(Lachen bei der CDU - Bernd Althus- mann [CDU]: Sagen Sie mal, glauben Sie eigentlich, was Sie da reden?)
Verschiedene von Ihnen durchgesetzte Regelungen erwecken den Eindruck, als seien sie eigens in das Paket hineinverhandelt worden, um das ganze Projekt undurchführbar zu machen. Der Bundesratskompromiss zu Hartz IV wird insbesondere undurchführbar, wenn es einer Verfassungsänderung bedarf, um das Optionsrecht der Kommunen möglich zu machen. Davon war nie die Rede. Jedenfalls ist das nach außen nie dargestellt worden.
In Wahrheit geht es Ihnen um eine verwaltungsrechtliche Haarspalterei: Nehmen die Kommunen die Betreuung von Langzeitarbeitslosen in eigener Verantwortung oder als Organleihschaft der Bundesagentur für Arbeit wahr? Praktisch ist das doch ein und dasselbe; rein rechtlich besteht natürlich ein Unterschied. Sie von CDU und FDP werden sich entscheiden müssen, ob Sie ab 2005 eine praxistaugliche Regelung haben möchten oder nicht bzw. ob Sie diese Regelung mit einer langwierigen Verfassungsdiskussion verhindern möchten.
Es ist ein Skandal, dass ein Ministerpräsident - nicht der Ministerpräsident dieses Landes, wohl aber der Ministerpräsident des Nachbarbundeslandes Hessen - die Kommunen auffordert, gegen dieses Gesetz zu arbeiten. Der brutalstmögliche Aufklärer wird so zum arbeitsmarktpolitischen Sturzkampfbomber.
Die CDU geht mit ihrer Verhinderungstaktik aber noch einen Schritt weiter. Sie möchte nicht nur die Verfassungsänderung zur Option, sondern auch zur unmittelbaren Finanzierung der Option durch den Bund. Davon war im Vermittlungsverfahren nie die Rede. Vielmehr haben sich alle Länder bereit erklärt, die ihnen durch Hartz IV zuwachsenden Einsparungen ungeschmälert an die Kommunen weiterzureichen. Diese Landesregierung will davon nun nichts mehr wissen. Gerade 75 Millionen Euro sollen nach ihren Angaben noch übrig bleiben von den im Vermittlungsausschuss zugrunde gelegten rund 350 Millionen Euro an Einsparungen. Es ist müßig, sich über die tatsächlichen Einsparungen zu streiten. Klar ist, dass die Länder ihre Einspa
Gleichzeitig muss der Bund für einen Ausgleich sorgen, sollten die Einsparungen sich nicht auf 2,5 Milliarden Euro summieren. Herr Clement hat das gestern ja auch noch einmal ausdrücklich zugesagt. Es trägt weiter zur Vertrauensbildung bei, wenn der Bund in Hartz IV eine Revisionsklausel aufnimmt, wie sie sich z. B. im Grundsicherungsgesetz findet, und wenn sich die Länder in einem Ausführungsgesetz selbst verpflichten, die Einsparungen beim Wohngeld und im Eingliederungsbereich unabhängig von ihrer erst im Jahre 2006 genau feststehenden Höhe ungeschmälert an die Kommunen weiterzureichen.
Erstens. Die Absenkung der Ausgaben auf Sozialhilfeniveau muss zwingend von einer deutlich verbesserten Arbeitsvermittlung begleitet werden. Der Dienst am Kunden hat im Vordergrund zu stehen. Das Unternehmensziel der Jobcenter ist die Vermittlung in Arbeit. Das war und bleibt der Kerngedanke von Hartz IV. Der Arbeitsmarkt muss in Bewegung kommen, und zwar jetzt. Hartz IV ist dazu die zentrale Reform.
Zweitens. Die Kommunen müssen um mindestens 2,5 Milliarden Euro entlastet werden, und zwar ohne Übernahme neuer Verpflichtungen.
Drittens. Die Umsetzung muss gelingen. Heute zu erkennende Schwierigkeiten dürfen nicht zu einer mutwilligen Verzögerung führen. Ich will zugestehen: Wenn die Umsetzung erkennbar nicht möglich ist, dann - aber auch erst dann - muss man über einen Aufschub nachdenken dürfen. Wir halten es jedoch für falsch, schon heute die Verschiebung um ein Jahr zu fordern. Das hilft den Arbeitslosen nicht, das hilft den Kommunen nicht, und das dient auch dem Ansehen der Bundesagentur für Arbeit nicht.
Wir können Ihrem Antrag schon deswegen nicht zustimmen, weil Sie zum einen eine Verfassungsänderung zu Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen fordern. Für uns bleiben die Kommunen Teil der Länder. Zum anderen stiehlt sich das Land mit diesem Antrag aus der ungeschmälerten Weitergabe der Einsparungen beim Wohngeld an die niedersächsischen Kommunen heraus. Das machen wir nicht mit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe ist inzwischen schon zu einer unendlichen Geschichte geworden. Die rot-grüne Bundesregierung scheint es erneut zu schaffen, aus einer ursprünglich wirklich guten Idee aufgrund mangelhafter Umsetzung fatale Auswirkungen zu produzieren.
Der entscheidende Unterschied ist allerdings, dass es diesmal um die Lebensperspektiven und den Lebensunterhalt von ungefähr 3 Millionen Menschen geht. Es gibt reichlich warnende Stimmen. Herr Max Matthiesen hat eben schon den Chef der Bundesagentur für Arbeit zitiert, der gesagt hat: Lassen wir die Finger davon. Das müsste ich sagen, wenn ich ein Unternehmen hätte.
Allein mit der technischen Umsetzung wird die Bundesagentur hoffnungslos überfordert sein. Das stellt sie sogar selber fest. Die Programme zur Berechnung der neuen Geldleistung sind nicht einsatzreif. Der Zeitraum für die Datenerhebung ist jetzt schon extrem knapp bemessen. Die Datensätze der Kommunen sind strukturell sehr unterschiedlich und müssen erst harmonisiert werden. Zusätzlich werden in vielen Fällen Einzelinterviews der zukünftigen Leistungsempfänger erforderlich werden, um die Daten komplett zu haben.
Der Bundesagentur für Arbeit fehlt weiterhin das Know-how, das kommunale Sozialämter aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Sozialhilfeempfängern hinsichtlich Leistungsgewährung und Betreuung gewonnen haben und sehr wohl auch einsetzen sollten, damit es zu einem vernünftigen Ergebnis kommt. So ist jetzt aber zu befürchten, dass ab 1. Januar 2005 nicht einmal eine korrekte Geldauszahlung klappen wird. An eine
Heute stand in der HAZ ein Artikel unter der Überschrift „Kürzungen gleich - Hilfe erst später“. In diesem Artikel wird darauf abgehoben, dass Minister Clement gesagt hat: Wenn auch alles andere nicht klappt - das Arbeitslosengeld II wollen wir zum 1. Januar 2005 einführen. - Das soll also geschehen, selbst wenn alles andere nicht klappt, was getan werden soll, um den Arbeitsmarkt zu aktivieren und den Arbeitslosen zu helfen. Das heißt also: Kürzungen gleich und Hilfe erst später. - Das ist nicht nur unsolide, sondern auch in höchstem Maße unsozial.
Ein weiterer Knackpunkt sind die absehbaren finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen. Durch die Mehrbelastung bei der zukünftig zu übernehmenden Unterkunftsleistung - durch fragwürdige Annahmen hinsichtlich Einkommensanrechnungsquoten und möglichen Verschiebungen aus dem Arbeitslosengeld I sowie durch angenommene Effizienzgewinne von 7,5 % allein im ersten Jahr - ist zu erwarten, dass das im Vermittlungsverfahren zugrunde gelegte Finanztableau nicht mehr haltbar ist. Der Bund ist von einer Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bundesweit ausgegangen. Das wurde schon gesagt. Diese Entlastung der Kommunen sollte vorrangig für den Ausbau der Kinderbetreuung, über die wir in den letzten beiden Tagen gesprochen haben und die für Kinder unter drei Jahren wichtig ist, eingesetzt werden. Für Niedersachsen sollte der Betrag bei 310 Millionen Euro liegen. In der Realität wird es hingegen in fast allen Kommunen zu Mehrbelastungen kommen. Die Landesregierung hat zu dieser Frage eine Datenabfrage bei den Kommunen durchgeführt, die selbst nach Weitergabe der Entlastung des Landes beim Wohngeld einen landesweiten Fehlbetrag von über 400 Millionen Euro erwarten lässt. Damit werden die Kommunen im Regen stehen gelassen, und alle Versprechungen der Bundesregierung werden sich als Fiktion erweisen.
Die Kommunen in Niedersachsen haben der Bundesregierung in diesem Fall also ganz zu Recht misstraut. Es zeigt sich jetzt, dass sie Recht hatten.
Niedersachsen und die FDP sind aufgrund der praktischen Erfahrungen bei der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen im Rahmen von Hilfe zur Arbeit sowie auch mit kommunalen Jobcentern immer für eine Anbindung an die Kommunen eingetreten. In diesem Zusammenhang ist das Konzept des niedersächsischen Weges, wie wir ihn genannt haben, zu nennen, erarbeitet von den Landesministerien für Wirtschaft und für Soziales. Kompetenz und Erfolg der Vermittlung sind im Regelfall nämlich eher dort zu finden, wo räumliche Nähe und direkte persönliche Ansprache gegeben sind.
Meine Damen und Herren, wir haben daher die Übertragung der Verantwortung auf die Bundesagentur immer für den falschen Weg gehalten und den Erhalt von Doppelstrukturen durch die Aufteilung zwischen Geldleistungen zum Unterhalt und Eingliederungsleistungen im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktvermittlung bei der Bundesagentur einerseits und Unterkunftsleistungen in der Verantwortung der Kommunen andererseits für einen wenig tragfähigen Kompromiss gehalten.
In der letzten nächtlichen Runde des Vermittlungsverfahrens wurde dann noch das Optionsmodell aufgenommen, das den Kommunen die Möglichkeit einer alleinigen Verantwortung eröffnen sollte, wobei die nähere Ausgestaltung allerdings nicht festgeschrieben wurde. Sie kennen den Satz: Näheres regelt ein Bundesgesetz. Allen Beteiligten war allerdings klar, dass eine für die Kommunen sinnvolle und faire Umsetzung des Optionsmodells die Erfüllung von Grundbedingungen erfordert. Ich nenne jetzt einmal vier Grundbedingungen.
Zweitens. Sie brauchen eigenverantwortliche Gestaltungsfreiheit ohne wesentliche Beeinflussung von außen.
Der gestern im Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf erfüllt keine einzige dieser Grundbedingungen und ist darum grundsätzlich abzulehnen.
die zugesagte finanzielle Entlastung der Kommunen ist nicht realisiert, sondern es ist sogar eine Mehrbelastung zu erwarten. Das Ganze ist mit erheblichen Mängeln und Risiken behaftet. Mehrbelastung wollen wir auf keinen Fall. Daher kann ein vernünftiger Ausweg nur in einer Verschiebung und in einer neuen Verhandlungsrunde liegen. Sie müssen noch einmal neu nachdenken.
Herr Harden, Sie hatten gefragt, ob wir ab dem 1. Januar 2005 eine praktikable Lösung wollen oder nicht. Natürlich wollen wir das, aber im Moment ist keine praktikable Lösung in Sicht. Wir wollen keine Scheinoption. Wir wollen eine vernünftige Regelung für die Menschen in Niedersachsen. Deshalb sind wir eindeutig für Vertagen und Aussetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir heute von CDU und FDP zu Hartz IV und dem Optionsgesetz gehört haben, ist schon sehr bemerkenswert.
- Hören Sie doch erst einmal zu! Seien Sie so fair, und klatschen Sie erst am Ende. Das geht mir von meiner Zeit ab, meine Damen und Herren. Sie werden schon noch zuhören müssen.