Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Parlamentarischer Geschäftsführer - das war vor zehn und nicht vor sieben Monaten habe ich - daran kann ich mich noch gut erinnern - ab und zu die Notbremse gezogen, wenn ich den Eindruck gewonnen habe, dass man solch eine Debatte nicht gewinnen kann. Meine Damen und Herren, ich erinnere mich natürlich sehr gut daran, dass diese Regierungsfraktion damals das Frauenministerium abgeschafft hat. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern.
- Aber ja! - Ansonsten erinnere ich mich sehr gut auch an das, was ich und auch meine Kolleginnen und Kollegen sonst noch alles hier im Parlament gesagt haben. Das war immer goldrichtig. Deshalb sind wir auch an die Regierung gekommen, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin, wie schätzt die Landesregierung die Entlastung des Sozial- und auch des Wirtschaftsetats durch die qualifizierte Arbeit der hauptamtlichen Frauenbeauftragten ein?
Dies zu quantifizieren, ist mir heute Morgen unmöglich. Ich weiß auch nicht, ob sich das in Zahlen ausdrücken lässt. Dass dies aber eine qualitativ hochwertige Arbeit ist, die unserer Gesellschaft viel bringt, ist in unseren Reihen unumstritten.
b) Krach in Wulffs Kabinett - Wann zieht der Ministerpräsident die Notbremse bei der Verwaltungsreform? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/735
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Immer mehr zeigt sich, dass bei der als Verwaltungsreform deklarierten Abschaffung der vier niedersächsischen Bezirksregierungen von einer „Verwaltungsreform aus einem Guss“ längst nicht mehr die Rede sein kann. Weil die CDU-FDP-Landesregierung die Abschaffung der Bezirksregierungen beschlossen hat, ohne zuvor eine ergebnisoffene Aufgabenkritik durchzuführen, werden jetzt zahlreiche Bruchstellen sichtbar, die auf das Versäumnis der Landesregierung zurückzuführen sind, ein über die Abschaffung der Bezirksregierungen hinausgehendes Gesamtkonzept für eine moderne, bürgernahe Landesverwaltung zu erarbeiten. Mittlerweile mehren sich aus den unterschiedlichsten Richtungen die Stimmen derer, die in einem Flä
Innerhalb der Landesregierung selbst herrscht mittlerweile erhebliche Uneinigkeit darüber, ob der von den Verwaltungsreformern eingeschlagene Kurs der ersatzlosen Zerschlagung der staatlichen Mittelinstanz der richtige Weg ist: Die NordwestZeitung berichtet am 16. Januar 2004 von einem „Krach in Wulffs Kabinett“. Anlass ist ein Schreiben des Landwirtschaftsministers an den Innenminister, in dem er einen „massiven Vertrauensbruch“ beklagt und sich an die gemeinsamen Planungen zur Verwaltungsreform nicht mehr gebunden fühlt.
In einer Presseerklärung vom 14. Januar 2004 hat sich der Braunschweiger Oberbürgermeister Dr. Hoffmann (CDU) sehr kritisch zu der von der Landesregierung betriebenen Verwaltungsreform geäußert und ein Alternativmodell vorgestellt, das nicht die ersatzlose Abschaffung der Bezirksregierungen vorsieht, sondern den Erhalt einer schlanken mittelinstanzlichen Bündelungsbehörde beinhaltet.
Die Industrieund Handelskammer LüneburgWolfsburg, die Handwerkskammer LüneburgStade, die Universität und die Fachhochschule Nordostniedersachen sowie Stadt und Landkreis Lüneburg haben in einem gemeinsamen Positionspapier angemahnt, dass die Auflösung der Bezirksregierung Lüneburg nicht „zu Verwaltungstourismus, längeren Entscheidungswegen und einer Abwertung der Region Nordostniedersachsen führen“ dürfe. Der Ansatz müsse sein, „verschiedene Kompetenzen der Region zusammenzufassen, um in kürzester Zeit eine Verwaltungsentscheidung aus einem Guss zu ermöglichen“. Gefordert wird deshalb ein Kompetenzzentrum in Lüneburg, das zahlreiche Aufgaben unter einem Dach bündeln soll.
1. Folgt die Landesregierung den Plänen des Landwirtschaftsministers, die Flurbereinigung und die Dorferneuerung auf die Landwirtschaftskammern zu übertragen, oder werden die Vorstellungen des Innenministers umgesetzt, die Flurbereinigung und die Dorferneuerung mit der Katasterverwaltung zusammenzuführen, obwohl dies aus Sicht des Landwirtschaftsministeriums „für die notwendige Bündelung strukturwirksamer Aufgaben keinen Sinn“ macht und „absolut keinen Ge
2. Beharrt die Landesregierung auch angesichts der aktuellen BSE-Fälle entgegen der Position des zuständigen Landwirtschaftsministeriums darauf, das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) nicht mit Aufsichtsfunktionen gegenüber den Kommunen auszustatten?
3. Wird die Landesregierung auch gegen den massiven Widerstand von Verwaltungsexperten wie etwa des Braunschweiger CDU-Oberbürgermeisters Hoffmann und trotz des Protestes aus den Regionen an ihren Plänen festhalten, auf eine mittelinstanzliche Bündelung flächenbezogener Genehmigungsverfahren in regional verankerten Behörden zu verzichten?
Diese Dringliche Anfrage wird von der Landesregierung durch Herrn Innenminister Schünemann beantwortet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir ordnen im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung die staatliche Mittelinstanz neu. Das staatliche Handeln wird auf die Kernaufgaben des Landes konzentriert werden. Zahlreiche überkommene Landesaufgaben werden künftig wegfallen oder von Privaten oder Dritten wahrgenommen werden. Damit leisten wir zugleich einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der kommunalen und der berufsständischen Selbstverwaltung.
In diesem Zusammenhang werden wir die vier Bezirksregierungen mit Ablauf des 31. Dezember 2004 auflösen. Ziel ist es, eine moderne und schlanke Verwaltung einzurichten, die sich an einem grundsätzlich zweistufigen Verwaltungsaufbau orientiert. Grundlage für unsere konzeptionellen Überlegungen ist die umfassende Aufgabenkritik, die die von uns eingesetzten Projektgruppen durchgeführt haben. In diesen Projektgruppen haben Vertreterinnen und Vertreter der Ministerien, der Bezirksregierung, der Personalvertretungen, der Frauenbeauftragten, der Schwerbehindertenvertreter, der kommunalen Spitzenverbände sowie Vertreter anderer Landesbehörden mitgearbeitet.
Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten für ihr Engagement danken. Dies gilt in besonderem Maße für die Vertreterinnen und Vertreter der Bezirksregierungen, die sich ungeachtet ihrer persönlichen Betroffenheit in den Reformprozess eingebracht haben. In den Projektgruppen ist insbesondere geprüft worden, welche Aufgaben künftig entfallen können, welche Aufgaben auf die Kommunen oder auf Dritte verlagert werden können, welche Aufgaben sich zur Privatisierung - z. B. Landestreuhandstelle, NBank und TÜV - eignen und welche Aufgaben weiterhin von einer Landesbehörde wahrgenommen werden müssen. In die Bewertung sind auch Berichte des Landesrechnungshofes sowie Stellungnahmen von Kommunen, Verbänden und sonstigen Organisationen eingeflossen. Ich habe Ihnen dies bereits mehrfach im Hause vorgetragen. Insofern muss ich auf die Einzelheiten wohl nicht noch einmal eingehen, es sei denn, Sie haben dazu noch Fragen.
Die Reform wird von einem großen öffentlichen Interesse begleitet. Zahlreiche Gemeinden und Landkreise, die kommunalen Spitzenverbände und Verbände der Wirtschaft, aber auch engagierte Einzelpersonen haben Hinweise, Anregungen und Vorschläge entwickelt und der Landesregierung übermittelt. Dieses breite Engagement hat mich besonders gefreut, weil wir den Reformprozess bewusst transparent und offen gestaltet haben und auch weiter gestalten werden. Denn nur durch ein gemeinsames Bemühen werden wir eine zukunftsfähige, moderne Verwaltung gestalten können.
Bei aller Bereitschaft zum Zusammenwirken verwundert es gleichwohl nicht, dass sich die unterschiedlichen Interessenlagen und Zielsetzungen auch in divergierenden Vorschlägen und Anregungen niederschlagen. Dies gilt für die Frage der Notwendigkeit von mittelinstanzlichen Bündelungsbehörden ebenso wie für die regionalpolitisch geprägten Standortfragen. Ich halte diese Form der Interessenvertretung nicht nur für legitim, sondern sehe darin auch eine große Chance. Denn nur durch einen Wettstreit um die besten Reformideen und Reformansätze werden wir unsere ehrgeizigen Ziele erreichen können.
Allerdings werden wir an dem grundsätzlichen Ziel festhalten, mit unserem Angebot an Verwaltungsdienstleistungen in der Fläche hinreichend präsent zu sein, um so den ländlichen Raum zu stärken. So wird beispielsweise das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben nach der
Neuordnung der Landessozialverwaltung mit einem neuen Standort in Lüneburg vertreten sein. Sie haben das positive Echo in Lüneburg sicherlich verfolgt.
Zu 1: Am 9. Januar 2004 haben der Kollege Ehlen und ich die weitere Vorgehensweise bei der Verwaltungsmodernisierung im Bereich des Landwirtschaftsministeriums festgelegt. Wir haben vereinbart, dass mein Haus einen Organisationsvorschlag über die mögliche Einbeziehung der Flurbereinigung, der Dorferneuerung sowie der sonstigen Strukturmaßnahmen in einem gemeinsamen, mit der Vermessungs- und Katasterverwaltung zu führenden Landesbetrieb nach § 26 LHO erarbeitet. Daran arbeiten wir derzeit. Der Vorschlag wird sodann in einem Ministergespräch erörtert und einer einvernehmlichen Lösung zugeführt werden. Ich verspreche mir von einem solchen Modell Synergieeffekte, die nicht nur den Leitungsbereich betreffen. Die genannten Aufgabenbereiche der Agrarstrukturverwaltung werden nicht nur von Juristen, Landschaftsplanern sowie landwirtschaftlich ausgebildeten Bediensteten, sondern zum großen Teil auch von vermessungstechnisch vorgebildetem Personal abgewickelt, dessen Ausbildung bis zum Eintritt in das Berufsleben in vielen Bereichen identisch ist. Durch eine Zusammenfassung dieser beiden Personalkörper gewinnen wir eine weitere Flexibilität im Bereich des Personaleinsatzes. Mit diesem Modell sind wir keineswegs allein auf weiter Flur. Das Land Hessen hat genau dieses Organisationsmodell bereits beschlossen und arbeitet mit diesem seit einiger Zeit erfolgreich.
Zu 2: Auch über die Verwaltungsmodernisierung im Bereich des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit haben der Kollege Ehlen und ich uns in dem bereits genannten Gespräch am 9. Januar 2004 geeinigt. Für die Aufgaben des LAVES wird im Bereich Aufsicht ein zweistufiger Verwaltungsaufbau angestrebt. Bei der Vorbereitung auf und der Steuerung von Krisen- und Katastrophenlagen wird es allerdings Sonderregelungen geben, die die erforderlichen kurzen Entscheidungswege zum einheitlichen Vorgehen gewährleisten und zugleich sicherstellen, dass der im LAVES vorhandene Sachverstand ohne Verzögerung in die vorzubereitenden und durchzuführenden Maßnahmen eingebunden wird.
Zu 3: Die Äußerung des Bürgermeisters der Stadt Braunschweig hat - wie viele andere Einlassungen - großes Interesse gefunden. Ich habe Verständnis dafür, dass sich die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker in den Kommunen Sorgen um den Fortbestand der Arbeitsplätze des öffentlichen Dienstes in ihrer Gemeinde machen. Für dieses Engagement sind sie von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden.
Ich habe allerdings große Zweifel, dass das in der Vergangenheit bewährte organisatorische Prinzip, möglichst viele Aufgaben mittelinstanzlich unter einem Behördendach zu bündeln, den heutigen Anforderungen unserer globalisierten Welt gerecht wird. Die gesellschaftlichen, technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Wir können mit modernen Instrumenten leistungsfähige Behördenstrukturen gründen. Eindrucksvolle moderne Kommunikationsnetze ermöglichen es uns inzwischen, die Verwaltungsprozesse mit E-Government bürgernah zu gestalten. Die Zusammenarbeit mit den Behörden wird in der Zukunft noch stärker von Service und Kundenorientierung geprägt sein, auch und gerade im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft. Die behördliche Zusammenarbeit kann durch neue Führungsinstrumente wie Zielvereinbarungen, die beispielsweise verbindliche Entscheidungsfristen im Rahmen von Genehmigungsverfahren enthalten können, weiter optimiert werden. Sie wird aber nicht davon abhängig sein, dass möglichst viele Aufgaben unter einem Behördendach untergebracht sind.
Gleichwohl wird auch die Landesregierung einzelne Genehmigungsverfahren in regional verankerten Behörden bündeln. Ich denke dabei an weite Bereiche der so genannten anlagebezogenen Genehmigungsverfahren, die wir bei den im Land vorhandenen Gewerbeaufsichtsämtern zusammenführen wollen. Auf diese Weise erhalten wir regionale Genehmigungszentren, die dem Verwaltungskunden - in diesem Fall der Wirtschaft Service aus einer Hand bieten können.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wir sind auf einem guten Weg. Die Landesregierung hat sich in den entscheidenden Punkten bereits geeinigt. Insofern werden wir den Zeitplan einhalten. Am 31. Dezember 2004 werden wir die Bezirksregierungen abschaffen können und eine moderne Verwaltung aufbauen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, es mag ja gute Gründe geben, die dazu geführt haben, jetzt zu einer Einigung zu kommen. Ich frage mich aber, wie es innerhalb einer Landesregierung möglich ist, so diametral gegensätzliche Auffassungen auch noch per Brief auszutauschen, Zusammenarbeit aufzukündigen und dann nach den Weihnachtsfeiertagen zu einem Ergebnis zu kommen, das nur die Argumente der einen Seite berücksichtigt. Waren denn alle Argumente von Herrn Minister Ehlen nicht stichhaltig und für Sie nicht so überzeugend, dass Sie ihm nicht wenigstens in einem Punkt entgegenkommen konnten?
Herr Minister Ehlen hat mir vor Weihnachten in dem Brief mitgeteilt, dass wir uns so schnell wie möglich zusammensetzen sollten, um über diese Fragen zu sprechen.