Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

- Das ist schon richtig. Aber, Herr Kollege Gabriel, es ist noch viel schlimmer, wenn man nichts im Kopf und nichts auf dem Kopf hat. Das ist noch viel schlimmer.

(Beifall bei der CDU - Sigmar Gabriel [SPD]: Und nüchtern sollte man hier auftreten! - Bernd Althusmann [CDU]: Das war haarscharf!)

Ich möchte nur noch einen Aspekt ansprechen, Herr Kollege Gabriel. Im Jahr 1990 haben Sie von den Kommunen auf einen Schlag immerhin 250 Millionen Euro einkassiert. Sie haben damals nicht wie wir heute gleichzeitig die Nettokreditaufnahme im Landeshaushalt zurückgeführt; Sie haben sie vielmehr deutlich erhöht. Das ist der große Unterschied. Sie haben damals nicht bei sich gespart, Sie haben weiterhin in Saus und Braus und über Ihre Verhältnisse gelebt

(Sigmar Gabriel [SPD]: Da kennen Sie sich ja aus!)

und gleichzeitig die Kommunen ruiniert. Das ist der große Unterschied, meine Damen und Herren.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Mit Saus und Braus kennen Sie sich aus!)

- Herr Kollege Gabriel, Sie sollten noch einmal überlegen.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Ich weiß nicht, ob Sie heute Morgen schon auf dem Weihnachtsmarkt waren! Was Sie hier eben mit dem Kollegen Bartling ver- anstaltet haben - - - Gegenrufe von der CDU - Unruhe)

- Ja, ja. Herr Kollege Gabriel, ich habe Ihren Humor schon immer sehr geschätzt.

(Zurufe von der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Ich erinnere an gestern! - Ursula Körtner [CDU]: Sie müssen auch einmal etwas einstecken kön- nen! Nicht nur hier die Mimose spie- len!)

Ich weiß nicht, warum diese ernste Rede alle so erheitert. Vielleicht ist es auch ganz gut, dass man den Kopf nicht hängen lässt, wenn einem das Wasser bis zum Halse steht.

Herr Kollege Gabriel, es waren die CDU/CSUregierten Länder, die im Bundesrat die Absenkung

der Gewerbesteuerumlage von 28 auf 20 % durchgesetzt haben. Es ist doch eine Tatsache, dass dadurch die Kommunen - das Statistische Bundesamt hat es herausgefunden - 240 Millionen Euro mehr einnehmen. Außerdem hat das Statistische Landesamt Niedersachsen herausgefunden, dass die Mehreinnahmen der Kommunen aus der Gewerbesteuer in den ersten drei Quartalen dieses Jahres immerhin 137 Millionen Euro betragen.

(Heinz Rolfes [CDU] spricht an der Regierungsbank mit Minister Möllring)

Herr Biallas, warten Sie einen Augenblick. - Ich bitte, dass die Gespräche an der Regierungsbank aufhören. Wenn Sie mit dem Minister reden wollen, gehen Sie bitte hinaus. Es stört.

(Unruhe bei der CDU )

Bitte, Herr Biallas!

Im Übrigen möchte ich in Erinnerung rufen, dass Niedersachsen das einzige Land ist, das die Einsparung aus der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe in Höhe von 105 Millionen Euro komplett an die Kommunen weitergibt. Dann möchte ich vortragen, dass die Streichung des Weihnachtsgeldes im Bereich der Kommunen zu weiteren Einsparungen in Höhe von 70 Millionen Euro führt.

Sie haben gesagt, wir hätten im Haushalt nichts bewegt. Das haben wir eben doch. Wir haben dafür gesorgt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte durch die Reform des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes als Aufgabenträger erstmalig ab dem kommenden Jahr fast 22 Millionen Euro erhalten.

Meine Damen und Herren, wenn Sie von der SPD sich dazu durchringen könnten, dem von uns durch einen Gesetzentwurf eingebrachten Konnexitätsprinzip zuzustimmen, dann wäre das in der Tat der erste ernst zu nehmende Beitrag zur Sanierung der Kommunalfinanzen, der von Ihnen geleistet wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nun noch einige kurze Bemerkungen zur Ausländer- und Sozialpolitik,

weil ich den Kollegen Bachmann dort sehe, der sich auf diesem Gebiet ja sehr engagiert.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sieh dich vor!)

Die Ausländersozialarbeit wird seit vielen Jahrzehnten durch freie Träger geleistet. Sie wird im Wesentlichen durch Mittel des Bundes finanziert und durch Mittel des Landes kofinanziert. Nach den Bestimmungen des Zuwanderungsgesetzes wird es dies auch nach Auffassung des Bundes in Zukunft so nicht mehr geben. An die Stelle der Ausländersozialberatung tritt dann die Erstintegrationsberatung. Die Kosten hierfür trägt nach den Bestimmungen des Zuwanderungsgesetzes allein der Bund. Deshalb sage ich sehr deutlich: Wir können nicht an einem gemeinsamen Programm, das seit Jahrzehnten von Bund und Land bezahlt wird, allein festhalten, wenn sich der Bund zurückzieht.

Im Bereich der Migrationsberatung bleiben landesweit immerhin 25 Stellen erhalten und werden durch das Land kofinanziert. Wenn man bedenkt, dass immer weniger Asylbewerber nach Deutschland kommen, also auch der Beratungsbedarf nicht steigt, sondern sinkt, halte ich das für angemessen. Deswegen ist jede Form des Protestes gegen eine angeblich ausländerfeindliche Politik dieser Landesregierung falsch und führt am Ziel vorbei.

Ich habe hinlänglich ausgeführt, dass es auch über diesen Haushalt, der ein Sparhaushalt ist, viel Gutes zu berichten gibt. Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Je mehr Sie protestieren, meine Damen und Herren von der SPD, desto mehr fühlen wir uns darin bestätigt, dass es tatsächlich so ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächstem erteile ich Herrn Bode von der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Noch 17 Tage müssen wir in Niedersachsen abwarten, dann werden wir nicht nur das neue Jahr begrüßen, sondern dann wird auch eine völlig neue Zeit

rechnung in der Verwaltung Niedersachsens beginnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Als erstes Flächenland in Deutschland werden wir eine zweistufige Verwaltung ohne Bezirksregierung als Mittelinstanz haben. Dies ist wohl der größte Beitrag zu einer mittelfristigen Sanierung unseres Landeshaushalts überhaupt. Dies ist der Einstieg in den Ausstieg aus der Kostenfalle.

(Zuruf von der SPD: „Der Einstieg in den Ausstieg“ - ich lache mich tot!)

Hierbei haben wir uns auf etwas besonnen, was Ihr Parteifreund Helmut Schmidt einst treffend gesagt hat. Er sagte nämlich: Nicht alle Reformen kosten Geld, und nicht alles, was Geld kostet, ist deshalb schon eine Reform. - Ja, genau, wir haben es anders gemacht als Sie: Sie haben in Ihrer Regierungszeit teure Gutachten bestellt, viel Papier bekommen und keine Reform, nicht einmal in Anfängen, begonnen. Das hat Unmengen an Geld unserer Steuerzahler gekostet.

(Zurufe von der SPD)

Wir haben im Gegensatz dazu keine Gutachter bestellt. Wir haben mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung, mit den Kunden der Verwaltung - ein ganz neuer Ansatz für Sie -,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

mit den Kommunen und mit der Wirtschaft gemeinsam eine Reform beschlossen, die bundesweites Lob und Anerkennung bekommen hat. Das war eine Reform, die Verwaltung einfacher und Verwaltung schneller gemacht hat und bereits im nächsten Haushalt Geld spart - sogar nach Einschätzung des Landesrechnungshofes nicht nur im nächsten Haushalt, sondern mittelfristig weit über 200 Millionen Euro.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Woher wis- sen Sie das denn jetzt schon?)

Das hätte wohl selbst Helmut Schmidt einer Reform nicht zugetraut.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Die Hoff- nung stirbt zuletzt!)

Ein wesentlicher Punkt war und ist für die FDP die Aufgabenkritik, die wir nachdrücklich eingefordert

und auch umgesetzt haben. Sowohl die Aufgaben der Bezirksregierung als auch die Aufgaben anderer Bereiche kamen auf den Prüfstand. Das war das eigentliche Erfolgsmodell dieser Verwaltungsreform. Diese Verwaltungsreform ist auch ein Beitrag zur Wirtschaftsförderung - nicht nur, weil die Verwaltungsverfahren einfacher und kürzer werden, weil man aus drei oder vier Verwaltungsebenen nur noch zwei gemacht hat, sondern auch, weil wir auf die Bedürfnisse der Wirtschaft in Niedersachsen, also der Kunden der Verwaltung, gehört haben und sie berücksichtigt haben. Hierfür ist das zentrale Beispiel die Gewerbeaufsicht. Sie wird künftig der zentrale Ansprechpartner der Wirtschaft in Niedersachsen sein, und zwar in allen Genehmigungsund Überwachungsangelegenheiten. Für unsere Wirtschaft heißt das: Service aus einer Hand.

Meine Damen und Herren, dies alles haben wir, wie wir es versprochen haben, sozialverträglich umgesetzt. Deshalb will ich Ihnen auch einmal die Zahlen nennen. Wir haben im Rahmen dieses Prozesses weit über 6 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versetzt bzw. umgesetzt - eine in einem so kurzen Zeitraum enorm große Zahl. Die im Rahmen dieses Prozesses durchgeführten Maßnahmen haben eine Beschwerdequote verursacht, die weit unter 1 % und sogar unter 0,5 % liegt. Herr Meyerding, Sie haben hiermit dem Begriff „sozialverträglich“ eine völlig neue Dimension gegeben. Die FDP beglückwünscht Sie zu dieser Meisterleistung!

(Beifall bei der FDP)

Aber schauen wir auch in die Zukunft. Herr Staatssekretär Meyerding, Herr Innenminister Schünemann, nutzen wir die Fahrt, die die Verwaltung und die Verwaltungsreform jetzt aufgenommen haben! Der Weg ist richtig. Lassen Sie uns jetzt weitermachen! Lassen Sie uns jetzt nicht nur die Umsetzung dieser ersten Phase als Aufgabe betrachten, sondern als Ziel, den Teil 2 aufzugreifen. Das muss der Maßstab für das nächste, für das kommende Jahr sein. Fassen wir auch die Ministerien und die Landesämter an und schauen wir zusammen mit den Kommunen und der Wirtschaft nach weiteren Verbesserungen bei den Verwaltungsabläufen! Insbesondere bei den Schnittstellen zwischen Landesverwaltung und Kommunalverwaltung gibt es deutliches Potenzial, Bürokratie abzubauen, die Verwaltung für den Kunden schneller zu machen und Kosten für das Land, die Kommunen und den Kunden zu sparen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie sehen an allen Ansätzen, die wir im Rahmen der Verwaltungsreform verfolgt haben und die wir uns für das nächste Jahr vorgenommen haben: Die FDP ist immer eine Idee voraus!

(Beifall bei der FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern hatte ich hier schon ein wenig den Eindruck, hier würde der Robin Hood der Kommunalfinanzen reden. Ich habe zweimal hinschauen müssen, ob es sich dabei wirklich um Sigmar Gabriel gehandelt hat, den Sigmar Gabriel, der hier vor kurzem noch als Ministerpräsident oder als Fraktionsvorsitzender oder als Abgeordneter alles andere getan hat, als den Kommunen zu helfen. Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, unsere Kommunalpolitiker - und dazu gehöre auch ich - haben in diesen Dingen ein Gedächtnis wie ein Pferd. Wir sind zwar nicht nachtragend, aber wir vergessen nichts. Wenn ich mir die Situation einmal vergegenwärtige, dann frage ich mich: Was war denn Ihre Alternative? - Das war doch: Nehmt es den Reichen und gebt es den Kommunen! - Das ist ja schön. Aber schauen wir uns doch einmal an, wer für RotGrün eigentlich der Reiche ist. - Das sind die Beamten, denen Sie noch stärker in die Beihilfeerstattung eingreifen wollen, das sind die leistungsbereiten Niedersachsen, die bereit sind, einen längeren Weg zur Arbeit auf sich zu nehmen, und denen Sie die Pendlerpauschale kürzen wollen. Das sind die Bauarbeiter, denen Sie durch die Streichung der Eigenheimzulage den Arbeitsplatz zerstören,