Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

So viel zum Thema Versprechen.

Frau Janssen-Kucz, ich verstehe überhaupt nicht, was Sie für eine Vorstellung von Demokratie haben. Ich dachte immer, wenn ein Selbstverwaltungsorgan selbst darüber bestimmen kann, wie es

wählen will, dann ist das urdemokratisch und nicht etwa undemokratisch.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Ja! - Zuruf von den GRÜNEN)

Im Gesetzentwurf haben Sie vermerkt, Sie wollen nur einen Wahlkreis. - Herr Schwarz, die Briefe von den entsprechenden Ärzten, die Sie angesprochen haben, haben wir als Abgeordnete alle bekommen. Wir haben uns sicherlich auch alle - ich kann es für mich in Anspruch nehmen, und ich weiß, bei der CDU ist es ebenso gewesen - mit diesen Ärzten in Verbindung gesetzt.

In der Demokratie gibt es Mehrheiten. Die weit überwiegende Mehrheit der Ärzte ist eindeutig dafür, diesem Gesetzentwurf nicht zu entsprechen. Es ist nämlich z. B. so, dass in § 19 Abs. 1 des Heilkammergesetzes das Recht auf Selbstbestimmung beim Wahlmodus für die Selbstverwaltung der Ärztekammer festgelegt ist. Daran wollen die Ärzte auf jeden Fall festhalten. Das finde ich auch völlig richtig. Es ist mehrheitlich abgestimmt worden, dass man sich gegen dieses Gesetz ausspricht.

Es ist auch gut zu begründen, warum wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Es gibt zum einen keinerlei Gewähr, dass die von Ihnen angesprochenen unterrepräsentierten Gruppen bei nur einem Wahlkreis besser repräsentiert wären. Das kann niemand versprechen. Demokratie ist immer etwas, bei dem jeder sich bewerben kann und es darauf ankommt, wie man sich einbringt und dann auch wählbar ist und gewählt wird.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Der zweite Punkt: Das Regionsprinzip - Frau Siebert hat es schon angesprochen - ist in einem Flächenland wie Niedersachsen eine sehr wichtige Sache. Es ist entscheidend, dass in den Kammern auch die Regionen Repräsentanten haben. Auch in diesem Fall können sich Vertreter kleinerer Ärztegruppen selbstverständlich aufstellen lassen. Das geht durchaus, und das wollen wir auch nicht ändern.

Der dritte Punkt - den habe ich schon angesprochen; das ist natürlich der Hauptpunkt -: Ein Selbstverwaltungsorgan sollte sich auch selbst einen Wahlmodus geben können. Das heißt: Wir sind gegen den Gesetzentwurf und damit für mehr Demokratie und für mehr Selbstbestimmung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Frau Ministerin von der Leyen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja eben bereits thematisiert worden: Die Selbstverwaltung entscheidet selbst darüber, wie viele Wahlkreise sie zulässt. Die Ärztekammer hat sich für sechs Wahlkreise entschieden. Die Apotheker-, die Tierärzte- und die Zahnärztekammer haben sich für je vier Wahlkreise und die Psychotherapeutenkammer hat sich für einen Wahlreis entschieden.

Was würde besser, wenn die rund 32 000 Kammermitglieder der Ärztekammer genau so wie die rund 2 800 Mitglieder der Psychotherapeutenkammer gesetzlich gezwungen würden, in einem Wahlkreis zu wählen? - Eine Antwort habe ich vonseiten der Opposition nicht gehört.

Mit der letzten Änderung des Heilkammergesetzes ist die Anzahl der Kammerversammlungsmitglieder von bisher 104 auf künftig 60 reduziert worden, damit die Kammern die Aufgaben effektiver und kostengünstiger wahrnehmen können.

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt insbesondere auf die Ärztekammer ab, die für über 40 verschiedene Fachbereiche zuständig ist. Das heißt, eine repräsentative Berücksichtigung aller Facharztbereiche ist bei dieser Größe der Kammerversammlung auch in nur einem Wahlkreis nicht erreichbar.

Ein weiterer Punkt betrifft die Repräsentanz von Frauen in den Kammerversammlungen. In diesem Punkt stimme ich Ihnen grundsätzlich zu. Es ist richtig, den Kammern gesetzlich vorzuschreiben, Frauen bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen angemessen zu berücksichtigen. Das ist bereits in § 18 des geltenden Gesetzes geregelt. Wenn man sich aber einmal die Wahllisten anschaut, dann stellt man fest, dass das Problem nicht in der Wahlkreiszahl, sondern ganz woanders liegt.

Der Prozentsatz von Frauen auf den Listen spiegelt sich fast gleichsinnig im Wahlergebnis, also in der Kammerbesetzung, wider. Das Problem ist aber, dass sich in Relation zu dem weiblichen Anteil der Kammermitglieder zu wenige Frauen überhaupt erst zur Wahl aufstellen lassen.

Das lässt sich am Beispiel der Ärztekammer ablesen. Es gibt 37 % weibliche Kammermitglieder. Aber bei der Aufstellung der Listen, also bei denen, die überhaupt nur gewählt werden können, finden sich nur 15,3 % Frauen. Es gibt, fast gleichsinnig, 14,4 % Frauen in der Kammerversammlung. Bei den anderen vier Kammern ist der Prozentsatz, den Frauen in der Kammerversammlung erreichen, sogar durchweg höher, also besser, als der Prozentsatz von Frauen auf der Liste.

Mit anderen Worten: Die Frage der angemessenen Repräsentanz von Frauen findet ihre Antwort nicht in der Wahlkreiszahl. Wenn sich Frauen zur Wahl stellen, können sie gewählt werden, und sie werden gewählt. Das ist gut so. Entscheidend ist, dass sich mehr Frauen zur Wahl stellen.

Ich habe dazu keine neuen Erkenntnisse aus der Diskussion hier gewonnen. Insofern stehen wir dem Gesetzentwurf ablehnend gegenüber. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Empfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 und 7 vereinbarungsgemäß zusammen auf:

Tagesordnungspunkt 6: Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage - Gesetzentwurf der Landesregierung Drs. 15/1715 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/1988

und

Tagesordnungspunkt 7: Erste Beratung: Einkommensschwache Eltern bei KitaBeiträgen entlasten und nicht belasten Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/1994

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses zu Tagesordnungspunkt 6 lautet auf Annahme mit Änderungen. Zur Berichterstattung erteile ich der Abgeordneten Frau Lorberg von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der federführende Ausschuss für Inneres und Sport empfiehlt Ihnen in der Drucksache 1998, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 1715 mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Diese Empfehlung kam im federführenden Ausschuss mit den Stimmen der Ausschussmitglieder der CDU-Fraktion und gegen die Stimmen der Mitglieder der Oppositionsfraktionen zustande. Der Vertreter der FDP-Fraktion war bei dieser Abstimmung nicht anwesend.

Ich möchte nun kurz auf den Beratungsverlauf eingehen: Wesentlicher Diskussionspunkt im mitberatenden Kultusausschuss und im federführenden Innenausschuss war die in Artikel 1/1 enthaltene Änderung des Kindertagesstättengesetzes. Diese Änderung ist von den Regierungsfraktionen im Rahmen der Mitberatung im Kultusausschuss eingebracht worden. Kernstück des Änderungsvorschlages ist die Reduzierung des Grundbetrages, der bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung bei der Erhebung von Kindertagesstättenentgelten zugrunde zu legen ist. Während nach den bis zum Ende des letzten Jahres geltenden Einkommensgrenzen nach dem Bundessozialhilfegesetz der Grundbetrag 569 Euro betrug, liegt dieser nach den seit Jahresbeginn stattdessen geltenden Bestimmungen des SGB XII bei 690 Euro.

Mit der vorgeschlagenen Änderung in Artikel 1/1 Nr. 4 soll der Grundbetrag wieder dem bis Ende 2004 geltenden Betrag angenähert werden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auf diese Weise die sonst zu erwartende Belastung der kommunalen Haushalte vermieden werden solle.

Im Kultusausschuss haben die Oppositionsfraktionen die Änderung inhaltlich kritisiert, weil sie zu

Nachteilen für die Eltern bei den von ihnen zu leistenden Beiträgen führe. Außerdem kritisierten sie das Verfahren, mit dem diese Änderung eingebracht wurde.

Der federführende Ausschuss ist der Empfehlung des Kultusausschusses zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes gefolgt. Die Änderungen, die der Artikel 1/1 gegenüber der im Kultusausschuss unterbreiteten Fassung erfahren hat, sind redaktioneller Natur.

Eine inhaltliche Ergänzung findet sich in Artikel 2. Der federführende Ausschuss hat sich dafür ausgesprochen, die Neuregelungen zum Kindertagesstättengesetz mit Beginn des neuen Kindergartenjahres, also zum 1. August 2005, in Kraft treten zu lassen.

Abschließend bitte ich namens des Ausschusses für Inneres und Sport, entsprechend der Empfehlung in der Drucksache 1998 zu beschließen. Danke sehr.

Vielen Dank. - Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Beschlussempfehlung enthält zwei wesentliche Gegenstände, die ich getrennt voneinander abhandeln möchte.

Zum einen geht es dabei um eine Änderung des Gesetzes über die Feiertage. Hier spricht jetzt, wenn ich so sagen darf, der Schulminister und der Kirchenminister.

Schon vor gut zwei Jahren hat sich der Niedersächsische Landtag mit der Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage befasst und mit dem Gesetz vom 24. Januar 2002 u. a. die Gleichstellung der Lehrkräfte mit anderen Beschäftigtengruppen bewirkt. Damit entfiel die grundsätzliche Unterrichtsbefreiung für evangelische und katholische Lehrkräfte an den jeweiligen kirchlichen Feiertagen ihrer Konfession. Das bedeutete, dass für evangelische Lehrkräfte der Epiphaniastag, also der 6. Januar, der Gründonnerstag und der Reformationstag - der 31. Oktober - sowie für katholische Lehrkräfte der Heiligedreikönigstag - der 6. Januar -, der Gründonnerstag, Fronleichnam und Allerheiligen - der

1. November - reguläre Arbeitstage wurden, sofern diese ohnehin nicht in die Ferien eingebunden waren. Wie alle anderen Beschäftigten auch war den Lehrkräften jedoch Gelegenheit zu geben, am Gottesdienst ihrer Konfession teilzunehmen. Für Schülerinnen und Schüler des jeweiligen Bekenntnisses waren diese Tage weiterhin unterrichtsfrei.

Meine Damen und Herren, diese Regelung hat sich in der Praxis allerdings nicht bewährt. Zum einen hat sie sich nicht als geeignet erwiesen, dem Sinn dieser Feiertage und ihrer Bedeutung gebührend Rechnung zu tragen. Zum anderen hat die seit 2002 bestehende Regelung zu erheblichem Unmut bei den Erziehungsberechtigten geführt, da die Betreuung der Kinder an diesen Tagen zunehmend Probleme verursacht hat.

Verschärft wurde die Situation dadurch, dass der Unterricht an vielen Schulen komplett ausfallen musste, weil auch für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die nicht der Konfession angehören, deren Feiertag begangen wurde, kein Unterricht mehr durchführbar war. Auch die beiden großen christlichen Kirchen wünschten, dem Anlass der kirchlichen Feiertage entsprechend zu einer anderen Lösung zu kommen.

Nach dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sind Schülerinnen und Schüler zukünftig am 6. Januar, am Donnerstag der Karwoche, am Donnerstag nach dem Trinitatissonntag, nämlich Fronleichnam, am 31. Oktober, dem Reformationsfest, und dem 1. November, also Allerheiligen, zum Schulbesuch verpflichtet. Ihnen ist jedoch Gelegenheit zur Teilnahme an Gottesdiensten oder vergleichbaren religiösen Veranstaltungen ihrer Religionsgemeinschaft zu geben. Dies gilt auch für andere kirchliche Feiertage, die nach örtlichem Herkommen begangen werden.

Der vorgelegte Gesetzentwurf stellt sicher, dass das Anliegen der religiösen Feiertage in der Schule mehr als bisher Berücksichtigung findet. Er vermeidet, dass Schülerinnen und Schüler an diesem Tag unbeschult bleiben und Lehrkräfte daran gehindert werden, Unterricht zu erteilen. Der Gesetzentwurf greift sowohl die Interessen der beiden großen Kirchen auf, wonach die kirchlichen Feiertage weiterhin geschützt bleiben und ihr Sinn den Schülerinnen und Schülern durch Teilnahme am Gottesdienst oder vergleichbaren religiösen Veranstaltungen vermittelt wird, als auch das Anliegen der Erziehungsberechtigten, die ihre

Kinder an kirchlichen Feiertagen beschult wissen möchten.

Ich meine, dass wir unter dem Strich eine vernünftige Regelung gefunden haben, die von den Kirchen ausdrücklich gewünscht, ja sogar vorgeschlagen worden ist. Dass wir dem entsprechen können, ist wohl für uns alle die richtige Lösung.

Da ich auch für die Kindertagesstätten zuständig bin, möchte ich mich jetzt mit dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betreffend KitaBeiträge befassen. Zum einen ist es dringend erforderlich, das Thema, das die Mehrheitsfraktionen mit ihrem Antrag auf Einführung einer landesrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze für Elternbeiträge meiner Meinung nach vernünftig angegangen sind, auf eine sachliche Diskussionsgrundlage zu stellen. Zum andern aber, meine Damen und Herren von der Opposition, muss die Verunsicherung, die Sie durch Pressemitteilungen, verzerrte Darstellungen und Würfe von Nebelkerzen in der Öffentlichkeit erzeugt haben, beendet werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich kann die Opposition verstehen, dass sie jedes Mittel nutzen möchte, um die Regierung und die Mehrheiten zu attackieren. Es ist aber nicht unbedingt ein guter Stil, bei den betroffenen Menschen in einem solch sensiblen Bereich grundlos Ängste zu erzeugen.