Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Kommunen in der Region um Hamburg, sondern aufgrund der Zuordnung der Lohn- und Einkommensteuer gemäß dem Wohnortprinzip wird auch das Steueraufkommen des Landes Niedersachsen durch die ökonomischen Aktivitäten in der Hamburger Seehafenverkehrswirtschaft nachhaltig erhöht.

(Zuruf von den GRÜNEN: Die hätten mal deine Rede lesen sollen!)

Es besteht somit ein unmittelbares Interesse des Landes Niedersachsen an einer positiven Entwicklung in den Hamburger Häfen. Daneben aber gibt es die berechtigten Interessen der kommunalen Gebietskörperschaften, von Verbänden, ungezählten Bürgergruppen und Initiativen, die, wie unser Fraktionsvorsitzender David McAllister in seiner Rede am 17. Mai 2001 hier ausgeführt hat, „insbesondere in den Bereichen Deichsicherheit, Ökologie, Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus“ zu finden sind.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Viel be- achtete Rede!)

Solange diese Interessen nicht ausreichend berücksichtigt bzw. durch die Hamburger Politik ausgeräumt werden, kann es keine Zustimmung des Landes Niedersachsen zu einer weiteren Vertiefung der Unterelbe geben.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von den GRÜNEN: Ich hatte schon Angst, dass der Bagger kommt!)

Vor allem kann es keine Zustimmung geben, solange die Bedenken und Einwendungen, die anlässlich der letzten Vertiefungen vorgetragen worden sind, nicht voll umfänglich abgearbeitet worden sind, lautet die zweite Forderung.

(Zuruf von den GRÜNEN: Genau so ist es!)

An der Weser stellt sich die Situation etwas anders dar. Eine aktuelle Untersuchung der PLANCO Consulting im Auftrag des Wirtschaftsverbandes Weser hat ergeben, dass ca. 96 000 Arbeitsplätze in der Weserregion direkt oder indirekt von der Seehafenverkehrswirtschaft in den Weserhäfen abhängig sind.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie viele vom Tourismus?)

Das sind ca. 25 % aller Arbeitsplätze in der Region. Die von PLANCO vorgelegte Prognose kommt zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Arbeitsplätze bis zum Jahr 2015 um ca. 30 % auf etwa 125 000 ansteigen wird.

Die jährliche Wertschöpfung, die mit der Seehafenverkehrswirtschaft in den Weserhäfen verbunden ist, wird von gegenwärtig ca. 7 Milliarden Euro auf ca. 9,2 Milliarden Euro steigen.

Als dritte Forderung gilt aus unserer Sicht, wie schon für die Unterelbe erwähnt, dass eine weitere Vertiefung der Außenweser unter ökologischen Gesichtspunkten sorgfältig zu prüfen ist und sicherlich nur dann realisiert werden kann, wenn dieses Vorhaben als umweltverträglich eingestuft wird. Dazu gehören eben auch die Interessen der Landessicherheit, also die Auswirkungen der Veränderungen des Tidehubs durch die Ausbaumaßnahmen auf die Deichsicherheit.

Dadurch, dass das allgemeine Tidehochwasser und das Sturmtidehochwasser steigen und das Tideniedrigwasser sinkt, wird sich, mit der Folge, dass die Tidestromgeschwindigkeit steigt und somit eine Verschiebung der Brackwasserzone und der Salzwasserfahne stromaufwärts bewirkt, ein Problem ergeben, jeweils mit den zu erwartenden negativen Auswirkungen auf Natur und Landschaft sowie Landwirtschaft, Tourismus und Fischereiwirtschaft.

Darin eingeschlossen ist auch die von Herrn Janßen eben angesprochene und schon seit über zehn Jahren währende Debatte um die Verschlickung, Verlandung und/oder Versandung des Fedderwarder Priels.

(Zuruf von den GRÜNEN: Genau! Was passiert damit?)

Die Tatsache, dass die Debatte zwar lange dauerte, jedoch nicht wirklich etwas bewirkte, hat im Übrigen starke Spuren im und am Fedderwarder Priel hinterlassen. Ich füge hinzu: Wir sind auf einem guten Weg. Der Wirtschaftsminister ist involviert. Ich glaube, wir bekommen nach 13 Jahren des Nichtstuns eine vernünftige Lösung hin.

Wie sich die Situation an der Unterweser darstellt, wird in dem weiteren Verfahren zu erörtern sein.

(Zuruf von den GRÜNEN: Bringt der Wirtschaftsminister auch das Geld mit? - Zuruf von der SPD: Nichts, stimmt nicht, kann nicht sein! - Wei- tere Zurufe)

- Ich will auf Ihre Fehlbaggerungen jetzt nicht eingehen. Das wissen wir ja. Das habe ich mit großem Interesse gelesen. Darüber wollen wir jetzt nicht reden. Wir haben gegenüber den Menschen an der Küste eine große Verantwortung,

(Uwe Harden [SPD]: Gegenüber den Menschen an der Elbe aber auch!)

und wir als Union wollen und werden dieser auch gerecht werden. Dazu gehört für uns eine gemeinsame norddeutsche Hafenpolitik ebenso wie die Schaffung eines Küstenprogramms, um endlich die vorhandenen Gegensätze zwischen Natur, Landschaft, Landwirtschaft, Tourismus, Wirtschaft, Fischerei und anderen wichtigen Belangen der Küsten- und Binnenbereiche zu überwinden und nicht weiter zu vertiefen, wie es bisheriges Ziel der Politik gewesen zu sein scheint.

Dennoch ist und bleibt richtig, dass im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Umweltverträglichkeitsuntersuchungen zu erwartende Auswirkungen ermittelt und Möglichkeiten von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geprüft werden müssen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese künftigen Verfahren mit der größtmöglichen öffentlichen Transparenz durchgeführt werden.

Erst auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wird eine politische Bewertung über die Realisierung der Ausbaumaßnahmen getroffen. Eine vorherige Bewertung ohne fundierte Untersuchungsergebnisse entspricht nicht dem Verständnis der CDU-Landtagfraktion von politischer Verantwortung.

Zusammenfassend möchte ich zum Schluss sagen: Wir freuen uns auf einen interessanten und konstruktiven Dialog und eine ebensolche Debatte in den Fachausschüssen des Landtages. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete Riese.

Verehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute das zweite Mal, dass wir uns mit dem Thema Vertiefung von Gewässern beschäftigen müssen. Damit haben wir alle drei großen niedersächsischen Ströme angesprochen.

Es ist allerdings sachlich nicht tunlich, wenn wir die Unterelbe und die Außenweser in einem verneinenden Papier gemeinsam betrachten. Es handelt sich schließlich um zwei höchst unterschiedliche Gewässer, und wir haben es auch mit zwei unterschiedlichen Interessenten zu tun, die beantragt haben, die Gewässer zu vertiefen.

Es ist schon interessant, dass der Antrag, den wir hier beraten, ein Wiedergänger ist – wie auch mehrere andere Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die wir heute behandelt haben. Er ist in sehr ähnlicher Fassung als Drucksache 14/2435 bereits am 17. Mai 2001 hier im Plenum behandelt worden. Er ist damals von einer solchen Tagesaktualität gewesen, dass er im federführenden Ausschuss für Umweltfragen das erste Mal im Dezember 2001 und das nächste Mal im November 2002 beraten wurde. Da kam es dann zu einer Formulierung, die, wenn meine Recherche zutreffend ist, im Plenum des Niedersächsischen Landtages in der damaligen Form nicht mehr beraten werden konnte.

Typisch für diesen Antrag ist, dass er mit dem Wort „kein“ beginnt. Er verrät eine gewisse negative Grundhaltung der Fraktion der Grünen gegenüber Dingen, die einen Abwägungsprozess erforderlich machen.

(Ina Korter [GRÜNE]: Gehen Sie mal vor Ort und gucken Sie sich an, was dabei herauskommt!)

- Wir lesen nicht nur, wie Sie, die tageszeitung, sondern sprechen auch mit den Menschen vor Ort, verehrte Grüninnen und Grüne.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Herr Rie- se, da waren Sie wirklich noch nicht!)

- Was wissen Sie, wo ich in Niedersachsen unterwegs bin, Herr Haase? Ich werde Ihnen gelegentlich mal meinen Terminkalender nahe bringen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Riese ist überall!)

Es ist bezeichnend, dass wir uns bei Anträgen der Grünen-Fraktion überwiegend mit Dingen beschäftigen, die nicht sein sollen. Es geht um keine weitere Vertiefung, auch wenn das zugegebenermaßen ein Thema ist, das wir sehr sensibel diskutieren müssen.

Wenn Sie sich politisch betätigen, geht es darum, dass die Menschen im ländlichen Raum kein Auto fahren dürfen. Sie möchten keine Zensuren für Schüler in der Grundschule, für Schülerinnen übrigens auch nicht.

(Werner Buß [SPD]: Was hat das denn mit der Weser zu tun?)

- Das hat mit dem Politikstil der Grünen zu tun, der sich, wenn er positiv wird, mit Beschränkungen befasst.

Damit sind wir auch schon wieder beim Thema: Wenn dieser Antrag mit einem schlichten Ja beantwortet wird, dann verweigern wir uns einer Diskussion, dann verweigern wir uns einer notwendigen Abwägung, wie sie der Herr Kollege Thümler gerade schon zum Ausdruck gebracht hat, nämlich der Abwägung zwischen den unterschiedlichen Interessen, die sich an solch einen Raum im dicht besiedelten Küstengebiet nun einmal richten.

Auch wir als Fraktion der Liberalen werden natürlich sehr ernstlich die Ansprüche der Umwelt abwägen. Der Anspruch der Deichsicherheit ist ja berechtigt - er ist damals auch vom Kollegen McAllister genannt worden -, er ist sehr, sehr ernst zu nehmen, insbesondere im Elbe-Gewässer - das ist überhaupt keine Frage -, aber auch in der Außenweser.

Aber wir werden uns auch mit den Antragstellern beschäftigen, die uns vortragen, dass eine Weiterentwicklung dieser Gewässer notwendig ist. Es gibt im deutschen Recht erfreulicherweise das Instrument der Ausgleichsmaßnahmen. Wir wissen, dass das in diesen Gebieten nur noch sehr schwer zur Anwendung zu bringen ist, weil da schon ziemlich viel geschehen ist. Aber wir werden diesen Antrag beraten, wir werden das erwägen, wenn der Stadtstaat Hamburg und der Stadtstaat Bremen auf uns zukommen und uns vortragen, dass auch diese Hafenbetreiber ihre Häfen weiterentwickeln möchten.

Von daher freue ich mich wie meine Vorredner sehr auf die Beratung im Fachausschuss. Ich bin sicher, dass uns diese Thematik noch weitere Jahre

beschäftigen wird, weil sie sich mit einem einfachen Nein, wie es die Grünen vorschlagen, nun leider nicht erschlagen lässt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Wort hat nunmehr Herr Wolfkühler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich will niemand den Hanseaten in Hamburg oder Bremen das Wasser abgraben. - Das vorweggeschickt, will ich bestätigen, dass der Hafen in Hamburg, der Hafen in Bremerhaven und der Hafen in Bremen auch eine niedersächsische Angelegenheit sind. Das lässt sich nicht bestreiten, denn dort haben tausende von Niedersachsen ihre Arbeitsplätze.

Aber neben den berechtigten Eigeninteressen der Stadtstaaten Hamburg und Bremen muss für uns natürlich in allererster Linie die Betroffenheit und das Interesse der Menschen in unseren Regionen Grundlage der Entscheidungen dieses Parlaments sein. Deswegen werde ich zumindest für die Elbe auf direkterem und kürzerem Wege zu dem gleichen Ergebnis wie der Kollege Thümler kommen.

Bereits im Mai 2001 gab es einen nahezu gleichlautenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Unterelbe und zur Außenweser und einen Antrag der CDU-Fraktion zur Unterelbe. Nachdem nun die emotionalen Rauchschwaden über die Entscheidung zum Tiefwasserhafen Wilhelmshaven, die auch eine Rolle gespielt haben, verzogen sind, werden wir uns erneut mit der Vertiefung von Weser und Elbe befassen.

Hamburg hat beim Bund beantragt, die Elbe auf 16 m unter Seekartennull zu vertiefen.