geht.

Das ist ja eine Bundesmaßnahme. Der Bund Bundesverkehrsminister Tiefensee - würde ja vertiefen lassen. Deswegen wäre ich dankbar, wenn SPD, Christdemokraten, Liberale und Grüne hier gemeinsam die niedersächsischen Interessen wahrnähmen und dem Hamburger Lebensgefühl nicht zu sehr Nahrung gäben, das da lautet: Hannoveraner ist man nur in Hannover, Kölner ist man nur in Köln, aber Hamburger ist man in der ganzen Welt. - Dieses Zitat ist mir dort einmal begegnet. Da müssen wir gemeinsam sagen: Niedersachsen ist auch noch da.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wirtschaftsminister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will das nur ergänzen. Bei der Konferenz am 12. April in Hamburg haben der Kollege Sander und ich Niedersachsen vertreten. Wir haben dort sehr deutlich gemacht, dass es angesichts der ausstehenden Untersuchungen keine Zustimmung zu

vorgezogenen Maßnahmen geben kann und dass die inhaltliche Frage für uns die entscheidende ist, nicht irgendwelche Termine in diesem Zusammenhang.

Ich habe mich deswegen schon sehr gewundert, dass die Hamburger Erklärung, die Sie ja gerne nachlesen können und in der festgehalten ist, dass wir weitergehende Untersuchungen für wichtig halten, von einer Zeitung in Hamburg, der Welt, so verkürzt dargestellt worden ist, dass Herr Jüttner dazu verleitet wurde, zu sagen, ich hätte die Elbe verkauft.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich glaube, ich habe „verschenkt“ gesagt!)

- Oder verschenkt. „Verkauft“ hätte darauf hingedeutet, dass er am Erlös hätte beteiligt werden wollen. Aber das ist natürlich kompletter Unsinn.

Ich habe recherchiert, woher das kommen könnte. Die Presseerklärung ist eindeutig, aber die WeltBerichterstattung ist an dieser Stelle falsch. Deswegen nehme ich gerne die Gelegenheit wahr, das hier noch einmal zu sagen. Ich habe bewusst auch als Verkehrsminister in Hamburg den Hamburgern klargemacht, in Abstimmung mit dem Kollegen Sander, dass das nicht bloß eine Geschichte des Umweltressorts ist, sondern eine Sache der ganzen Niedersächsischen Landesregierung.

Was bestimmte Gutachten betrifft, weise ich im Übrigen darauf hin, dass sie nicht von Niedersachsen, sondern von der Bundesanstalt für Gewässerkunde und von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in das Verfahren eingebracht werden. Das sind beides Bundesbehörden. Wir als Landespolitiker müssen in Bundestreue die Angaben, die die Bundesregierung uns durch ihre Behörden vorlegt, akzeptieren. Das betrifft das Thema „Sauerstoffgehalt“ und das Thema „Wasserstände“. Vor Ort wird gesagt, diese Behörden hätten alle keine Ahnung. Das mag man diesen Behörden vorwerfen. Aber wir als Amtsträger müssen davon ausgehen, dass der Bund mit seinen zuständigen Fachbehörden im Planfeststellungsverfahren die Instanz ist, an die wir uns halten. Insofern liegt der Ball bei Herrn Tiefensee und bei Herrn Gabriel.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klein, Sie hatten noch eine Frage.

Die Aussage, dass die Landesregierung einer Elbvertiefung nur zustimmen wird, wenn die Deichsicherheit gewährleistet ist, ist eine seit Längerem bekannte Position der Landesregierung. Sie ist aber - auch das muss man feststellen - allenfalls eine Überschrift. Interessant wird es, wenn wir ins Detail gehen, wenn wir darüber nachdenken, was das bedeutet, welche Parameter da betroffen sind.

Nun hat der Ministerpräsident in einem gestern veröffentlichten Interview gesagt: Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen stimmt die Landesregierung einer Elbvertiefung nicht zu. - Ich begrüße diese Aussage, weil ich glaube, dass sie ein Stück weit über die bisherige Überschrift hinausgeht. Aber mich interessiert natürlich - deswegen frage ich jetzt danach -, welche konkreten Rahmenbedingungen er bei dieser Aussage im Sinn hatte und wie die Rahmenbedingungen verändert werden müssen, damit ein Einvernehmen des Landes hergestellt werden kann.

Wer antwortet? - Herr Ministerpräsident, bitte schön!

Herr Präsident! In dem Verfahren müssten die Bedenken allesamt ausgeräumt werden, die die Belange der Landeskultur und der Wasserwirtschaft betreffen, also die Fragen, zu denen ein Einvernehmen herzustellen ist. Sie sind im Einzelnen in dem Beschluss des Kabinetts vom Dienstag enthalten. Wir sind gehalten, in dem Verfahren sachlich zu bleiben, weil eine schlichte Verweigerung des Einvernehmens ohne entsprechende Grundlagen rechtswidrig wäre und wir dann äußerste Gefahr liefen - so sagen uns die Juristen -, auf Herstellung des Einvernehmens verklagt zu werden. Das heißt, eine gerichtliche Entscheidung könnte an die Stelle des Einvernehmens des Landes Niedersachsen gerückt werden.

Im Übrigen ist allerdings bei Ausräumung aller Bedenken, die es in diesem Verfahren unsererseits gibt, die Vertiefung zu ermöglichen, und zwar dann nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus tatsächlichen Gründen. Ich habe natürlich auch darauf hingewiesen - was die Hamburger nicht wahrnehmen -, dass 30 000 Menschen aus Niedersachsen im Hamburger Hafen arbeiten und dass auch wir den Regionen Stade und Cuxhaven so

wie dem Landkreis Harburg industrielle Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Hamburger Hafen ermöglichen wollen. Es gibt ja eine Reihe von Ansiedlungsvorhaben von Unternehmen, die vom Hamburger Hafen profitieren, wenngleich für die ganz großen Schiffe Hamburg nicht mehr in Frage kommt und ein Befahren der Elbe flussaufwärts über, glaube ich, 70 Seemeilen hinaus nicht mehr zu verantworten ist, wenn man für die großen Schiffe den viel besser geeigneten Hafen Wilhelmshaven zur Verfügung hat. Wilhelmshaven wird ja auch von EUROGATE betrieben. Das ist ein Unternehmen, das auch in Hamburg und Bremen tätig ist. In Wilhelmshaven können die größten Schiffe der Republik gelöscht werden, ohne dass die Elbe und die Elbanrainerkreise gefährdet werden.

Diese Diskussion muss in aller Sachlichkeit und Konsequenz geführt werden. Da sollten wir uns nicht auseinanderdividieren lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Schwarz, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Generalplan Küstenschutz ist hier in den Fragen schon mehrfach angeführt worden. Dieser Generalplan ist ja von den Ländern Niedersachsen und Bremen erarbeitet worden. Er zeigt, dass große Herausforderungen hinsichtlich der Finanzierung der dargestellten Maßnahmen auf das Umweltressort zukommen. Jetzt kann man die Frage stellen, ob der Küstenschutz allein eine Aufgabe der Küstenländer ist oder ob er eine nationale Aufgabe ist. Der letzteren Auffassung würde ich zustimmen. Ich frage daher die Landesregierung, inwieweit sie bei der Bundesregierung darauf hinwirkt, dass auf Bundesebene zusätzliche Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Argarstruktur und des Küstenschutzes“ eingestellt werden.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wer beantwortet das? - Herr Minister Sander!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schwarz, Sie haben es an

gedeutet: Das ist ein gesamtstaatliches Problem. Man kann die norddeutschen Küstenländer damit nicht alleinlassen. Schon jetzt hat der Bund ja Verantwortung übernommen: Es gibt eine Finanzierung aus der Gemeinschaftsaufgabe. Wir als Länder müssen größere Anstrengungen unternehmen. Problematisch wird das insbesondere für das finanzschwache Bremen, das einen Teil des Plans, der ja in dem unseren enthalten ist, so nicht verwirklichen kann. Der Wunsch aus Bremen bietet die große Chance, dass die GA-Mittel des Bundes erhöht werden müssen. Denn nur dann können wir im Prinzip auch unsere Mittel erhöhen.

Über Größenordnungen würde ich noch nicht spekulieren. Wenn man es beim Bund übertreibt, wird das auch nicht zum Erfolg führen. Ich gehe aber davon aus, dass der Ministerpräsident mit seinen norddeutschen Kollegen dies mit zur Chefsache machen wird. Wenn die Belange des Küstenschutzes und der Klimaveränderung von dieser Landesregierung mit Nachdruck vertreten werden, müssen auch die finanziellen Mittel des Bundes mit bereitgestellt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Behr, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich mich recht erinnere, gibt es einen Kabinettsbeschluss aus dem Sommer 2005, in dem dezidiert die Bedingungen aufgelistet sind, unter denen Niedersachsen das Einvernehmen zu einer weiteren Fahrrinnenanpassung der Elbe erteilen würde. Hat sich irgendetwas an der Position der Landesregierung geändert?