Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

Angesichts der Themenstellung „Den Hühnern die Freiheit zurückgeben“ fällt mir nichts weiter ein. Ich weiß nicht, was ich dreieinhalb Minuten lang dazu sagen soll, wie man den Hühnern die Freiheit zurückgeben kann. Mit der Käfighaltung ist nicht der Untergang des Abendlandes verbunden, wie Sie dies dargestellt haben, Herr Klein.

(Angelika Jahns [CDU]: Höchstens für die Grünen!)

Sie sprechen davon, dass die Landesregierung den Stopp der Käfighaltung torpediere. Dem ist nicht so. Das hat Herr Bartels richtig gesagt. Vielmehr gibt es Konsens unter allen Bundesländern, dass die herkömmliche Käfighaltung ausgedient hat und dass wir Nachfolgesysteme brauchen, dass wir zukunftsfähige Systeme brauchen. Daran arbeiten wir.

Die Niedersächsische Landesregierung und - allen voran - Minister Heiner Ehlen haben nichts torpediert. Der Minister hat sehr konstruktiv nach wettbewerbsfähigen Lösungen gesucht. Er hat als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz federführend, mit viel Ausdauer und Fachkenntnis sowie mit großem diplomatischen Geschick nach mehrheitsfähigen Alternativlösungen gesucht, und er hat sie auch gefunden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wie wir immer wieder festgestellt haben, ist es ihm gelungen, Mehrheiten auf der Ebene des Bundesrates für eine Regelung zu finden, die zukunftsfähig ist, die innovativ ist, die wettbewerbsfähig ist, die tierfreundlich ist und die verbraucherfreundlich ist. Wir müssen endlich diese Regelung, für die wir auf der Bundesratsebene eine Mehrheit gefunden haben, die mit seiner Unterstützung konzipiert wurde, politisch umsetzen. Wir können es nicht zulassen, dass sich eine Bundesministerin in die ideologische Ecke begibt, sich dort verbarrikadiert und nicht mehr für Kompromisslösungen zugänglich ist. Dass wir Arbeitsplätze verlieren, ist verschiedentlich gesagt worden. Außerdem erweisen

wir damit weder dem Tierschutz noch dem Verbraucherschutz irgendeinen Dienst. Es ist dringend notwendig, endlich eine Entscheidung auf der Bundesebene zu finden, zu der sich die Bundesländer durchgerungen haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie Frau Künast einen Rippenstoß gibt und der Bundeskanzler sagt: Renate, jetzt stimmst du dem zu, oder wir zahlen eine ordentliche Anlastungsgebühr.

Nun hat noch einmal Herr Klein um das Wort gebeten. Herr Klein, Sie haben noch genau 19 Sekunden.

(Ilse Hansen [CDU]: Jetzt ist es aber genug! - Weiterer Zuruf von der CDU: Das ist schon fast Altersstarrsinn!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir brauchen am Freitag keine neue Entscheidung. Die Entscheidung ist im Jahre 2001 gefallen. Sie besagt, dass die Käfighaltung ab 2007 ausläuft. Alles andere sind Nebelkerzen, die geworfen werden. Alles andere ist Verdummung der Leute.

(Uwe Bartels [SPD]: Eben nicht!)

Herr Bartels, ich hätte gerne für Ihre letzte Rede geklatscht und applaudiert. Dafür hätten Sie die Rede aber als Landtagsabgeordneter halten müssen und nicht als zukünftiger Bürgermeister von Vechta halten dürfen, der Angst um seine Agrarindustrie hat.

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist unglaublich!)

Sie können doch das, was als Kleinvoliere verkauft wird, nicht wirklich als Verbesserung der Hühnerhaltung bezeichnen. Das ist absolut nicht nachvollziehbar. „Voliere“ heißt „Flugeinrichtung“. Das müsste Ihnen klar sein. Volare bedeutet fliegen. Wie Hühner auf 45 oder maximal 60 cm fliegen sollen, frage ich mich wirklich. Da ist nicht einmal Tiefflug möglich.

Minister Ehlen hat hier alles andere als eine konstruktive und neutrale Haltung eingenommen. Wie ist es denn mit dem Osnabrücker Hühnerfrieden

gelaufen? - Danach sollte die Kleinvoliere entwickelt werden. Wenige Tage später hat er gemeinsam mit der Geflügelindustrie den ausgestalteten Käfig vorgestellt. Er hat gesagt, das sei die Kleinvoliere und dieser Käfig erfülle alle Anforderungen des wissenschaftlichen Tierschutzes, obwohl der Käfig zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal theoretisch überprüft, geschweige denn in der Praxis in irgendeiner Form erprobt war. Das kann doch keine konstruktive Haltung sein.

Herr Klein, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Herr Ehlen, hören Sie endlich auf, Politik gegen die Mehrheit der Menschen zu machen. Die Mehrheit der Menschen will keine Käfige. Sie lassen auch - das müssten Sie inzwischen gemerkt haben - die Käfigeier im Laden links liegen.

(Widerspruch bei der CDU)

Diese Menschen werden Sie in Zukunft ebenso links liegen lassen, wenn Sie nicht aufhören, ständig Agrarpolitik nur für die Agrarindustrie statt für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Minister Ehlen.

(Karsten Behr [CDU]: Heiner, lass ihn am Leben!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gewundert, dass wir das Thema an dem heutigen Tage auf den Tisch bekommen haben. Zum einen habe ich zunächst gedacht, dass die Grünen ihren Freunden auf gewissen Ebenen etwas Gutes tun wollen, die im Moment versuchen, auf der weichen Welle Spenden einzutreiben. Zum anderen haben wir am Freitag die Diskussion im Bundesrat. Heute Morgen findet eine Gesprächsrunde der Staatsekretäre aller Bundesländer und der Stadtstaaten in Berlin statt.

Meine Damen und Herren, wir haben es hier mit einem für Niedersachsen sehr wichtigen Thema zu tun. Der Kollege Uwe Bartels hat dies gerade dargestellt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. - Lieber Kollege Bartels, ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Wenn wir uns die Argumentation - Herr Klein hat dies noch einmal wieder auf die Spitze getrieben anschauen, dann stellen wir fest, dass sich die Fraktion der Grünen eine heile Welt vorgaukelt. Nach meiner Meinung sind sie auf der Ebene von Legosteinen und Playmobil zugange und spielen damit so ein bisschen Bauernhof.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das kann es aber nicht sein. Hier geht es letztendlich darum, wie sich die deutsche Landwirtschaft auf der europäischen Ebene positioniert und welchen Druck sie auszuhalten hat, der aus Drittländern kommt. Wie wir wissen, ist in Deutschland der Beschluss gefasst worden, dass ab 2007 keine Hühner mehr in Käfigen gehalten werden dürfen. Wir müssen feststellen, dass dies in Drittländern nicht der Fall ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Darum ma- chen wir das mit?)

Lieber Kollege Klein, die Käfige, die in Ruthe zu Versuchszwecken installiert waren, wurden inzwischen in Polen wieder aufgebaut. Das können Sie sich dort anschauen. Polnische Berufskollegen produzieren mit den Stallungen, die in Deutschland abgebaut werden.

Außerdem gibt es auf europäischer Ebene Bestrebungen, die Haltung in Käfigen nicht im Jahre 2012, sondern im Jahre 2020 auslaufen zu lassen. Welche Opfer sollen wir in Deutschland noch bringen, nur weil die Grünen das aus ideologischen Gründen so wollen?

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, hören Sie einmal zu. Ich muss Ihnen jetzt etwas sagen, was mich sehr traurig macht. Auch die Kollegen von der CDUFraktion sollten zuhören. Wir sind im Moment in einer schwierigen Situation. Da kommt fast schon eine Katastrophe auf uns zu; ich bitte, das auch so aufzunehmen. Wir haben über Jahre die Dioxingehalte bei Freilandeiern ignorieren dürfen, weil die

EU keine Grenzwerte festgelegt hat. Solche Grenzwerte werden aber ab dem 1. Januar 2005 gelten. Wir haben große Sorge, dass bei den Eiern von vielen der deutschen und der europäischen Freilandhühner diese Grenzwerte nicht eingehalten werden können. Studien aus den Niederlanden belegen, dass das bei 26 % der Freilandeier der Fall sein dürfte. Herr Klein, was machen wir dann mit unseren Biohühnern und unseren Freilandhühnern? Sagen Sie mir das einmal!

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜ- NE])

- Ich sage Ihnen, dann sind die auch noch weg.

Meine Damen und Herren, dieses Schlagwort „Dioxin in Bioeiern“ dürfen wir uns nicht zu Eigen machen. Ihre Kollegin, unsere Ministerin in Berlin, hätte dafür sorgen müssen, dass dieser Bereich auf europäischer Ebene so geregelt wird, dass Bioeier eine Zukunft haben. So haben sie sie nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben in Niedersachsen rund 8 000 Legehennenhalter. Die fragen mich als Minister: Heiner Ehlen, was sollen wir machen? - Ich kann nur sagen: Leute, bleibt hier, bleibt in Deutschland. Wir werden versuchen, eine Regelung für euch zu finden - auch gegen die Ministerin in Berlin.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich habe eine Anfrage meiner Kollegin aus Nordrhein-Westfalen bekommen: Wie werdet ihr das in Niedersachsen regeln, wenn es denn so sein sollte?

Die Betriebe, die 15 000 oder 20 000 Hühner haben, bekommen keine Genehmigung für die Freilandhaltung, weil die Belastung des Bodens und des Grundwassers zu groß werden würde. Und was machen die dann? - Die werden ganz einfach ihren Kollegen in Polen Bescheid sagen: Bringt uns zweimal in der Woche frische Eier, und wir handeln dann damit! - Meine Damen und Herren, dann sind die Hühner weg, das Geld wird in Polen verdient, und wir stehen einfach so da. Das wollen wir verhindern.

(Zustimmung bei der CDU)

Zum Letzten: In Deutschland werden über zwei Drittel der Eier für Eimasse verarbeitet, die in

Backwaren und in Teigwaren Verwendung findet. Bei diesen Eiern fragt kein Mensch, woher sie kommen.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der SPD: Doch!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Die Eier aus der Biohaltung sind für Eimasse wegen der an sie gestellten Hygieneanforderungen nicht zu gebrauchen. Das muss man auch wissen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)