Herr Minister Busemann, ist in dem von Ihnen angekündigten Erlass geplant, die Frage der Zuweisung von pädagogischen Mitarbeitern in Förderschulen neu zu regeln? Wenn ja, wie?
Herr Präsident! Frau Kollegin, was die pädagogischen Mitarbeiter anbelangt, gilt der alte Erlass weiter. Insofern wird es durch den neuen Erlass unverändert bleiben bzw. nicht mit geregelt.
Ich darf die Ausführungen unseres Herrn Ministerpräsidenten aufgreifen. Ich kann ihn und Sie alle beruhigen: Wir werden, abgesehen von einem einzigen Fall, alle 150 Stellen besetzen können.
Herr Wenzel sprach von erschreckend wenigen Integrationsklassen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: An wie vielen Gesamtschulen, an wie vielen anderen Schulen existieren Integrationsklassen, die von den in der Anfrage beschriebenen Maßnahmen betroffen sein könnten?
Ich will aber noch einmal diese immer wieder gewählte Formulierung „erschreckend wenige Integrationsklassen“ aufgreifen. Wenn Sie den ideologischen Wunsch „ausschließlich Integrationsklassen“ haben, dann ist das Ihr eigenes Problem.
Wir wollen für jedes Kind den individuellen Förderbedarf festgestellt wissen und für jedes Kind ein dem Kindeswohl entsprechendes schulisches Angebot.
Herr Minister, die Behindertenverbände haben gerade im letzten Jahr in ihren Forderungskatalog wiederum das Ziel aufgenommen, möglichst viele Kinder - wenn nicht alle - in wohnortnahen Regelschulen zu unterrichten. Das heißt, sie fordern für fast alle behinderten Kinder - das ist ihr Ziel -, dies so zu tun. Haben Sie inzwischen auch einmal mit den Behindertenverbänden gesprochen? Denn wenn Sie sagen, dass Sie in Bezug auf das regionale Integrationskonzept, das die wohnortnahe Beschulung zum Ziel hatte, Veränderungen planen, dann wüsste ich gerne, wie Sie mit den Verbänden umgehen und wie Sie Ihre neuen Ideen mit ihnen besprochen haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, wir stehen auch mit den Behindertenverbänden, gerade was den Bereich Sonderpädagogik anbelangt, eigentlich in regelmäßigem Kontakt. Sie sind auch an der Entwicklung unseres Erlasses beteiligt.
Was die Frage der Integrationsklassen anbelangt, darf ich einmal auf einen vielleicht vorhandenen Irrtum hinweisen. Wir drücken nicht von oben irgendwelchen Schulen Integrationsklassen auf. An der Schule wird der Bedarf festgestellt. Die Schule stellt den Antrag, und die Schulbehörde entscheidet dann, wie zu verfahren ist.
Herr Ministerpräsident, Sie wissen sehr gut, dass auch wir mit unserem Haushaltsänderungsantrag die 2 500 Lehrer gefordert und entsprechende Finanzierungsvorschläge unterbreitet haben. Ich habe mich auch persönlich für eine gute Ausstattung der Förderschulen in meiner Stadt, in meinem Landkreis eingesetzt, weil ich das für sehr wichtig halte. Insofern weise ich Ihre Unterstellung auf das Schärfste zurück.
Aber ich frage Sie - diesen Fall kenne ich ganz persönlich, weil das ein Fall ist, der mir aus meinem Dorf bekannt ist -: Halten Sie es für richtig, dass eine Grundschule bei uns im Dorf nicht mehr in der Lage ist, eine sonderpädagogische Grundversorgung anzubieten, was dazu führt, dass gerade das lernschwächste Kind eines Jahrganges morgens als einziges Kind an der Bushaltestelle steht, sich allein in den Bus setzen, als einziges Kind nach Göttingen fahren und am Nachmittag wieder allein nach Hause zurück kehren muss, mithin nicht zum Kindergeburtstag im Dorf eingeladen wird, weil es nämlich die anderen Kinder seines Jahrganges nicht kennen lernt, da es ja auf eine andere Schule geht, und am Nachmittag alleine spielen muss, weil sich die anderen Kinder von der Schule her kennen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, es mag sein, dass an kleinen Standorten mit kleinen Strukturen nicht für jeden Bedarf eine eigene Struktur vorgehalten werden kann. Aber ich würde Ihnen - von Mensch zu Mensch - Recht geben: Das ist eine unbefriedigende Situation, auch wenn es in diesem Fall ein einziges Kind betrifft. Ich biete Ihnen ausdrücklich an, dass wir uns - auch mit der Hilfe meines Hauses - diesen Fall vornehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Debatte geht es in meinen Augen nicht um Ideologie, sondern darum, was die Fachwelt, die Experten und die Behindertenverbände dazu sagen, wie man bessere Integration von Behinderten in die Gesellschaft erreichen kann.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung noch einmal: Wie will sie bessere Integration und wie will sie das gesellschaftliche Leitbild einer besseren Integration von Behinderten in die Gesellschaft erreichen? Indem man vielleicht die Integration von Behinderten in Regelschulen fördert, oder indem man Förder- oder Sonderschulen schafft und in diesen Fällen Behinderte quasi separiert?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, auch auf die Gefahr hin, dass wir uns im Kreis drehen. Sie haben eine Grundhaltung - vielleicht aufgrund eines ideologischen oder auch eines parteipolitischen Zieles -, in der Integrationsklasse das Allheilmittel zu sehen.
mentieren, dass wir uns am Kindeswohl orientieren, für jedes Kind ein entsprechendes Angebot schaffen und uns auf einer qualitativ anspruchsvollen Grundlage darum kümmern, dass gerade in schwierigen Zeiten eine vernünftige Unterrichtsversorgung gegeben ist, dass wir genügend pädagogische Mitarbeiter haben. Wir werden uns auch etwas zu der Problematik der Wohnortnähe, die vorhin angesprochen wurde, einfallen lassen werden. Darauf können Sie sich verlassen.
Nach der klaren Standortbestimmung, die wir in dieser Frage vom Ministerpräsidenten gehört haben, frage ich die Landesregierung, ob sie angesichts des Verfassungsgerichtsurteils von 1996, das die Priorität eindeutig bei der Integration für behinderte Kinder sieht, eine solche Priorität für Ideologie hält und ob sie sich in ihrer eigenen Politik nicht an die Richtlinien dieses Verfassungsgerichtsurteils halten will.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe Zweifel, ob das so in dem Verfassungsgerichtsurteil steht, wie Sie es berichten. Ich meine, das ist nicht so. Ich habe schon vorhin deutlich gemacht, wir werden bei all dem, was wir auf dem Feld der Sonderpädagogik tun, das Urteil natürlich befolgen. Der Tenor des Urteils ist insbesondere, dass bei einer Zuweisung an die frühere Sonderschule, die heutige Förderschule ein besonderer Begründungsbedarf vorhanden sein muss. Aber es ist kein Plädoyer für „fast ausschließlich Integrationsklassen“.
Herr Präsident! Wir haben vorhin vom Ministerpräsidenten und nun auch von Minister Busemann gehört, dass von ihrer Seite aus das Kindeswohl objektiv so betrachtet wird, dass eine Orientierung hieran in einem höchstmöglichen Anteil an sonderpädagogischer Förderung für behinderte Kinder besteht.
Wir dürfen darauf keine Antwort geben, sondern müssen Fragen stellen. Insofern frage ich: Nehmen Sie tatsächlich für sich in Anspruch, dass Sie das Kindeswohl objektiv bestimmen können, während Sie denjenigen, die entsprechend den Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes und den Ergebnissen langer Diskussionen fordern, dass auch das Angebot an integrativen Konzepten und integrativen Klassen ausgeweitet werden soll - was natürlich nicht heißt, dass alle dorthin gehen müssen, aber man sollte zumindest nicht das Angebot zurückfahren, sondern ausweiten - Ideologie unterstellen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Steiner, niemand sollte für sich in Anspruch nehmen, dass er sozusagen allein selig machend weiß, was letzten Endes das Kindeswohl ist.