res Mal mit der Altfallregelung zu befassen. Nachdem das Zuwanderungsgesetz keine diesbezüglichen Regelungen vorsieht, sind in erster Linie die Länder in die Verantwortung zu nehmen.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, verweigern Sie sich diesem Anliegen nicht. Es geht hier nicht mehr um die Aufrechterhaltung von Paragrafen und Gesetzesvorgaben. Es geht um Einzelschicksale, es geht um Menschen. Wir haben es hier oft genug deutlich erlebt. Ermöglichen Sie, meine Damen und Herren, aus humanitären Gründen heraus zunächst eine Bleiberechtsregelung für die Minderheiten aus dem Kosovo, und lassen Sie uns im weiteren Verlauf über eine generelle Altfallregelung verhandeln.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht hier in der Tat um ein sehr ernstes Thema, weil es um Menschen geht. Ich möchte zu dem Antrag der SPD-Fraktion reden. Der Kollege Gansäuer wird gleich noch etwas zu dem Antrag der Fraktion der Grünen sagen.
Sie, meine Damen und Herren von der SPD, fordern eine Altfallregelung. Das neue Zuwanderungsgesetz sieht diese ausdrücklich nicht vor,
auch nicht, wie Sie sie fordern, mit Einschränkungen. Ich weiß nicht, warum Herr Schily, der Verhandlungsführer der SPD gewesen ist, so entschieden hat. Deswegen haben Sie auch vorsorglich in Ihren Antrag geschrieben, dass es dann eine niedersächsische Sonderregelung geben soll. Ich kann Ihnen sehr deutlich sagen: Es wird keine Sonderregelung geben. Gleichwohl ist das Problem, das Sie angesprochen haben, sehr ernst. Wir müssen sehen, wie wir mit den Regelungen des Zuwanderungsgesetzes - so wie es hier vorliegt und noch nicht verabschiedet worden ist - eine verantwortbare Lösung finden.
Bisher haben wir in der Vergangenheit verschiedene Altfallregelungen gehabt. Ich persönlich war immer gegen die bisher üblichen Stichtagsregelungen. Ich will auch sagen, warum. Ich finde Stichtagsregelungen nicht gut, weil sie von einem bestimmten Termin ausgehen. Wer vorher eingereist ist, kam in den Genuss der Regelung, egal wer er war und in welcher Situation er und seine Familie sich befanden, während Menschen in anderen Fällen, bei denen wir alle wahrscheinlich gesagt hätten, die müssten hier bleiben, nicht in diesen Genuss kamen, weil sie - das hat es gegeben - zwei, drei Tage später eingereist waren. Meiner Meinung nach ist dies nicht das richtige Instrument.
Auch hatten wir Fälle, bei denen wir Altfallregelungen, auf bestimmte Länder bezogen, beschlossen haben. Das ist jetzt auch durchaus üblich, insbesondere im Zusammenhang mit der Duldung, die ausgesprochen wird und dann jeweils nach der Befristung verlängert werden muss. Diese Duldung bezieht sich auf die konkrete Situation in dem Land, in das nicht erfolgreiche Asylbewerber abgeschoben werden müssten, was aber nicht vollzogen wird, weil dort Bürgerkrieg oder andere Umstände herrschen, die das unmöglich machen.
Wenn man dem folgen würde, was die SPD hier möchte, würde man sozusagen das Instrument der Duldung abschaffen, indem man sagt: Alle diejenigen, die die Kriterien erfüllen, die hier genannt sind, sollen bleiben.
Nun müssen wir sehen, was wir mit den Regelungen des neuen Gesetzes tun werden. Es gibt ja auch die Möglichkeit der Härtefallkommission. Wir, die beiden großen Fraktionen, waren uns bisher, nachdem wir uns vor einigen Jahren in Berlin einen Einblick verschafft hatten, darüber einig, dass wir das in Niedersachsen nicht wollen. Gleichwohl - das will ich sehr deutlich sagen - ist uns allen bewusst, dass es Härtefälle gibt. Ein solcher ist im letzten Plenarsitzungsabschnitt verhandelt worden. Ich will nur sagen: Ich war immer dafür, dass es Möglichkeiten für den Fall gibt, dass der Petitionsausschuss - damals der Innenausschuss - mit einer qualifizierten Mehrheit - wir hatten auch schon einmal den Fall, dass einstimmig beschieden wurde - in einem bestimmten Fall sagt: Die müssen aber hier bleiben. - Bei dem letzten Mal war es ein bisschen anders, da der Petitionsausschuss einstimmig genau das Gegenteil von dem beschlossen hat, was hier die Fraktionsführung aufgeführt
Ich sage nur noch eines dazu - damit der Kollege Gansäuer genügend Redezeit hat -: Ich meine, es ist richtig, wenn wir den Petitionsausschuss mit besonderen Kompetenzen ausstatten, damit er mit einer besonders qualifizierten Mehrheit - vielleicht Dreiviertelmehrheit - in einzelnen, ganz begründeten Fällen empfehlen kann, einer Petition zuzustimmen. Außerdem meine ich - ohne dass ich mich festlegen will -, dass wir es an bestimmte Leistungen derer, die die Petenten unterstützen, binden sollten, sodass man, wenn z. B. eine Kirchengemeinde sagt, dass jemand hier bleiben soll, weil es in dem Fall nachvollziehbar ist, festlegt: Ihr müsst so etwas wie eine Bürgschaft für ein, zwei, drei Jahre übernehmen. Und wenn sie selbst arbeiten, dann wird sie ja nicht fällig, aber als eine Art Ansporn ist das vielleicht nicht schlecht. Dann begrenzt man eine solche Regelung auf absolut einzelne Härtefälle, ohne dass man wieder neue Regelungen schafft, die von der Bundesregelung abweichen, und man bindet das an die Entscheidung des Parlamentes, was uns sehr wichtig ist.
Wir müssen im Ausschuss darüber reden. Ich finde es gut, dass Sie das Thema angesprochen haben. Aber dieses Thema verdient eine sehr sachgerechte Auseinandersetzung. Insofern ist es wichtig, dass wir darüber in der Ausländerkommission reden. Aber, wie gesagt, wir müssen nicht für alle, sondern für absolut begründete Ausnahme- und Einzelfälle ein Instrument dafür finden, wie wir verantwortungsvoll damit umgehen. - Vielen Dank für das Zuhören.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich schätze das persönliche Engagement der Kollegin Langhans sehr - das will ich ausdrücklich betonen -, aber ich muss Ihnen auch sagen, dass die Darstellung doch ein bisschen sehr einfach war. Denn wenn es alles so einfach wäre, wie Sie es dargestellt haben, wäre es eigentlich kein Problem.
Jeden Tag verlieren wir in Deutschland 1 000 Arbeitsplätze. Ich könnte ganz polemisch ausholen und fragen, wer dafür zumindest mitverantwortlich ist. Das lasse ich jetzt aber alles hintangestellt. Vor diesem Hintergrund jedoch sozusagen flächendeckend Arbeitserlaubnisse zu erteilen, darüber werden sich die Gewerkschaften und Arbeitnehmer sehr freuen. Als ich in Stadthagen bei der Firma OTIS vor den Arbeitnehmern gesprochen und hinterher mit ihnen diskutiert habe, kam dieses Thema auch hoch. Die sehen das völlig anders. Gehen Sie doch bitte mal dort hin und sprechen Sie mit den Leuten einmal über deren Nöte und über deren Probleme. Dann werden Sie plötzlich erleben, dass sie eine völlig andere Sicht haben. Im Übrigen weiß ich das auch aus den Diskussionen beim DGB. Also vergewissern Sie sich mal schnell. Wenn die Konkurrenz um Arbeitsplätze, die wir jetzt auch mit Polen und Tschechien austragen müssen, nun auch noch auf alle Asylbewerber ausgeweitet wird, dann kann ich Ihnen sagen: Gute Nacht in Deutschland! Dann wird es problematisch.
- Sie müssen nun einmal damit leben, dass dies auch ein Teil der Wahrheit ist, mit der wir umgehen müssen.
Zum Zweiten: Kosovo. Meine Damen und Herren, ich glaube, es gibt kaum jemanden in diesem Raum, der sich auch innerlich mehr für dieses Land engagiert, als ich es in den vergangenen eineinhalb Jahren gemacht habe. Ich wage zu behaupten, dass es auch nicht so viele gibt, die dieses Land besser kennen als ich, denn wir haben jede Woche miteinander Kontakt: mit dem Parlamentspräsidenten, mit dem Kultusminister und mit dem Präsidenten der Universität in Pristina. Ich habe viele Verbindungen zustande gebracht, die es vorher nicht gegeben hat. Deshalb - so glaube ich - kann ich darüber auch etwas sagen.
In diesem Land spielt sich eine Tragödie ab. Frau Langhans weiß das. Nach einem versuchten Völkermord durch Milosevic - wir wissen, dass das alles strategisch angelegt war; die Unterlagen liegen heute ja vor - haben wir Deutschen das erste Mal nach dem zweiten Weltkrieg für die Kosovaren wieder Krieg geführt. Das ist unsere Verantwortung. Man kann nicht Bomben werfen und sich anschließend aus der Verantwortung stehlen wollen.
Das will hier auch niemand. Deutschland hat für das Kosovo mehr Verantwortung als für jedes andere Land in Europa, denn wir haben dort Bomben geschmissen, wir haben geschossen und wir haben unsere Soldaten geschickt, die auch heute noch dort stehen. Deshalb bitte ich bei meinen Kritikern auch um Verständnis dafür, dass ich mich so engagiere, weil dies weit über die Tagesaktualität hinaus große Bedeutung hat.
Allerdings ist das, liebe Frau Langhans, was Sie jetzt beantragen - ich habe vorhin gerade noch einmal mit zwei Freunden aus dem Kosovo telefoniert -, genau das, was das Kosovo nicht braucht. Wir dürfen das Kosovo und die Kosovaren insgesamt nicht aus der Verpflichtung entlassen - was wir täten, wenn wir Ihrem Antrag zustimmen würden -, dass sie sich multiethnisch organisieren und zusammenleben müssen. Wenn Sie nämlich verhindern, dass es Rückkehrer auch aus ethnischen Minderheiten gibt, und wenn Sie ihnen dauerhaft eine Aufenthaltsgenehmigung gewähren, dann verhindern Sie das multiethnische Zusammenleben. Das Kosovo kann nur existieren, wenn sich die Bevölkerung innerlich bereitfindet, multiethnisch zusammenzuleben. Deshalb bin ich aus grundsätzlichen Erwägungen in diesem Fall dagegen. Wir können gerne noch einmal darüber reden.
Meine letzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Über das, was die Bundesregierung macht, würde ich mit Ihnen gerne einmal streiten. Dieses Land hängt seit fünf Jahren in einer Weise auf der Rolle, wie es international keinen Vergleich gibt. Das Folgende sage ich jetzt einmal, weil ich innerlich angefasst bin. Von Joschka Fischer, der sich sonst so gut zu verkaufen weiß, was ja sein gutes Recht ist, hätte ich mehr Engagement erwartet, damit dieser unheilvolle Zustand, in dem sich das Kosovo befindet, endlich einmal beendet wird. Deutschland sollte eine bessere Rolle spielen als die, die es bisher in den vergangenen Jahren gespielt hat.
Gansäuer, Sie haben in bewegenden Worten geschildert, wie die Lage im Kosovo ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich doch wohl die meisten in diesem Hause Ihrer Einschätzung, was dort zu tun ist, um zu einer Zukunft für die Menschen in diesem bedrängten Land zu kommen, anschließen werden.
In der Tat sind derzeit 19 500 Soldaten im Auftrag der Vereinten Nationen damit beschäftigt, die UNResolution Nr. 1244 im Kosovo durchzusetzen, darunter 3 700 Deutsche. Zu den Zielen der genannten Resolution gehört bekanntlich die Herstellung von Schutzzonen und die Aufbauhilfe für rückkehrende Flüchtlinge, die ihre Häuser dort wieder aufbauen müssen. 6 Milliarden Euro hat die internationale Staatengemeinschaft mittlerweile zum Balkan-Stabilitätspakt beigetragen. Soeben erst, nämlich am 27. Mai, hat der Deutsche Bundestag fast einstimmig das Mandat der Bundeswehr für den Kosovo-Einsatz verlängert. Dafür gab es eine große, übergreifende Mehrheit und nur ganz wenige Gegenstimmen. Aber es hat bei dieser Gelegenheit den Bundesaußenminister Joschka Fischer einige Verrenkungen und einen ganz erheblichen Vorrat seiner bekannt verquasten Formulierungen gekostet, um begreiflich zu machen, dass und warum ein Ende dieses 1999 begonnenen Einsatzes nicht absehbar ist. Es sind überhaupt keine Fristen erkennbar. An humanitärer Hilfe aus Deutschland und aus der Staatengemeinschaft für den Kosovo fehlt es mithin nicht.
Wenn man nun vor diesem Hintergrund und auch vor dem Hintergrund der Ausführungen von Herrn Gansäuer den Grünen-Antrag betrachtet, dann kann man nur mit Brecht antworten: Wo Recht zum Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. - Denn es geht Ihnen nicht um das Bleiberecht in besonderen Fällen, sondern es geht Ihnen, wie wir auch aus den vorangegangenen Diskussionen über Petitionen wissen, um eine Generalregelung, die in der Tat das Ziel der Bemühungen der KFOR im Kosovo ad absurdum führen würde. An diesem Ziel sollten wir in diesem Hause miteinander festhalten, obwohl das natürlich im Bundestag zu entscheiden ist.
Nun ein Aspekt, der auch zum Thema der individuellen Schicksale gehört: Wer illegal nach Deutschland eingereist und hier straffällig gewor
den ist, den müssen wir doch etwas anders behandeln als diejenigen, die hier im Rahmen des Rechtes um Schutz nachgesucht haben.
Der SPD-Antrag enthält gute Gesichtspunkte. Allerdings muss ich Ihnen, verehrte Damen und Herren, sagen, dass er mit glühend heißer Nadel gestrickt ist. Als Frau Rübke gerade ausführte, dass die Hoffnung auf eine Altfallregelung auf Bundesebene schwindet, habe ich mich auch noch einmal daran erinnert, dass es nicht die SPD war, die eine Altfallregelung auf Bundesebene gefordert hat. Ich möchte Ihnen, verehrte Genossinnen und Genossen, an dieser Stelle einmal vortragen, was man auf Ihrer Homepage zum Zuwanderungskompromiss finden kann und womit Sie bei Ihren Wählern um Verständnis dafür werden. Dort ist u. a. zu lesen:
„Der Zuzug von Ausländern wird begrenzt durch konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht abgelehnter Asylbewerber.“
Wollen Sie das, oder wollen Sie das nicht? Insbesondere zur Altfallregelung sagt Ihr Bundesminister, Otto Schily, der heute schon einmal erwähnt worden ist:
Es war die FDP, die als erste einen Gesetzentwurf zur Zuwanderung in den Bundestag eingebracht hat. Unser Gesetzentwurf enthielt eine Altfallregelung mit sehr genau aufgeführten Kriterien, die u. a. Straffreiheit und außerdem eine konkrete Frist umfassen, nämlich sechs Jahre Aufenthaltsdauer in Deutschland.
Ich stelle noch einmal fest: Der grün-rote Gesetzentwurf enthielt dagegen keine Altfallregelung. Daher kann ich Ihre Krokodilstränen anlässlich der Veranstaltung im Hannoveraner Rathaus am 4. Juni, in der es durchaus nicht nur um das Kosovo ging, sondern an der Flüchtlinge und Asylbewerber aus allen Teilen der Welt teilgenommen haben, nur als gleisnerisch bezeichnen. Räumen Sie doch erst einmal die Rechtslage auf Bundesebene auf, bevor Sie hier zu einem so ernsten Thema so schlampige Anträge einreichen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD: He! - Zuruf von der SPD: War das passend zum Thema?)
Herr Kollege Riese, ich denke, Sie sind damit einverstanden, wenn ich Ihnen für den Begriff „schlampig“ einen Ordnungsruf erteile.
Herr Kollege Gansäuer, in diesen 27 Sekunden kann ich leider nicht auf Ihre Anwürfe gegen Joschka Fischer eingehen. Das ist das eine.
Zum anderen möchte ich noch einmal ganz klar und deutlich sagen: Nicht nur wird die Zurückführung von Angehörigen von Minderheiten in den Kosovo von UNHCR, OSZE und UNMIK zumindest verhindert, sondern auch der Schweizer Flüchtlingsrat warnt klar und eindeutig davor, weil die Situation nicht stabil ist. Eine Rückführung führt nicht zu einer Befriedung, sondern zu einer weiteren Eskalation.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jürgen Gansäuer [CDU]: Nicht mit dauerhaften Aufenthaltsgenehmi- gungen verbunden! Genau das Ge- genteil!)
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.