Deswegen finde ich es gut, dass Sie diesem Ansinnen entsprochen haben. Ich bitte Sie aber auch, dann in Zukunft nicht zu kritisieren, wenn ein solches berechtigtes Ansinnen seitens der Oppositionsfraktionen geäußert wird.
(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Das war ja richtig, dass das noch einmal erwähnt wurde!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deswegen habe ich ja auch die Initiative ergriffen und das entsprechend vorgestellt. Das erübrigt es Ihnen übrigens auch, dass Sie von mir am Ende der Debatte eine entsprechende Replik kriegen. Das kann Ihnen für Ihre kommenden Redebeiträge eine gewisse Sicherheit einräumen.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir haben da ja jetzt schon Angst! - Johanne Modder [SPD]: Das ist oberpeinlich, was Sie da sagen!)
Aber ganz wichtig ist, weil wir das Verfahren immer wieder diskutiert haben, zu betonen, dass es die Möglichkeit gegeben hat, direkt in den Ausschuss zu gehen. Viele Schulträger haben ein berechtigtes Interesse, mit der Oberschule schon zum nächsten Schuljahr beginnen zu können. Im Rahmen dieser Beratungen hat es das Novum gegeben, dass aus der öffentlichen Ausschusssitzungen live berichtet worden ist. Auch das darf man hier nicht unterschlagen. Damit haben wir im Verfahren eine sehr große Transparenz bewiesen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Geschäftsordnungsdebatte nur so viel: Wenn meine Wortmeldung hier oben nicht abgegeben worden wäre, dann hätten die CDU und die FDP ihren Einsatz für dieses
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Jens Na- cke [CDU]: Sie sind ja eine Märtyre- rin!)
(Jens Nacke [CDU]: Dafür sind wir Ih- nen auch sehr dankbar, Frau Heili- genstadt! - Glocke des Präsidenten)
- ja, Herr Nacke, manchmal helfen wir Ihnen gerne! -, das von niemandem, nicht einmal von großen Teilen der CDU, für richtig gehalten wird.
„Ein ortsnahes gymnasiales Angebot in der Fläche wir auf diese Weise unwahrscheinlich; damit wird die Zukunft der kleinen ländlichen Zentren nicht gesichert.“
„Wir erleben eine gesteigerte Nachfrage für Gesamtschulen; Schulen mit vier Parallelklassen könnten in vielen Schulzentren eingerichtet werden, um dem nachzukommen; für fünfzügige Schulen müssen wir anbauen, das kostet unnötig Geld.“
Mutige Eltern und Schulträger sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker auch aus Ihren Reihen haben für eine bessere Schulpolitik in Niedersachsen Druck gemacht. Doch anstatt sich einer zukunftsgerichteten und am Bedarf orientierten Schullandschaft zuzuwenden, wurde in den Regierungskreisen nur getüftelt, wie man der un
beliebten Schulform Gesamtschule eine Alternative vor die Nase setzen könnte. Also wurde die Oberschule geboren. Anfangs hatte sie noch eine Oberstufe, dann waren 52 oder 75 Schülerinnen und Schüler als Errichtungsvoraussetzung notwendig. Sie sollte zusätzliche Schulsozialarbeiter und zusätzliche Ganztagsausstattung bekommen. Doch niemand ist von dieser neuen Schulform begeistert!
Der Ministerpräsident und der Kultusminister, meine Damen und Herren, haben bei der Beratung dieses Gesetzentwurfes entscheidende Fehler gemacht. Sie haben einen Schulkonsens unmöglich gemacht.
Erster Fehler: Sie haben eine neue Schulform mit dem ständigen Hin und Her und der völligen Freigabe der Ausgestaltung und der Mindestgröße gleich, von Anfang an, zerfasert. Bei dem Hin und Her haben Sie Ihre eigenen Truppen schon lange nicht mehr mitgenommen.
Zweiter Fehler: Sie haben das Versprechen, den Bildungsweg so lange wie möglich offen zu lassen, mit dem Streichen der Oberstufe an der Oberschule gebrochen.
Dritter Fehler: Sie haben die bildungspolitischen Akteure in Niedersachsen nicht ernst genommen und keine vorausschauende Kommunikation gepflegt. Wir dagegen haben mit den Akteuren ständig in Kontakt gestanden. Wir wollen nicht ein angebotsorientiertes, sondern ein bedarfsorientiertes Schulsystem. Das bedeutet, dass man das zulässt, was vor Ort gewollt ist. Man muss dann auch einmal bereit sein, seine eigenen Strukturüberlegungen an die Seite zu legen, meine Damen und Herren.
Ein mindestens genauso fataler Fehler des Kultusministers und des Ministerpräsidenten: Sie selbst haben verkündet, dass die Oberschule keine Alternative zum Gymnasium ist. Sie haben die
Oberschule immer nur als Alternative zur Gesamtschule angeboten und der beliebten Gesamtschule ihre hohen Hürden zur Errichtung gelassen. Aber: Niemand wollte eine Alternative zur Gesamtschule, aber viele wollen eine echte, eine gleichwertige Alternative zum Gymnasium, meine Damen und Herren.
Zum Schulkonsens. Wie sieht es in den anderen Bundesländern aus? Der Schulkonsens konnte dort deshalb verabredet werden, weil es neben dem allseits anerkannten Gymnasium eine gleichwertige und gleichberechtigte Alternative geben kann: die Gemeinschaftsschule, die Stadtteilschule, die Oberschule - aber mit einem deutlichen Unterschied zur niedersächsischen Variante der Oberschule. In den anderen Bundesländern können sich die Eltern zwischen einem Weg zum Abitur nach 12 oder 13 Jahren entscheiden oder möglichst langem gemeinsamen Lernen und einem vollständigen gymnasialen Angebot vor Ort oder dem schnelleren Lernen in einem Gymnasium. Beide Alternativen sind in diesen Bundesländern gleichwertig und gleichberechtigt ausgestattet, und niemand hat zu befürchten, dass es unterschiedliche Behandlungen von Schulformen gibt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Nennen Sie mal Beispiele! Welche Schulfor- men meinen Sie denn?)
Meine Damen und Herren, in diesen Bundesländern gibt es keine Verlierer bei den Schulformen. Nur so kann man Schulkonsens erreichen. Ganz anders dagegen in Niedersachsen! Die neue Oberschule darf im Gegensatz zu den Gesamtschulen zweizügig sein, sie darf Mindestzügigkeiten sogar unterschreiten, während die Gesamtschule fünfzügig sein muss, übrigens ohne jede Ausnahme.
Auch von dem Versprechen, Ausnahmen zuzulassen, das Sie, Herr Minister, im Bildungsgespräch gegeben hatten, ist heute nicht mehr die Rede. Die neue Oberschule ist ersetzende Schulform für alle anderen Schulformen bis auf die Gymnasien, während Gesamtschulen immer noch ergänzend angeboten werden.
ausgestattet. - Eine bessere Ausstattung finden wir grundsätzlich gut, meine Damen und Herren, und unterstützen wir auch, aber nicht zulasten anderer Schulformen. Sie lassen andere Schulen - von der Grundschule bis zu den berufsbildenden Schulen - ausbluten.
Meine Damen und Herren, das Fatale ist: Die Demografierendite stecken Sie in die äußere Struktur von Schule und neuer Schulform, anstatt sich um Qualität zu kümmern.
Meine Fraktion hat Vorschläge unterbreitet, um dieses Gegeneinanderausspielen von Schulformen zu beenden. Sie dagegen haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, zu begründen, warum Sie unsere Vorschläge im Ausschuss ablehnen. Genauso wenig haben Sie übrigens bis heute, auch hier eben nicht, erklärt, warum Sie Gesamtschulen schlechter behandeln als Oberschulen.
Trotz aller Unterschiede werden wir sogar einige Teile des Gesetzes mittragen, so z. B. die neuen Schulordnungsmaßnahmen oder die Regelungen zu den Bekenntnisschulen. Wir lehnen aber z. B. die Regelung für die Bußgeldbewehrung von Sprachförderung als nicht zielführend ab. Sprachförderung muss in der Kita stattfinden und nicht durch die Herausnahme von Schülerinnen und Schülern.