Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

und wir begrenzen die potenziellen Beteiligungsund Klageberechtigten auf eine überschaubare Anzahl, also auf jene, die die Leistungsfähigkeit haben, diese Aufgabe verantwortungsbewusst wahrzunehmen.

(David McAllister [CDU]: Und das le- gen Sie fest!)

Wir verfolgen mit dieser Initiative nicht die Interessen von Minderheiten oder eine Nischenpolitik, sondern es geht hier um ein sehr breites gesellschaftliches Anliegen.

Ich muss Sie nicht daran erinnern, dass ein Kriterium für die Beurteilung der Menschlichkeit einer Gesellschaft auch das ist, wie sie mit ihren Kindern - - -, mit ihren Tieren umgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Auch mit den Kindern!)

- Auch mit ihren Kindern, sicherlich. Das will ich deutlich unterstreichen. Ein Kriterium ist aber auch, wie sie mit ihren Tieren umgeht. In dieser Hinsicht

gibt es einfach etwas zu verbessern. Dabei bitte ich um Ihre Unterstützung. - Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Kollege Oetjen, bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Jan, stelle das jetzt mal richtig!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seitdem der Antrag Schleswig-Holsteins auf Einführung der Verbandsklage für Tierschutzverbände im April 2004 im Bundesrat gescheitert ist, frage ich mich: Wann kommen die Kollegen von den Grünen damit denn wohl bei uns im Landtag? Heute ist es nun endlich so weit. Die Wahl des Zeitpunkts der Einbringung des Gesetzentwurfs wirft allerdings Fragen auf. Wollen die Grünen die Tierschutzverbände kurz vor der Bundestagswahl noch einmal mobilisieren und auf ihre Seite bringen? Oder haben Ihre Kollegen in Schleswig-Holstein, nachdem sie aus der Landesregierung geflogen sind, nur ihre Schubladen ausgeleert und die alten Papiere noch einmal in alle anderen Bundesländer verschickt? Das ist letztlich auch egal. Es bleibt festzustellen: Ihr Gesetzentwurf ist nicht neu und an dieser Stelle absolut überflüssig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Dorothea Steiner [GRÜNE])

Sie versuchen heute, Frau Kollegin Steiner, sich als alleiniger Vertreter des Tierschutzes aufzuspielen. Das wird Ihnen aber nicht gelingen; denn die Menschen wissen wohl zu unterscheiden, wer sich wirklich für Tierschutz einsetzt und wer nur heiße Luft produziert.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In Niedersachsen pflegt diese Landesregierung einen guten Dialog mit den Tierschutzvereinen und -verbänden. Im Tierschutzbeirat, in dem die wesentlichen Tierschutzorganisationen vertreten sind, werden aktuelle Probleme bei der Umsetzung des Tierschutzrechtes diskutiert. Er wird auch bei der Setzung neuer Normen und bei der Weiterentwicklung des Tierschutzrechtes gehört und eingebunden. Ich stelle fest, dass sich diese vertrauens

volle Zusammenarbeit in vielen Jahren bewährt hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klein, ich glaube im Übrigen, dass der Tierschutz bei den Veterinärbehörden des Landes und der Kommunen in den allerbesten Händen ist. Dort leisten hoch qualifizierte Mitarbeiter eine ausgezeichnete Arbeit. Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf muss wie Hohn in den Ohren derer klingen, die sich bereits heute um den Tierschutz in Niedersachsen besonders bemühen.

Ich glaube, mit einem Klagerecht für Tierschutzverbände würden wir nur eines erreichen, nämlich Mehrarbeit bei unseren Behörden sowie unnötige Bürokratie und Verzögerungen bei Genehmigungsverfahren. Das, meine Damen und Herren, wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dorothea Steiner [GRÜNE]: Das ist ein Totschlagargument!)

Für die Tiere - darum soll es uns ja gehen - erreichen Sie mit diesem Vorstoß gar nichts. Tierschutzrelevante Fragen stehen schon heute sehr stark im Fokus der Öffentlichkeit. Bei dem Verdacht von Verstößen kann jeder auch ohne eigene Betroffenheit einen solchen Sachverhalt bei der örtlichen Behörde melden. Das ist - ich habe mich bei einigen Veterinärbehörden in den Landkreisen erkundigt - tägliche Praxis. Im Übrigen sind Verbandsklagen in unserem Rechtssystem eigentlich unbekannt. Ich persönlich würde eher dazu neigen, das Klagerecht für Umweltverbände abzuschaffen, als ein neues Verbandsklagerecht einzuführen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klein, ich kann an Sie nur appellieren: Lassen Sie diesen Gesetzentwurf wieder in der rotgrünen Mottenkiste in Schleswig-Holstein verschwinden! Dann ist uns allen mehr geholfen. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Fleer, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier von heißer Luft zu reden ist meiner Meinung nach eine Dreistigkeit, die nicht zu überbieten ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich kann die Forderung der Tierschutzverbände nach einem Verbandsklagerecht in Deutschland nachvollziehen. Wir erörtern dieses Thema heute ja nicht das erste Mal. Eines möchte ich jedoch deutlich sagen: Ich halte die Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht.

(David McAllister [CDU]: Also ist es doch heiße Luft!)

Mit der Einführung des Tierschutzes als Staatsziel ist im Tierschutz sehr viel erreicht worden. Einige meinen, das sei so, aber nur auf dem Papier. Ich sage dazu Nein; denn nachdem der Tierschutz als Staatsziel in unser Grundgesetz aufgenommen worden ist, haben wir auf Bundesebene zahlreiche Gesetze geändert und den Tierschutz weiter verbessert und verstärkt.

Wenn die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen heute einen Gesetzentwurf zur Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage einbringen, heißt das, dass wir, wenn wir entsprechend beschließen würden, in Niedersachsen den zweiten Schritt vor dem ersten tun würden.

Wir alle kennen die Strukturen im Tierschutz. Es gibt zahlreiche Gruppierungen und Splittergruppen, deren Zielsetzungen im Bereich des Tierschutzes mehr als undurchsichtig sind. Natürlich handelt es sich um engagierte Menschen, die in der Regel auf ehrenamtlicher Basis die Rechte von Tieren schützen wollen, da Letztere dies selbst nicht können.

Meine Damen und Herren, Herr Klein, wir wollen gern die Teile aus Ihrem Gesetzentwurf aufgreifen, die die Mitwirkung und Anerkennung von Vereinen für Niedersachsen regeln sollen. Wir halten dies analog zum Naturschutzrecht für zielführend; denn das wird zu mehr Übersicht und zu einer besseren Organisiertheit der Tierschutzverbände in Niedersachsen beitragen.

Darüber hinaus können die Verbände unter Beweis stellen, dass sie sowohl ihre Rechte als auch

ihre Pflichten in angemessener Weise ausüben bzw. wahrnehmen.

Da es heute um die erste Beratung Ihres Gesetzentwurfs geht und eine Anhörung sicherlich für uns alle umfangreiche Hintergrundinformationen liefern würde, möchte ich an dieser Stelle folgenden Vorschlag machen: Um die Auswirkungen des Gesetzes, was die Mitwirkung und Anerkennung der Vereine angeht, bewerten zu können, sollte das Gesetz zunächst auf fünf Jahre befristet werden. Danach kann geprüft werden, ob weitergehende Rechte für die Vereine, wie ein tierschutzrechtliches Verbandsklagerecht, eingeführt werden sollten. Ich halte diesen Kompromiss im Sinne einer Stärkung des Tierschutzes und der Rechte der Tierschutzverbände für sinnvoll. Eine analoge Entwicklung hat es im Naturschutzrecht gegeben.

Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, dass wir den Tierschutz in Niedersachsen und Deutschland nur dann weiter stärken werden, wenn wir bundeseinheitliche Regelungen anstreben. Dies gilt sowohl für die Mitwirkung als auch für die Anerkennung von Tierschutzverbänden und langfristig auch für die Verbandsklage. Gerade im Bereich des Tierschutzes müssen wir auch wirtschaftliche Interessen berücksichtigen. Die Wettbewerbsfähigkeit muss gewährleistet werden. Unübersichtliche und qualitativ völlig unterschiedliche rechtliche Regelungen für Tierschutzverbände halte ich darum für wenig sinnvoll. Wir sollten gemeinsam erreichen, dass die für Niedersachsen entwickelten Vorschläge sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene umgesetzt werden. Dies nutzt am Ende vor allem den Tieren. Um die geht es hier schließlich. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Beratungen im Fachausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Herr Kollege Biestmann, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Tierschutz genießt einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Nicht zuletzt deswegen ist er als Staatsziel in Artikel 20 a des Grundgesetzes verankert worden. Die CDU-Landtagsfraktion - allen voran der damalige Oppositionsführer Christian Wulff - hat seinerzeit dafür ge

kämpft. Der Gesetzgeber hat damit verdeutlicht, dass dem Tierschutz ein ähnlich hoher Stellenwert zukommt wie etwa dem Recht auf Leben oder Forschung und Lehre.

Bei der Beachtung der Tierrechte in der Alltagspraxis haben Vereine und Organisationen eine große Bedeutung. Sie weisen auf Versäumnisse und tierquälerische Handlungen hin. Sie können diese gegebenenfalls auch zur strafrechtlichen Anzeige bringen. Das hat der Kollege Oetjen bereits herausgestellt. Den Belangen des Tierschutzes kann so in vielen Fällen ausreichend Rechnung getragen werden. Die niedersächsische CDULandtagsfraktion tritt für die Bewahrung der Schöpfung ein. Für uns sind alle Tiere Teil einer einzigartigen Schöpfung. Dennoch sind wir gegen die Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage in Niedersachsen. Mit einer solchen Klagemöglichkeit für Tierschutzverbände würde in erster Linie kein verbesserter Tierschutz erreicht. Die bisherigen Erfahrungen mit den bestehenden Verbandsklagerechten anerkannter Naturschutzverbände haben gezeigt, dass in einer weit überwiegenden Zahl der Fälle Verbesserungen durch gerichtliche Klagen nicht zu erreichen waren. Für den Tierschutz wird Ähnliches gelten. Sicherlich hilft es wenig, wenn versucht wird, über Ersatzzahlungen an Dritte einen Kompromiss zu erreichen, wie wir das seinerzeit beispielsweise im Zusammenhang mit der Emsproblematik vernehmen konnten. Der damit betriebene Aufwand bei gleichzeitig geringem Erfolg rechtfertigt aus unserer Sicht nicht die Erweiterung des Verbandsklagerechtes auf Tierschutzverbände. Wir sollten vielmehr noch einmal ernsthaft die Verbandsbeteiligung von Naturschutzverbänden hinterfragen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Blick auf das Klagerecht für Naturschutzverbände lehrt uns Weiteres. Mit den Menschen vor Ort werden oft für alle Beteiligten zufrieden stellende Lösungen gefunden, die alle Belange umfassend berücksichtigen. Problematisch wird es immer dann, wenn ideologische Interessen seitens einiger Gruppen geltend gemacht werden, wenn die Ideologie zum Maß aller Dinge erhoben wird.

(Elke Müller [SPD]: Wie bei Ihnen!)

Ich denke hierbei nicht nur an Genehmigungen im Bereich der Nutztierhaltung, sondern ich denke auch an die Kleintierzucht. Mir wird immer wieder

auf Kleintierschauen, die ich gern besuche, Entsprechendes berichtet.

(Unruhe bei der SPD)

- Herr Meyer?

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das hatte jetzt einen anderen Grund!)

- Das gestehe ich Ihnen zu. - Den Tierschutzverbänden, die ja nicht immer nur hehre Ziele verfolgen - wir haben gerade über die möglicherweise unterschiedliche Qualität von Tierschutzverbänden gesprochen -, ein Verbandsklagerecht einzuräumen, die ihre Existenzberechtigung über Spenden oder werbewirksame Klagen nachweisen müssten, wäre für uns der falsche Weg. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass solche Verfahrensverzögerungen Auswirkungen auf die grundsätzliche Bereitschaft zur Tierhaltung haben, was nicht ganz unwichtig ist. Zunehmende Bürokratie, zunehmende Verfahrensdauern und zusätzliche Kosten wirken sich im globalen Wettbewerb zudem als Standortnachteil für Niedersachsen aus. Mein Kollege Fleer von der SPD-Fraktion sprach von Wettbewerb. Ich kann dem nur beipflichten. Wir dürfen all das nicht aus dem Auge verlieren. Herr Kollege, wir sind in der Gesamtbewertung gar nicht so weit auseinander. Auch ich freue mich auf eine gemeinsame Bewertung im Ausschuss.