Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bäumer, ich könnte jetzt natürlich auch den Eindruck gewinnen, dass es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern darum, scheinbare Untätigkeit der Bundesregierung in den Vordergrund zu spielen.

(Zuruf von der CDU: Nicht scheinba- re!)

Von der Sache her sind wir uns eigentlich einig. Wir wollen, dass deutsche Schweine nach China exportiert werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, grundsätzlich will auch die SPD-Landtagsfraktion die Exportchancen für deutsche Produkte aus der

Landund Ernährungswirtschaft erhöhen und verbessern.

(Zuruf von der CDU: Das ist zu we- nig!)

Aus diesem Grund haben wir zu dem vorliegenden Antrag von CDU und FDP einen Änderungsantrag formuliert. Wir meinen, dass in diesem Antrag detaillierter auf die tatsächliche Situation des Exports in den ostasiatischen Markt eingegangen wird und daraus Forderungen abgeleitet werden können. Wir unterstützen die Bemühungen, die Exportchancen für Schweinefleisch zu erhöhen, indem ein Veterinärabkommen mit China abgeschlossen wird. Dies würde auch die Absatzchancen für Schweinefleischproduzenten in Niedersachsen deutlich verbessern. Dies gilt vor allem für Nebenprodukte der Schlachtungen in Deutschland wie Schwänze, Pfoten, Riblets; Herr Bäumer ist darauf schon eingegangen und hat auch über die Wertsteigerung, die damit zu erzielen ist, gesprochen.

Die unterschwelligen Vorwürfe, die Bundesregierung habe in der Vergangenheit nichts oder nur wenig unternommen, dieses Abkommen zu ermöglichen, weisen wir zurück und machen dies auch in unserem Änderungsantrag deutlich. Wir sollten hier noch einmal festhalten, verehrte Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU: Der Abschluss dieses notwendigen Abkommens wird doch nicht durch die Bundesregierung verweigert oder behindert. Vielmehr hat die chinesische Seite Vorbehalte, die in erster Linie in der Beurteilung der Seuchensituation in Deutschland bezüglich der Klassischen Schweinepest begründet sind. Dies gilt nicht nur für China, sondern für den Exportmarkt Ostasien schlechthin. Und dass die das so beurteilen, liegt nun einmal an denen und nicht an uns.

Die erst in jüngster Zeit verbesserte Seuchensituation in Deutschland ermöglicht es doch erst, im Rahmen eines Besuchs des BMVEL gegenüber China deutlich zu machen, dass Interesse daran besteht, besonders qualitativ hochwertige Nebenprodukte sowie Schweinefleischerzeugnisse auszuführen. Ferner wurden der chinesischen Seite die Erfolge bei der Bekämpfung der Klassischen Schweinepest erläutert und eine ausführliche Dokumentation über die aktuelle Situation der Seuche und der getroffenen Maßnahmen in Deutschland übergeben. Auf Grundlage dieser Informationen hat die chinesische Seite angekündigt, Deutschland in Bezug auf die Klassische Schweinepest

einer Risikobewertung zu unterziehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, China ist jetzt daran, zu handeln, und zu diesem Handeln können wir China schlechterdings nicht zwingen.

Gleichwohl ist eine hochrangige Veterinärdelegation in diesem Jahr zu Gesprächen mit den zuständigen Behörden nach China gereist, um u. a. auch über eine Veterinärbescheinigung für die Ausfuhr von Schweinefleisch aus der Bundesrepublik Deutschland in die Volksrepublik China zu verhandeln. Das wissen Sie auch, Herr Bäumer. Die Konsultationen mit China werden fortgesetzt. Konkret ist ein Gegenbesuch einer chinesischen Delegation geplant. Von Untätigkeit kann also keine Rede sein. Die Erfahrung der Vergangenheit hat nun einmal gezeigt, dass der Abschluss der nötigen Vereinbarung schwierig ist und sich auch über Jahre hinziehen kann, was wir uns alle nicht wünschen. Das BMVEL ist an diesem Abschluss interessiert und arbeitet daran. Wir sind uns sicherlich einig, dass diese Bemühungen von Niedersachsen zu begrüßen und zu unterstützen sind, beispielsweise durch die in beiden Anträgen angesprochenen Praktika chinesischer Veterinäre in Niedersachsen zwecks fachlichem Austausch beider Seiten.

(Zuruf von der CDU: Sauber abge- schrieben!)

- Ich nenne ja auch nicht die Quellen von Herrn Bäumer. - Der Abschluss der Vereinbarung hängt am Ende natürlich von der Zustimmung der chinesischen Seite ab.

Kolleginnen und Kollegen, eines ist allerdings ganz deutlich festzustellen: Erfolgreich werden wir letztlich nur dann sein, wenn es in Deutschland gelingt, die Klassische Schweinepest sowie auch andere Seuchen sicher in den Griff zu bekommen, d. h. deren Bekämpfung weiterhin engagiert fortzusetzen. Damit will ich nicht sagen, dass das in der Vergangenheit nicht getan wurde. Aber wir dürfen auch nicht nachlassen, daran zu arbeiten.

Des Weiteren muss aber auch in der Fleisch verarbeitenden Wirtschaft sichergestellt werden, dass Verordnungen und Gesetze bezüglich Fleischhygiene durch Selbstverpflichtung und staatliche Kontrollen eingehalten werden. Der derzeitige Skandal im Geflügelfleischsektor ist nun wirklich wenig hilfreich, Akzeptanzverluste tierischer Ernährungsprodukte aus Deutschland zu beseitigen. Auch Verstöße gegen Handelsabkommen mit

Drittstaaten, die bereits erzielte Marktöffnungen rückgängig gemacht haben, wie in der Vergangenheit geschehen, sind entschieden zu verurteilen und dürfen sich nicht wiederholen. Damit wird zurückgewonnene Akzeptanz leichtfertig verspielt.

(Zuruf von Johann-Heinrich Ahlers [CDU])

- Natürlich kann man das wissen; trotzdem muss man es ansprechen. - Es wäre sicherlich hilfreich, wenn alle Beteiligten an einem Strang zögen, miteinander kooperierten und sich gegenseitig unterstützten, anstatt unbegründete Schuldzuweisungen zu lancieren, mit denen wir uns dann ständig im Parlament auseinander setzen müssen.

Der vorliegende Antrag ist ein Beispiel dafür, dass wir im Agrarbereich durchaus die gleichen Ziele verfolgen. Wir wollen den Export, und Sie wollen ihn auch. Die Art und Weise, wie die Ziele formuliert werden, unterscheidet sich halt gelegentlich. Die SPD-Fraktion hat in ihrem Änderungsantrag die Diskussion aufgegriffen, die auch im Ausschuss geführt worden ist. Eigentlich wollte ich jetzt sagen „und sicherlich können Sie dem zustimmen“, aber ich muss bedauerlicherweise feststellen, dass Sie unserem Antrag wohl nicht folgen werden. Ich finde das schade. Ich glaube, Sie könnten das tun, weil wir alle das Gleiche wollen. Danke.

(Beifall bei der SPD - Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sie können ja unserem Antrag zustimmen!)

Nächster Redner ist Herr Jan-Christoph Oetjen von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Unsere Landwirtschaft ist wettbewerbsfähig und bereit, auf dem Weltmarkt zu agieren. Allen, die jetzt staunen, sage ich: Das ist nicht nur ein frommer Wunsch, sondern in einigen Bereichen, z. B. beim Schweinefleisch, auch Realität. Daher ist es eine Frage von Marktchancen, ob es uns gelingt, mit China ein Veterinärabkommen abzuschließen; denn nur dann können wir unsere Schweine - damit meine ich, um es klarzustellen, Schweinehälften und nicht lebende Schweine - nach China exportieren. Schließlich ist China - das hat der Kollege Bäumer gerade schon gesagt - einer der

wachsenden Märkte, wenn nicht der wachsende Markt im Bereich Schweinefleisch. Die Chinesen essen heute wenig Schweinefleisch, und wir hoffen, dass sie in Zukunft mehr davon zu sich nehmen werden.

Leider hat aber die Bundesregierung in der Vergangenheit wenig getan. Diesen Hinweis kann ich Ihnen leider nicht ersparen. Möglicherweise - auf diese Idee kann man ja kommen - passte das aber auch nicht ins politische Konzept von Frau Künast, und sie ist deshalb untätig geblieben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Darüber hinaus ist es aber genauso wichtig - auch darauf haben wir uns in unserem Antrag bezogen -, den praktischen Austausch zwischen China und Niedersachsen zu ermöglichen. Davon lernen beide Seiten. Die Chinesen lernen, wie wir arbeiten und kontrollieren, und vielleicht lernen unsere Veterinäre ein bisschen Fachchinesisch. Auf jeden Fall profitieren beide Seiten von einem solchen Austausch.

Noch einige Worte zum Änderungsantrag der SPD: Lobende Worte für die CMA, die nun beinahe 30 Jahre alt ist, sind genauso unnötig wie die Aufforderung an die Landesregierung, sich um die Schweinepest bei Wildscheinen zu kümmern. Ich meine, auch darin sind wir uns einig.

(Zuruf von Rolf Meyer [SPD])

Insgesamt kann man sagen, Herr Kollege Meyer, dass CDU und FDP einen aktuellen und zukunftsweisenden Antrag auf den Weg gebracht haben,

(Zustimmung bei der FDP - Wider- spruch bei der SPD)

gegen den Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und auch die liebe Kollegin Karin Stief-Kreihe nicht anstinken können.

(Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

Deswegen sage ich Ihnen: Wir werden Ihren Änderungsantrag ablehnen. Wenn Sie jedoch wirklich mit uns der Meinung sind, wir sollten dieses Thema anpacken, dann sollten Sie unserem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Als Nächster hat Herr Hans-Jürgen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön, Herr Klein!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn sich der CDU-Kollege reichlich Mühe gegeben hat, dieses Thema aufzublasen, frage ich mich nach wie vor, was eine solche Antragsinitiative eigentlich in diesem Plenum zu suchen hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Braucht der Minister wirklich einen Auftrag des Parlaments, um die Bemühungen der Bundesregierung zu unterstützen, mit China handelseinig zu werden? Braucht er wirklich den Auftrag des Parlaments, chinesische Veterinäre einzuladen? Ich meine, das ist eher ein Geschäft der laufenden Verwaltung.

Wir sind uns - das ist schon gesagt worden - in der Sache eigentlich einig. Aber wir sind uns natürlich absolut uneinig, wenn hier der Eindruck erweckt werden soll, es gebe in diesem Fall Versäumnisse der alten Bundesregierung. Das können Sie so häufig wiederholen, wie Sie wollen. Davon kann nun wirklich überhaupt keine Rede sein.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Dass Sie das nicht sehen, ist klar!)

Vielleicht haben Sie den Antrag schon vorausschauend für die neue Bundesregierung formuliert. Ob bei der neuen Regierung Druck in dieser Sache nötig ist, will ich einmal offen lassen.

Deutschland führt seit geraumer Zeit, genauso wie Frankreich und die Niederlande, Verhandlungen mit China; das wurde bereits ausgeführt. Es gab den Besuch und die Reise der Expertenkommission nach China. Der SPD-Antrag nimmt diese Tatsachen auf, und deshalb können wir ihm auch zustimmen.

Ich erinnere noch einmal daran, dass erst 2004 zum letzten Mal ein Fall von Schweinepest bei uns aufgetreten ist und dass wir nach wie vor die Probleme bei Wildschweinen haben. Es ist China eben schwer zu vermitteln, dass eine Wildschweinepest in Rheinland-Pfalz möglicherweise kein Problem für einen Schweinefleischexport aus Niedersachsen ist.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit, weil hier der Eindruck erweckt wird, der Export nach China sei die neue Goldgrube für die niedersächsischen Landwirte,

(Clemens Große Macke [CDU]: Das hat niemand gesagt!)

noch einmal darauf hinweisen, dass ein solcher Handel sicherlich nicht unbedingt unter dem Gesichtspunkt Planungssicherheit gesehen werden kann, sondern möglicherweise eher etwas für Zocker ist. In keinem Land der Welt wird schneller und mit größerer krimineller Energie westliches Know-how kopiert und damit produziert.

(Zuruf von Clemens Große Macke [CDU])

Beachtenswert ist unter diesem Gesichtspunkt, Herr Kollege, auch die Handelsintensivierung zwischen China und Russland. Wenn Sie an die zurzeit explosionsartig steigende Schweinefleischproduktion in Russland denken, müssen Sie doch einsehen, dass hier mit Sicherheit kein dauerhafter Markt entstehen wird. Wer Planungssicherheit braucht, sollte sich besser auf den erweiterten europäischen Markt konzentrieren.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Saudi-Arabien! Da ist noch was los!)

Besonders absurd finde ich die Feststellung in der Begründung, es käme darauf an, die Akzeptanz für deutsche und niedersächsische Fleischwaren wiederherzustellen. Ich will gar nicht auf die Diskussion von gestern eingehen,

(Zuruf von der CDU: Das ist auch besser so!)