Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

wieder daran erinnern, dass dieses Verfahren im Interesse der Menschen nicht nur in der Region um die Asse herum schnellstens durchgeführt wird.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wenzel?

Ja, gerne.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich habe mich nur gemeldet, um danach zu sprechen!)

Das machen wir üblicherweise anders.

Wir haben uns der Öffentlichkeit in diesem Jahr immer wieder gestellt. Ich war zweimal mit Herrn Gabriel zusammen vor Ort; wir haben zusammen mit meinen Fachleuten der kritischen Bevölkerung erläutert, wie wir das Verfahren möglichst transpa

rent gestalten wollen. Wir führen es in einer Art Mischung von Bergrecht und Atomrecht durch und führen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Verfahren

durch. In einem Workshop ist ferner dargestellt worden, dass es Arbeitsaufträge zu unterschiedlichen Fragen gibt, beispielsweise zum Optionenvergleich und zur Störfallanalyse. Wenn diese Fragen, die von einer Kommission beantwortet werden müssen, geklärt sein werden, werden die Antworten der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das ist das Entscheidende.

Das kann man kritisieren. Aber kritisieren Sie bitte nicht uns. Wir sind an dem 40-jährigen Verfahren jetzt seit vielleicht vier Jahren beteiligt. Aber solange es Rot-Grün und einen Bundesumweltminister Trittin gab, hat sich gar nichts bewegt. Das müssen wir allerdings sagen, Herr Wenzel.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn, dann müssen wir schon so ehrlich sein, dass sich erst Herr Gabriel dieser Frage zugewandt hat. Ich bin auch dankbar, dass er immer wieder betont, er habe ein großes Interesse daran, dies gemeinsam mit Niedersachsen durchzuführen, und er habe insbesondere unsere Fachaufsicht und unsere Beamten gerne mit im Boot, weil deren Kenntnis allgemein über Niedersachsen

hinaus von hoher Bedeutung und wissenschaftlich anerkannt ist. So sollten wir dieses Verfahren auch in der Zukunft durchführen. Das Problem wird nicht in Wolfenbüttel gelöst werden, das Problem muss in Berlin gelöst werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Oppositionsfraktionen haben um zusätzliche Redezeit gebeten. Zunächst Herr Wenzel eine Minute, dann Frau Weddige-Degenhard zwei Minuten!

Frau Präsidentin! Herr Minister, es gibt Leute, die sagen, nach Atomrecht bekomme man den

Schacht nie zu. Das mag vielleicht der wahre Grund sein, warum Sie sich dagegen sträuben, hier Atomrecht anzuwenden. Einen Optionen

vergleich wollen Sie nur nach Bergrecht. Aber Sie haben mittlerweile schon festgestellt, dass die Störfallanalyse nur nach Atomrecht geht. Auch die Gefahrenabwehr ist nur im Atomrecht vorgesehen.

Das Bergrecht ist für eine völlig andere Rechtssituation geschaffen; bei ihm geht es um den Abbau von Rohstoffen und nicht um die Einlagerung von Atommüll. Es ist mir völlig unverständlich, dass Sie hier immer noch darauf beharren, ein so antiquiertes Rechtsverfahren durchzusetzen, und nicht

eindeutig dafür sorgen, dass wir in diesem Verfahren Rechtssicherheit gewinnen. Das sind wir den Anliegern schuldig.

Wir alle wissen, dass wir es mit einer extrem schwierigen Situation und einer hoch problematischen Fragestellung zu tun haben. Gerade deshalb brauchen wir in diesem Punkt Rechtssicherheit und nicht irgendwelche willkürlichen Verfahren auf Grundlagen, die für solche Fälle nicht so vorgesehen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Weddige-Degenhard!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege

Oesterhelweg, Kollege Dürr, Kollege Sander, das Problem ist nicht, dass wir eigentlich alle in einem Boot sitzen. Alle Parteien waren in diesen

40 Jahren am Thema Asse beteiligt. Der feine Unterschied ist, dass Sie Atomenergie immer noch für eine sichere Energiequelle halten

(Widerspruch bei der CDU)

und das Wissen, das wir in der Asse erlangt haben und immer noch erlangen, nicht anwenden können.

Herr Dürr, es ist nicht so, dass keine neuen Erkenntnisse vorlägen. Vielmehr hat das letzte Hearing in Schöppenstedt durchaus neue Erkenntnisse gebracht. Es ist etwa zutage getreten, dass die Standsicherheit dieses Bergwerks enorm abgenommen hat.

(Anneliese Zachow [CDU]: Das ist doch nicht neu!)

Von daher hat sich die Situation im Vergleich zu den vielen Jahren vorher eminent verändert. Wir sollten nach vorne gucken und nicht immer nur alte Kamellen aufarbeiten. Es geht darum, wie wir die Erkenntnisse, die wir in der Asse gewinnen, in unser heutiges Leben umsetzen und wie wir in Zukunft mit der Atomkraft umgehen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Zu einer Kurzintervention auf Frau Weddige

Degenhard hat jetzt Herr Dürr für anderthalb Minuten das Wort!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Weddige-Degenhard, ich bin dankbar, dass Sie gesagt haben, dass wir in der Sache in einem Boot sitzen und zusammen daran arbeiten sollten. Interessant fand ich, dass Ihnen dieses Hearing so viel furchtbar Neues gebracht hat und dass Ihnen erst da aufgefallen ist, dass die Standsicherheit in Gefahr ist. Darüber muss ich mich sehr wundern. Uns jedenfalls war das schon vorher klar.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben mit der Bemerkung eingeleitet, es gehe eigentlich um etwas ganz anderes, darum, dass wir weiterhin für die Kerntechnologie und Sie dagegen seien. Das soll der zentrale Dissens sein. Richtig ist, dass es ein Dissens ist. Aber dies macht mir einmal mehr deutlich, dass Sie ganz bewusst - Sie haben es eben eigentlich selbst gesagt - das Thema Asse und die Sorgen und Nöte der Menschen in der Region für Ihre politischen Zwecke missbrauchen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Ganz genau das ist es. Es ist exakt die Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, die RotGrün von 1998 bis 2005 gemacht hat.

Sie versuchen, das Thema auf die lange Bank zu schieben, Herr Wenzel, indem Sie davon reden, wir stritten über Atom- oder Bergrecht. Das passt genau in diese Kategorie hinein. Es ist letztlich die Systematik des AKEnd. Sie versuchen, das Thema auf die lange Bank zu schieben, um es politisch am Kochen zu halten. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie werden damit bei den Menschen nicht durchdringen, bei uns schon gar nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Herr Ministerpräsident hat für die Landesregierung das Wort.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Umweltminister noch einmal ausdrücklich danken, dass es ihm gelungen ist, mit Herrn Gabriel und Frau Schavan die nächsten Maßnahmen zu vereinbaren. Die ständige Debatte hier im Hause mit gegenseitigen Schuldvorwürfen wird der Gefähr

dungslage von Asse II überhaupt nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe außerordentlich großen Respekt, Herr Kollege Bachmann, wenn Sie damals gegen Einlagerungen votiert haben, als andere, die damals mehr als wir alle gewusst haben, die Einlagerungen verfügt haben. Heute ist völlig klar, dass zu Ihrer Regierungszeit in Niedersachsen und im Bund diese mittelradioaktiven Abfälle niemals in diesem Umfang dort hätten eingelagert werden dürfen. Wer damals von 1972 bis 1977 diese Einlagerungen vorgenommen hat, kann heute nicht so auftreten, wie Sie dies eben hier getan haben. Das geht einfach nicht. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich trete ja auch nicht auf und sage, dass wir sozusagen völlig außerhalb der Verantwortung wären, weil Ernst Albrecht ziemlich zu Beginn seiner Regierungszeit diesen Prozess gestoppt hat.

Mir geht es mehr um die Zukunft, um die nächsten Schritte, um die nächsten Monate. Ich begrüße, dass jetzt endlich die Störfallanalyse erstellt wird. Ich begrüße, dass jetzt endlich die Frage der Rückholbarkeit in die Prüfung einbezogen wird, dass die Stabilisierung des Grubengeländes neu untersucht wird und dass endlich die örtliche Bevölkerung hier in Niedersachsen im Umfeld von Asse II einbezogen wird. Wir haben uns ja immer für ein Informationszentrum, wie es jetzt an der Asse eingerichtet werden soll, für Öffentlichkeitsbeteiligung beim Scopingtermin zur UVP, bei Auslegung der Unterlagen mit Einwendungsmöglichkeiten und Erörterungsterminen eingesetzt.

Hier ist jetzt ein Weg von Herrn Sander, Frau Schavan und Herrn Gabriel - im Blick auf Herrn Gabriel füge ich hinzu: unzuständigerweise; es ist

aber gut, dass er als örtlicher Abgeordneter manche Türen geöffnet hat - gefunden worden, der uns hilft, langsam daranzugehen, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Von einer Lösung spreche ich überhaupt nicht. Wenn man etwas als Forschungsendlager etabliert, was überhaupt nicht als Forschungsendlager hätte betrieben werden dürfen, und bei der Argumentation dann auf das Endlagergesetz abstellt, so ist das auch insofern unredlich, als 1976 ja gerade die von der SPD geführte Bundesregierung die Asse bewusst ausgeklammert hat, als es um das Atomgesetz ging. Ich bin bei diesem Thema also wirklich dafür, ernsthaft zu diskutieren und ein bisschen fair zu bleiben. Wenn Sie bei diesem Thema kurzfristig Ihr wahlkampftaktisches Geplänkel zu machen versuchen, werden Sie der Situation und der Verängstigung der Bevölkerung nicht gerecht, sondern Sie nutzen sie im Sinne Ihrer parteipolitischen Absichten aus. Letzteres finde ich nicht in Ordnung.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Sie tun so, als wären Sie da- mals anderer Meinung gewesen!)