Protokoll der Sitzung vom 21.04.2005

Ihre Symbole haben dazu geführt, dass Firmen ihre Investitionen lieber im Ausland tätigen als in Deutschland, weil sie davon ausgehen, dass dort stabilere Rahmenbedingungen herrschen, gerade auch was die Energiekosten betrifft. Das kostet nicht nur die Arbeitsplätze von heute, meine Damen und Herren, diese Politik verhindert auch, dass neue Jobs entstehen können. Oder anders gesagt: Deutschland und auch Niedersachsen können sich Ihre Symbole nicht länger leisten!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, Sie treffen mit Ihrer Politik nicht nur die Betreiber von Kernkraftwerken. Die Kerntechnologie ist auch für die Bereiche Forschung und Medizin unerlässlich. Dort brauchen wir auch in Zukunft Fortschritt und Innovation. Die Wahrheit, die Sie den Menschen verschweigen, ist: Dabei werden, selbst wenn das letzte Kernkraftwerk in Deutschland abgeschaltet ist, Frau Kollegin Steiner, auch weiter radioaktive Abfälle anfallen.

Deshalb sagen wir Ihnen: Unabhängig von der zukünftigen Nutzung der Kernenergie ist es die Verantwortung unserer Generation, die dringende Frage der Endlagerung des Abfalls zu klären. Aus dieser Verantwortung, meine Damen und Herren, darf sich Politik nicht entlassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Dorothea Steiner [GRÜNE])

Sie, Herr Dehde, und der grüne Umweltminister verschleppen und verzögern bei diesem Thema. Das seit Jahren versprochene Endlagergesetz liegt bis heute nicht vor. Stattdessen erteilen Sie lieber Denkverbote. Sie verbieten den Wissenschaftlern, den Standort Gorleben weiter zu untersuchen. Können wir schon heute sagen, dass dieser Standort für eine Endlagerung geeignet ist? - Nein, das können wir nicht. Deshalb muss diese Bundesregierung endlich das Moratorium zur Erkundung des Salzstocks Gorleben aufheben.

(Andreas Meihsies [GRÜNE]: Weitere Geldverschwendung!)

Die Erkundungsarbeiten, meine Damen und Herren, müssen zügig und, Herr Meihsies, ohne Vorfestlegung, aber mit dem Ziel einer definitiven Aussage über die Eignung Gorlebens zu Ende geführt werden. Diese Klarheit sind wir im Übrigen auch den Menschen vor Ort schuldig.

Richtig ist übrigens auch, dass selbst die Bundesregierung bestätigen musste, dass die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignung des Salzstockes in Gorleben eben nicht entgegenstehen. Aber das derzeitige Moratorium passt Ihnen natürlich viel besser. So können Sie das Thema weiterhin für Ihre ganz eigenen politischen Zwecke missbrauchen. Das, meine Damen und Herren, ist der eigentliche Vorwurf, der den Grünen zu machen ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber wenn dem nur so wäre, dass Sie Gorleben eigentlich für nicht geeignet halten, dann frage ich mich: Warum gibt es noch immer kein Endlagergesetz, was ja seit Jahren versprochen wird?

Meine Damen und Herren, Sie behaupten immer wieder, Sie wollen ein Endlager suchen. Aber zu suchen heißt auch, am Ende etwas finden zu wollen, Herr Meihsies. Diese Bundesregierung will aber gar nichts finden, weil ihr dann die zentrale Begründung für den Atomausstieg verloren ginge. Das ist der wahre Grund, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Das Wort hat Herr Minister Sander. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaubte, Herr Dehde, Sie würden jetzt, nachdem Sie in der SPD-Fraktion ganz allgemein die Verantwortung für die Umwelt übernommen haben, zu mehr Sachlichkeit kommen.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Um Sachlichkeit geht es doch bei Ihnen gar nicht!)

Denn Sie müssten einen Unterschied zwischen der Nutzung der Kernenergie und dem Problem der nicht gelösten Endlagerfrage machen. Nur wenn Sie das trennen, kann man im Grunde genommen nach vorn kommen. Es drängt sich nicht nur der Verdacht auf, sondern Sie liefern den Beweis, dass Sie die ungelöste Endlagerfrage dazu nutzen, um den Atomausstieg zu begründen. Das versucht Herr Trittin seit Jahren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Dehde, Sie haben über Kosten gesprochen. Das spielt bei Grünen keine Rolle, was man bei Herrn Trittin feststellen kann. Er gibt für Millionenbeträge Gutachten in Auftrag, die zusätzlich eingeholt werden. Wenn diese Gutachten dann aber vorliegen, geht er ganz schnell daran, sie möglichst wieder zu verschleiern und nicht zu veröffentlichen, weil die Gutachten nämlich nicht so ausgefallen sind, wie er sie gerne haben möchte.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Wissenschaftliche Gutachten werden also im Grunde genommen zu anderen Zwecken missbraucht.

Meine Damen und Herren, Sie haben auf Parteitagen, auch bei den Grünen, schon häufig ein Endlagersuchgesetz bei Herrn Trittin angemahnt. Anscheinend hört aber auch Ihr Spitzenkandidat in Niedersachsen nicht auf die Fraktion der Grünen. Sie sind dafür zuständig, Ihren Kollegen Trittin aufzufordern, dieses Gesetz endlich zu verabschieden. Er hat es für 2004 angekündigt. Wir haben jetzt fast Mitte 2005, und wir können sicher sein, dass Ende 2005 dieses Gesetz ebenfalls nicht in den Bundestag eingebracht sein wird.

Sie wollen dieses Thema aussitzen. Das Aussitzen wird aber höchstens noch ein gutes Jahr dauern.

Dann wird dieses Problem in diesem Land wieder sachlich diskutiert und auch entschieden werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Klaus-Peter Dehde [SPD]: Wollen Sie nicht einfach zurücktreten?)

Sie haben von Verantwortung gesprochen, Herr Dehde. Ich weiß nicht, wo in Ihrer Rede Verantwortung festzustellen war. Sie müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass wir, die jetzige Generation, die Frage der Endlagerung zu lösen haben. Sie wissen auch, dass in der Bundesrepublik Deutschland radioaktiver Abfall vorhanden ist. Über 70 000 m³ sind heute schon in Deutschland vorhanden. Wir haben die Verantwortung dafür, dass diese radioaktiven Abfälle sicher endgelagert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dehde, mit Ihren Rechenkünsten haben Sie wieder etwas ganz Tolles vollbracht. Sie haben über CO2-Einsparungen gesprochen. Sie wissen, dass die 19 Kraftwerksblöcke in Deutschland ungefähr 30 % des Stroms erzeugen.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: 28 %!)

Sie reden angesichts dessen von 59 zusätzlichen Kraftwerken. Wer die Grundrechenarten beherrscht, der muss feststellen, dass wir, wenn überhaupt, nur 40 bräuchten. Aber es spricht niemand aus dieser Regierungskoalition darüber, neue Kernkraftwerke zu bauen.

(Klaus-Peter Dehde [SPD]: Doch! Natürlich!)

Wir sprechen vielmehr als Erstes über die Endlagerfrage, und wir sprechen von einem Energiemix. Nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, von daher ist Ihnen, Herr Kollege Dehde - das bedauere ich auch bei den Grünen -, die Erfüllung des Kyoto-Protokolls im Grunde genommen schnurz egal. Die sozialen Belange, die das Kyoto-Protokoll ebenfalls fordert, beachten Sie in keiner Weise. Herr Kollege Gabriel, ich weiß, dass Sie, wenn es um Arbeitsplätze geht, ein Interesse daran haben, dass wir dieses Land wieder nach vorn bringen. Wenn Sie über Energiesicherheit sprechen, müssen Sie auch daran denken, dass das eine Grundvoraussetzung ist, um Arbeitsplätze in Niedersachsen und in

Deutschland zu schaffen, zumindest aber zu erhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Wenzel, Sie erhalten gemäß § 71 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine Redezeit von zwei Minuten. Ich bitte darum, diese Redezeit einzuhalten, wenn es geht, ohne Semikolon. Das gilt auch für Sigmar Gabriel. Der kann das auch gut.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Sie erregen sich immer sehr, wenn Sie sich mit Ihrem Lieblingsfeindbild auseinander setzen. Trotzdem trägt das in der Sache immer wenig zur Erhellung bei.

Wir haben in Niedersachsen einen der größten Windenergieanlagenbauer.

(Zuruf von der CDU: Ja, und?)

Mit Ihrer Haltung in der Energiepolitik, insbesondere auch in Fragen der Windkraft, gefährden Sie bis zu 20 000 Arbeitsplätze in diesem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Länder wie Indien, Dänemark, die USA, Kanada, Brasilien und Australien werden in den nächsten Jahren ihre Kapazitäten in diesem Bereich massiv ausbauen. Wir sind in diesem Bereich Weltmarktführer, zusammen mit Dänemark. Gleiches gilt künftig für Speichertechnologien, für Effizienztechnologien, für die Nutzung der Biomasse oder für die Kraft-Wärme-Kopplung. Auch dort werden deutsche Unternehmen federführend sein. Deshalb ist es wichtig, heute die geeigneten Instrumente weiter voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Dabei hat die Bundesregierung eine ganze Menge guter Konzepte entwickelt, um in diesem Bereich auch die Forschung noch weiter voranzutreiben. Sie sitzen hierbei überall auf dem Schlauch, Herr Sander.

Wir werden es schaffen - das zeigt eine ganze Reihe von Untersuchungen -, mit Effizienztechnologie 30, 40, bis zu 50 % der Primärenergie, die wir heute verbrauchen, in den nächsten Jahrzehnten einzusparen. Das ist das, was uns klimamäßig nach vorn bringt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Was sagt das Umweltbundesamt dazu?)

Das ist das, was wir wirklich brauchen, um dem Klimawandel zu begegnen. An dieser Stelle muss heute investiert werden. Einen Rückfall in die 80erJahre, Herr Sander, können wir nicht brauchen. Zur Versorgungssicherheit mit Uranbrennstoff sind nicht 500 Jahre, sondern 40 Jahre die Zahl, Herr Runkel.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich bin sofort fertig. - Ich sage auch: Effizienzwirkungsgrade von 30 % bei Atomkraftwerken im Gegensatz zu 85 % bei Kraft-Wärme-Kopplung. Die Argumente sind hart. Herr Sander, Sie sind ein energiepolitischer Geisterfahrer! Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von der CDU: Unglaub- lich!)

Herr Kollege Gabriel, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir streiten uns hier über zwei wichtige Themen, die die Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten bewegen, nämlich die Fragen: Wie stellen wir die Energiesicherheit her? Wie sichern wir die Gesundheit der Menschen und die Umwelt? Herr Sander, es ist falsch, wenn wir die Klimakatastrophe gegen die Gefährdung durch Radioaktivität ausspielen.