Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

Wir fahren in der Fragestunde fort. Die nächste Frage stellt Herr Harden.

Ich frage die Landesregierung: Ist sie der Meinung, dass der Kultusminister mit den Antworten „Das frage ich mich auch“ und „Die Ausbildung dort gucken wir uns natürlich an“ die Frage des Abgeordneten Meinhold umfassend und nach bestem Wissen und Gewissen, wie die Verfassung es von ihm verlangt, beantwortet hat?

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, meine Antwort auf die vorhin gestellte Frage war exakt, richtig und angemessen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Bode, bitte!

Vor dem Hintergrund der Ausführungen der Opposition, dass eine Zwangsdatensammlung stattfindet, frage ich die Landesregierung: Trifft es zu, dass der Teil des Fragebogens, der hier kritisiert worden ist, mit dem Hinweis versehen ist, dass die Angaben freiwillig sind?

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bode, jawohl, das trifft zu.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Voigtländer!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Kann sie den Wert des Daten- und Adressenmaterials beziffern, der sich im Rahmen des Fitnesstests ergibt?

Ich habe eine zweite Frage. Ich frage die Landesregierung, was der Wissenschaftsminister Stratmann davon hält, dass der Kultusminister sportwissenschaftliche Institute in Niedersachsen verunglimpft hat.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Voigtländer, die Daten, die wir am Ende gesammelt haben werden und auswerten werden, gehören dem Kultusministerium. Wir sind sozusagen Empfänger aller Daten. Sie sind von hohem

ideellen und hohem pädagogischen Wert für unseren Schulbetrieb. Es gibt keinen kommerziellen Wert dieser Daten. Dieser wäre auch schlecht messbar. Diese Daten gehören nur uns, und wir wollen sie für unsere Arbeit und für unsere Politik im Lande entsprechend auswerten. So gesehen geht die Frage eigentlich ins Leere, wenn Sie meinen, dass eine wirtschaftliche Komponente im Spiel wäre.

Ich kommen nun noch einmal auf das Institut hier in Hannover zu sprechen. Das Institut hat sich bemüßigt gefühlt, diesen Test zu kommentieren. Ich hatte, nachdem ich das Schreiben gelesen habe, fast den Eindruck, sie wollten ihn politisch bewerten und sich mit dem Minister auseinander setzen. Sie haben gesagt, er stehle sich mit dem Test aus der Verantwortung usw. Man wundert sich, wofür sich Sportinstitute interessieren. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn jemand meint - auch wenn das Schreiben den Briefkopf eines Sportinstituts trägt -, er muss den Minister kommentieren, dann darf er sich auch nicht wundern, wenn der Minister zurückkommentiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Schwarz!

Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung: Hat es angesichts der wirklich Besorgnis erregenden Situation bezüglich der Fitness unserer Schüler bisher jemals eine Initiative gegeben, die eine Bestandsaufnahme in dieser Form hervorgebracht hat?

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz, eine Bestandsaufnahme, sozusagen einen Feldversuch dieses Umfangs - bezogen auf ein ganzes Bundesland mit den Schuljahrgängen 1 bis 10 -, hat es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in diesem Bereich noch nicht gegeben.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Hört, hört!)

Andere Institute haben sich früher daran versucht; WIAD hat die Vorläuferuntersuchung gemacht. In ganz Deutschland und über etliche Jahre wurden insgesamt vielleicht 65 000 oder 70 000 Tests durchgeführt. Ich glaube, der größte Test hat 15 000 Schülerinnen und Schüler erfasst.

Also, wir machen das erstmals in dieser erforderlichen Breite. Erstmals wird es so fundierte Erkenntnisse geben, dass wir gesamtgesellschaftlich diskutieren und handeln können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Lennartz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, ich hätte mich bei diesem Thema normalerweise gar nicht zu Wort gemeldet. Aber Ihre Bemerkungen zum Sportwissenschaftlichen Institut der Universität Hannover und auch Ihre Antwort auf die vorletzte Frage veranlassen mich, doch einmal nachzufragen.

Natürlich ist es Ihr gutes Recht, die Äußerungen dieses Instituts zu kommentieren. Aber ich meine, es ist auch Ihre Verpflichtung, dieses Institut sozusagen korrekt zu behandeln. Ich frage Sie: Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie sich mit der Aussage, die Sie über dieses Institut gemacht haben, nämlich dass man dort Sportlehrer werden könne, ohne - wie Sie gesagt haben - die Rolle vorwärts zu beherrschen, juristisch gesprochen im Bereich der üblen Nachrede befinden?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Herr Kollege Lennartz, Correctness ist keine Einbahnstraße. Das gilt für beide Seiten. Und wenn sich Institute zu einem politischen Thema bei einem bestimmten Sachverhalt einlassen und unter dem Etikett der Wissenschaftlichkeit sehr ins Persönliche hineingehen - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Aber sol- che diffamierenden Äußerungen des Ministers sind schon sehr merkwürdig, Herr Busemann!)

- Ich halte das nicht für diffamierend. Ich habe am Mittwoch festgestellt, dass es am Sportinstitut keine Aufnahmeprüfung für Studenten gibt. Es ist also möglich, dass sich jemand dort zum Sportstudium anmeldet, der die Rolle vorwärts oder rückwärts nicht beherrscht. Das war die Feststellung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Haben Sie das wirklich nötig, sich so erbärmlich zu verteidigen?)

Herr Professor Zielke, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Stimmt die Landesregierung mit meiner Einschätzung überein, dass sich die Ablehnung dieses Fitnesstests durch Grüne, SPD und GEW nahtlos an die Ablehnung anschließt, die in den 90er-Jahren den Versuchen zur Einführung von bundesweiten oder landesweiten Tests über die intellektuelle Qualifikation von Schülern, nämlich TIMSS und PISA, entgegengeschlagen ist?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Die PISA- Untersuchung ist vom Kultusminister Wernstedt in Auftrag gegeben wor- den! Das ist doch unerhört!)

Herr Minister!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Professor Zielke, ich kann Ihnen nur beipflichten. Diese Beobachtung ist in der Tat so zu treffen. Es scheint ein gewisses Grunddenken vorzuherrschen, das zu solchen Erscheinungen führt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist unter Herrn Wernstedt in Auftrag gegeben worden!)

Frau Korter!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Busemann, Sie erwarten von diesem Test spätestens im Januar möglicherweise schockierende Ergebnisse über den Fitnesszustand unserer Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen. Ich meine, über das Problem von Übergewicht und mangelnder Fitness wissen wir auch so schon eine ganze Menge aus Schuleingangsuntersuchungen und aus den Beobachtungen der Kolleginnen und Kollegen im Sportunterricht. Da hätte man schon etwas tun können.

Meine Frage bezüglich des Fitnesstests: In welcher Weise ermitteln Sie mit diesem Test die Ursachen für mangelnde Fitness und Übergewicht? Denn nur auf Grundlage von Ursachenermittlung können Sie eine Diagnose stellen und Konzepte entwickeln. Diese Ursachenermittlung fehlt bei Ihrem Test.

Frau Korter, Sie haben Ihre Frage bereits gestellt. Herr Minister!

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Korter, um eine richtige Bestandsaufnahme zu machen, muss man einen breit angelegten Versuch über etliche Jahrgänge mit großer Datenbasis machen. Punktuelle Bestandsaufnahmen - 10 000 bis 15 000 bundesweit - reichen nicht aus. Wir dürfen uns auch nicht auf Allgemeinplätze zurückziehen: Wir alle wissen, die Kinder sind zu unbeweglich; wir alle wissen, dass Fettleibigkeit vorherrscht. - Das reicht aber nicht, um notwendige Schlüsse zu ziehen. Ich sage Ihnen: Auch Vorgängerregierungen hätten sich angesichts der wachsenden Erkenntnisse des Themas schon einmal annehmen können - übrigens auch eine Bundesministerin Ihrer Seite, die auf dem Feld ja auch eine gewisse Zuständigkeit hatte. Sie hat viel geredet, aber große Tests sind nicht durchgeführt worden. Wenn es aber ums Handeln und um Datenermittlung geht, dann will man nicht so richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man muss also eine breite Bestandsaufnahme machen. Diese Übungen ergeben ja Erkenntnisse über Gewichtsverhältnisse, über Motorik, über Beweglichkeit und anderes mehr. Aus der Feinanalyse eines solchen Tests muss man dann sicherlich weitergehende Erkenntnisse erwarten dürfen, z. B. mit Blick auf die Fragen: Was hat das mit Ernährungsverhalten oder Beweglichkeit zu tun, was hat das mit Sportstättenangeboten, mit Aktivität von Sportvereinen, mit Qualität von Sportunterricht zu tun? - Dann muss aus dem Gesamtergebnis festgestellt werden, wo der entsprechende Handlungsbedarf liegt, und zwar gesamtgesellschaftlich. Reduzieren Sie es bitte nicht auf eine Sportstunde eines Kultusministers.

(Zustimmung bei der CDU)