Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Wenzel, bitte!

Frau Präsidentin! Herr Hirche, es verwundert

schon, dass Sie viereinhalb Jahre lang Schneehügel in der Heide finanziert, Feldwege betoniert oder Bavaria-Almen im Harz gefördert haben, jetzt aber auf die Idee kommen, dass es bei den Innovationen noch Nachholbedarf gibt. Herr Hirche, Sie hatten in den letzten viereinhalb Jahren alle Chancen der Welt,

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Und genutzt!)

solche Projekte zu fördern, und Sie haben sie nicht genutzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt stellen wir fest, dass es noch keine Zustiftungen gibt, aber eine Förderung von Anzeigen der Landesregierung mit der Industrie. Dazu habe ich eine konkrete Nachfrage. Herr Wulff hat in den letzten Wochen eine Anzeige mit der E.ON Kraftwerke GmbH geschaltet, in der er das Unternehmen in den höchsten Tönen lobt. Für diese Anzeige zeichnen die Staatskanzlei und E.ON Kraftwerke verantwortlich. Sie haben gestern im Übrigen gesagt, Sie würden, anders als Ihre Vorgängerregierung, keine Anzeigen schalten.

Herr Wenzel, jetzt müssen Sie Ihre Frage stellen.

Deshalb frage ich Sie, Herr Wulff: Wie viele Euro haben E.ON Kernkraft, E.ON Mitte, E.ON Avacon und andere E.ON-Gesellschaften für die Gesell

schaft „Innovatives Niedersachsen“ und an anderer Stelle der Landeskasse zugeführt?

Wer möchte antworten, Herr Hirche oder Herr Wulff? - Herr Hirche, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Sachverhalt ist völlig transparent. Man hat sich mit 500 000 Euro an der Kampagne beteiligt. In diesem Zusammenhang werden dann auch Anzeigen geschaltet. Was Sie mit „Beteiligung der Staatskanzlei“ meinen, entzieht sich im Augenblick meiner Kenntnis. Ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Homepage der Landesregierung!)

- Das würde ich ja verstehen. Was die Staatskanzlei dabei aber isoliert getan hat, weiß ich nicht.

(Lachen bei der SPD)

Herr Wulff, bitte!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das einmal aufzuklären: Die Staatskanzlei hat mit E.ON gar nichts gemacht. Die Innovationskampagne des Landes Niedersachsen wird beim Wirtschaftsministerium geführt. Es mag sein, dass die Staatskanzlei als für die gesamte Presseund Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung verantwortliche Stelle hier die Verantwortung trägt. Wir haben für diese Kampagne und diese Stiftung aus bestimmten Gründen diese Form, auch diese Rechtsform, gewählt. Deswegen möchte ich gerne vier Bemerkungen machen.

Erstens. Wir dürfen hier keine Fragen an das Parlament, an die Opposition stellen. Trotzdem würde mich interessieren - vielleicht lässt sich Ihre Antwort in eine Frage kleiden -, ob Sie nun für oder gegen eine Innovationsstiftung sind. Das ist ganz entscheidend. Wenn Sie dagegen sind, ist das zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Sie der Meinung sind, sie komme nicht schnell genug voran, muss man darüber reden. Aber Sie müssen offenlegen, ob

Sie den grundsätzlichen Ansatz verfolgen oder nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir verfolgen ihn aus mehreren Gründen.

Wir wissen, dass die Deutsche Bundesstiftung Umwelt eine gigantische Erfolgsgeschichte ist.

Man hat damals Vermögen aus der Privatisierung der Salzgitter AG, der Preussag eingenommen. Dieses Geld steht jahrzehntelang kommenden

Generationen zur Verfügung. Das heißt, wir hinterlassen kommenden Generationen Finanzmittel und nicht wie Sie Schulden. Wir machen also hier einen Paradigmenwechsel und hinterlassen nicht Schulden, sondern Geld, um damit Zukunft zu gestalten.

(Zustimmung bei der CDU - Wider- spruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Hagenah, in den Gremien der Umweltstiftung sind auch Grüne vertreten. Jahr für Jahr werden innovative Projekte vor allem im Mittelstand zur Verbesserung der Umweltqualität gefördert. Das ist eine segensreiche Wirkung der Bundesstiftung Umwelt, und zwar auf endlose Zeiten, weil das Stiftungskapital nicht angegriffen wird. Genau dies schwebt uns zur Förderung von Technik, von Innovation, von Ideen in Niedersachsen vor.

Zweitens. Wir wissen heute, dass Netzwerke von entscheidender Bedeutung sind. Ich bin vor einigen Wochen mit Bundespräsident Horst Köhler bei dem Träger seines letztjährigen Zukunftspreises, Professor Hell, gewesen. Kaum jemand weiß, dass Professor Hell, der Träger des Zukunftspreises des Bundespräsidenten, in Göttingen ressortiert und wesentlich mitverantwortlich dafür ist, dass wir es erreicht haben, dass die Universität Göttingen als Eliteuniversität in der Exzellenzinitiative anerkannt wurde. Das ist die nördlichste Universität der Exzellenzinitiative in Deutschland.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich hat das mit den verbesserten Möglichkeiten zur Innovation dort zu tun.

Ich war mit Frau Bundeskanzlerin Merkel vor wenigen Wochen bei Professor Troe, einem ihrer Lehrer in Physik und Chemie, an der Universität Göttingen.

Wir haben bei beiden Terminen festgestellt, dass der Bundespräsident und die Kanzlerin sehr wohl wahrnehmen, wie innovativ Niedersachsen ist,

dass aber in der Öffentlichkeit nach wie vor häufig falsche Antworten und Einschätzungen gegeben werden. Auf die Frage, wo die Firma Sennheiser beheimatet ist, sagen eben viele: in Baden

Württemberg oder Bayern - ohne zu wissen, dass es in der Wedemark bei Hannover ist. Bei der Frage, wer die Sportler bei den Olympischen Spielen der Behinderten, den Paralympics, ausstattet, weiß kaum jemand, dass 70 oder 80 % der Sportler von Otto Bock aus Duderstadt in Niedersachsen ausgestattet werden. Ich könnte viele solcher Fälle nennen.

Das heißt, wir haben ein großes Wahrnehmungsproblem. Unser Land wird als Land der Landwirtschaft, der Ernährungswirtschaft, des Fremdenverkehrs, des Tourismus wahrgenommen. Damit diese Firmen Führungspersonal bekommen, damit die Absolventen der Technischen Universitäten Clausthal und Braunschweig sowie der Leibniz

Universität Hannover hier in Niedersachsen bleiben und nicht zu BMW nach München oder zu Siemens wollen, sondern zu unseren Unternehmen, müssen wir erreichen, dass wir als ein Land der Erfinder, der Tüftler, der Forschung, der Innovation, der Ideen, der Technik wahrgenommen werden. Es ist wichtig, dass es uns gelingt, diese Wahrnehmung unseres Landes zu verändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt haben wir in diesem Kuratorium dank Walter Hirche - das hat ein bisschen länger gedauert, weil die Leute ein bisschen mehr zu tun haben als andere; deswegen wollten wir sie ja gewinnen; Leute, die sofort zusagen, weil sie für alles Zeit haben, können wir da nicht so wahnsinnig gut gebrauchen - Professor Winterkorn. Ich habe gelesen, dass die SPD eine große Veranstaltung mit Professor Winterkorn als zentrales Element ihres

Wahlkampfes geplant hat. Ich weiß gar nicht, wann die stattgefunden hat. Ich glaube, die hat bis heute nicht stattgefunden. Vor einem halben Jahr hatten Sie angekündigt: Jetzt geht es los. Jetzt machen wir Wahlkampf. Als Nächstes machen wir einen Kongress zum Thema Automobilstandort mit Herrn Winterkorn. - Herr Jüttner, bis heute sind Sie die Nachricht schuldig geblieben, ob Sie das überhaupt einmal gemacht haben.

Wir haben Professor Winterkorn gewonnen. Wir haben Herrn Wennemer gewonnen. Wir haben

Professor Hell gewonnen. Wir haben Vertreter aus den Gewerkschaften, wie Herrn Schmoldt, gewonnen, der mit der IG BCE nun wahrlich die innovative Gewerkschaft schlechthin repräsentiert und mit dem Zukunftsprogramm für Deutschland gerade im Bereich Chemie wichtige Impulse bringt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind Profiteur der Entwicklung im Bereich der Chemie. Wir haben durch chemische Investitionen in Niedersachsen - auch ausländische Investitionen - zusätzliche Arbeitsplätze bekommen. Deswegen ist es gut, dass Herr Schmoldt - erst vor wenigen Tagen; er hat sich das überlegt - zugesagt hat, in dem Kuratorium mitzuwirken. Ich bin ihm dafür ausgesprochen dankbar, und Sie sollten das auch sein. Dass Herr Schmoldt hier mitmacht, sich für sein Land Niedersachsen einbringt, das sollten Sie begrüßen, das sollte Sie nicht ärgern, nur weil Sie vielleicht gehofft hatten, dass sich Leute diesem guten Ansatz verweigern.

Sie haben gefragt, wie es mit den Zustiftungen ist. Es hat seit 1946 keine andere Landesregierung gegeben, die so viel privates Kapital für Anliegen des Landes mobilisiert hat. Die Beträge, die da kommen - wir weisen das ja auf den Internetseiten aus, ich glaube, ab 1 500 Euro; da gibt es klare Beschlüsse noch aus Ihrer Regierungszeit -, haben sich vervielfacht: für Feste, weil wir nicht auf Steuerzahlerkosten feiern wollen; für Anzeigen, weil wir das nicht dem Steuerzahler allein anlasten wollen; für Imagekampagnen; für Werbeaktionen; für die IdeenExpo.

Es ist noch keiner anderen Regierung gelungen, eine IdeenExpo mit 162 000 Teilnehmern zu veranstalten, wobei die Finanzierung nicht einmal zu 50 % aus öffentlichen Kassen erfolgt, sondern zu mehr als 50 % aus privaten Kassen. 5 Millionen Euro hat die Wirtschaft in Niedersachsen uns gegeben, um diese IdeenExpo durchzuführen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, ich muss Ihnen sagen, was mich wirklich enttäuscht hat. Man muss auch einmal die Größe haben - ich habe nicht die EXPO boykottiert, nur weil Herr Gabriel da den ganzen Tag herumgelaufen ist -, daran teilzunehmen und sich zu einer solchen Veranstaltung zu bekennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind stolz darauf, dass unser Land die Weltausstellung ausgerichtet hat. Wenn wir hier eine IdeenExpo durchführen, zu der 160 000 Großeltern, Eltern mit ihren Kindern, Schüler mit ihren Lehrern kommen, wenn Mädchen aus Hildesheim stolz einen beheizbaren Fahrradlenker präsentieren, den sie entwickelt haben, wenn Jungen von einer Schule kommen, die als Jugend-forschtProjekt eine Salbe kreiert haben, wenn junge Leute aus Stade neun Tage lang stolz zeigen, was sie bei ihrem Forschungsprojekt geschafft haben,

dann wundere ich mich einfach, wo SPD und Grüne sind, um die Leistung dieser jungen Leute für Ideen und Innovation in Niedersachsen anzuerkennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)