Sie verweisen in der Begründung zu Ihrem Antrag darauf, dass der Antrag 28 Seiten stark sei. Auf den ersten Blick ist das natürlich frappierend und erschreckend, wenn man aber in die Materie geht, dann sieht man, dass der reine Antrag nur fünf Seiten umfasst.
Vielleicht ist das zu viel, aber es sind fünf Seiten. Es gibt fünf Seiten Ausfüllhilfen, und über das Internet kann man sich 18 Seiten Beispiele herunterladen. Die gehören nicht zum Umfang dieses Antrages.
Dieses neue Gesetz hat darüber hinaus aber auch Vereinfachungen gebracht. Die engen Antragsfristen sind deutlich verlängert worden. Sie können die steuerliche Vergünstigung innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bezugsjahres beantragen. Das war früher nicht so. Sie können nach dem ersten Halbjahr einen Antrag auf Abschlagszahlungen für Lieferungen stellen, die über 12 000 Liter im Jahr hinausgehen.
Ihr Antrag zielt darauf ab, Bürokratieabbau speziell für die Landwirte zu erreichen. Ich habe mich bei Vertretern der Landwirtschaft erkundigt, wie hoch der bürokratische Aufwand ist. Die Landwirte haben mir gesagt, dass es eigentlich viel einfacher geworden sei. Man bekommt den Antrag zugeschickt und muss ihn sich nicht mehr besorgen. Die Betriebsdaten sind bereits im Antrag ausgedruckt.
- Herr Kethorn, Sie können gleich dazu sprechen. Der zeitliche Umfang, um den Antrag auszufüllen, beträgt für den Landwirt zehn bis 15 Minuten. Allerdings muss man seine Belege gründlich sortiert und geordnet haben.
Wenn Sie zum Bürokratieabbau vernünftige Anträge einbringen, die wir unterstützen können, dann werden wir das tun. Ich habe aber den Eindruck, dass Sie die Forderung nach Bürokratieabbau manchmal wie eine Monstranz vor sich hertragen. Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An sich wollte ich nicht zu diesem Thema reden, aber aufgrund dessen, was hier erzählt wurde, muss ich
das eine oder andere richtig stellen. Ich möchte zu Anfang zu bedenken geben, dass ein ähnlicher Antrag im Bundestag von Rot-Grün abgelehnt worden ist. Von daher muss man sich fragen, inwieweit sich die Grünen und die SPD hier in Niedersachsen nun anders verhalten. Das ist das eine.
Das andere betrifft die Frage, was in einem Antrag stehen sein muss. Ich glaube, wir können uns schnell auf das Minimum an Auskunftspflicht einigen, das der Antragsteller zu leisten hat. Ich glaube, dass das umfangreiche Antragswerk auf ein Minimum reduziert werden kann. Nach meinem Dafürhalten ist vieles darin, was nur dazu dient, Papier voll zu schreiben. Man muss sich fragen, wer das eigentlich alles wissen will. Das Antragsformular ist sicherlich zu reduzieren. Ich meine, dass der Vorschlag von Herrn Kollegen Kethorn, das Antragsformular auf eine Seite zu reduzieren, möglich sein muss.
Ich sage aber auch Folgendes - und da sollten wir vielleicht an die Zukunft denken: Warum machen wir nicht andere, einfachere Dinge? Ich schlage eine Flächenpauschale vor. Dann hätte der Landwirt die Möglichkeit, Biodiesel zu fahren. Das könnte er selber entscheiden. Weitere Vorschläge wären die Vergütung anhand des Verbrauchs in einer Referenzperiode, die Erlaubnis zur Verwendung von Heizöl wie in Frankreich oder die Einfärbung des Agrardiesels und Abgabe zu Preisen, die diesen Erstattungsbetrag bringen würden.
Ich glaube, dass es richtig ist, dieses im Ausschuss ausführlich zu beraten. Das Agrardieselgesetz ist vom Bund offensichtlich mit zu heißer Nadel gestrickt worden. Wir sollten einen ordentlichen Vorschlag bringen. - Danke schön.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor. Wir kommen deswegen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und den ländlichen Raum sein, mitberatend der Umweltausschuss und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit. Damit ist so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Persönliches Budget für Menschen mit Behinderung - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/132
Zu diesem Antrag findet antragsgemäß die erste Beratung statt. Um das Wort hat der Abgeordnete Dr. Matthiesen gebeten. Ich gebe Ihnen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das knapp zwei Jahre alte Sozialgesetzbuch IX zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen enthält als Kernpunkt ein erweitertes Wunsch- und Wahlrecht für die Leistungsberechtigten. Dazu gehört auch, dass der Reha-Träger nach Ermessen entscheidet, ob er Leistungen zur Teilhabe wie bisher als Sachleistung erbringt oder künftig ein persönliches Budget finanziert. Damit wird der behinderte Mensch direkter Vertragspartner des Leistungsanbieters anstelle des RehaTrägers. Das ist neu. Hierzu liegen in Deutschland und Niedersachsen bisher kaum Erfahrungen vor. Deshalb müssen wir uns gemäß dem gesetzlichen Auftrag in Modellversuchen vortasten, in welchen geeigneten Fällen Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung behinderter Menschen durch Finanzierung persönlicher Budgets gestärkt werden können. Dabei ergibt sich aus den §§ 17 und 9 des Gesetzes, dass das persönliche Budget nur im ambulanten Bereich zulässig ist, beispielsweise im ambulanten betreuten Wohnen. Damit ist die Chance verbunden, den ambulanten Bereich auszubauen und die zum Teil gegebene Überfinanzierung und Überversorgung im stationären Bereich abzubauen. Dahinter steckt aber nicht das Ziel, schwer- und schwerstbehinderte Menschen in stationären Einrichtungen zu konzentrieren; in der Eingliederungshilfe darf es nicht zu vergleichbaren Entwicklungen wie in der stationären Altenpflege kommen.
Die Gleichsetzung des persönlichen Budgets mit Sparpolitik zulasten behinderter Menschen ist ebenso fehl am Platz. Das Budget ist so zu bemessen, dass der festgestellte Bedarf gedeckt wird. Die Kosten dürfen allerdings nicht höher als bei der Sachleistung sein. Dabei versteht es sich von selbst, dass Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten sind und die Modellerprobung ergeben soll, ob sich finanzielle Entlastung durch Effizienzsteigerung erreichen lässt.
In diesem Zusammenhang ergeben sich eine ganze Reihe von Fragen, die ein Modellversuch zu beantworten hat. Zunächst: Welche Leistungen eignen sich für ein persönliches Budget? Wie ist das Budget im Einzelnen zu bemessen? Welche preisliche Differenzierung muss dementsprechend bei den Angeboten erst noch geschaffen werden? Welcher Personenkreis kommt überhaupt infrage? Nach meiner Auffassung dürfen wir uns nicht nur auf körperbehinderte Menschen beschränken, sondern sollten auch mit anderen schwer behinderten Menschen anfangen. Was geschieht, wenn das Budget ausgeschöpft ist, aber weitere Leistungen notwendig sind? Wie können Bedenken der Leistungsanbieter ausgeräumt werden, weil der Vertragspartner nunmehr der behinderte Mensch und nicht mehr der Sozialhilfeträger ist?
Das führt uns zu der Frage, wer den behinderten Menschen managen kann. Insoweit fällt sicherlich den Angehörigen und Betreuern eine besondere Rolle zu. Körperlich und geistig behinderte Menschen werden deren Hilfe in Anspruch nehmen, weil sie ihre Grenzen kennen. Möglicherweise muss bei seelisch behinderten Menschen mehr Hilfestellung organisiert werden, weil deren Selbsteinschätzung teilweise nicht realistisch ist. Dies ist wichtig, weil der behinderte Mensch selbst über Art, Qualität und Umfang der Leistungen bestimmen soll. Dabei darf er aber nicht von jemand anderem - salopp ausgedrückt - einfach über den Tisch gezogen werden. Dann wäre noch die Frage zu stellen, wie der Sozialhilfeträger einschreiten kann oder gegebenenfalls das Budget kündigen kann, etwa wenn sich herausstellt, dass Verwahrlosung droht oder die ambulante Hilfe zu teuer wird.
Neben der Beantwortung dieser Fragen haben die Modellversuche aufzuzeigen, wo die Grenzen des persönlichen Budgets liegen. Es scheidet aus, wenn es nicht die gleiche Wirksamkeit entfaltet wie die Sachleistungen. So kann beispielsweise der Rehabilitationsträger möglicherweise die Leistung wirksamer und wirtschaftlicher erbringen, wenn er sie allein oder zusammen mit anderen Trägern erbringt. Vor allem aber kann der Reha-Träger die Leistungen mit Hilfe frei gemeinnütziger und privater Reha-Dienste erbringen. Damit sind im Sinne einer partnerschaftlichen Sozialpolitik insbesondere die freigemeinnützigen und privaten Rehabilitationsdienste angesprochen. Gemeinsam mit ihnen und den Kommunen wollen wir mit Augenmaß in
den Modellversuchen die Möglichkeiten persönlicher Budgets austesten - zum Wohl der behinderten Menschen mit dem Ziel größtmöglicher finanzieller Effizienz. - Danke schön.
Als Nächstes hat das Wort Frau Meißner. - Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, etwas mehr Ruhe im Saal einkehren zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie Sie schon gehört haben, wollen wir Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit von Menschen mit Behinderungen eindeutig stärken. Gerade wir als Liberale setzen darauf, dass jeder Mensch im Rahmen seiner Möglichkeiten selbstbestimmt entscheiden kann, wie er sein Lebensumfeld gestaltet. Eine Zuteilung von Leistungen durch die Sozialämter und eine Zuweisung in Heimplätze werden den individuellen Wünschen nicht gerecht, sondern fördern nur die Sozialbürokratie. Wir brauchen neue Wege!
Mit der Einführung des neuen Rehabilitationsrechts im SGB IX zum 1. Juli 2001 besteht jetzt die Möglichkeit, Leistungen für Menschen mit Behinderungen im Rahmen eines persönlichen Budgets zu gewähren. Dies soll eine Deckung des festgestellten Bedarfs unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermöglichen. Die Länder sind zur Erprobung der Einführung des persönlichen Budgets im Rahmen von Modellvorhaben aufgefordert.
In Rheinland-Pfalz sind die ersten Modellprojekte bereits im Jahr 1998, also vor der Einführung des SGB IX, eingerichtet und inzwischen auch deutlich ausgebaut worden. Andere Bundesländer wie z. B. Baden-Württemberg sind dem gefolgt, während hier in Niedersachsen unter der SPD-Regierung bislang leider noch keine Initiativen ergriffen wurden.
- Gut. - Das persönliche Budget ist aber ein sehr wirksames Instrument, um Eigenverantwortung und Entscheidungsfreiheit von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Ich glaube, darüber be
steht eindeutig Konsens. Jeder kann selbstbestimmt dann die Leistungen einkaufen, die er wirklich braucht, und ist nicht auf Zuweisungen angewiesen.
Die Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz haben gezeigt, dass durch dieses persönliche Budget nicht nur die Lebenszufriedenheit der Leistungsempfänger erhöht wurde, sondern auch Einspareffekte erzielt wurden. Dies gelang vor allem durch die Beendigung oder Vermeidung einer stationären Unterbringung und durch die verstärkte Nutzung ambulanter Betreuungsformen wie Außenwohngruppen oder Betreutes Wohnen, das eben schon angeklungen ist. Befragungen der Behinderten haben gezeigt, dass sich für 89 % der Menschen die Lebenssituation mit der Einführung des persönlichen Budgets entscheidend verbessert hat. Im Hinblick auf die Kosten ist in Rheinland-Pfalz bei jedem einzelnen Budgetempfänger eine durchschnittliche Kostenvermeidung von 61 % festgestellt worden.
In Rheinland-Pfalz hat es sich als erfolgreich erwiesen, die Mittel des Landes als überörtlichem Sozialhilfeträger, der für den Bereich der stationären Unterbringung zuständig ist, mit den Mitteln der Kommunen als örtlichem Sozialhilfeträger im Rahmen eines regionalen Budgets zusammenzufassen. Dadurch konnten die Kostentransparenz erhöht und der Wechsel von der Heimunterbringung in ambulante Betreuungsformen gefördert werden, ohne die Kommunen beim Ausbau ambulanter Hilfsangebote allein zu lassen, was wir auch für sehr wichtig halten.
Natürlich hat die Einführung des persönlichen Budgets auch Auswirkungen auf die Strukturen der Anbieter sozialer Leistungen. Dabei mag für die nun etwas an Planungssicherheit verloren gehen; neue Angebote sind einzurichten. Dies bedeutet, dass ein Wettbewerb um die Budgetempfänger als zahlungsbereite Nachfrager entsteht und dass flexiblere Lösungen von den Anbietern zu schaffen sind. Die Einführung des persönlichen Budgets ist daher mit einer intensiven Beratung sowohl für die Leistungsempfänger als auch für die Leistungsanbieter zu verbinden.
Ich schlage vor, in Niedersachsen das persönliche Budget in unterschiedlichen Modellregionen, z. B. einem eher ländlich strukturierten Landkreis, einer kreisfreien Stadt und einem Landkreis im städtischen Umfeld, zu erproben, um eine Vergleichbarkeit zu bekommen. Sollten diese Modellprojekte
positive Ergebnisse erbringen, was wir als FDPFraktion auf jeden Fall erwarten, ist ein zügiger flächendeckender Ausbau in Niedersachsen anzustreben. Dann sollte das persönliche Budget nicht auf einige wenige Leistungsarten der Eingliederungshilfe beschränkt werden, sondern möglichst umfassend alle Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beinhalten und dabei neben der Sozialhilfe auch andere Rehabilitationsleistungsträger einbeziehen - zum Wohle jedes einzelnen behinderten Menschen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Teilhabe verwirklichen, Gleichstellung durchsetzen, Selbstbestimmung ermöglichen“ unter diesem Motto stand der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Die rot-grüne Bundesregierung hat als erste Bundesregierung endlich den Schritt zur Ermöglichung von mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit mit Behinderungen getan und mit dem neuen SGB IX den seit langen Jahren von den Behindertenverbänden geforderten Paradigmenwechsel hin zu einer mehr selbstbestimmten Möglichkeit, die Leistungen zu bekommen, durchgeführt. Wir begrüßen das sehr.
Die Einführung des persönlichen Budgets heißt, dass man das traditionelle Dreiecksverhältnis zwischen Leistungsträger, Leistungsanbieter und Leistungsempfänger neu wird bestimmen müssen. Betroffene werden hiermit zu Kunden und Käufern und manchmal auch zu Arbeitgebern. Im Zuge der Einführung werden sich neue Angebotsstrukturen entwickeln, und das ist auch dringend erforderlich.
Wir begrüßen sehr, dass sich die Landesregierung entschlossen hat, an diesem Paradigmenwechsel mit einem Modellversuch teilzunehmen. Die Stärkung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung von Behinderten ist für uns ein sehr wichtiges politisches Ziel. An erster Stelle jedoch sollte nicht die Idee der Kostenminimierung stehen, sondern die Lebenszufriedenheit der betroffenen Menschen. Gerade hier haben die bisherigen Modelle
eine sehr hohe Akzeptanz erreicht. In BadenWürttemberg hat eine Evaluation ergeben, dass nahezu alle Betroffenen, wenn sie die Wahl hätten, wieder das persönliche Budget in Anspruch nehmen würden.
Meine Damen und Herren, der Übergang von einer Behinderteneinrichtung oder der Familie zu einer eigenständigen Wohnform ist für viele Behinderte ein gewaltiger Schritt - ein Schritt, der eine große Portion Mut voraussetzt und bei den Betroffenen oft mit vielen Ängsten und Unsicherheiten verbunden ist. Gerade deshalb wird es auf die genaue Ausgestaltung des Modellversuchs ankommen.
Wir werden darauf achten, dass jedem betroffenen Menschen die Hilfe zuteil wird, die er aufgrund seiner spezifischen Behinderung benötigt. Das heißt, dass nicht der Zwang entstehen darf, dass die Kosten für ein persönliches Budget in jedem Fall unter denen einer stationären Unterbringung liegen müssen. So wird es nämlich in Rheinland-Pfalz vorgeschrieben, und das finden wir nicht richtig. Mit einer solchen Regelung würde man nämlich viele Betroffene ausschließen, und das wäre ungerecht. Wir wissen, dass der Gesichtspunkt der Kostenminimierung - das habe ich hier eben doch etwas zu deutlich gehört - in der Behindertenhilfe eine ernsthafte Bedrohung des emanzipatorischen Ansatzes darstellt. Das persönliche Budget ist eben kein Billigmodell.
Es kann im Einzelfall zu einer für die Kostenträger günstigeren Lösung als bei stationärer Unterbringung führen, muss dies aber nicht in jedem Fall.