Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Politik für den ländlichen Raum war in der vergangenen Wahlperiode ein Schwerpunkt der parlamentarischen Initiativen hier im Landtag. Viele, die schon in der letzten Wahlperiode dabei gewesen sind, werden sich erinnern, dass wir vielfältige Anträge in den Landtag eingebracht haben, die sich mit dem ländlichen Raum befasst haben.
Diese Befassung war auch notwendig, da die vorherige Landesregierung die Politik für den ländlichen Raum - ich will nicht sagen: missachtet eklatant vernachlässigt hat.
Aber Politik für den ländlichen Raum, meine Damen und Herren, findet ihren Niederschlag auch in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP und auch in der so genannten Regierungserklärung des Ministers Ehlen aus unserem Ausschuss. Damit ist wieder deutlich geworden, dass wir auch in dieser Periode ein Ansprechpartner, ein verlässlicher Anwalt der Menschen des ländlichen Raums im Niedersächsischen Landtag sind. Das wollen wir auch weiterhin bleiben.
Daher, Herr Möhrmann, wollen wir heute mit diesem Entschließungsantrag noch einmal deutlich machen, was für uns Politik für den ländlichen Raum bedeutet.
Wir bringen heute einen Entschließungsantrag für die Umnutzung ehemals landwirtschaftlicher Gebäude ein. Wir wissen sehr wohl, dass schon 1998 das Bundesbaugesetz geändert worden ist - auch auf unsere Initiative hin -, um eine Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude zu erreichen. Mit der Änderung des Bundesbaugesetzes wollten wir dem
Strukturwandel in der Landwirtschaft Rechnung tragen, und vor allem wollten wir damit einer Entleerung des ländlichen Raumes offensiv entgegentreten. Wir können feststellen: In diesen fünf Jahren hat es bereits positive Auswirkungen gegeben. Leerstehende, noch in einem guten Zustand befindliche Gebäude können einer sinnvollen wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Darüber hinaus kann aber auch die Versiegelung, der Verbrauch von Grund und Boden in der Fläche, reduziert werden.
Meine Damen und Herren, Frau Dr. von der Leyen hat es bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt deutlich gemacht: Sie will das Mehrgenerationenhaus. Auch dieses ist auf sehr einfache Art und Weise durch eine Änderung der Nutzung im Lande zu erreichen. Aber insbesondere, meine Damen und Herren, wollen wir die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes stärken, der, bedingt durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft, Einbußen erfährt.
Das Bundesgesetz, das bislang gültig ist, ermöglicht nur zum Teil diese positiven Auswirkungen. Das haben wir innerhalb dieser fünf Jahre feststellen können. Es gibt dort eine zeitliche Befristung. Wenn eine Hofstelle aufgegeben worden ist, dann muss diese Umnutzung innerhalb von sieben Jahren erfolgt sein. Bis zu drei Wohneinheiten können dort geschaffen werden. Darüber hinaus kann auch eine kleingewerbliche Nutzung ermöglicht werden. Nach sieben Jahren ist diese Umnutzung vorbei bzw. in erheblichem Maße eingeschränkt. Wir sind der Meinung, dass dies geändert werden muss; denn die Umnutzung kann nicht innerhalb von sieben Jahren umgesetzt werden.
Dafür gibt es die unterschiedlichsten Gründe. Es sind regionale Gründe, Gründe, die mit der Tradition in den verschiedenen Regionen zusammenhängen, es sind aber auch persönliche oder wirtschaftliche Gründe auf den Höfen, die es hin und wieder nicht ermöglichen, innerhalb dieser Zeit von sieben Jahren eine Umnutzung umzusetzen. Daher wollen wir die Landesregierung mit diesem Antrag auffordern, im Wege einer Bundesratsinitiative eine Gesetzesänderung zu initiieren. Wir alle wissen, dass die Landesregierung das nicht alleine erreichen kann. Sie muss einen Auftrag durch das Parlament erhalten oder selbst eine Initiative im Bundesrat ergreifen, um eine solche Änderung im Bundestag herbeizuführen.
Daher, meine Damen und Herren, hoffe ich sehr, dass wir mit unserem Entschließungsantrag viel Zustimmung auch bei den anderen Fraktionen des Niedersächsischen Landtags, insbesondere bei den Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen, bekommen, denn wir sind Anwalt des ländlichen Raumes. Wir haben erkannt, dass es nach einer Frist von sieben Jahren Hindernisse für eine Umnutzung gibt. Diese Hindernisse wollen wir mit einer Änderung des Baugesetzbuches aus dem Weg räumen.
Wir werden sicherlich im Ausschuss noch intensiver über den Entschließungsantrag beraten. In allen Einzelheiten wird man diesen Antrag heute nicht beraten können. Insofern freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss und auf die Unterstützung heute im Parlament.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kethorn, Ihre Einleitung - was sagten Sie? -, in der Sie die Vernachlässigung der landwirtschaftlichen Interessen in der Vergangenheit beklagt haben, fand ich angesichts der Politik, die unser Landwirtschaftsminister Uwe Bartels vertreten hat, völlig daneben.
Ich stelle Folgendes fest: Wenn es jetzt um eine grundlegende Angelegenheit des ländlichen Raumes geht, dann ist Ihr Minister nicht im Raum. Das wundert mich; das erstaunt mich wirklich.
Oberflächlich betrachtet hat dieser Antrag einen etwas revolutionären Inhalt, und zwar die Verlängerung einer Frist von sieben auf zehn Jahre und die Erhöhung der Zahl der Wohnungen von zwei auf drei. Das ist, wenn man das so betrachtet, gewaltig.
Bei näherer Betrachtung muss man aber sagen, dass substantiell wesentlich mehr drinsteckt. Es gibt übrigens auch Überlegungen, die Zahl von drei Wohnungen aufzuheben und festzulegen, dass sich die Begrenzung, wie viele Wohnungen man in ein Gebäude einbauen kann, allein aus dem vorhandenen Bauvolumen ergibt.
Im Grundsatz geht es also um die Weiternutzung landwirtschaftlicher Gebäude durch Umnutzung, wenn sie landwirtschaftlich nicht mehr gebraucht werden. Das ist ein Thema, mit dem wir uns sehr ernsthaft auseinander setzen wollen, und zwar in Kenntnis der Tatsache, dass es durchaus unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema gibt, nämlich unterschiedliche Ansichten von Städtebauern und anderen. Darüber sind wir uns im Klaren und werden das deshalb mit großer Sorgfalt behandeln.
Grundsätzlich erkennen wir die Zielrichtung an: Erhaltung der Gebäudebestände - auch ein Ziel, das im öffentlichen Interesse liegt - und Erhaltung des Vermögens, das mit dem Eigentum an diesen Gebäuden verbunden ist. Wir können uns auch mit dem Ansinnen anfreunden, landeseigene Regelungen anzustreben. Niedersächsische Interessen können durchaus anders geartet sein als die Interessen anderer Länder. Wie ich schon sagte, gibt es durchaus Überlegungen, etwas zu ändern. Wenn es denn so ist, wie wir es uns in Niedersachsen wünschen, dann können wir damit auch zufrieden sein.
Für mich neu ist die gewerbliche Nutzung ehemals landwirtschaftlicher Gebäude. Dabei geht es nicht um die Erweiterung von Gewerbebetrieben im Außenbereich, die nach § 35 genehmigt waren und erweitert werden sollen, sondern es geht um die gewerbliche Nutzung - Sie sprechen von kleingewerblicher Nutzung der landwirtschaftlichen Gebäude. Das ist mit Sicherheit ein größeres Problem, das bedacht werden sollte, und zwar immer unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des Gebäudebestandes und unter Beachtung der sonstigen beschränkenden Bestimmungen des § 35 und - das ist entscheidend - bei exakter Definition des Begriffs „kleingewerbliche Nutzung“.
Zugegebenermaßen erzeugen solche Regelungen immer die Befürchtung, es könnten Splittersiedlungen entstehen oder die Bauleitplanung der Kommunen könnte unterlaufen werden. Diese Argumente sind unbedingt in die Beratung einzubeziehen und sind gegen die von mir bereits genannten Gesichtspunkte abzuwägen.
Entscheidend für unsere im Grundsatz positive Einstellung ist der Gesichtspunkt, dass es nicht vorrangig um Bauen im Außenbereich geht, wie § 35 eigentlich festlegt, sondern um veränderte Nutzung, wobei jedem immer klar sein muss, dass solche Nutzungsänderungen durchaus auch dazu führen könnten, dass später noch einmal dazugebaut werden muss, z. B. wenn ein Gewerbebetrieb an seine Grenzen stößt. Das muss in den Beratungen sorgfältig abgehandelt werden.
Neben allen Befürchtungen, im Zuge der Zeit unbeabsichtigte Entwicklungen feststellen zu müssen, ist Folgendes zu bedenken. Neben den berechtigten persönlichen Interessen der Eigentümer auf Erhalt ihres Eigentums muss auch bedacht werden, dass es durchaus im öffentlichen Interesse liegen kann, solche Gebäude umzunutzen, um sie zu erhalten. Die Folgen fehlender Nutzungsmöglichkeiten für den Gebäudebestand muss ich nicht beschreiben, weil sie uns allen klar sind.
Wie bereits gesagt, haben wir eine positive Einstellung. Unsere endgültige Haltung dazu wird sich aus den Beratungen ergeben. Wir gehen offen in die Beratungen. Entscheidend ist, dass die Erhaltung der Werte im Vordergrund steht und dass Sie, die Antragsteller, ihre Ziele klar formulieren.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Präsident! Strukturwandel im ländlichen Raum findet statt. Das ist Fakt. Die Zahl der Höfe in Niedersachsen sinkt leider. Bauern haben manchmal keine Betriebsnachfolger. Manche geben wegen der sinkenden Zuschüsse oder wegen der sinkenden Chancen auf dem Markt ihren Nebenerwerbsbetrieb auf.
Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der Fraktionen von FDP und CDU wollen wir Nachnutzungen in solchen Gebäuden insbesondere auch im gewerblichen Bereich - das halte ich für einen wichtigen Punkt - ermöglichen. Das ist eines der ersten Mittel, mit denen FDP und CDU versuchen wollen, dem ländlichen Raum wieder Gehör zu verschaffen und den ländlichen Raum in Niedersachsen deutlich zu stärken.
Ziel ist es dabei insbesondere, leer stehende Gebäude - solche alten landwirtschaftlichen Gebäude sind zum Teil durchaus ortsbildprägend und deswegen für den ländlichen Raum besonders wichtig - zu erhalten und sie einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Dabei sind aus unserer Sicht drei Stränge in der Veränderung des § 35 Baugesetzbuch besonders wichtig. Das ist erstens die Veränderung der Jahresfrist von sieben auf zehn Jahre, das ist zweitens die Erhöhung der Zahl der möglichen zu schaffenden Wohneinheiten, und das ist drittens die Schaffung von Voraussetzungen für kleingewerbliche Nutzungen.
Meiner Meinung nach ist das der wichtigste Punkt in diesem Bereich, weil wir damit im ländlichen Raum wieder neue Impulse für Mittelstand und Kleingewerbe schaffen. Das kann nur im Sinne des ländlichen Raums und unserer Regionen sein.
Herr Lestin, Sie haben gesagt, die alte Landesregierung habe die Landwirtschaft nicht vernachlässigt. Darüber lässt sich trefflich streiten. Aber ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass zumindest die ländlichen Räume in Niedersachsen bei Themen wie Verkehrspolitik und bei anderen für ländliche Räume wichtigen strukturellen Fragen durchaus vernachlässigt wurden. Natürlich ist im Rahmen der EXPO viel nach Hannover gegangen, was auch richtig war; das muss aber jetzt auch einmal andersherum passieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich meine, dass wir einen sehr guten Antrag vorgelegt haben. Die wichtigsten positiven Effekte, die wir damit erzielen wollen, sind, wie gesagt, auf der einen Seite leer stehende Gebäude zu nutzen, auf der anderen Seite Kleingewerbe zu ermöglichen und vor allen Dingen Flächenversiegelung im ländlichen Raum ein bisschen zurückzuführen. Wir haben mit dem Antrag ein hervorragendes Mittel
dafür, diese Ziele zu erreichen. Aus unserer Sicht stärken wir mit diesem Antrag den ländlichen Raum. Damit ist er gut für Niedersachsen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen, bevor ich auf den Antrag direkt eingehe. Ich meine, unsere erste Sorge muss immer dem gelten - das ist, meine ich, in diesem Saal weitgehend unstrittig -, dieses Problem gar nicht erst entstehen zu lassen. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass möglichst wenig Höfe aufgegeben werden. Insbesondere wenn es dabei um persönliche Gründe geht - wie ein fehlender Hofnachfolger -, sollten wir auch an die Initiativen auf der Bundesebene wie das Aktionsprogramm „Bäuerliche Landwirtschaft“ denken, bei denen es insbesondere um die Organisation von Hofübergaben, von Existenzgründungen und ähnliche Dinge geht. Das ist, meine ich, immer die bessere Lösung.
Mit meiner zweiten Vorbemerkung möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir dieses Thema auch in einem Kontext, in einer Zeit besprechen, in der wir über verschiedene Änderungen des § 35 nachdenken. Da geht es um die Einschränkung im Bereich der Stallbauten, des Stallbauwildwuchses - so will ich es einmal nennen -, da geht es um die Erweiterung des § 35 für Biogasanlagen, und da geht es sicherlich auch um die bereits erfolgten Erleichterungen im Baugenehmigungsverfahren. Wir müssen alles im Auge haben. Wir müssen die Gesamtbelastungen und die Wechselwirkungen betrachten, um den Außenbereich vor Überlastungen und Fehlentwicklungen zu schützen.
Wenn wir uns jetzt diesem Thema nähern, dann halte ich es nicht für richtig, wenn wir nicht als Erstes über die Instrumente nachdenken. Ich meine, es ist die zweite Frage, ob in Absatz 4 Nr. 1 c) dieses Paragrafen sieben, acht, neun, zehn oder vielleicht sogar zwölf Jahre stehen, sondern wir müssen uns erst einmal überlegen, was wir wollen und was wir nicht wollen. Da sind wir sicherlich
auf einer breiten Basis, wenn wir sagen: Wir wollen, dass die Altersstruktur in unseren Dörfern erhalten bleibt. Wir wollen, dass die Jugend weiterhin in den Dörfern wohnen kann. Das Wohnen auf der alten Hofstelle ist in vielfältiger Hinsicht sinnvoller als ein neues, an den Dorfrand geklatschtes Baugebiet, wie ich es in meinem Heimatdorf jetzt mehrfach erlebe.
Was wir natürlich nicht wollen, ist - wie es so schön heißt - die Entstehung, Verfestigung und Erweiterung von Splittersiedlungen - das Gesetz hält es ja so fest - mit den bekannten Ver- und Entsorgungsschwierigkeiten und den Problemen bei der Infrastruktur. Wir wollen, dass die Siedlungsstruktur und die alte Bausubstanz erhalten bleiben. Wir können uns auch vorstellen, dass neben den Dauerwohnungen Ferienwohnungen eine interessante Nutzung sein können. Was wir aber nicht wollen, ist das, was wir auch in einigen Gebieten kennen, nämlich einen neuen Wohnfeudalismus - so will ich das einmal nennen und etwas drastisch beschreiben -, den Herrn Neureich, der sich ein entsprechendes Anwesen kauft, es mit den Erleichterungen im Baugenehmigungsrecht entsprechend entwickelt, den alten Gulfhof dann mit Gelsenkirchener Barock verschandelt und am Schluss eine 3 m hohe Mauer mit einer Stacheldrahtkrone um sein Anwesen zieht. Ich glaube, das kann niemand wollen, und das müssen wir auch bei allen Veränderungswünschen verhindern.